Zweite Fortsetzung

Auch der Aufschwung, den das übrige Schulwesen namentlich unter Bugenhagens rastloser und segensreicher Mühewaltung im Norden Deutschlands genommen hatte, wurde gar bald durch einseitige Entwicklung der reformatorischen Keime wieder auf falsche oder allzu enge Bahnen getrieben Die Reformatoren selbst hatten freier gedacht über das dem Volke nütze Wissen; sie hatten nicht nur Bibel, Katechismus und alte Sprachen empfohlen. Luther wollte auch die heilsamen Lehren der Geschichte genützt sehen, er rühmte, dass man aufhöre die natürlichen Geschöpfe anzusehen, wie die Kuh ein neu Tor, dass man beginne auch aus den Blümlein die herrlichen Werke und Wunder Gottes zu erkennen; er wollte nach dem Beispiel der Alten Musik und Ritterspiel gepflegt wissen, von denen erstere die Sorge des Herzens und trübe Gedanken vertreibe, während letzteres fein geschickte Gliedmaßen mache und bei Gesundheit erhalte; er eiferte gegen die alte mönchische Zucht, daraus nur eitel Hölzer und Klötze hervorgehen. Im selben Sinne wirkten Melanchthon und Bugenhagen.

Aber eine Handhabe zur einseitigen Entwicklung boten sie doch, indem sie alle Bildungsmittel noch allzu sehr durch Religion und alte Sprachen beherrscht sein ließen. Die Pflege der alten Sprachen wurde doch hauptsächlich empfohlen, um durch sie zum besseren Verständnis der heiligen Schrift zu kommen, Natur und Geschichtskunde sollten vor allem dazu dienen, die Herrlichkeit der göttlichen Weltordnung und Weltleitung darzutun. Einseitig gehandhabt ward darnach bald die Volksschule zur beschränkten Katechismus-Schule und das Gymnasium zur beschränkten Lateinschule. Gesangbuch, Katechismus und daneben etwa noch ein Psalm- oder Spruchbüchlein waren während des ganzen Reformationsjahrhunderts die einzigen allgemein gebrauchten Schulbücher der protestantischen Volksschulen. So wertvoll nun auch dieser neugewonnene religiöse und deutsche Lehrstoff war, genügen konnte dieser Stand der Wissenserweiterung nicht. Auch duldet kein Lehrstoff weniger als der religiöse eine ausschließliche und mechanische Betreibung.


Die lateinischen Schulen ferner, die sich einer größeren Fürsorge erfreuten, weil aus ihnen die Diener der Kirche und die Leiter des weltlichen Regimentes hervorgehen sollten, nahmen in der Tat unter der Pflege berühmter humanistischer Lehrer einen nicht unbedeutenden Aufschwung. Trotzendorffs Gymnasium zu Goldberg in Schlesien und das Straßburger Gymnasium unter Sturms Leitung erlangten einen weiten Ruf selbst über Deutschlands Grenzen hinaus. Aber bei aller sonstigen pädagogischen Tüchtigkeit hegten und pflegten gerade sie die lateinische Einseitigkeit vorzugsweise. Nach den lateinischen Goldberger Schulgesetzen sollten die Schüler „nie ihre Muttersprache gebrauchen, sondern mit den Lehrern, Mitschülern und anderen Gelehrten Latein reden." Selbst das Spielen erlaubte Sturm den Knaben nur unter dieser Bedingung, In einem Lobgedicht auf Trotzendorff heißt es: „So hat er die römische Sprache Allen eingegossen, dass es für Schande galt, in deutscher Zunge zu reden, Knechte und Mägde konnte man Latein sprechen hören, man hätte glauben sollen, Goldberg liege in Latium." So einseitig wie diese beiden Gymnasial-Rektoren waren gerade nicht alle ihre Kollegen, aber diese beiden waren die Musterrektoren der Veit und auf allen Gymnasien herrschte doch die lateinische Bildung. Nur die Jesuiten pflegten im Gegensatz zu diesen humanistisch-protestantischen Schulen nach ihrer Studienordnung von 1584 gerade die realen Wissenschaften nebst den praktischen Künsten. Eben dadurch erlangten ihre Anstalten eine Zeit lang mit Recht das Lob der vorwärts strebenden Geister. — Wir wollen übrigens nicht den Wert verkennen, den unser Volk durch diese Schulung an der Sprache und den Schriften des klassischen Altertums gehabt hat, aber das Übermaß müssen wir beklagen und Herder beistimmen, dass einer Nation kein größerer Schaden zugefügt werden kann, als wenn man ihr die Eigenheit ihres Geistes und ihrer Sprache raubt, wie dies in Deutschland durch die Herrschaft der kirchlich römischen Bildung lange Zeit geschah.

