ERSTER ABSCHNITT. Entstehung der Verbindung unter den niederdeutschen Kaufleuten im Ausland im zwölften Jahrhunderte, und Ausbildung derselben während des dreizehnten.

Dass die niederdeutschen Kauffahrer im Ausland durch Sitte und Sprache vereint, Fremden gegenüber, vollends in jenen Zeiten, sich enger mit einander verbanden, war so natürlich, dass Ähnliches von den Kauffahrern anderer Völker, und zwar von den mehr und früher fortgeschrittenen Völkerschaften Italiens und eines Teils der pyrenäischen Halbinsel schon zuvor geschah; ohne dass jedoch bei ihnen daraus ein so ausgebildeter und wirksamer Verein von Kaufleuten und Städten, wie in Norddeutschland, erwachsen wäre. Das Bedürfnis entstand aus dem damaligen Zustande Europas, aus der verbreiteten ungünstigen Ansicht der Rechte der Ausländer in fremden Landen, der Art wie dieser auswärtige Verkehr allein betrieben werden musste, da man den Ausländern weder die eigenen Güter zum Verkaufe anvertrauen, noch den Ankauf der fremden Waren, deren man bedurfte, durch sie besorgen lassen konnte: wurde doch selbst im Vaterlande das Bedürfnis solcher Verbindungen zum Schutze lebhaft genug gefühlt.

Nach den auf uns gekommenen zuverlässigen Nachrichten und Urkunden, sind die ältesten Verbindungen der norddeutschen Kauffahrer im Ausland westlich in England, östlich auf der Insel Gothland zu suchen.


Dass die Sachsen und Friesen mit ihren in England angesiedelten Landsleuten fortdauernd, von den frühesten Zeiten an, einen Verkehr unterhielten, lag in der Natur der Sache. Verbindungen zwischen Karl dem Großen und den angelsächsischen Königen sind nicht unbekannt. In den Gesetzen Königs Ethelred (978-1016) werden den Kaufleuten des römischen Kaisers ansehnliche Freiheiten in England bewilligt. Die Abgeordneten der Stadt Köln rühmten sich verschiedentlich auf den Hansetagen in einer späteren Zeit, als der Bund seinem Verfalle bereits entgegenging, dass ihrer Stadt Kaufleute schon unter Wilhelm dem Eroberer (1066-1087) bedeutender Freiheiten in England sich zu erfreuen gehabt hätten; die, welche sie von Heinrich II. (1154-1189) erhielten, sind in einigen Urkunden bis auf uns gekommen. In einer derselben erwähnt der König ihres Hauses in London, welches er in seinen besonderen Schutz nimmt. Um die Mitte des zwölften Jahrhunderts sagen sich Kaiser Friedrich I. und K. Heinrich II. von England wechselseitige Sicherheit des Verkehrs zwischen ihren beiden Ländern und Völkern einander zu. In einem Freibriefe des Königs Richard (1189-1199) kommt das Haus der Kölner unter dem Namen ihrer Gildehalle in London vor, welche er von einer davon zu entrichtenden Abgabe befreit; diese Begünstigung ist, nebst Hinzufügung anderer Freiheiten, von den ersten Nachfolgern des Königs ihnen bestätigt worden.

Doch nicht die Kölner allein, auch anderer deutschen Städte Kaufleute, haben, wenn gleich nicht ganz so früh, von den Königen von England Freiheiten erhalten. Heinrich II. befreite die Lübecker im J. 1176 vom Strandrechte an den Küsten seines Reichs; er gewährt ihnen und allen Kauffahrern aus andern deutschen Städten, welche England mit ihren Waren besuchen, die Freiheiten und das Herkommen, deren sie zu Zeiten seiner Vorfahren sich schon zu erfreuen gehabt haben. Ein um diese Zeit lebender Schriftsteller erzählt, dass London von vielen Fremden, besonders aber aus Deutschland, mit ihren Gütern besucht würde; und aus dem Freibriefe der Stadt Lübeck, welchen sie von Kaiser Friedrich II. erhielt, erhellet deutlich, dass außer den Kölnern auch die Kaufleute der niederländischen Stadt Tiel, und andere hier zu London Vorzüge besaßen, wodurch die Kaufleute Lübecks gedrückt wurden, deren Genuss sie ihnen verweigerten, von welchem Druck der Kaiser die Lübecker befreit. Heinrich III. nahm die Untertanen des Herzogs Otto von Braunschweig im J. 1230 mit ihren Gütern und Waren, die sie nach England bringen, in seinen besonderen Schutz; er befreite die Kaufleute von Gothland sieben Jahre nachher von den Abgaben bei der Einfuhr aus ihrer Insel und der Ausfuhr aus England nach Gothland. Er erteilte den hamburgischen Kaufleuten, im J. 1266, auf Bitte des Herzogs Albrecht von Braunschweig, die Befugnis, ihre Hansa, oder ihren kaufmännischen Verein, gegen Erlegung der üblichen Abgaben, in England zu haben; er verstattet Ähnliches im folgenden Jahre den Lübeckern auf desselben Herzogs Vorbitte, also, dass sie in England gleich den Kölnern ihre Hansa haben sollten.

