ZWEITER ABSCHNITT. Erste Verbindungen einzelner, dann mehrerer niederdeutschen Städte, während des dreizehnten Jahrhunderts, zur Erhaltung ihrer Freiheit und ihres Rechts im Innern, so wie gegen das Ausland und zur Beschirmung ihrer Bürger und Kauffahrer.

Diese städtischen Vereine im nördlichen Deutschlande haben nicht nur in einem kleinen Umfange ihren Anfang gefunden, sondern sie reichen auch wenig über die Mitte des zwölften Jahrhunderts zurück, wenigstens in sofern die Sache mit Urkunden, oder anderen beglaubigten Nachrichten zu belegen ist.

An sich konnte der Gedanke zu solchen Vereinen nicht fern liegen, indem das gleichmäßig gefühlte Bedürfnis die Städte dazu antrieb, sobald sie nur irgend die dazu erforderliche Freiheit und Selbstständigkeit erlangt hatten. Alles schien sie darauf hin zu weisen, um sich gegen mannigfaltige Widersacher zu verteidigen, woran es ihnen nie, auch in den nächsten Umgebungen nicht, fehlte. Der Geist, der sich in ihrer Mitte bildete, war ganz von dem verschieden, welcher den Adel und die Freien des Landes beseelte; diese Verschiedenheit trat immer mehr hervor, je mehr die Städte in Freiheit und Wohlstand zunahmen. Das Zuströmen höriger Leute in diese freien Gemeinden, die Bildung eines neuen freien dritten Standes hinter Mauern, Wall und Gräben, nachdem die gemeinen und kleinen Freien auf dem platten Lande meist ihre Freiheit verloren hatten, konnte nicht gleichgültig von dem benachbarten Landadel betrachtet werden. Wahrscheinlich haben daher die Städte sich früher mit einander verbunden, so wie sie zu größerer Freiheit und Selbstständigkeit gelangten. Gewiss wohl zuerst, was den Norden Deutschlands betrifft, am Niederrheine, in Sachsen und Westphalen, späterhin in den östlichen Teilen, wo die Städte später angelegt wurden, auch später zu Macht und Ansehen gelangten. Wahrscheinlich liegen noch in den Archiven jener Länder Urkunden verborgen, die darüber Zeugnis geben können, wiewohl sie nicht bekannt sind; die darüber vorhandenen weisen aber daraufhin, was auch ohnedem sich als wahrscheinliche Vermutung aufdringt.


Die ältesten aufgefundenen Urkunden, die von Vereinen dieser Art reden, beziehen sich auf zwei östlich gelegene, nachher in dem norddeutschen Städte-Verein sehr berühmt gewordene Städte, Lübeck und Hamburg, welche durch ihre eigentümlichen Verhältnisse zu Dänemark und Holstein, und wegen der daraus für sie entstehenden gemeinschaftlichen Gefahren ganz besonders, so wie durch ihre Lage an den zwei verschiedenen und benachbarten Meeren, dazu aufgefordert wurden.

Seit dem J. 1210 sind zwischen beiden Städten zu Gunsten ihrer Bürger verschiedene Verträge abgeschlossen worden. In einem derselben, von dem Jahre 1241, verbinden sie sich wechselseitig das Meer von da, wo die Trave in dasselbe fällt, bis zur Mündung der Elbe und diesen Strom hinauf bis Hamburg auf gemeine Kosten wechselseitig für ihre Bürger zu schirmen. Würde Einer aus ihrer Mitte außerhalb der Mauern beider Städte ermordet oder misshandelt, so wollten sie auf gleiche Weise zum Ersatz oder zur Wiedergewinnung des Geraubten zusammenhalten, und dem Kläger zur Verfolgung seines Rechts behilflich sein. Ohne Zweifel ist dieser Verein durch die Unruhen in Dänemark und den Zwist zwischen dem Könige Erich und dessen Bruder Abel, — beide Städte waren nicht ohne Anteil an diesem Zwiste — und durch die Fehden und Unsicherheit, die daraus hervorgingen, zunächst veranlasst worden. Diese und ähnliche Ursachen haben die Verbindung unter beiden Städten erhalten; so bestätigte die Stadt Lübeck im J. 1259 einen Beschluss wegen Verteilung der wechselseitig aufgewandten, oder aufzuwendenden Kosten, die zu stellende Mannschaft und Schiffe zur Abwehr der Seeräuber und der Feinde beider Städte.

