Vagabundentum und Wanderleben in Norwegen
Ein Beitrag zur Kultur- und Sitten-Geschichte
Autor: Etzel, Anton von (1821-1870) Naturwissenschaftler und Reiseschriftsteller, Erscheinungsjahr: 1870
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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Norwegen, Finnland, Schweden, Skandinavien, Lappen, Länderkunde, Völkerkunde, Sittengeschichte, Heimat, Heimatkunde, Vagabunden, Hirten, Nomaden, Urbevölkerung, Kultur, Bräuche, Rentiere, Fjorde, Wälder, Fischfang, Kriminalität, Gerichtsbarkeit,
Inhaltsverzeichnis
Länder- und Völkerkunde scheinen heutigen Tages, wo das Reisen epidemisch geworden, wo die eisernen Verkehrsstraßen Alpen überschreiten, das Urgestein durchbohren und Meeresarme überbrücken, wo klug rechnende Unternehmer Genossenschaften um sich sammeln und, die Kosten reduzierend, sowohl in unserem Erdteile rund umher, als auch in ferne Zonen führen, ein Allgemeingut geworden zu sein, so dass es fast als gewagtes Unternehmen erscheint, Zustände eines Nachbarlandes als neu, und genügendes Interesse in sich selbst tragend um ein Lesepublikum eine kurze Spanne Zeit zu fesseln, in den Druck zu bringen. Aber gerade aus der Allgemeinheit und Leichtigkeit des Reisens schöpft der Herausgeber dieser Skizzen den Mut hierzu. Der flüchtig Reisende kann nur flüchtig den Blick auf das fremde Land richten und nur das, auf der Oberfläche der geselligen Zustände strömende Leben erkennen; in eine größere Tiefe desselben vermag er nicht zu dringen. Was in den nachfolgenden Blättern geboten wird, ist deshalb sicherlich dem allergrößten Teile des lesenden Publikums neu und wird auch der Mehrzahl derjenigen, jetzt alljährlich zunehmenden Touristen, die ihre Fahrt nach dem skandinavischen Norden richten, Überraschendes bieten, denn die geschilderten Zustände sind, wenn auch oft dicht benachbart, doch nicht gerade auf der Touristenstraße zu finden, auf welcher sich, in aller Herren Lande, die Zustände durch vermehrte gegenseitige Berührungen und Wechselverkehr mehr und mehr nivellieren und ausgleichen.
Selbstverständlich konnte sich der Herausgeber nicht auf seine eigenen Beobachtungen beschränken, sondern musste auf fremde Anschauungen zurückgehen, welche aus der Quelle langjähriger Betrachtung und ernstester Forschung geschöpft wurden. Als vor jetzt fast vollendeten dreißig Jahren — zu einer Zeit, wo der Entschluss, eine erste selbstständige Reise nach dem skandinavischen Norden zu richten, dem 19 jährigen Offizier nahezu als eine krankhafte Idee ausgelegt wurde — der Zufall den Herausgeber in der Nähe von Throndjhem Zeuge eines Hausfriedensbruches und des sich daraus entspinnenden Kampfes, der sogar den robusten, mutigen Skydsbunden, welcher ihm den Postdienst leistete, in bebende Angst versetzte, werden Hess, machten diese Szene und die fremdartige Erscheinung der schwarzhaarigen, ihm damals nur als so angebräunt geltenden Angreifer, inmitten der blauäugigen, blonden Hofbewohner, einen solchen Eindruck auf ihn, dass sich derselbe nie wieder verwischte. Zu charakteristisch war das äußere Gepräge der wüsten Gesellen gewesen, um nicht, bei späteren Begegnungen in Böhmen, Ungarn, der Türkei und namentlich der Wallachei und den übrigen Donauprovinzen, augenblicklich die Stammeseinheit der Zigeuner mit denselben zum Bewusstsein kommen zu lassen. Welche Freude es daher dem Herausgeber gewährte, etwa nach einem Jahrzehnt, diese selbst gemachte Bemerkung durch wissenschaftliche Nachweise bestätigt zu finden, möge sich der Leser selbst vorstellen. Die, damals in Folge von vielfachen Beschwerden über die Landplage des Vagabundentums angestellten Forschungen wiesen die Existenz von ächten Zigeunern in Skandinavien zur Genüge nach und enthüllten ein, zwar in einzelnen Zügen entsetzliches, aber unbedingt interessantes Bild der niedrigsten gesellschaftlichen Verhältnisse. Um der, gleich einem Krebsschaden fressenden Wunde Halt zu gebieten, war eine Sondierung derselben notwendig und wurde diese einem jungen Geistlichen, Eilert Sundt, übertragen, der den Beruf in sich fühlte, seine ganze Kraft an die Aufklärung der Verhältnisse des Vagabundentums zu setzen, um den staatlichen Behörden die Mittel zu dessen zweckmäßigster Behandlung an die Hand zu geben. Seine vielfachen Erfahrungen — gesammelt nicht nur auf schwierigen Rundreisen in Karre und Boot, in den entlegensten Fjeld und Fjorddistrikten und verborgensten Waldbezirken, sondern auch im persönlichen Verkehr mit der Vagabunden und selbst Verbrecher-Welt der Arbeits- und Zuchthäuser, in welcher er zugleich mit ihrer Kenntnis eine Art Machtstellung und auf Achtung basierte Anerkennung gewann, so wie endlich noch durch anhaltendes und genaues Studium der Protokolle der Administrativ- und Justiz-Behörden — legte er nieder in zahlreichen Berichten und einem, aus Mitteln der Staatskasse herausgegebenen, umfangreichen Buche, dem noch jetzt, in zwar nicht regelmäßiger, aber doch ununterbrochener Folge statistische Tabellen über das Vagabundentum, über die Sittlichkeit- und Mortalitäts-Verhältnisse, über Zahl und Art der Verbrechen u. d. m., gesellt werden. Diese Schriften enthalten und lieferten den Stoff, welchen der Herausgeber zu diesen Skizzen gestaltete, die er dem Leser zu freundlicher Aufnahme unterbreitet.
