09. Arbeit und Mahlzeit.

1. Das angeschnittene Brotende darf nicht nach dem Fenster und nicht nach der Tür hinzeigen; dann geht die Nahrung (der Segen) fort (Osdorf bei Gettorf im Dänischenwohld). — 2. Der Knust darf nicht aufgegessen werden, bevor ein neues Brot wieder im Hause ist (Osdorf im Dänischenwohld). — 3. Der Knust darf nicht weggegeben werden (Feddring in Dithm.). — 4. En ölen Knust holt Hus (Schütze, Holsteinisches Idiotikon 2, 309). — 5. Den ersten Knust vom Brote nennt man Tachknust, den letzten Brummknust (Drage in Stapelholm). — 6. Ein Brot darf man nicht auf den Rücken legen (Osdorf). — 7. Ist im Brote ein Loch, so hat der Bäcker seine „Seele“ da hinein gebacken (allgemein). — 8. Auf das Brot macht man ein Kreuz (Dithm.). — 9. Beim Ansäuern muss man drei Kreuze, mindestens doch ein Kreuz auf den Teig machen; sonst kommen die Hexen dabei (Dithm., Stapelholm). — 10. Ist das Brot an der Seite gerissen, so gibt es Arbeit (Sehestedt in Südschleswig). — 11. Ist das Weissbrot an der Seite ausgelaufen, so werden Gäste kommen und mit davon essen (Schwienhusen bei Delve in Dithm.). — 12. Hat das Brot einen Mund, so werden Gäste mit davon essen (Feddring in Dithm.). — 13. Sobald das Brot in den Ofen geschoben, muss man den Tisch, worauf es gelegen, rasch rein waschen (Feddring), — 14. Ist das Brot in den Ofen geschoben, so muss man laut aufjauchzen, in die Hände klatschen und sprechen: „Nu lach, Kathrin!“ Dann gerät es (Dahrenwurth bei Lunden), — 15. Ist das Brot in den Ofen geschoben, so spreche man: „Uns Härgott segn' dat Brot in'n Ab'nd' (Ofen). Oder:

      „Dat Brot is in'n Ab'nd,
      Uns Härgott is dar bab'n;
      Un all, de dar vun ät,
      Dat de em nicht vergät.“