In demselben Jahre 1241, in welchem der erste enge Verein zu wechselseitigem Schutz zwischen Lübeck und Hamburg abgeschlossen ward, haben auch die Städte Soest und Lübeck wechselweise eine Erklärung ausgestellt, dass die bisherigen Streitigkeiten zwischen ihren Bürgern beigelegt worden wären, durch die Vermittlung guter und bescheidener Männer (vielleicht durch die Bürger und den Rat anderer Städte, wie es unter den näher verwandten und mit einander verbundenen üblich war), und dass die vormalige und alte Freundschaft zwischen beiden Teilen wieder hergestellt sein solle.

Wir kennen andere in diese Zeit fallende Verbindungen unter einzelnen Städten eingegangen, die zwar nicht so bestimmt gegen Feinde und Widersacher lauten, die aber auf wechselseitigen Schutz des Handels vornehmlich, und auf einige vor andern Fremden einander eingeräumte Vorzüge sich beziehen: dergleichen sind zwischen Braunschweig und Stade in d. J. 1248 und 1249, zwischen Köln und Bremen im J. 1258, zwischen der letzten Stadt und Hamburg im J. 1259 und unter mehreren andern abgeschlossen worden.

Doch am merkwürdigsten ist der Verein v. d. J. 1253, der zwischen vier der ältesten westfälischen Städte, nämlich zwischen Münster, Dortmund, Soest und Lippe eingegangen ward, deren Kaufleuten wir, wenigstens was die ersten drei betrifft, mit am frühesten, und zwar auf den entferntesten deutschen Handelsniederlagen z. B. in Nowgorod und unter andern Gesellschaften deutscher Kauffahrer in fremden Ländern begegnen. Jene vier Städte erklären zu einer immerwährenden Verbindung (perpetua confoederatione) zusammengetreten zu sein, also, dass sie allen Denen, die Einen der Ihrigen betrügen oder berauben, Alles versagen wollen, was zu deren Bestem gereichen könnte, namentlich eine Anleihe bei ihnen zu machen. Diese Verbindung soll gehen gegen die Burgvögte (castellani) der Herren, die sich dergleichen zu Schulden kommen lassen, so wie gegen die Herren selbst, gegen Ritter und Knappen und deren Helfershelfer. Auch soll der durch solche Räuber Gekränkte seiner Klage gegen den, durch richterlichen Spruch geächteten Beleidiger, in den Städten zur Verfolgung seines Rechts so unterstützt werden, als wäre er ein Angehöriger des Orts. Sollte aber ein Bürger dieser Städte in eine der verbündeten kommen, und wegen augenscheinlicher Gefahr seiner Person oder seiner Sachen den Ort nicht verlassen können; so sollen ihn die Bürger dieser Stadt sicher bis dahin geleiten, wo ihn seine Mitbürger in Empfang nehmen können. Wird ein Ritter den Verbündeten als ein treu- und ehrbrüchiger glaubhaft angezeigt, so soll ihm kein Anlehn in den Städten verstattet werden, bevor er nicht das, was er verbrochen, wiederum gutgemacht hat. Sollte aber einer der Verbündeten des andern Mitverbundenen geraubtes Gut in einer andern Stadt, oder wo es sonst wäre, außerhalb seiner Vaterstadt kaufen oder in sein Eigentum verwandelt haben, so soll er es nicht nur nach der letzteren nicht bringen dürfen, noch daselbst oder anderswo verkaufen, sondern er soll auch als gleich schuldig mit dem Dieb oder Räuber geachtet werden. Wer dagegen handelt, soll, außer einer Buße an Geld und Wein, seiner Stadt verantwortlich bleiben und aller Ehre beraubt sein. Die Schuld wird durch das Zeugnis zweier guten Männer bewiesen; fehlt dieser Beweis, so kann der Beschuldigte sich mit Hilfe sechs dazu tauglicher Personen deshalb reinigen; wird aber eine der verbundenen Städte des Bruchs dieser Übereinkunft beschuldigt, so kann sie sich deshalb mit Hilfe von zwölf dazu tauglichen Personen reinigen, deren sechs aus dem Rate, sechs aus den Einwohnern der Stadt zu nehmen sind.