Berlin, im November 1869.
Anton von Etzel.
Selbstverständlich konnte sich der Herausgeber nicht auf seine eigenen Beobachtungen beschränken, sondern musste auf fremde Anschauungen zurückgehen, welche aus der Quelle langjähriger Betrachtung und ernstester Forschung geschöpft wurden. Als vor jetzt fast vollendeten dreißig Jahren — zu einer Zeit, wo der Entschluss, eine erste selbstständige Reise nach dem skandinavischen Norden zu richten, dem 19 jährigen Offizier nahezu als eine krankhafte Idee ausgelegt wurde — der Zufall den Herausgeber in der Nähe von Throndjhem Zeuge eines Hausfriedensbruches und des sich daraus entspinnenden Kampfes, der sogar den robusten, mutigen Skydsbunden, welcher ihm den Postdienst leistete, in bebende Angst versetzte, werden Hess, machten diese Szene und die fremdartige Erscheinung der schwarzhaarigen, ihm damals nur als so angebräunt geltenden Angreifer, inmitten der blauäugigen, blonden Hofbewohner, einen solchen Eindruck auf ihn, dass sich derselbe nie wieder verwischte. Zu charakteristisch war das äußere Gepräge der wüsten Gesellen gewesen, um nicht, bei späteren Begegnungen in Böhmen, Ungarn, der Türkei und namentlich der Wallachei und den übrigen Donauprovinzen, augenblicklich die Stammeseinheit der Zigeuner mit denselben zum Bewusstsein kommen zu lassen. Welche Freude es daher dem Herausgeber gewährte, etwa nach einem Jahrzehnt, diese selbst gemachte Bemerkung durch wissenschaftliche Nachweise bestätigt zu finden, möge sich der Leser selbst vorstellen. Die, damals in Folge von vielfachen Beschwerden über die Landplage des Vagabundentums angestellten Forschungen wiesen die Existenz von ächten Zigeunern in Skandinavien zur Genüge nach und enthüllten ein, zwar in einzelnen Zügen entsetzliches, aber unbedingt interessantes Bild der niedrigsten gesellschaftlichen Verhältnisse. Um der, gleich einem Krebsschaden fressenden Wunde Halt zu gebieten, war eine Sondierung derselben notwendig und wurde diese einem jungen Geistlichen, Eilert Sundt, übertragen, der den Beruf in sich fühlte, seine ganze Kraft an die Aufklärung der Verhältnisse des Vagabundentums zu setzen, um den staatlichen Behörden die Mittel zu dessen zweckmäßigster Behandlung an die Hand zu geben. Seine vielfachen Erfahrungen — gesammelt nicht nur auf schwierigen Rundreisen in Karre und Boot, in den entlegensten Fjeld und Fjorddistrikten und verborgensten Waldbezirken, sondern auch im persönlichen Verkehr mit der Vagabunden und selbst Verbrecher-Welt der Arbeits- und Zuchthäuser, in welcher er zugleich mit ihrer Kenntnis eine Art Machtstellung und auf Achtung basierte Anerkennung gewann, so wie endlich noch durch anhaltendes und genaues Studium der Protokolle der Administrativ- und Justiz-Behörden — legte er nieder in zahlreichen Berichten und einem, aus Mitteln der Staatskasse herausgegebenen, umfangreichen Buche, dem noch jetzt, in zwar nicht regelmäßiger, aber doch ununterbrochener Folge statistische Tabellen über das Vagabundentum, über die Sittlichkeit- und Mortalitäts-Verhältnisse, über Zahl und Art der Verbrechen u. d. m., gesellt werden. Diese Schriften enthalten und lieferten den Stoff, welchen der Herausgeber zu diesen Skizzen gestaltete, die er dem Leser zu freundlicher Aufnahme unterbreitet.
Berlin, im November 1869.
Anton von Etzel.
Skandinavien
Norwegen - Bardu-Wasserfall
Norwegen - Hafen, Fischereiboote
Norwegen - Hammerfest, nördlichste Stadt der Welt
Norwegen - Harstad
Norwegen - Kabelvag
Norwegen - Lachse
Norwegen - Mälsevealen und Istindene
Norwegen 004 Signaldalen mit dem Oterdind
Norwegen 005 Lappenfamilie
Norwegen 006 Rentierherde