Abschnitt 1

II. De Festung M


Kapitel 10


Dat einer männigmal en annern Minschen an en kahlen Kopp wedder kennen kann, un dat 'ne lütte Swester tauwilen en klauken Infall hewwen kann. Worüm de Schildwachten, as W. un R. weglepen, vör ehr presentieren deden, un worüm de olle ihrwürdige Oberstleutnant von H. in Angst wir, dat em Graf H. up sine ollen Beinen trampeln würd. Wat 'ne Gefängnis-Kummischon männigmal für frische Luft tau rüken kriggt, un worüm en ordentlich Minsch tauletzt en Demokrat warden kann.

Üm dit ordentlich tau vertellen, möt ick von de Ümstän'n reden, unner de wi dor wahnten, un von de Ort un Wis', in de wi dor lewten. – Wi wahnten in twei Timmer; in ein lütt, wat vörn lagg, slepen drei von uns, in ein grot, wat dor achter lagg, söß bet acht, je nahdem. Wi kregen hir gaude Kost, kunnen des Dags äwer vir Stun'n in de frie Luft spazieren gahn un kunnen ahn alle Widlüftigkeiten mit enanner ümgahn. Tauslaten würd denn hir natürlich ok; äwer mit de Tid hadd sick dat all so wid taurecht tagen, dat bi allerhand lütte un grote Friheiten de Ogen taudrückt würden. De ollen Stammgäst' von mine Kammeraden, de hir all Johr un Dag west wiren, kennten desen Unteroffzierer un jennen Kumpani-Gregorius, sei wüßten, wen tau trugen wir un vör wen sick einer häuden müßt, sei kregen un besorgten heimlich Breiw' un hadden sick bor Geld tau verschaffen wüßt, sei hadden Middel funnen, sick annere Kledungsstücken, as de blag- und wittstripigen Lazarettkleder, antauschaffen; ja! vör mine Tid wiren sei männigmal tau twei un drei heimlich nachtens ut dat Lazarett rute gahn un wiren des Morgens irst wedder taurügg kamen. – Wo sei dit all mäglich makt hadden, weit ick nich, un wenn ick't wüßt, würd ick't nich vertellen! – Genaug! sei hadden allerhand Bekanntschaften in de Stadt makt, hadden Geld, un slicht würd nich lewt. Männig Potschon Braden, männig Buddel Moselwin un Rhinwin würd dor herinne mogelt, un wenn wi uns ok alle Mäuh gewen, de vullen Buddeln rinne tau schaffen, so was dat Rutschaffen von de leddigen doch tau beswerlich, un so wurden sei denn all ungeheuer künstlich, achter de Dör von unsern ollen groten Kamin tau Höchten stapelt, un H....mann was as Bumeister bi desen Babylonschen Torm anstellt.

Nu begaww sich dat, dat de Cholera in de Stadt un in dat Lazarett utbrok, de Stabsarzt hadd also vel bi uns rüm tau dauhn, hei kamm oft, un as em twei von uns, de Mediziner wiren, beden, hei süll sei mit tau de Kranken nemen, ded hei dat; denn hei was so fast davon äwertügt, dat dese Krankheit nich anstecken ded, dat hei sülwst sine beiden einzigsten lütten Jungs dor mit hennamm.

Ob hei in dese Meinung recht hadd, weit ick nich; ick weit man blot, dat W. un R. sick nich dorvör grugten un wi annern ok nich; äwer as dese beiden Gesellen tauletzt mit en Stück Lung' un Lewer un Darm taurügg kemen un dorbi up so'n höltern Schinkenteller tau sniden un tau mantschen anfungen, dunn würden sei von uns ut de grote Stuw' nah de vördelste lütte Stuw' herute kumpelmentiert. Un dat hadden de Rackers man wullt, as en jeder ut den Verlop von de Geschicht seihn ward.

