Käuflichkeit der Nobilität
Wer in den Großen Rat aufgenommen wurde, erhielt den Adel, die Nobilità, ohne dass dieselbe durch irgendeinen anderen Titel als die Bezeichnung, „nobil’ uomo“ vermerkt wurde. Die weiblichen Sprossen der Ratsmitglieder führten den Titel „nobil’ donna“. Man unterschied jedoch drei Klassen von Adelsfamilien. Zur ersten gehörten die Familien der zwölf Tribunen, die den ersten Dogen gewählt haben sollen, nämlich Contarini, Morosini, Badoër (früher Partecipazii), Tiepolo, Micheli (Michieli), Sanudo (früher Candiani), Gradenigo (früher Tradonico), Memmo, Falier (Faledro), Dandolo, Poloni, Barozzi; ferner vier Familien, welche mit diesen die Gründungsurkunde von S. Giorgio maggiore unterzeichnet hatten. Giustiniani, Corner (Cornaro), Bragadin, Bembo; endlich acht Familien, die schon vor der Serrata bestanden hatten. Baseggio, Querini, Soranzo (Superantius), Salamoni, Zen, Zorzi, Zane, Dolfin. Die zweite Klasse bildeten alle anderen Familien, welche zur Zeit der Serrata in den Großen Rat aufgenommen worden waren, und die 30 später erwählten („aggregate“) darunter befanden sich die Longo, Vendramin, Calergi, Renier, Paruta, Lippomano, Donato, Nani, Pizzamano u. a. In die dritte Klasse kamen alle später „per concesso“ oder „per grazia“ Aufgenommenen und diejenigen, die sich durch Zahlung von 40.000 Dukaten für Kriegsbedürfnisse einkauften. In den letzten Jahrhunderten der Republik wurden häufig auch auswärtige Prinzen in die Nobilität eingereiht, diese wurden zu einer vierten Klasse vereinigt. Während ursprünglich schon die 18 jährigen Mitglieder der Adelsfamilien in den Großen Rat eintreten konnten, verschob man den Eintritt später bis zum 20. Jahr und verlangte vor demselben eine Prüfung des Rechtes durch die Avvogadori. Am Festtage der heiligen Barbara wurden außerdem noch 30 junge Nobili im Alter von 20 Jahren ausgelost, die zur Vorbereitung für ihren künftigen politischen Beruf den Ratsversammlungen anwohnen durften. Jeder Nobile musste in der Nähe von S. Marco ein Gemach („piccolo appartimento“) besitzen, um sich in demselben zu den Sitzungen und Amtshandlungen mit den dazu bestimmten Gewändern bekleiden zu können.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Venedig als Weltmacht und Weltstadt