Eine Verbindung unter den Städten von einer noch größeren Ausdehnung, nicht nur unter den westfälischen Städten, sondern auch zwischen ihnen und Bremen und denen von Hamburg, Lübeck und Stade, so wie zwischen den andern an der Elbe und jenseits derselben gelegenen Städten, wird als bereits vorhanden in einem Schreiben von den in Minden sich aufhaltenden Ministerialen, dem Rate und der Gemeine der Stadt v. J. 1256 an die ebengenannten Städte und die Edelleute daselbst, erwähnt, und auf diesen (früher) beschworenen Vertrag oder Frieden (pacem) hin die zugesagte Hülfe begehrt. Die Ministerialen, Rat und Gemeine der Stadt Minden klagen über die Bedrückungen des Grafen von Wilipa und seines Dapifers, Conrads von Ravensberg, die sie beraubt, Einige von ihnen ermordet hätten und Andere im Gefängnis hielten, sie fordern die Hilfe wie die bereits beschworene Vereinbarung oder der Friede von ihnen, als ihren Eidgenossen, es fordern. Sie erwähnen der Unterstützung, welche ihnen der westfälische Adel und die westfälischen Städte zusenden würden, sie begehren dieselbe von den an der Elbe gelegenen, es sei vermittelst schwer oder anders Bewaffneter zu Pferd, oder vermittelst Fußvolks, die zu denen von Bremen stoßen sollen, um gleich zu Anfang den Friedenstörern mit Glück zu widerstehen.

Es ist zu bedauern, dass man diesen früher eingegangenen Frieden oder diese Vereinigung zu Erhaltung des Friedens nicht näher kennt; denn wäre dies der Fall, so würde sich auch mit Sicherheit entscheiden lassen, ob derselbe mehr als eine eigentliche städtische Verbindung, oder aber als ein Landfriede für diese Gegenden, der Adel und Städte umfasste, zu betrachten wäre. Auf jeden Fall ist es die erste Verbindung, die sich auf einen so großen Umfang unter den norddeutschen Städten erstreckt, und gewiss wohl anzunehmen, dass das Ganze von ihnen vorzüglich ausgegangen ist. Auch zu der Zeit, als der städtische Bund völlig ausgebildet war, haben die Städte mit ihren Nachbarn, dem hohen und niederen Adel Verbindungen dieser Art häufig abgeschlossen, und sie waren es immer, von denen die Sache am lebhaftesten betrieben ward, da ihr eigener Vorteil sie dazu antrieb.

Von demselben Jahre (1256) ist eine andere Urkunde auf uns gekommen, welche von der Verbindung einiger östlich gelegenen Städte zeugt, und welche beweiset, dass Streitigkeiten, die zwischen den Vereinten entstanden, von den andern mitverbundenen Gemeinen geschlichtet wurden: eine Urkunde, die den Keim der nachher so berühmt gewordenen Verbindung der wendischen Städte zu enthalten scheint. Die Stadt Wismar erklärt, dass der bereits lange dauernde Zwist zwischen Rostock und Lübeck, auf dem Rathaus der letzteren Stadt, im Beisein einiger Ratsmänner der drei Städte ausgeglichen worden sei, wie es denn ein gültiger Rechtssatz dieser Vereine ward, dass Streitigkeiten unter den Genossen durch Vermittlung der andern in Güte oder Recht ausgeglichen wurden. Vom J. 1259 aber haben wir einen gemeinschaftlichen Beschluss dieser drei Städte, vermöge dessen sie die Seeräuber zu Wasser und Land friedlos erklären, somit offenbar in engerer Verbindung standen. Diese drei Städte haben den Kern des Vereins der wendischen Städte ausgemacht, denen sich zunächst Stralsund und Greifswald, nachher andere anschlossen, welche sämtlich durch das gemeinsame lübische Recht ohnehin einander näher verwandt waren.

