Abschnitt 2

I. De Festung G.


Kapitel 1


Dormit wendt hei sick üm, nickte mit den Kopp: »Adieu!« un gung bet an de Dör. Hir dreiht hei sick rasch üm, as wenn hei wat vergeten hadd, un frog mi, wo ick her wir. – »Ich bin ein Mecklenburger«, säd ick. – »En Meckelnbörger?« frog hei up't beste Pladdütsch, blot mit so 'ne lichte preußsche Bimischung, as sei in de Gegend von Nigen-Strelitz reden. »In wecke Gegend sünd Sei denn dor gebürtig?« – »Ich bin aus Stavenhagen«, antwurt ick. – »Ut Stemhagen?« frog hei wider, »wat is Ehr Vader?« – »Bürgermeister«, säd ick. – »Wo lang' mag hei all dor sin?« frog hei. – »Sid Anno achteihnhunnertfiw«, süd ick nu ok up Pladdütsch. – »So? so?«, brummt hei so vör sick hen; äwer mit ein Mal frog hei so recht indringlich: »Seggen Sei mal, lewt de Bäcker Sommer noch?« – Je, säd ick, weckern hei meinen ded? Dor wiren twei Bäcker Sommers, den einen näumten sei ümmer »Kristopher Geist«, wil dat hei so'n Dodenfarw' hadd, und den annern näumten sei »Schill-Sommer«, wil dat hei dunntaumalen mit Schillen gahn wir.

»Dat ist hei! Dat is hei!« röp hei rasch. »Lewt de noch?« – »Ne«, säd ick, »de 's vör etzliche Johren storben.« – »Kunn ok nich utbliwen«, säd hei kort, »hadd den Bramwin tau leiw.« Nickte noch einmal adjüs un gung.

Mine sworen Gedanken wiren weg, den Obersten sine fründliche Ort un sine gauden Würd' hadden dat ehrige dahn; äwer vör allen ret mi de Niglichkeit dorute. – Dat unbedüdendste Nige hett för en fangen Minschen en grotes Bedüden. Äwer hir was wat, wat am En'n jeden niglich maken kunn. Wo kamm de Oberst tau't Pladdütschreden? – Na, hei kunn en Pommeraner wesen; äwer worüm würd hei so hellhörig, as ick von Meckelnborg säd? – Na, hei kunn jo ok en Meckelnbörger wesen, 't wiren vele Meckelnbörger dunn bi de Preußen; äwer de Ort redte kein Pladdütsch, de snuwwelten un bisterten leiwerst in 'ne grugliche Ort Hochdütsch rümmer, wil dat sei dat för vörnehmer höllen, un des' Mann hadd so recht mit Behagen sin Pladdütsch spraken, un't was en richtigen Mund vull. Un wat wüßt hei denn nu von Stemhagen un von minen Ollen, un vör allen, wat wüßt hei von Schill-Sommern? – Ick termaudbarst mi denn nu hiräwer mit allerhand Fragen, funn äwerst kein Antwurd, un as ick mi taum Slapen up den Strohsack smet, säd ick tau mi: »Na, lat't! Ick glöw äwer, up dat legste Flag büst du grad nich kamen.«

Den annern Morgen packt ick min Habseligkeiten ut 'ne Kist; dor kamm denn allerlei herute, wat süs reisen Lüd' nich in de Welt mit rümmer slepen: 'ne Waschschöttel, en Glas, en Drahtlüchter, un denn min kostbarstes Stück Möbel: 'ne Koffemaschin. Vatter Kähler kamm un makte Füer in den Aben, ick set'te en lütten Pott mit Water an dat Füer, un as dat Water sine vullen Blasen smet, halt ick 'ne Tüt mit mahlen Koffe taum Vörschin, un 't wohrt nich lang', was min Koffe farig. Ick treckte minen ollen ihrwürdigen Slaprock an, de up de eine Sid mal häßlich ansengt was un leider Gotts nich in de Füerkaß' stunn, dortau mine schönen warmen Pampuschen – sei wiren von Daukeggen tausamfluchten un hadden blot den einen Fehler, dat sei in de Nattigkeit nich dicht höllen; äwer wat hadd ick ok in'n Natten tau dauhn? Ick satt jo in'n Drögen –, un so was mi denn up mine Ort ganz gaud tau Maud'. Dunn kamm de Reih bi't Utpacken an min Lewensmittel: en halw Kummisbrod, en Stück Zegenkes' un en En'n Talglicht.

Dit letzte was denn nu grad nich taum Eten, äwer 't was jo doch noch tau bruken, un dorüm hadd ick dat mitnamen, denn wenn einer mit fiw Sülwergröschen den Dag äwer utkamen sall, denn möt hei dat Sinige hellschen tau Rad' hollen. – Fiw Sülwergröschen däglich is en grot Stück Geld, makt up't Johr sößtig Daler; äwer bi so'n armen Deuwel von Gefangen, de nich sülwst för sick sorgen kann, maken sick an sine Inkünften noch annere Lüd' de Fingern blag, un hei möt sick't gefallen laten. Dat hadd denn nu woll slicht bi mi uthau't, wenn min oll Vader nich west wir, de mi af un an mit en lütten Tauschub unner de Arm grep; äwer vel dürwt dat ok nich sin, un wat von dor kamm, leten sei einen ok man druppwis' taufleiten. Nu wüßt jo äwer min Vader gor nich, wo ick in de Welt was, ick müßt also irst schriwen, un bet ick Antwurd hadd, müßt ick nu also mit min Staatsgehalt von fiw Sülwergröschen utkamen, denn oll Vatter Kähler was woll en ollen gauden Mann, äwer so dumm was hei nich, dat hei sick up Borgen inlet. – Ick schrew also.

