Die Ägypter

Die Ägypter

In der Blütenzeit der Ägypter war die Buhlerei der Weiber ein öffentliches Gewerbe, eine durch den Götzendienst geheiligte Sitte. Der Tempel der Isis war der Mittelpunkt aller sinnlichen Lüste der Priester. Hier genossen diese geheiligten Betrüger im Namen der Götter alle Wollüste, entehrten Frauen und Jungfrauen. Bei ihren öffentlichen Festen wurde der Phallus als geheiligte Gottheit angebetet, und ihm zu Ehren überließ man sich der tierischen Geschlechtslust. Die Banhantinnen zu Mendes verehrten einen geheiligten Bock. Die Rechte der Buhlerinnen hatten sich zu einen solchen Ansehen erhoben, dass sie sogar für die glücklichen Träume, die sie bei ihren Liebhabern erregten, den gewöhnlichen Preis ihrer Umarmung forderten, und ihre Ansprüche bis zum Throne der Pharaonen verfolgen durften. Die Buhlerin Thonis war von einem vornehmen Ägypter bis zur Raserei geliebt. Aber die Befriedigung seiner Wünsche wurde ihm versagt, weil er vielleicht die Reue zu teuer erkaufen sollte. Endlich ergab sich ihm die heiß geliebte — im Traume, und mit diesem ein, gebildeten Genusse verschwand plötzlich sein verliebter Wahnsinn. Als Thonis diese Ursache seiner Kälte erfuhr, verlangte sie für den geträumten Genuss den Preis einer wirklichen Umarmung. Die Sache kam vor das Tribunal des Bocchoris, und dieser König tat folgenden Ausspruch. Verklagter solle die verlangte Summe vor Gericht auszahlen und die, selbe in einem Becken vor den Augen der Thonis hierher tragen lassen. Dies hieß eingebildeten Genuss mit eingebildetem Preise bezahlen. Ganz Ägypten gab der weisen Entscheidung seines Pharao Beifall.


Die Schamlosigkeit der ägyptischen Weiber herrschte in allen Ständen. Potiphars Gemahlin entbrannte gegen Joseph, den jüdischen Jüngling, und Sklaven. Cheops sah sich in Verlegenheit, die größte der Pyramiden zu vollenden. Mit der Üppigkeit seines Volkes bekannt, gab er seine Tochter einem jeden Preis, der zu dem ungeheuren Bauwerke Materialien herbeischaffte. Die Prinzessin bekam an dieser Art ihren Namen zu verewigen so, viel Geschmack, dass sie sich nach Vollendung der Pyramide ihres Vaters entschloss, eine andere auf ihren eigenen Namen für gleichen Lohn zu erbauen. Ihr Vater hatte gegen dieses ruhmvolle Unternehmen nichts einzuwenden, und die erhabene Buhlerin gab sich jedem Ägypter Preis, der ihr einen Stein zu ihrem Bauwerke lieferte. Die letzte königliche Buhlerin war die durch ihre reizende Schönheit durch ihre ausgezeichnete Geistesgaben und durch ihren verzweiflungsvollen Selbstmord gleich berühmte Kleopatra.

Treue Ehefrauen müssen in diesem Zelt, alter eine Seltenheit gewesen sein. Ein Orakel, erzählt Diodor, hatte dem erblindeten ägyptischen König Pheron befohlen, seine Augen mit dem Wasser von einer Frau zu waschen, die nie einen andern, als ihren Mann umarmt habe. Der König fing seine Versuche bei seiner eigenen Gemahlin an und setzte sie bei vielen andern Frauen fort, aber alles war ohne Erfolg. Endlich fand er eine gemeine Gärtnerfrau, die ihm auf die beschriebene Art sein Gesicht wieder gab. Er erhob sie zu seiner Gemahlin und ließ alle anderen, bei denen er vergeblich Hülfe gesucht hatte, hinrichten. Bezweifeln wir auch die Wahrheit dieser und an, derer fabelhaften Überlieferungen, so müssen wir sie doch als eine die Sitten des Zeitalters bezeichnende Erscheinung gelten lassen. Wie ausgeartet jene waren, beweiset das Gesetz, die Leichname schöner jungen Frauen nicht eher als nach drei oder mehreren Tagen den Balsamierern zu überliefen, well es kund geworden, dass sie von diesen geschändet wurden.