Im J. 1281 entschieden die drei Städte Lübeck, Rostock und Wismar durch einen schiedsrichterlichen Spruch die bereits längere Zeit dauernden Streitigkeiten zwischen Stralsund und Greifswald; das Recht dazu war schon durch das frühere Beispiel anerkannt. Die Sache wird verhandelt im Beisein der namentlich aufgeführten Abgeordneten dieser fünf Städte, der Spruch lautete also:

Alle seit Anfang des Streites, von Seiten der Stralsunder und Greifswalder zu wechselseitigem Nachteile und gegen die gemeine Freiheit des Kaufmanns vorgenommenen Handlungen sollen sogleich aufhören, und zwischen den Städten dieselbe gleiche Freiheit der Kaufleute, wie sie früher bestand, hergestellt werden und dauernd bleiben; eben so sollen die Forderungen, wegen des wechselseitig einander zugefügten Schadens, die von beiden Seiten gemacht werden könnten, gänzlich niedergeschlagen sein, worin Beide willigen. Wer dagegen handelt, soll dem Fiskus der drei schiedsrichtenden Städte mit hundert Mark Goldes verfallen sein. Sollte aber ein Ratsherr der einen oder andern Stadt, einseitig und ohne Wissen des übrigen Rats und der Gemeine seiner Stadt, etwas gegen diese Übereinkunft unternehmen; so können letztere eidlich sich deshalb reinigen.

Diese Beschlüsse und das dabei beobachtete Verfahren lauten so, wie in ähnlichen Fällen von der Hanse auf ihren Versammlungen verfahren ward, als die allgemeine Verbindung vollkommener ausgebildet war. Die Abgeordneten, welche die Beschlüsse fassen, sind Ratsverwandte der Städte, welche sie abgesandt hatten; sie wurden besiegelt von den drei schiedsrichtenden Städten daheim mit jeder Stadt Siegel, daher es in der lübischen Ausfertigung heißt: verhandelt zu Rostock, gegeben zu Lübeck.

Diese fünf Städte haben im J. 1293 durch ihre bevollmächtigten Abgeordneten einen Verein auf drei Jahre unter einander abgeschlossen, der wahrscheinlich schon früher der Tat nach oder durch schriftliche Verträge, die aber nicht auf uns gekommen sind, unter ihnen bestand; dieser ist nachher öfters z. B. im J. 1296 und so fort erneuert worden. Die Abgeordneten erklären darin, nach reiflicher Überlegung, zum Besten des Friedens, zu Nutz und Frommen des gemeinen Kaufmanns und zu wechselseitiger Hülfe in Verfolgung ihres Rechts, sowohl zu Wasser als zu Land, von Martini an, sich vereinigt zu haben. Um indes jede Schwierigkeit oder Störung zu entfernen, da die Sache Mehrere betrifft, und deren Leitung von dem Rate Mehrerer abhängt; so soll kein Teil ohne Einwilligung und Rat der Mitverbundenen eine Fehde anfangen, vielmehr jeder seine Beschwerden den übrigen Genossen mitteilen, welche zuvörderst durch Schriften und Boten versuchen sollen, in Güte die Abstellung derselben zu bewirken; bleibt aber dieser Versuch fruchtlos, so sollen die übrigen Städte ihr beistehen in folgendem Verhältnisse. Lübeck stellt hundert, Wismar acht und dreißig, Rostock siebzig, Greifswald acht und dreißig und Stralsund fünfzig Reisige (viros, armis bene expeditos) um dem beschädigten Teile zum Ersatz seines erlittenen Schadens zu verhelfen. Sollte eine größere Hilfe erforderlich sein, so versprechen sie sich einander in gleichem Verhältnisse diese, bis zu Beendigung der Sache, zu stellen. Wird eine Tagfahrt in Bezug auf diese Angelegenheiten festgesetzt, und versäumt eine der verbundenen Städte ohne rechtfertigende Ursache dieselbe, so verfällt sie zum Besten der andern Genossen in die Strafe von hundert Mark slawischer Pfennige; spränge eine der Städte von der Verbindung ab und leistete die versprochene Hülfe nicht, so soll sie den andern Städten, die zu diesem Zwecke gemachten Auslagen ersetzen, außerdem aber in eine Strafe von fünfzig Mark feinen Silbers verfallen sein, und aus dem lübischen Rechte gestoßen werden, bis sie den Verbundenen Genugtuung verschafft haben wird. Sollte indes eine Stadt einen eigenen erblichen Herrn haben, gegen welchen sie den andern Städten nicht mit bewaffneter Hand öffentlich würde beistehen können, so soll sie ihren Beitrag in Geld entrichten.

