Abschnitt 1

IV. De Festung Gr.


Kapitel 15


Worüm ick mi äwer den Apostel Paulus un de Kapteihn sick äwer Schr...men sine Brud argert. Worüm de Kapteihn mit beide dörchlopene Stäwelsahlen in den deipen Dreck peddt un sick nahsten an en Pal stellt un up den Abend 'ne Brudschaft för't Heiligste un rode Hor un gräune Ogen för't Schönste erklärt un sick up de letzt mit de Königin Viktoria in England verlawt.

Nu wir dat woll nich mihr as billig west, dat wi uns dankbor un taufreden mit dat begnäugt hadden, wat uns de oll Herr General un dat Glück so schön in den Schoot rinnesmeten hadd; äwer de Minsch is nu einmal so, hei rückt un rögt an 'ne gaude Lag' ebenso as an 'ne slichte, hei will't ümmer noch anners un noch beter hewwen, un wenn nah buten tau nich vel tau rücken un tau rögen is, as in unsen Fall, denn fangt hei binnen an, mit allerlei Wünsch' un Hoffnungen un Afsichten sin Hart tau äwerlasten, un wir de Utführung von de Hoffnung ok so wid af as Kukuk von't Säbenstirn.

Na, ick bün ok allmeindag' en unrauhigen Gast west; äwer ditmal was ick't nich, de den Surdeig in den Backeltrog smet, ditmal was dat min oll Kapteihn.

Wi wiren nu all an de virteihn Dag' an Urt un Städ' un gungen regelmäßig morgens un nahmiddags bet an de lütte Lind' spazieren, ein achter'n anner, as de Gäus' in den Gasten, denn dat was sihr deip tau gahn, un ut de Allee dürwten wi nich rute; Herr Bartels satt denn middwegs von unsen Spaziergang an't Wagenhus up en Kugelhopen un – wenn't Weder dornah was – in'n Sünnenschin un kek uns nah de Beinen un spelte mit den Quast von sin »Kurzgewehr«. Schr...men hadden wi all den tweiten Dag wedder tau seihn kregen, un hei gung ok mit uns un wüßt vel tau vertellen, denn ut den philosophschen Kopp von den Unnersäukungsarrest her hadd sick up de Festung en poetischen rute puppt, hei hadd en grotes Heldengedicht schrewen: »Paulus«, un dat wüßt hei unglücklicher Wis' utwennig un deklamiert uns de schönsten Städen dorut vör; sei süllen nah de Melodie von den ollen Homer gahn, sei gungen äwer meistendeils nah de Melodie von Jehann Hinrich Vossen, as hei sick den Spaß maken ded un de Hexameters von Goethen und Schillern en lütten Lack anhängte:

»In Weimar und in Jena macht man Hexameter, wie die da;
Aber die Pentameter sind noch viel schlechterer.«

Schr...men sin »Paulus« was för mi un den Kapteihn all slimm, denn wi hadden nicks dorgegen uptauwisen, womit wi em wedder traktieren un dat Mul stoppen kunnen; äwer slimmer was't noch, wenn hei uns mit sine Brud kamm, denn von de Ort hadden wi irst recht nicks uptauwisen. Hei läd dat ordentlich dorup an, uns den Mund wätern tau maken, hei beschrew uns sine Leiwste von Kopp bet tau Fäuten, hei wis'te sei uns ut de Firn un tauletzt ok in de Neg' – un sei was för en philosophschen Kopp ok aller Ihren wirt –, hei malte uns dat so säut vör, wenn sei dreimal in de Woch so bi em set un hei ehr ut de Bäuker Bildung bibröcht, denn sei wir – as hei säd – »noch nicht auf der Höhe seiner Bildung angelangt«. Kortüm! Schr. stek uns allerlei Sticken un strigelte uns' Fleisch mit allerlei Durn- un Nettelwark.

De Kapteihn un ick, wi argerten uns, un wi deilten uns ihrlich in den Arger; ick argerte mi äwer Paulussen, un hei argerte sick äwer de Brud.