Aber nicht nur erhielten die Kaufleute einzelner norddeutschen Städte von den Königen von England Freiheiten, das Recht ihre Handelsgesellschaften in ihrem Reiche zu haben; sondern es wurden auch gemeinschaftlich im J. 1260 den deutschen Kaufleuten von Heinrich III., welche in London ein Haus, unter der Benennung der deutschen Gildehalle besitzen, die Freiheiten zugesichert, wie sie ihnen von seinen Vorfahren bereits erteilt worden wären. Ähnliches wird in andern folgenden Urkunden ihnen bestätigt; diese vereinten deutschen Kaufleute sind bemüht, den Raum ihrer Gildehalle um dieselbe Zeit bereits zu erweitern und von den darauf haftenden Renten sich zu befreien. Demnach ist die Begründung der Niederlage der Deutschen, ihrer Gildehalle zu London im dreizehnten Jahrhunderte und früher unbezweifelt gewiss; ihr später daselbst so berühmt gewordener Verein war im Grundriss bereits vorhanden. Das Ganze scheint vorzüglich von den deutschen Kaufleuten, die dahin handelten, weniger von den deutschen Stadtobrigkeiten ausgegangen zu sein; auf jeden Fall sind es nur einzelne Städte, die für ihre Kaufleute einzelne Freiheiten erwarben; von einem Vereine deutscher Städte, welcher dergleichen in gemeinsamem Namen erworben hätte, ist in dieser Zeit noch gar nicht die Rede. Aber die norddeutschen Kaufleute in England sind allmählich aus ihren einzeln Vereinen, die sich auf die Bürger und Kaufleute einzelner Städte bezogen, die auch ihre besonderen Freiheiten daneben beibehalten haben mögen, in einen gemeinschaftlichen zusammengeschmolzen, ohne jedoch ein bestimmtes Jahr deshalb angeben zu können. Dieser Verein deutscher Kaufleute erwirbt Freiheiten, Rechte und Besitzungen in London, er hat seinen Vorstand, oder Aldermann; dies alles aber geschieht, wie es scheint, durch ihre eigene Kraft, ohne Vermittlung der Städte, aus welchen sie stammten; obwohl einzelne Städte, auch nachher noch, für ihre Bürger und Kaufleute Freiheiten von den englischen Königen besonders erhielten, ältere sich bestätigen ließen. Im J. 1282 entscheidet die Exchequer einen Streit zwischen der Stadt London und den Kaufleuten der deutschen Hansa daselbst, bei welcher Gelegenheit ihr gemeinschaftlicher Verein als mehr ausgebildet erscheint, welcher unabhängig von den deutschen Städten, mit der Stadt London abschließt. Die Ausbildung dieses gemeinschaftlichen Vereins der niederdeutschen Kaufleute scheint lediglich ihr eigenes Werk zu sein. Ohne Einwirkung, Vollmacht oder Vermittlung der Abgeordneten einzelner oder verbündeter deutschen Städte schließen die Kaufleute der deutschen Hansa zu London mit dieser Stadt und des Königs Beamten ab, sie machen sich verbindlich zu gewissen Leistungen, ohne dass die Engländer, wie es später der Fall war, nachdem ein Verein von Städten, eine deutsche Hansa derselben sich mehr ausgebildet hatte, deren Vollmachten, Einwilligung oder Bestätigung gefordert hätten.

In den Niederlanden hat die Sache einen ähnlichen Gang genommen, obwohl er nicht so ganz mit befriedigenden gleich alten Urkunden zu belegen ist, auch der Einfluss der Städte auf die sich daselbst bildenden Vereine der Kauffahrer bestimmter hervortritt.

Es ist höchstwahrscheinlich, dass die Kaufleute der niederdeutschen Städte in den Niederlanden, nicht später als in England einen Verkehr angeknüpft haben, da ein so bedeutender Teil des Landes deutsche Hoheit anerkannte, da Lage, Nachbarschaft und Sprache Verbindungen der Art von selbst herbeiführten. Ohne Zweifel haben Köln und andere rheinische und westfälische Städte, als Soest, Dortmund u. a., ferner die Städte an der Weser und Elbe, als Bremen, Stade, Hamburg u. f. so wie andere sächsische Städte, als Magdeburg und Braunschweig, mehrere märkische, dann die an den Küsten der Ostsee gelegenen, zuvörderst Lübeck, nachher andere, weiter nach Osten hin, über Holland und Seeland nach und mit Flandern und Brabant früh einen Verkehr betrieben: allein die darauf sich beziehenden und auf uns gekommenen Urkunden reichen nicht über das dreizehnte Jahrhundert zurück, auch erwähnen sie nur der Bewilligung eines allgemeinen Schutzes, der Befreiung vom Strandrechte, oder sie bestimmen die zu erhebenden Zölle von den Waren der Kaufleute einzelner Städte in Holland, dem Stifte Utrecht, in Grave, Dortrecht und Brabant; doch deuten sie auch auf früher vorhandene von Einzelnen erworbene Freiheiten hin.