Wer diese Bildungswege ändern wollte, hatte mit Vorurteil und Gleichgültigkeit weidlich zu kämpfen. Zu solchen Vorkämpfern gehört der Holsteiner Ratich, der im Jahre 1612 auf dem Frankfurter Wahltag „dem deutschen Reich" ein Memorial übergab, in dem er versprach, mittelst einer neuen Lehrmethode das Erlernen der fremden Sprachen zu erleichtern und die Pflege der Muttersprache zum Besten der allgemeinen Volksbildung zu erhöhen. „Alles zuerst in der Muttersprache", war sein Grundsatz. Abgesehen von dem Vorteil, dass der Schüler dabei nur auf die Sache achten könne, die er zu lernen habe, sei auch der Nutzen dabei, „dass, wenn alle nützlichen und im gemeinen Leben notwendigen Wissenschaften ins Deutsch gebracht und darinnen gelehrt werden, ein jeder hernach, wes Standes er auch sei, kann zu besseren Verstand gelangen, dass er in allerlei Sachen sich desto besser richten und davon urteilen kann." — Gerade hieran nahmen die Männer der alten Schule Anstoß; wenn man die Künste in deutscher Sprache lehrte, sagten sie, so würden sie „gar zu gemein werden, ja, es würde jedermann ohne Unterschied gelehrt und also die recht Gelehrten verachtet werden". — So erzählt uns der Bericht der Jenenser Professoren, denen im Auftrage der vortrefflichen Herzogin Dorothea von Weimar die neue Methode zur Prüfung vorgelegt wurde. Auch Landgraf Ludwig von Darmstadt trug zweien berühmten Gießener Professoren, Helwig und Jung, auf, über diese Lehrweise zu berichten. Es spricht für die Unbefangenheit ihrer Ansichten, dass sie unumwunden in ihren Berichten das Gute der Neuerung anerkannten. Sie wollten die Tyrannei der lateinischen Sprache abgeschafft wissen, und erklärten es für lautere Wahrheit, dass alle Künste und Wissenschaften viel leichter, richtiger und vollkömmlicher in deutscher Sprache können gelehret und fortgeflanzet werden. Weder nahmen sie Anstoß an der dadurch erzielten Erweiterung der Volksbildung, noch fürchteten sie davon Abnahme des gelehrten Ansehens. Diese vorteilhaften Berichte schafften dem Ratich die Gunst des Fürsten Ludwig von Anhalt-Köthen, der ihn im Jahr 1618 dorthin berief, um eine Schule nach seiner Methode einzurichten. Ein so großer Ruf war ihm vorangegangen, dass sofort über vierhundert Kinder für die neue Schule eingezeichnet wurden. Eben dies allerdings von Ratich selbst erregte Übermaß der Erwartung diente zum. Schaden der Sache; in einem halben Jahre war freilich auch nach seiner Methode eine fremde Sprache nicht bestens zu erlernen. Überdies sollte auf dem Wege seiner Erziehung im ganzen deutschen Reich „eine einträchtige Sprach, eine einträchtige Regierung und endlich auch eine einträchtige Religion, bequemlich einzuführen und friedlich zu erhalten sein". Dass diese Eintracht zu bringen, keine geringe Sache ist, wissen wir noch heute. Ratichs Schule konnte sie nicht einmal in den engen Mauern Köthens schaffen und erhalten. Nach echter Schulmeisterart hatte Ratich leider zu viel versprochen und musste daher bald den Gegnern seiner Neuerung das Feld räumen. — Ebenso wenig festen Boden gewannen in Deutschland die ähnlichen Bestrebungen des Amos Comenius, des letzten Bischofs der böhmisch-mährischen Brüdergemeinde. Abweichend von Ratich legte er, ohne die Pflege der Muttersprache vernachlässigen zu wollen, doch größeres Gewicht auf die allgemeine Kenntnis der lateinischen Sprache, die zur Heilung von der Babelschen Sprachverwirrung als Universalsprache Geltung erhalten