Bemerkenswert ist, dass diese fünf, durch lübisches Recht sich einander näher verwandten und sich enger gegen ihre Widersacher verbindenden Städte zwar die Ungehorsamen aus ihrer Mitte in so fern ausstoßen können, dass sie der Wohltaten des lübischen Rechts nicht genießen sollen; aber aus der Gemeinschaft der deutschen Kaufleute können sie dieselben nicht ausstoßen, der Vorteile, die daraus entstanden, sie nicht berauben. Dies aber vermochte, wie wir gesehen haben, die große Handelsgesellschaft der Deutschen auf Gothland schon früher allerdings, und dieselbe Strafe ist von den Seestädten schon damals und nachher von der allgemeinen deutschen Hanse verhängt worden, indem die Widerspenstigen von beiden, so wohl aus der Verbindung der Städte ausgestoßen, als auch von dem Genuss der durch den gemeinen Kaufmann in der Fremde erworbenen, oder sonst ihm zustehenden Freiheiten, Rechten und Niederlagen ausgeschlossen wurden.

Auf diese engere Verbindung unter den fünf wendischen Städten beschränkten sich diese jedoch nicht. Einzelne derselben traten in Verbindung mit anderen, besonders Lübeck. Diese Stadt verband sich mit den Deutschen auf Wisby im Jahr 1280 gegen Alle, Hohe und Niedrige, zum Schutz des Hafens der Trave, des Sundes und der Straße längs der Ostsee bis Nowgorod, alle dazwischen liegenden Häfen und Reeden mitbegriffen, auf gemeinschaftliche Kosten und für die nächsten zehn Jahre; so wie beide Städte mit Riga, zwei Jahre nachher, auf acht Jahre dieselbe Verbindung zu gleichem Zwecke eingingen.

Um diese Zeit kommt der Name slawische oder wendische Städte auch zuerst vor, und er wird in der Folge stets häufiger gebraucht. In einer Urkunde von d. J. 1283 bestätigt der König Erich von Dänemark den Hamburgern gleich den übrigen slawischen und Seestädten ihre alten Freiheiten in Schonen.

In einer auf acht Jahre eingegangenen Verbindung mehrerer Städte mit dem Könige Erich von Dänemark vom J. 1284, bei welcher Gelegenheit er ihnen verschiedene Freiheiten erteilte, kommt die Benennung slawische Städte wieder vor, ohne dass jedoch diese einzeln aufgeführt würden. Wahrscheinlich sind jene größeren schon länger enge verbundenen fünf Städte Lübeck, Wismar, Rostock, Stralsund und Greifswald nicht allein unter dieser allgemeineren Bezeichnung damals begriffen worden, sondern auch die ihnen verwandten minder bedeutenden, kleineren pommerschen Städte, als Demmin, Stettin und Anklam, denen der König schon das Jahr zuvor gemeinschaftlich mit jenen fünfen ihre alten Freiheiten in Schonen und Dänemark, gleich den Hamburgern, bestätigte; welche acht Städte auch mit mehreren norddeutschen Fürsten zu wechselseitigem Schutze sich vereint hatten, ohne dass sie mit dem Namen slawische oder wendische Städte bezeichnet worden wären. Im Verlauf der Zeit, als diese Benennung immer mehr üblich ward, und der Verein zwischen den fünf Städten sich stets enger schloss, sind sie, nämlich Lübeck, Rostock, Wismar, Stralsund und Greifswald unter dem gemeinschaftlichen Ausdruck wendische Städte vorzugsweise und allein in der Folge begriffen worden; sie sind seit dem Ende des dreizehnten und im folgenden Jahrhunderte, ja in noch späteren Zeiten, die vorzüglichste und einflussreichste Abteilung in dem gesamten Vereine der norddeutschen Kaufleute und Städte geblieben, welcher Abteilung erst in späterer Zeit Hamburg und Lüneburg beigezählt worden sind.*) Das Ansehen dieser fünf enger vereinten wendischen Städte ergibt sich aus den folgenden Begebenheiten; sie sind am tätigsten in dem Kampfe mit König Erich von Norwegen, in welchem sie gemeinschaftlich mit den Deutschen auf Wisby und der Stadt Riga verfahren, und einen günstigen Frieden im J. 1285 erzwingen. An diese fünf Städte wandten sich auch die Städte Stavern und Campen, als der König Erich von Norwegen ihnen besonders aufsässig war, wegen einiger in seinem Hafen Marstrand vom gemeinen Kaufmanne ergriffenen und hingerichteten Seeräuber im J. 1293; sie schlossen gemeinschaftlich mit dem Könige ab.**)