Eines Dags gah ick buten spazieren, dunn geiht mi en Minsch in 'ne Uneform von en Kumpani-Gregorius vörbi, un, as hei mi so vörbi geiht, grint hei so, un as ick em en beten nauer ankiken will, wis't hei mi den Rüggen un geiht graden Wegs nah unsern Timmer tau. – Gradäwer von uns, up densülwigen Gang, wahnte äwer ok en Kumpani-Gregorius, un ick denk also, 't is en Mitkolleg von em un besöcht em; ick gah also wider, bet tauslaten ward.

As ick in uns' Stuw' herinne kamm, dunn sitt dor ein, mit den Rüggen tau mi dreiht, in Lazarettkittel frilich, äwer mit en kahlen Kopp. Nu hadden wi man twei mit en kalen Kopp tüschen uns hatt, un de ein, Piter, hadd all so vel smert un dahn, dat hei all 'ne Ort korte Lammwull wedder kregen hadd, un de anner, Br., was vör en Virteljohr fri kamen. Wer was dit? – Ick kamm neger – 't was Br., de olle lustige fidele Br., de den Unkel Dambach so velen schönen Arger makt hadd, de för jede slimme Sak ümmer 'n frischen Witz hadd un mal, as em sin oll Vader besöchte, tau uns ranne sprungen kamm. »Denkt jug, min Oll hett nu ok all en kahlen Kopp!« – Ut Fründschaft hadd dese brave Kirl dat wagt, sinen ihrlichen Kahlkopp wedder in den Löwenrachen rinne tau steken; äwer so ganz unbesonnen was dat nich, sine Fründschaft hadd wat anners in den Sinn.

Hei blew dese Nacht bi uns, un vel müßte hei vertellen. Den annern Morgen gung hei strack un stramm as Kumpani-Gregorius wedder ut dat Lazarettdur rute.

As hei weg was, kamm W. nah mi ranne: »Charles douze« – dit was min Spitznam, de Pommern un Meckelnbörger säden äwer ümmer »Korl Duß« –, »Charles douze, haddst du woll Lust, von hir dörchtaubrennen?« – »Worüm dat nich?« säd ick. »Gor tau sihr, Herr Rolack!« – »Kannst du Geld anschaffen?« – »Anners nich, as von minen Vader.« – »Süll hei di woll wat schicken?« – »Weit't nich«, segg ick, »bet up Stun'ns hett hei nicks von't Weglopen hüren wullt.« – »Versöcht möt't warden«, seggt hei, »sett di dal un schriw en Breiw; besorgen will ick em, un up de Person, de mi dorbi behülplich is, kann sick din Vader fast verlaten.«

Ick set'te mi also dal un schrew en schrewen Breiw an den Ollen, dat dat Weglopen mi sihr taudräglich sin würd, dat ick dat ungeheuer fin infädeln würd, dat ick en por richtige Mitkollegen dortau hadd un dat uns kein Deuwel wedder krigen süll; ick för min Part wull denn nah Sweden gahn, wull dor Landmann spelen, mi in Schonen en Gaud, wenn't mäglich wir, 'ne lütte Grafschaft köpen un wull denn ümmer af un an heimlich nah Meckelnborg räwer kamen un em en beten besäuken; un tau all dese Herrlichkeit hürte wider nicks tau, as en por hunnert Daler Geld, de süll hei dortau hergewen, dat anner besorgt ick denn nahsten.

W. namm minen Breiw un brächte nah'n acht Dag' richtig Antwurd. – De Oll wull nich; ick müßte jo bald fri kamen. – Ick kreg kein Geld un müßte also sitten bliwen.

Den Namen von den Mann, de den Breiw besorgt hett, weit ick nich, un doch wir hei bi 'n Hor mit de Näs' an't Fett kamen, de ganze Geschicht wir an den Dag kamen, wenn min Krätending von lütt Swester nich en verdeuwelten Infall hatt hadd. – Ick möt de Geschicht hir inschuwen.