sollte. Das indes wollte auch Comenius, dass beim Erlernen derselben auf das Verstehen und Anschauen der Sache das Hauptgewicht gelegt werde. Überdies sollte die Kenntnis der Natur und Geschichte zur rechten Geltung kommen, ein Abbild der Welt im Kopfe des Schülers geschaffen werden. Dazu entwarf er sein berühmt gewordenes Bilderlehrbuch, den Orbis pictus vom Jahr 1657, der seitdem in unzähligen Auflagen bis auf den heutigen Tag wiederholt herausgegeben und Vorbild sämtlicher ähnlichen Bücher geworden ist. Das Verdienst, in allen Ländern Europas das Studium einer besseren Lehrkunst mit Enthusiasmus angeregt zu haben, legt ihm mit Recht ein Zeitgenosse bei, aber praktischen Erfolg hatte er allein im Ausland. — Durch den Ruf seiner Didaktik bewogen, machten dem Comenius schon im Jahre 1638 die schwedischen Reichsstände den zunächst vergeblichen Antrag, ihr Schulwesen zu reformieren. Drei Jahre darauf ging er einer ähnlichen Aufforderung zufolge nach London. Die Sache ward im Parlament verhandelt, aber die irischen Unruhen und der ausbrechende Bürgerkrieg vereitelten die Ausführung der Pläne. Die Einladung des reichen, in Norköping ansässigen niederländischen Kaufmannes, Ludwig de Geer, den Comenius wegen seiner Freigebigkeit den Großalmosenier von Europa nennen konnte, führte ihn dann 1642 nach Schweden. In Stockholm besprach er sich mit dem Kanzler Oxenstierna, der bereits in Deutschland den Bemühungen Ratichs seine Aufmerksamkeit geschenkt hatte, und mit Johann Skytte. dem Erzieher Gustav Adolphs und Kanzler der Universität Upsala. Beide schenkten ihm lebhafte Teilnahme und bewogen ihn zunächst seine neue Sprachmethode zu bearbeiten, nach deren Vollendung im Jahre 1646 er noch einmal nach Schweden ging, woselbst nach Prüfung dreier gelehrten Kommissarien sein Werk des Druckes würdig erklärt wurde. Später reiste er auf Einladung des Fürsten Ragozki nach Ungarn und Siebenbürgen, organisierte eine Schule zu Patak und schrieb hier sein berühmtestes Werk, den 0rbis pictus. Am Ende seines Lebens finden wir ihn, aus Lissa vor den Polen geflüchtet, in Amsterdam, wo er von reichen Kaufleuten unterstützt deren Kinder unterrichtet. — In Deutschland selbst fand er wohl Anhänger, wie den trefflichen Württemberger Geistlichen Valentin Andreae, aber keine Männer, die gewillt und im Stande waren, seine Bemühungen nachdrücklich zu unterstützen. Der schrecklichste Krieg, den unser armes Vaterland erduldet hat, ließ einstweilen keinen Raum für die Künste des Friedens. Als der Westfälische Friede endlich dem Kriege ein Ende machte, wandte sich Comenius in der Vorrede zu seiner damals mit schwedischer Hilfe erscheinenden „Neuesten Sprachmethode" an die deutschen Fürsten mit dem Anspruch: „Ihr habt Vieles zerstört, o ihr Mächtigen, erbauet nun wieder Vieles! Ahmt hierin dem nach, welcher euch an seiner Statt zu Verwaltern der menschlichen Angelegenheiten eingesetzt hat, Er zerstört, um zu bauen, reutet aus, um zu pflanzen." — Der Kriegslärm hatte das Gehör für solchen Ruf betäubt. Einige hervorragende Männer sannen wohl darauf, durch erneute Fürsorge für das Wohl des Volkes die Wunden des Krieges zu heilen, aber die erschöpften Mittel reichten nicht weit. Schon gegen Ende des Krieges war der wohlmeinende Herzog Ernst von Gotha bemüht, durch seinen zuerst 1646 veröffentlichten „Schul-Methodus" das Volksschulwesen seines Landes zu heben. Sein vortrefflicher Rat Ludwig von Seckendorf unterstützte später