(Osdorf bei Gettorf im Dänischenwohld) — 16. Die Brotkrumen vom Tische darf man nicht an die Erde schütten (Lunden). — 17. Wem die Zähne weitläufig stehen, muss sein Brot auch weitläufig (d. i. weit in der Fremde) suchen (Drage in Stapelholm). — 18. Kommt während des Butterns jemand dazu und sagt: „Dat is en schön Vatt Melk“ oder: „Das is en schön Stück Botter“, so muss man ihm gleich erwidern: „Wenn din grot Muul ni weer, so weer et noch beeter'. Unterlässt man dies, so läuft man Gefahr, dass die Butter überrufen wird. Man buttere dann, so lange man will, die Butter schäumt und stinkt, oder gibt weniger, als sonst (Schütze 1, 144). — 19. Kann man nicht buttern, so muss man „raden“; hilft das nicht, so — verrichte man seine Notdurft ins Butterfass und werfe alles durcheinandergerührt in die Schweinedranktonne (Schütze 2, 144. 3, 269). — 20. Die Butter darf man nicht übermäßig loben (överropen); sie gedeiht nicht (Schütze 3, 306). — 21. Man stelle das Butterfass nicht unter einen Balken (Lunden). — 22. Auf der Stelle, wo das Butterfass stehen soll, mache man ein Kreuz (Drage in Stapelholm). — 23. Man lege unter das Butterfass, wenn man nicht abbuttern kann, einen Sargnagel (Feddringen in Dithm.). — 24. Ist das Butterfass behext, so fahre man mit einer glühenden Stange in dasselbe; dann brennt man die Hexe (Drage). — 25. Um die Butter vor dem Behexen zu schützen, binde man einen Zwirnsfaden, und zwar unter dem Eisenband, um die „Karrn“. Die Hexen zählen jedesmal die Bänder, und wenn dann ein Band mehr um das Fass ist, so haben sie die Gewalt über dasselbe verloren (Lunden). — 26. Das Dreschen des Korns am Sonnabend bringt Segen (Schütze 2, 241). — 27. Am Weihnachtsabend muss gedroschen werden und dem Vieh, damit es fürs folgende Jahr gedeihe, von dem gedroschenen Stroh etwas gegeben werden (Schütze 2, 241). — 28. Beim Bierbrauen muss man ein Kreuz von Holz über den Gärkühel anbringen und auf jedes Ende etwas Salz legen, so kann keiner den Gest rauben und das Bier kann nicht verrufen werden (Schütze 2, 29). — 29. Wenn gebraut werden soll, so stellen Brauer einen Querbaum in ihre Tür, damit niemand, der sich unrein weiß, ins Haus laufe und den Brau verderbe (Schütze 4, 43). — 30. Was an „drögen Dagen“, nämlich am Mittwoch, Freitag und Sonnabend gesät oder gepflanzt wird, gedeihet nicht (Schütze 2, 201). — 31. Was an einem hochheiligen Tage, als am Stillfreitag, am 1. Ostertag usw. gesät oder gepflanzt wird, gedeiht nicht (Lehe bei Lunden). — 32. Was zwischen Weihnacht und heil, drei König gesponnen wird, missrät (Schütze 4, 171). — 33. Gesponnen und gewaschen darf in den Zwölften nicht werden (Dithm.). — 34. Was abends nach Uhr 12 gesponnen wird, gerät nicht (Wilster Marsch. Schütze 4, 171). — 35. Wenn eine Näherin sich beim Nähen eines Kleidungsstücks in die Finger sticht, so dass das Blut danach fließt, so wird diejenige, die das Kleid tragen wird, Glück darin haben (Lunden). — 36. Wenn ein Mädchen sich beim Nähen ihres Hemdes sticht, so dass Blut fließt, so wird sie in dem Hemde geküsst werden (Schwienhusen bei Delve). — 37. Beim Einschlachten darf man keinen wunden Finger haben; dann verdirbt das Fleisch (Süderstapel in Stapelholm). — 38. Beim Eieressen muss man ja die Schalen entzweischlagen, damit keine Hexen darin wohnen (Schütze 3, 194). — 39. Saftausdrücken darf nur eine gesunde Person; sonst kann der Saft nicht aufbewahrt werden (Süderstapel in Stapelholm). — 40. Den Kehricht darf man nicht über die Türschwelle hinwegfegen; sonst fegt man das Brot hinaus (Süderstapel; Stadt Schleswig). — 41. Beim Ausfegen darf man niemanden anfegen, da man der Person dann das Glück wegfegt (Marne in Süderdithm.). — 42. Beim Lichtziehen muss gelogen werden (Schütze 3, 33; Heimat 12, 67). — 43. Wer beim Bettzeugrecken und Zusammenlegen desselben die Mitte nicht treffen kann, heiratet einen Witmann (Stadt Schleswig). — 44. Wenn es beim Zeugrecken und Zusammenlegen genau einläuft, d. h. die Enden genau zusammentreffen, so heiratet die betreffende Person einen Witwer (Stadt Schleswig). — 45. Dem Fischer darf man, wenn er auf den Fang ausfährt, kein Glück wünschen (Delve in Dithm.). — 46. Wer beim Essen des Federviehs den Brustknochen bekommt, fasst das eine Ende an, während sein Tischnachbar das andere anfasst, und indem nun beide sich etwas wünschen, zieht ein jeder an seinem Ende; derjenige nun, der, wenn es auseinanderreißt, das größte Ende erhält, dessen Wunsch geht in Erfüllung (Kellinghusen a. d. Stör). — 47. Liegt ein Messer auf dem Rücken, so gibt es Nahrungssorgen oder einen scharfen Tag (Osdorf bei Gettorf im Dänischenwohld). — 48. Liegt