*) Die drei letzter n Urkunden sind von demselben Jahr und Tag, es werden außer jenen fünf Stadien, als Bundesgenossen des Königs, noch die Städte Anklam, Demmin und Stettin, ferner Hamburg und Kiel genannt, diese aber heißen nicht slawische oder wendische Städte; in den beiden Urkunden LV. und LVI. kommt lediglich der allgemeine Ausdruck slawische Städte vor, sie werden aber nicht einzeln und namentlich aufgeführt.

**) Urk. LXI. LXXVI. LXXVIL. u. f. auch mehrere gedruckte, s. das Verzeichnis bei diesen Jahren. In dem lübischen Archive Copiar. MS. privil. Germ. II. f. 87. findet sich eine Bestätigung der Freiheiten auf den Markten zu Huitwanger in Seeland durch König Erich von Dänemark v. J. 1283, für die Bürger der Städte Lübeck, Wismar, Rostock, Stralsund, Greifswald, Stettin vnde den anderen borgheren, vnde allen anderen ouer wentland belegen. Dasselbe kommt vor in Albert, de Bardewic cod. privil. Lubecens.MS. f. 41. in demselben Archive, wo sich das gleiche Privilegium, gegeben an demselben Orte, Saxekoping, nur mit dem J.1278 findet. Die Urkunde habe ich in der Urschrift nicht aufgefunden, und vermute, dass in der Sammlung Albr. v. Bardewick die Jahreszahl fälschlich angegeben, d. J. 1283 vielmehr das rechte sei, da der Inhalt mit andern Urkunden aus demselben Jahre gut übereinstimmt. Dreier rühmt an mehreren Orten sehr diesen Bardewickschen codex, ich habe ihn mit den Urschriften verglichen, meist sehr mangelhaft gefunden. Offenbar ist in dieser Urkunde von den wendischen Städten in der weitern geographischen Bedeutung lediglich die Rede.


Aber diese wendischen Städte haben auch schon in dieser Zeit einen Einfluss auf andere geübt, der auffallend genug ist.

Wir haben eine Urkunde v. d. J. 1300, welche den vorherrschenden Einfluss der wendischen Städte in der Leitung der gemeinschaftlichen Handels-Angelegenheiten und Lübecks insbesondere beweist, auch die Verbindung, in welcher sie mit andern Landstädten standen. Lübeck ladet um Michaelis dieses Jahrs die Stadt Osnabrück ein, durch Abgeordnete zu einer bei ihr zu haltenden Tagfahrt zu erscheinen, welche von den wendischen (slawischen) Städten auf einer von ihnen jüngst zu Wismar gehabten Zusammenkunft beliebt worden sei, um wegen der erlittenen Bedrückungen in Flandern, Dänemark und Norwegen das Erforderliche zu beschließen, indem diese Angelegenheiten sowohl die westfälischen Kaufleute als die der wendischen Städte angehe; Lübeck bittet von diesem Allen die Städte Münster, Dortmund und Soest zugleich in Kenntnis zu setzen.

Dies sind die ersten deutlichen Spuren des nachmals ausgebildeten engeren Ausschusses der wendischen Städte, und des Vorsitzes und der Leitung der allgemeinen, besonders der Handels - Angelegenheiten durch Lübeck. Die Sache bestand, ohne irgend einen deshalb beliebten Vertrag zu kennen, ja nicht einmal irgend ein Protokoll aus dieser Zeit zu haben, welches wegen dieser Verhandlungen auf den Tagfahrten wäre geführt worden, und höchst wahrscheinlich ist, dass weder das Eine noch das Andere vorhanden war, dass das wechselseitige gefühlte Bedürfnis die Sache gestaltete, und dass man weniger noch schrieb als handelte.