diese Bemühungen. Man sagte, zufolge derselben sei in den gothaischen Landen der Bauer gelehrter geworden als der Landedelmann — ein Zeugnis, wie vereinzelt solche Bestrebungen dastehen mussten. Als Leibnitz im Jahre 1646 von einem seiner gelehrten Freunde gebeten wurde, sich für die Reform des Schulwesens zu interessieren, stimmteer bei, dass durch eine bessere Erziehung das Menschengeschlecht zu vervollkommnen sei, meinte indes, unter uns fehle denen, welche Ähnliches unternehmen, der Beistand, und für ihre Arbeit lohne man ihnen mit Verachtung. Als Reformziel bezeichnete Leibnitz „eine zweckmäßigere Erziehung der Jugend zu den Realien und eine Verbesserung der öffentlichen Schulen, damit nicht ferner das fürs Leben Nützliche versäumt und eine zu lange Zeit mit bloßem Lateinreden und ähnlichen Dingen zugebracht werde." Nur Joh. Philipp von Mainz und Joh. Friedrich von Hannover hörten auf seine Ideen, aber für sie eintreten konnten sie nicht. Nicht besser ging es mit den Universitäten. Es waren zwar manche neue Hochschulen entstanden, aber das religiöse, auf Reinhaltung der Lehre gerichtete Interesse, das sie hervorrief, machte sie auch vorzugsweise zu Pflegstätten des theologischen Zwistes. Der Friedensschluss konnte wohl dem Kampf der Waffen halt gebieten, aber dem Streit der Geister nicht Einhalt tun. Der begonnene religiöse Kampf sollte in aller Härte und Schärfe, durchgefochten werden, bevor die Freiheit der Forschung als sichere Errungenschaft des neuen Zeitgeistes erscheinen konnte. Unter dem Drucke dieser einseitigen Richtung hatte inzwischen das übrige Wissen zu leiden. Wagte ein Gelehrter wie Pufendorf gegen die herrschenden Ansichten von Recht und Kirche aufzutreten, so erhoben sich wider ihn sofort die Vertreter des Alten an den Universitäten selbst. Kaum hatte der Kurfürst Karl Ludwig von der Pfalz für Pufendorf im Jahre 1661 einen Lehrstuhl für Natur- und Völkerrecht an der Heidelberger Universität gestiftet, so begannen auch schon die Anfeindungen seiner Kollegen, denen er bald weichen musste, als obendrein sein Spott über das fürstliche Zeremoniell den erzürnten Kurfürsten veranlasste, ihm seinen Schutz zu entziehen. Schweden gewann den verdienten Rechtslehrer für die Universität Lund und die Regierung schützte ihn dort gegen die Anfeindungen der lutherischen Theologen, denen die Leipziger Starrgläubigen nicht verfehlten sich anzuschließen. Erst später finden wir Pufendorf wieder als Historiographen des großen Kurfürsten in Berlin. In einer lateinischen Schrift über die Lage des deutschen Reiches 1667, verhöhnte Pufendorf in witziger Weise die deutsche Gelehrsamkeit in ihrer langweiligen Breite und unselbstständigen Wiederholung des schon vielfach von Anderen Gesagten. — Leibnitz hatte wohl Recht, wenn er in einem Aufsatz vom Jahr 1669 von der bisherigen Universitätsgelehrsamkeit als einer „mönchischen", in „leeren Gedanken und Grillen" befangenen redete, oder wenn er in ähnlichem Sinne zehn Jahre später an den Helmstädter Arzt Konring, der zuerst Harveys Entdeckung vom Blutumlauf in Deutschland Eingang schaffte, schrieb: „wie auf deutschen Universitäten die Wissenschaften behandelt würden, ließen sie solchen Geistern, welche ihren eigenen Flug zu nehmen berufen wären, das Meiste zu tun übrig und, wie hoch auch Konring über seines Gleichen stehe, sei er doch weit zurück hinter der Bewegung, welche in Italien, England und Frankreich die Geister ergriffen habe."