Nu müßt sick dat eines Dags drapen, dat uns 'ne öllerhafte Dam mit en jung, slank Mäten begegen ded, un wil dat nu de Fautstig so small was von wegen de Deipigkeit von den Weg, schrammten wi ein achter'n anner an de beiden Frugenslüd' vörbi. Mit de jung' Dam gung dat noch handlich, äwer mit de olle Dam, de en beten stark vüllig was, gung dat man swack, un de Kapteihn, de sin Lewsdag' ümmer sihr ritterlich gegen Damen west was un hüt taufällige Wis' sine Stäweln anhadd, wo de Bodden so tämlich rute was, läd up militärisch de Hand an de Mütz, säd en por verbindliche Würd' un peddte mit beide unversäkerte Beinen in den deipen Dreck, ick ströpte noch so knappemang vörbi, denn sei hadden dunntaumalen noch keine Kreolinen.

As wi en por Schritt wider gahn wiren, kamm de Herr Unteroffzierer Bartels pil up den Kapteihn los un säd: »Sie haben eben mit die Dam' geredt, das dürfen Sie nicht.« – De Kapteihn säd, hei hadd blot 'ne Höflichkeit tau ehr seggt. – »Höflichkeit oder Grobheit«, säd Bartels, »is ganz engal; Sie sollen überall nich mit keinem reden, und wenn Ihnen einer entgegenkommen tut, so sollen Sie auch nicht grüßen, denn sie kennen Ihnen nicht.« – Wer dat denn west wir? frog ick. – »Das darf ich Ihnen nicht sagen«, säd Herr Bartels. – »Na, denn will ich es dir sagen«, säd Schr., »das ist die Frau des Proviantmeisters Lucke, und die junge Dame ist ihre Tochter aus erster Ehe und heißt Aurelia Schönborn, und sie wohnen in der Kasematte, in die sie jetzt hineingehn.« – »Herr Schr.«, säd Bartels, »ich weiß recht gut, Sie kennen hier die ganze Menschheit auf der Festung; aber das muß ich den Herrn General mellen, daß Sie hier Instruktschonen for die beiden fremden Herrn ausgeben.«

Nu was äwer de Kasematt, wo de beiden Damen rinne gahn wiren, grad äwer von de lütte Lind', bet wo wid wi man gahn dürwten, un as wi bet an de gahn wiren, stellte sick de Kapteihn an de lütte Lind', slog den Grisen mit de säben Kragen dichter üm sick un kek nah de Kasematt räwer. – Schr. un ick gungen wedder taurügg, un Herr Bartels was taum irstenmal in grote Verlegenheit: süll hei den Kapteihn dor stahn helpen, oder süll hei mit uns den Weg entlang gahn? Tauletzt wählte hei den Middelweg, hei set'te sick wedder up den Kugelhopen un spelte mit den Quast, kek äwer mihr den Kapteihn as uns an. – Wi kemen wedder taurügg, de Kapteihn stunn an de Lind', wi gungen un kemen wedder, de Kapteihn stunn ümmer noch an sine Lind', blot dat hei sick dat bequemer makt un sick an den Pal lehnt hadd. – »Kapteihn, kumm doch mit!« – »Laßt mich!« säd hei, strek mit de Hand äwer dat gele Stoppelfeld, wat nu unner sine Näs' all gadlich begäng' würd, un läd sick noch drister an den Pal.

De Fristun'n was tau En'n, wi würden inslaten, un de Kapteihn gung mit groten Schritten in de Kasematt up un dal. »Ein dummer Kerl!« säd hei, »ein sehr dummer Kerl!« – »Bartels?« frog ick. – »Nein, Schr.«, säd hei, »der Hanswurst renommiert ordentlich damit, daß er eine Braut hat. Ist das eine Kunst, sich eine Braut anzuschaffen, wenn einer mit der ganzen Welt verkehren kann?« Dormit gung hei noch forscher up un dal. – »Kapitän«, säd ick, »heute war er im ganzen doch recht freundlich. Er hat mir seinen Paulus mitgegeben; sieh einmal hier, er hat gleich Bilder dazu gezeichnet.« – »So? Das will er auch können? – Ja, er weiß alles, er kann alles, er hat alles. Sein Dicktun ist unausstehlich! Und welcher anständige Mensch tut wohl mit seiner Braut dick? Charles, ich betrachte ein solches Verhältnis als das zarteste und heiligste, welches selbst den vertrautesten Freunden verschlossen bleiben muß; und der alberne Mensch bringt gestern sogar einen Schuh seiner Braut mit auf die Promenade, um uns zu zeigen, was für einen kleinen Fuß sie hat!«

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ut mine Festungstid