Um dieselbe Zeit und selbst noch einige Jahre zuvor kommt auch eine andere Verbindung unter der Benennung Seestädte oder deutsche Seestädte vor, worunter zunächst nichts weiter, als was der buchstäbliche Sinn des Worts gab, verstanden werden mochte. So erteilte König Magnus von Norwegen bereits im J. 1278 den deutschen Kaufleuten, auf die Bitte der Vorsteher und Gemeinen vieler deutschen Seestädte, die nachgesuchten Freiheiten, und von der Zeit an kommt diese Bezeichnung immer häufiger vor. Dass darunter nicht nur jene wendischen sondern auch die andern an den Küsten der Nord- und Ostsee liegenden deutschen Städte begriffen wurden, ist wohl keinem Zweifel unterworfen. Namentlich werden in den zunächst folgenden Urkunden außer den sogenannt wendischen, die Deutschen auf Wisby, die Städte Riga, Kiel, Elbingen, und an der Nordsee: Hamburg, Bremen, Campen, Stavern und Gröningen als darunter begriffen aufgeführt. Diese Benennung schien auf alle, wenn sie nicht namentlich aufgezählt wurden, bezogen werden zu können, wie sie an den Küsten beider Meere von den russischen bis zu den flandrischen Grenzen hin lagen. Diese Seestädte haben zu jeder Zeit des Vereins niederdeutscher Kaufleute und Städte, besonders seit der zweiten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts, den entschiedensten Einfluss auf denselben behauptet. Das Meer war eigentlich die Schaubühne der Größe des Vereins; über dasselbe hin konnte man, mit geringer Ausnahme, zu den gemeinsamen Handelsniederlagen in dem Auslande meist nur gelangen; auf diesen Meeren mit ihren Schiffen wurden die Fehden mit den fremden Mächten geführt. Mit der Ausdehnung der gemeinschaftlich zu verfolgenden Zwecke wuchs auch der Seestädte Ansehen, und das der größeren Landstädte, selbst derer, welche keinen erblichen Landesherrn anerkannten, und deren Zahl unter ihnen grösser war, als bei den Seestädten, trat mehr zurück.

Dass nun bald mehrere bald wenigere Seestädte mit einander zu dieser oder jener Fehde sich vereinten, ist aus vielen Urkunden deutlich genug; aber ähnliche Urkunden eines enger n Vereins dieser Seestädte, wie wir dergleichen in Bezug auf die wendischen und namentlich auf die fünf größeren unter ihnen besitzen, sind nicht aus dieser Zeit auf uns gekommen, wenigstens sind bis jetzt keine der Art aufgefunden worden.

Es führen die Seestädte bald in größerer, bald in geringerer Ausdehnung gemeinschaftlich Fehden mit Fremden, sie schließen Verträge mit ihnen ab, erwerben Freiheiten von ihnen, sie müssen zu solchem Zweck mit einander durch Boten oder Abgeordnete schriftlich oder mündlich auf Tagsatzungen verhandelt haben oder zusammen gekommen sein, obwohl von diesen auf ihren Tagfahrten gefassten Beschlüssen wenig oder nichts uns überliefert worden ist, vielleicht auch deshalb, weil damals schriftlich wenig aufgezeichnet ward.

Allein es erhellet doch aus einer auf uns gekommenen Urkunde, dass diese Seestädte, wie sie sich nennen, zugleich in Verbindung mit mehreren Landstädten waren, und dass sie durch ihr Ansehen in der Fremde wie in Deutschland eine Art Gewalt über diese übten, und eine, gegen ihren Rat aufgestandene Gemeinde zum Gehorsam zurückführten, indem sie ihr die Vorteile des Verkehrs mit ihnen abschnitten. So geschah es nach erfolgtem Aufstand der Bürgerschaft der Stadt Braunschweig gegen ihren Rat um d. J. 1292, dass die Räte oder Abgeordneten der gemeinen Seestädte zu Lübeck versammelt, ein Schreiben an Hildesheim erließen, worin sie erklären, dass, nachdem sie, zufolge des an Lübeck, Hamburg und Lüneburg gegebenen Auftrags, erfahren hätten, wie die Braunschweiger, weder der von den Beauftragten mit ihnen geschlossenen Übereinkunft gemäß, noch zufolge der mit ihrem Herzoge Albrecht genommenen Abrede sich fügen wollten: sie, die Seestädte, beschlossen hätten, ihren Kaufleuten alle Gemeinschaft mit den Braunschweigern in Flandern, Holland und Brabant zu untersagen. In keiner Stadt, in keinem Orte, wo Braunschweiger zugegen sind, oder sich aufgehalten haben, und selbst einen Monath nach deren Abreise, sollen die Kaufleute der Seestädte Tücher kaufen, an Braunschweiger verkaufen oder gegen andere tauschen. Die Seestädte erwarten, dass die Stadt Hildesheim genau diesen Beschlüssen nachkommen werde, sie zeigen ihr ferner an, dass sie zu gleichem Zweck an den Grafen von Flandern und dessen drei Städte geschrieben, und dem gemeinen Kaufmanne daselbst, der in ihrem Rechte sei, und andern Städten, die in ihrer Verbindung wären (ac aliis ciuitatibus in nostra confederacione comprehensis) diese Beschlüsse mitgeteilt hätten. Die Verbindung unter den Städten war demnach gewiss vorhanden, obwohl deren Ausdehnung sich nicht bestimmt daraus ergibt.