Dort hatten die bedeutendsten Männer begonnen, die verschiedenen Gebiete des Wissens lebendig zu erweitern und zur Beförderung dieser Studien waren aus freien Vereinen vom Staate glänzend unterstützte Akademien hervorgegangen. Was die Mitglieder dieser Gesellschaften oder befreundete Forscher ergründeten, das fand feine Verbreitung in den Zeitschriften und Memoiren dieser Gesellschaften. Diese Akademien gemährten, wie Herder bemerkte — damals „den Vorteil, dass sie als königliche Institute Männern von Wissenschaft, oder von Gelehrsamkeit und Geschmack eine Stelle im Staate gaben, unabhängig von lastenden Ämtern. Mit dieser Stelle gaben sie ihnen auch ein Verhältnis zur Gesellschaft, das dieser nicht anders als zuträglich sein konnte. In den Akademien mischten sich alle Stände, vom Kardinal und Minister bis zum Ordensmann und einfachen Gelehrten. Der Name „Mann von Wissenschaft" war damals ein Ehrenname." — Vortrefflich schildert Düclos den Vorteil, den Wissenschaft und Leben aus dieser engeren Verbindung gewonnen hatte, in seinen 1751 erschienenen „Betrachtungen über die Sitten dieses Jahrhunderts": „Sonst waren die Gelehrten entfernt von der Welt, in ihr Studium versenkt, indem sie für ihre Zeitgenossen arbeiteten, dachten sie nur an die Nachwelt. Ihre Sitten, bieder und roh, hatten kein Verhältnis zu den Sitten der Gesellschaft; die Weltleute, damals weniger unterrichtet als jetzt, bewunderten ihre Werke oder vielmehr ihre Namen, glaubten sich aber ihres Umgangs nicht fähig. Mehr aus Hochachtung als aus Abneigung hielt man sich von ihnen entfernt. — Unvermerkt hat der Geschmack an Künsten, Wissenschaften und Kenntnissen so weiten Raum gewonnen, dass, wer ihn nicht aus Neigung hat, ihn wenigstens erkünstelt. Man sucht die auf, die Wissenschaften kultivieren, und um so mehr zieht man sie in die Welt, je mehr Vergnügen man in ihrem Umgang findet. — An beiden Seiten hat man hierbei gewonnen. Die Weltmänner haben ihren Geist kultiviert, ihren Geschmack gebildet, sich neue Vergnügen verschafft; die Männer von Wissenschaft haben sich Gunst und Achtung erworben, ihren Geschmack vervollkommnet, ihren Geist glänzend, ihre Sitten mild gemacht, und über mehrere Dinge ein Licht bekommen, das ihnen Bücher nie hätten geben mögen." Wie anders war dies zu der Zeit in Deutschland! Wohl hatte der von Bacon, dem Lordkanzler Elisabeths, verkündete Forschungstrieb auch in Deutschlands hellen Köpfen Licht gezündet, aber die Flammen blieben ohne Nahrung oder mussten sie vom Ausland beziehen. Der große Kepler starb 1631 erschöpft von Arbeit und Not, als er sich von den auf dem Regensburger Reichstag versammelten Fürsten die seit Jahren rückständige kaiserliche Besoldung im Betrage von 11.817 Fl. erbetteln wollte, Otto von Guericke, der Erfinder der Luftpumpe, trieb als Magdeburger Ratsherr und Bürgermeister seine Studien ohne Unterstützung aus Liebhaberei. Der Danziger Bürgermeister Hevelke pflegte auf eigene Hand die Astronomie; die Londoner Akademie machte ihn zu ihrem Mitglied, Ludwig XI V. zahlte ihm eine Pension und ein Franzose kaufte seine hinterlassenen Arbeiten. Gelehrte Gesellschaften von dem Ansehen wie die in Paris und London gab es in Deutschland nicht. Bei solchem Stande der Dinge begreift man Leibnitz Klage, „dass von allen Ländern nur Deutschland so töricht sei, seine eigenen großen Männer nicht anzuerkennen", dass aus Mangel solcher Unterstützung, „die besten Ingenia in Deutschland entweder ruiniert würden, oder sich zu anderen Potentaten wendeten, welche wohl wüssten, was an diesem Gewinn gelegen, und allen allen Orten die besten Subjekte an sich zögen".