ein Messer auf dem Rücken, so gibt es Leibschmerzen (Schwienhusen bei Delve). — 49. Liegt ein Messer auf dem Rücken, so reiten die Hexen darauf. Daher auch die Redensart: „Dat Meß is so stuv, dar kann en old Wief mit'n Bloten op riden na ’n Blocksbarg“. Oder: „Dar kann en Hex op na 'n Blocksbarg rieden“ (Lunden). — 50. Liegt ein Brotmesser auf dem Rücken, so geht die Nahrung fort (Lunden). — 51. Liegt ein Messer auf dem Rücken, so schneidet es den lieben Herrgott, oder sticht ihm die Augen aus (Wesselburen). — 52. Liegt ein Messer auf dem Rücken, so gibt es Streit (Kellinghusen a. d. Stör). — 53. Eine Harke darf man nicht mit den Zinken nach oben tragen; sie sticht dann dem Herrgott die Augen aus (Drage in Stapelholm). — 54. Was ein Kind in der Schule auswendig gelernt hat, darf es nicht im Freien laut aufsagen, da es dann „hartlehrig“ wird (Dahrenwurth bei Lunden). — 55. Buttermilch trinken macht träge: Wenn de Karrnmelk kümmt, so nimmt de Lenz Lüde an (Schütze 3, 26). — 56. Wer im Dunkeln einen Dienst antritt, hält nicht lange aus (Dithm.). — 57. Ist man bei fremden Leuten und verschüttet schon den ersten Tag Salz, so gibt es Streit (Feddringen in Dithm., Angeln). — 58. Wer Salz verschüttet, muss soviel mal an der Himmelstür vorbeigehen und anklopfen, als er Salzkörner verschüttet hat, bevor er hineinkommt (Dahrenwurth bei Lunden). — 59. Wer falsch gewogen oder gemessen hat, muss ewig stehen und wägen und messen (Dithm.). — 60. Mit dem Umrührlöffel darf man nicht auf den Grapenrand schlagen, da dann das Essen anbrennt (Süderstapel in Stapelholm). — 61. Mit einem Messer darf man kein Getränk umrühren; dann bekommt man Leibschmerzen (Feddringen). — 62. In einer Teegesellschaft muss man erst Zucker und dann Rahm nehmen; nicht umgekehrt (Lunden. Angeln). — 63. Wenn Teekraut auf der Tasse schwimmt, so kommt Besuch. Ist das Kraut hart, so ist der Kommende kein guter; wenn weich, dann ist er gut. Oder: Ist der Teestengel hart, so ist der Kommende eine männliche Person; ist er weich, so eine weibliche (Dithm). — 64. Beim Flachsbrechen muss der letzte Flachs verbrennen (Feddringen). — 65. Der Leinsame muss aus einer Schürze gesät werden; und ist man mit dem Säen fertig, so muss man die Schürze hoch in die Luft werfen; dann wird der Flachs recht lang (Schwienhusen bei Delve). — 66. Kartoffeln müssen bei zunehmendem Mond gepflanzt werden; bei abnehmendem Mond gepflanzt, gedeihen sie nicht (Kellinghusen a. d. Stör). — 67. Was am Osterabend gesät oder gepflanzt wird, gedeiht nicht (Lehe bei Lunden). — 68. Das Erste und Letzte, was ein Mensch sät oder pflanzt, gedeiht am besten (Feddring in Dithm.). — 69. Kohlsamen muss man am Abend des 25. März (lev Fruen, unse leven Fruen) nach Sonnenuntergang säen; der erfriert nämlich nicht (Dithm.). — 70. Sollen die Vögel die gelegten Erbsen nicht verzehren, so nehme man zwei in den Mund und lege die eine zuerst an das eine Ende und die andere zuletzt an das andere Ende des Beets (Lehe bei Lunden). — 71. In der Galluswoche (16. Oktober) darf man keinen Roggen säen (Dithm.). — 72. St. Vitus (15. Juni) darf man keine Gerste säen; denn: Vietsgast ist Schietgast! (St. Vitusgerste taugt nichts. — Feddringen). — 73. St. Urbans (25. Mai) darf man keinen Buchweizen säen (Dithm.). — 74. Herbstrüben müssen St. Margareten (13. Juli) gesät werden; denn:

      Wer Harströben will geneten,
      De mut se sain St. Magrethen

(Feddringen).
001 Goldschmiedewerkstatt

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002 Enge Gasse

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003 Steinmetzen

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004 Glockengießer

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005 Wundarzt

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006 Fahrendes Volk

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007 Rathausplatz

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011 Bauern bei der Feldarbeit

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012 Bauernfamilie auf dem Weg zum Markt ziehend

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013 Bürgerstube

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014 Hausorgelmusik

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015 Frauenreise

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016 Tanzfest bei Hofe

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017 Ständchen

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018 Mysterienspiele

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020 Ausritt zur Jagd

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