Wenn nun die wendischen und die Seestädte die bedeutendsten Vereine in dieser Zeit unter den norddeutschen Städten bildeten, wenn sie auf die übrigen einen größeren oder geringeren Einfluss schon ausübten; so gab es doch viele andere, da durch die Nachbarschaft mehrere Städte zu näheren besonderen Vereinen sich aufgefordert fanden. Diese Verbindungen haben zu jeder Zeit, selbst nachdem der allgemeine Verein vollkommener ausgebildet war, fortbestanden. So kommen verschiedentlich in den Urkunden der Zeit auch sächsische, westfälische, preußische Städte vor, welche gewisse gemeinsame Beschlüsse fassten, die sich auf ihre besonderen Kreise beschränkten, doch auch wieder auf das Allgemeine ihren Einfluss hatten.

Bei Gelegenheit des Streits über die Vorherrschaft auf dem Hofe zu Nowgorod zwischen Lübeck und Gothland oder Wisby werden die Beliebungen der sächsischen, der westfälischen, der wendischen und preußischen Städte erwähnt, und ähnliche Ausdrücke kommen auch für andere Gegenden des nördlichen Deutschlands vor. Man sieht aber auch aus diesen Urkunden, wie unvollkommen alle diese Verbindungen an sich Und mit dem allgemeinen Vereine waren, wie einzelne Städte aus den einzelnen Abteilungen ihren eigenen Weg gingen, und wie Lübeck sowohl als Wisby durch Umlaufsschreiben an die einzelnen Städte sich wenden mussten, um sie zu gewinnen, und wie bei der einen diese, bei der andern jene Gehör fand.

Alle diese einzelnen Vereine der benachbarten Städte, so wie der allgemeine Verein wurden durch gemeinschaftliche, mehr oder weniger gleiche Bedürfnisse zusammengehalten; aber viele hatten hinwieder ihre besonderen Rücksichten, also dass allgemeine Verbindungen, schriftliche Bundesverfassungen noch nicht zu erwarten standen. — Am meisten trafen sie in den Vorteilen zusammen, die für den Handel im Ausland waren errungen worden; die andern Rechte und Freiheiten zu behaupten war mehr die Sache jeder einzelnen Stadt und ihrer nächst benachbarten Schwestern. Aber selbst in Hinsicht auf jene gemeinschaftlich zu benutzenden Freiheiten in der Fremde ging, mit geringer Ausnahme etwa der deutschen Niederlage in Flandern, das Übergewicht in die Hände der Kaufleute und des Rats der See- und wendischen Städte über, wiewohl mehrere der älteren Landstädte, früher als die zum Teil später an den Küsten des östlichen Meers angelegten, in die entferntesten Länder, selbst über die See hin, einen lebhaften Verkehr betrieben hatten. Die Vorherrschaft der Seestädte, der wendischen und besonders Lübecks ward durch die glücklichen Fehden vermehrt, welche sie im Verlauf der Zeit führten. Es mochte den ältesten und angesehensten Landstädten immer mehr der Vorteil einleuchten an ihre mächtigen Schwestern längs der See sich anzuschließen, wie denn diesen Letzteren das Verdienst bleibt durch die bewiesene Klugheit und die von ihnen entfaltete Macht zu dem Vereine aller niederdeutschen Städte vorzüglich beigetragen zu haben. — Von diesen ihren Fehden wird nun zu reden sein.