Vorwort - Die Hansegrafen

Der Name eines Grafen der Hanse, welcher sich zu Bremen, Middelburg, Regensburg und Wien findet, während nirgend ein Gildegraf oder Graf der Kaufleute genannt wird, deutet in der städtischen Verfassung auf ein hohes Alter und geschehene Übertragung ehemaliger aus den Hofrechten entsprungener Verhältnisse auf die Bürger. Der Hansegraf zu Regensburg war ein von denselben erwählter Meister oder Oldermann, welcher deren Rechte und Gewohnheiten, zu denen auch die Zölle gehörten, auf den Märkten im Auslande vertrat, in der Stadt aber nur mit Beistimmung der Bürger Einrichtungen treffen durfte. Die Nachrichten über die Middelburger Hanse sagen deutlich, dass sie sich auf den ausländischen Handel und die Schifffahrt von Osten und Westen her bezog. Diese Beziehung auf den Großhandel hatten auch die mercatores hansati zu Paris, so wie zu York im J. 1200 die Gilda mercaria, Krämergilde, von den Hansen der Bürger in den Ländern des Königs, England und Normandie, unterschieden wurde.

Eine urkundliche Erwähnung der Hansegrafen zu Bremen vor d. J. 1395 ist zwar bisher nicht aufgefunden, doch wird einer Hense schon in den Statuten dieser Stadt v. J. 1303 gedacht. Dass aber auch hier die Hanse sich ursprünglich auf den Handel mit den Fremden bezog, beweist die Urkunde des bremischen Erzbischofes Siegfried v. J. 1181, welcher die Erhebung der gleichbenannten Abgabe, so weit sie ihm zukam (quae ad nos respectum habuit), erließ; ein anderer Teil derselben fiel wahrscheinlich wie in Middelburg an die Mitglieder der Gilde. In demselben Sinne befreite Graf Philipp die Bürger von Damme in allen seinen Städten von der Abgabe, welche seine Beamten (Boden, comites) Hanse nennen, und Kaiser Friedrich I. die Lübecker von einer vom Zolle unterschiedenen Hanse in Sachsen, so wie die Fremden von einer Hanse zu Lübeck. Diese Abgabe scheint nun aus dem Vorhergehenden dahin zu bestimmen zu sein, dass sie von dem einheimischen Bürger für die Zulassung der Gilde der auswärts handelnden Kaufleute entrichtet wurde, von den Fremden aber, welchen keine Vorzüge vor denen des Ortes gestattet werden sollten, für die Erlaubnis daselbst Handel zu treiben, wodurch sie in die Gilde traten oder deren Mitgliedern gleich berechtigt wurden, so wie noch heute in einigen Staaten durch Erlegung einer Patentsteuer. Daher findet sich denn auch diese Abgabe nicht nach dem Wert oder Maße der Handelsgegenstände, sondern als persönliche Abgabe in einer für jeden Berechtigten gleichen Summe bestimmt. Für die Hanse der Kölner zu London wurden 2 Schillinge entrichtet, für die der Lübecker 5 Sch.; zu Bremen 4 Sch., zu Middelburg 3 l/2 Sch. (von welchen 42 Pf. die Hanse nur 2 Pf. erhielt), welcher Ertrag, gleich dem anderer ursprünglich aus dem Hofrechte entlehnten Abgaben, dem Landesherrn und später teilweise oder ganz den damit belehnten Gilden oder Städten zufiel. Die Befreiung von der Abgabe genannt Hanse wird auch nur in den ältesten städtischen Privilegien erwähnt, hernach aber, bei ihrer Geringfügigkeit, derselben nicht mehr gedacht.


Es sei uns jetzt gestattet, auf die Nachrichten zurückzukommen, welche über die Hansegrafen zu Bremen im J. 1395 uns aufbehalten sind, welche die offenbar älteren Verhältnisse dieses Amtes entweder angeben, oder abändern. Es werden in dem Denkelbuche dieser Stadt als deren Ämter, nachdem sie Mitglieder des Rates bildeten, angegeben: 1. Die Annahme und Beeidigung der Bürger und die Verwahrung des Bürgerbuches. Dieses Geschäft möchte als ein ursprüngliches zu betrachten sein, so fern die Bürgerschaft oder Bürgergilde von der Gilde oder Hanse der Kaufleute ausgegangen ist. 2. Sie sollen von dem Bürgergelde die Wege außerhalb der Stadt machen lassen und in der Stadt über die Straßen das Regier haben. Diese Funktion trifft mit der des Hansegrafen zu Regensburg überein, welcher mit den Raufleuten über den Zustand der Straßen zu Lande und zu Wasser beratschlagte. 3. Es wurde denselben die Führung des Denkelbuches übertragen, welche früher den Kämmerern oblag, für welche Arbeit ihnen das Hansegeld und dagegen den Bürgermeistern von dem Bürgermeister 2 Mark jährlich als Ersatz für das Hansegeld, welches diese von Alters her zu erhalten pflegten, gegeben wurde. Diese ursprüngliche Verbindung, wenn nicht Identität, der Bürgermeister und der Hansegrafen scheint unsere Meinung über die frühere große Bedeutung der letzteren in den kleinen Anfängen des städtischen Kreises sehr zu bestätigen.