Tau desülwige Tid was B. von den S....barg weglopen, un de Platzmajur dor, wat en Meckelnbörger was un mit minen Vader sick männigmal Breiw' schrew, klagte em sine Not, wo em dat güng, denn sei wullen em un den General von L. ut B. sin Utritschen 'ne Nahlässigkeit in ehren Deinst nahwisen. Min Oll antwurt't em wedder, hei hadd ok en Breiw von einen em ganz unbekannten Mann kregen, de mi tau 'ne Flucht behülplich wesen wull, hadd äwer de Sak aflehnt. Desen Breiw nimmt nu de Kummandant von den S....barg un schickt em an dat gottgesegente preußische Ministerium, wenn't so los güng, wenn de Lüd' butwarts von 'ne Festung sick all dormit afgewen, de Gefangen fri tau maken, denn müggt uns de Düwel möten, hei för sin Part wull leiwerst Flöhhäuden gahn. Dat preußische Ministerium wendte sick nu an de meckelnbörgsche Regierung – denn dunntaumalen hadden wi noch kein Ministerium in Meckelnborg –, sei süll doch mal en beten nahhorken, wer woll den Breiw an minen Vader schrewen hadd, un as min Oll eines Dags bi sin Middageten sitt, kümmt denn ok richtig en großherzoglichen Kummissorius an, de nah den Breiw fragen ward. – Na, nu schütt denn minen armen Ollen dat Bladd, un hei ward gewohr, dat hei sick in 'ne grote Dämlichkeit inlaten hett. Äwer hei süll dor noch gaud naug rute kamen! – Min lütt Krät von Swester süht, wo de Oll in de Klemm sitt, sei weit, wo de dumme Breiw liggt, sei geiht also driwens ut de Dör, söcht em sick un geiht dormit nah de Käk; dor brennt noch just en schönes Koffefüer, sei höllt den Breiw en beten an dit Füer, un as hei schön verbrennt is, leggt sei de Asch up en reinen Teller, kümmt rin tau den Herrn Kummissorius: »Hir is de Breiw!« – Je, wat nu? – De Oll wüßt den Namen nich mihr, un min lütt Krätending von Swester hadd en braven Mann vör 'ne langjöhrige Festungsstraf reddt. – Dit Stück hett mi ümmer sihr schön gefollen.

Äwer wo würd dat nu in dat Lazarett tau M.? – Ick wüßte jo nu, wo de Klocken lüdd'ten un dat ick för min Part in de Geschicht vullstännig utspannt was. Dat Kläukste was nu, ick kümmerte mi nich mihr üm de Sak, un dat ded ick denn ok.

Mit de Wil was frischen Nahschubb in dat Lazarett kamen, en por swor kranke Kammeraden wiren inbröcht worden, de Platz würd tau beengt, un eines Dags ordnierte de Stabsarzt dat an, dat vir von uns – ick ok mit – nah 'ne lütte Stuw' in dat tweite Stockwark bröcht warden süllen. Den sülwigen Abend kamm de Platzmajur, as all tauslaten was, let sick de Dör unnen upsluten un bröchte för einen en Breiw. In sine Gegenwart würd de Dör von den wachthabenden Unteroffzierer wedder tauslaten, in sine Gegenwart würd de Slätel an den Lazarett-Inspekter afliwert, un den annern Morgen wiren W. un R. weg.

Wo sei dit farig kregen hewwen, weit ick von eignen Ogenschin nich, un't wüßt ok keiner von uns allen nich; äwer nah un nah hewwen wi uns unner enanner dat befragt, un de ein wüßt dit un de anner dat, un tauletzt kregen wi ok den Breiw tau lesen, den sei an den irsten Kummandanten Grafen H. schrewen hadden, wo sei em dat utführlich vertellten, woans sei't makt hadden. – 't was 'ne Ort von niderträchtigen Breiw, un ick red dor noch wider äwer. Vörlöpig dit.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ut mine Festungstid