78. Christoffelsgebet hilft zu Gelde.

Zwei Männer von Oberprechthal und einer von Biederbach beteten, drei Vierteljahre lang, mit einander das Christoffelsgebet. Dies geschah Freitagnachts von elf bis zwölf Uhr; es mußte vor- und rückwärts gesprochen werden, wobei sie auf den Gesichtern lagen und nach dem steten Lärm, welchen es um sie hermachte, nicht aufschauen durften. Als sie das letzte Mal beteten, erschien ihnen eine Frau in großem Glanze, berührte ihre Köpfe und hieß sie furchtlos aufblicken, was sie auch thaten. Dieselbe sagte ihnen, weil allein die Noth sie zum Christoffelsgebet gebracht habe, so sollten sie Geld erhalten und zu dem Ende am nächsten Gründonnerstag, nachts von halbzehn bis zwölf, auf der Hochburg sein, auch durch das, was etwa dort vorfalle, sich nicht irren lassen. Nach dieser Rede verschwand sie. Zur vorgeschriebenen Zeit waren die Männer auf der Burg und beteten erwartungsvoll den Rosenkranz. Auf einmal entstand in dem Gewölbe ein stets wachsendes Getöse, wie von einer rollenden Kugel, sie gingen hinein, da stieg aus dem Boden eine von Fackeln umleuchtete Kiste, die offen und voll Geld war. Dieses wollten die Männer in die mitgebrachten Säcke füllen, aber in dem Augenblick erfolgte ein so gewaltiger Blitz und Donnerschlag, daß sie entsetzt nach allen Seiten entflohen. Erst bei Tagesanbruch wagte sich der Biederbacher, welcher der herzhafteste war, in die Nähe der Burg, um seine verlaufenen Freunde zu suchen, und als er dort einen Haufen dürren Kuhmist liegen sah, faßte er ihn in seinen Sack und warf denselben, gleichsam als den erlangten Schatz, in der nächsten Nacht einem der Oberprechthaler in die Stube. Dieser fand ihn am Morgen, aber ganz mit Kronenthalern gefüllt; er benachrichtigte gleich die beiden andern davon, die Sache klärte sich auf, und die drei theilten sich nun in das Geld, welches ungefähr fünfzigtausend Gulden betrug.1)




1) Dies weicht sehr ab von der richtigen Sittenlehre anderer Sagen, wonach die Anwendung des Christoffelsgebets und ähnlicher Mittel nie zum Glück ausschlägt.