Die Kreuzzüge

Als die Kreuzzüge begannen, war der Seestaat an der Nordküste des Adriatischen Meeres so weit vorgeschritten, dass er auf die Weltereignisse bestimmend einwirken konnte. Noch immer war der Dogat der byzantinischen Beamtenhierarchie einverleibt, Venedig hatte sich auch dem Römischen Kaiser Otto III. gegenüber verpflichten müssen, ihm einen Tribut in Gestalt eines Seidenmantels und im Betrage von 50 Pfunden Gold abzustatten, die Träger beider römischen Kronen aber bemühten sich um die Bundeshilfe der Venezianer im Kampfe gegen die Sarazenen. Die Ottonen haben es nicht an offenen und verdeckten Bemühungen fehlen lassen, die Republik zu unterwerfen, sie hatten sich die Familienfehde der Caloprino und Mauroceno zunutze gemacht und den ersteren den erblichen Dukat zugesagt. wenn sie ihnen die Vaterstadt anliefern könnten, es war aber zu keinem Erfolge gekommen. In Zeiten der Gefahr hatte auch die Kirche ihre schützende Hand über die reiche Stadt ausgebreitet, die ein Bollwerk gegen die abendländliche Universalmonarchie bilden konnte. In Konstantinopel schufen sich die venezianischen Kaufleute eine selbständige Verwaltung, die mit der kaiserlich byzantinischen nichts gemein hatte. Venezianische Richter ordneten die Rechtsverhältnisse zwischen ihren Kompatrioten und den griechischen Fabrikanten, sie standen für die Einhaltung der Verrichtungen durch die ersteren ein, nicht als Organe einer byzantinischen Behörde, sondern als Vertreter einer befreundeten Macht und als Beförderer der guten Beziehungen zwischen beiden Staaten. Der abendländische und der morgenländische Kaiser gaben ihre Zustimmung dazu, dass sich der Doge Peter II. Orseolo den Titel eines Herzogs von Dalmatien beilegte, nachdem er das Gebiet der freien Kroaten, die Städte Trau (Abb. 20, 21 u, 22) und Spalato (Abb. 23) eingenommen, die Insel Lesina besetzt und den Erzbischof von Ragusa genötigt hatte, sich unter seinen Schutz zu begeben. Die Seestädte von Istrien waren nur durch Venedig von der Gewalt der kroatischen Seeräuber befreit worden und erkannten ebenso wie die Inseln des Omarnero die Republik als Schutzmacht an. Istrien war von Otto I. mit Friaul den Bayernherzogen unterstellt worden, gehörte seit 976 zu karantanischen Mark, dann nacheinander zum Lehenbesitze der Eppensteiner, der Grafen von Weimar-Orlamünde, der Herren von Sponheim und der Grafen von Andechs-Meran. Im dreizehnten Jahrhundert zerfiel das istrianische Landgebiet in eine Mark, die dem Patriarchate von Aquileja gehörte, und eine Grafschaft, die von dem Grafen von Görz verwaltet wurde. Alle diese Feudalherren, die wichtigere Interessen in den Kämpfen der deutschen Reichsparteien zu vertreten hatten, besaßen nicht die Mittel, um die Küstenplätze an sich zu fesseln, deren Verbindung mit Venedig eine dauernde blieb. Nur Capo d’Istria und Pola bewahrten ihre Selbständigkeit bis ins dreizehnte Jahrhundert.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Venedig als Weltmacht und Weltstadt