As min Breiw farig was, stellt ick mi an't Finster. Mi was hüt morgen ganz anners tau Sinn as gistern abend; ein Nacht ruhigen Slap makt en annern Minschen; dortau schinte de Sünn in min Finster, un mine Gardinen wiren taum Glück nich so dicht, dat sei den Strahl nich up mi fallen leten. Ick kunn nah'n Dur henseihn, dor kemen Kutschen rinne tau führen un Postwagens un Markwagens, ok en Likenwagen führte rute – dat hadd ick sid virtehalw Johr nich mihr seihn –, mi kamm allens schön vör, ok de Likenwagen, Landmätens kemen mit Melk in de Stadt, Burjungs mit Holt, Börgers gungen ehren Geschäften nah, olle Herrn mit warme Pelzkragens verpeddten sick de Likdürn en beten, un denn kemen lütte, nüdliche Dams mit Feddern up den Haut un mit gräune Sleuers, wo de frischen, roden Gesichter rute keken as de Muschrosen. Sei wiren all hübsch, all! Ich wüßt nich ein, de mi häßlich vörkamen wir. Wovon kamm dat? – Na, ick was viruntwintig Johr olt, un sid virtehalw Johr hadd ick kein anner Dams seihn as de oll dick Fru Grelen, de vor dörtig Johr als Mackentenderin bi'n pohlsches Hulahnen-Regiment stahn hadd, un denn uns' Korlin mit de Leckogen.

Mit all de Lüd', de ick dor seihn ded, hadd ick nicks tau dauhn, sei kümmerten sick ok nich üm mi, ick mi äwer desto mihr üm ehr, un nah en por Dag' wüßt ick all ganz schön Bescheid. Dat lütte Dirning mit dat rodbunte Fähnken up den Liw' was den Arbeitsmann sin Kind, de ümmer middags mit Äxt un Sag tau Hus kamm, hei gaww ehr mal vör minen Finster Geld, un sei kamm nah 'ne lütte Wil mit en Brod ut dat gräune Hus rechter Hand rute, dat Schild kunn ick nich seihn. Dor müßt also en Bäcker wahnen. En por Dag' drup slogen sick en por rechte driftige Slüngels up de Strat, un en Mann mit 'ne witte Schört kamm herut un höll Stür un gaww den einen en por in't Gnick, dat was also sin eigen, un hei was de Bäcker; un de anner Slüngel lep in de Nahwersdör rinne un kamm dor einen Mann mit en swart Schortfell in den Lop, de em ok en por verabfolgen ded, dat was also den Slösser sin. Un ut dat Bäckerhus kamm en lüttes nüdliches Mäten, schir, as ut dat Ei pöllt, un witt as 'ne Duw', un de Unteroffzierer von de Wach gung en lütt En'n mit ehr tausam un fot sei dunn an de Hand un redte mit ehr sihr angelegentlich, un sei kek ümmer äwer de Schuller nah ehr Vaders Finstern, un mit einmal würd sei rod as 'ne Ros' un ret em de Hand weg un was snubbs üm de Eck. – Wat hadd de Herr Unteroffzierer mit min lütt Bäckerdochter tau reden? – Un 't wohrt nich lang', dunn kamm sei wedder, un in den Slösser sin Dör stunn en smucken jungen Kirl; äwer swart as 'ne Kreih, un de Kreih, de hauste, un de lütt witt Duw' kek sick üm, un 't wohrte nich lang', dunn stunnen sei tausam un lachten un spaßten mitenanner, un de Herr Unteroffzierer trippelte vör de Gewehren up un dal un bet de Tähnen tausam un strek den Snurrbort un kek grimmig nah de beiden. – Wat hadd hei för Weihdag', wenn Kreihen un Duwen sick gaud sünd, un Nahwers Kinner sick leiw hewwen?

Ja, up dat slichtste Flag was ick noch lang' nich kamen!

Minschenverkihr, un gelt hei einen ok nicks nich an, frischt dat Hart up; äwer hei is as de Musik, sei möten beid nich tau drist warden; 'ne schöne, lise Melodie leggt sick weik an't Hart, äwer wenn allens üm einen rüm fidelt un tut't un trommelt, warden einen de Uhren weih dauhn, un ein sehnt sick nah de Einsamkeit.

En por Dag' drup kamm min Oberst B. wedder tau mi un wedder des Abends. Ditmal hadd ick Licht; min Drahtlüchter stunn preislich up den Disch, un up em en Licht för'n halwen Sülwergröschen. De Oberst redte Hochdütsch mit mi, hei hett meindag' nich wedder Pladdütsch mit mi redt; ick natürlich ok nich. As hei gung, säd hei: »Aber was haben Sie für einen schlechten Leuchter!« – Ick säd: je, dat let sick doch nich anners maken, un sin Ding' ded hei jo. – »Haben Sie denn etwas zu lesen?« frog hei wider. – Ih ja, säd ick, ick hadd Höppnern sine Institutionen un Thibaut'n sine Pandekten un en corpus juris un Ohmen sine Mathematik un Fischern sine Hydrostatik un noch en por anner so 'ne interessante Les'bäuker. – »Na«, säd hei, »ich selbst lese wenig von Unterhaltungsschriften, aber meine Tochter hat eine kleine derartige Bibliothek, und ich werde Ihnen etwas daraus besorgen.« Dormit gung hei.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ut mine Festungstid