Was indes Flandern betrifft, und namentlich die Stadt Brügge, woselbst sich der allgemeine europäische Markt in dieser Zeit zu bilden anfing; so können wir keine frühere, von den norddeutschen Kaufleuten gemeinschaftlich daselbst erworbene Freiheiten nachweisen, als die von dem J. 1252, obwohl früher ein Verkehr zwischen beiden Teilen bestanden hat, und die deshalb zu entrichtenden Abgaben früher festgesetzt waren, wie aus diesen späteren Urkunden teilweise selbst sich ergibt. In jenem Jahre erteilte die Gräfin Margareth von Flandern und ihr Sohn Guido, auf die Bitte aller Kaufleute des römischen Reichs, die Gothland besuchen, besonders auf die Bitte des Lübeckers Hermann, genannt Hoyer und des Hamburgers Jordan, diesen Kaufleuten mehrere Freiheiten; mit ihrer Zustimmung wurden die Zölle festgesetzt, welche sie den Herren von Flandern und deren Lehnleuten, Johann von Ghistelle, Herrn von Formezele, und Wulfhard, Herrn von Wastina, entrichten sollten. In dieser letzten Urkunde der Lehnträger werden jene Beide, Hermann und Jordan, besondere Abgesandte (nuncii) aller Kaufleute des römischen Reichs genannt; und in einer, von eben diesen Lehnleuten zehn Jahre nachher denselben Kaufleuten erteilten Zollrolle wird ausdrücklich erwähnt, dass die Abgaben nach Waage festgesetzt worden, wie es unter ihren Vorfahren in dieser Hinsicht zu Brügge Herkommens gewesen sei; welches offenbar auf das höhere Alter dieses Verkehrs hinweiset.

Allein hier wurden nicht wie In England den daselbst verweilenden deutschen Kaufleuten, die in einen Verein sich zusammen getan hatten, und ein gemeinschaftliches Haus in London belassen, Freiheiten erteilt; es sind vielmehr zwei Abgeordnete aus zwei angesehenen deutschen Seestädten, die für alle Kaufleute des römischen Reichs, welche Gothland besuchen, diese Freiheiten erwerben, welche auch im Allgemeinen von den deutschen Städten, gleichmäßig den Flämingern bei sich wiederum zugestanden wurden, wie wir denn von zwei Städten, Bremen und Münster, die deshalb ausgefertigten Urkunden noch besitzen.

Gewiss haben bereits damals die niederdeutschen Kaufleute zu Brügge in einer Verbindung unter einander gestanden, eben sowohl wie in andern fremden Ländern, da dies von den obwaltenden Verhältnissen geboten ward: nur können wir es nicht mit Urkunden aus dieser Zeit, so wie in England, belegen. Von der andern Seite deutet Alles hier mehr auf eine gewisse schon allgemeiner bestehende Verbindung unter den Städten hin, wenigstens auf eine allgemeine Gesellschaft ihrer Kaufleute, welche ihrer Genossen in Flandern sich annehmen und sie vertreten; wenn anders nicht das Ganze von der Gesellschaft der deutschen Kaufleute auf Gothland ausgegangen Ist, zu welcher die Lübecker gewiss, die Hamburger wahrscheinlich auch gehörten: indes haben die beiden Abgeordneten doch zugleich Vollmachten von verschiedenen Städten des römischen Reichs, nicht von den auf Gothland vereinten Kaufleuten, wenigstens allein nicht, vorgezeigt.

Um das Jahr 1280 verließen die deutschen Kaufleute die Stadt Brügge, unzufrieden mit den Bedrückungen von Seiten dieser Gemeine, sie verlegten ihren Sitz nach Ardenburg, woselbst ihnen der Graf von Flandern den ungestörten Gebrauch ihrer alten, in Brügge geübten Freiheiten bewilligte. Dies ist entweder auf Antrag der vereinten deutschen Kaufleute zu Brügge, des gemeinen Kaufmanns daselbst, wie man später gemeinhin zu sagen pflegte, oder auf Antrieb der großen Handelsgesellschaft auf Gothland, oder durch einen Beschluss, wenigstens mit Zustimmung der zu diesem Zwecke vereinten Städte, geschehen. Wir haben noch einige Urkunden von d. J. 1280 u. 1281, in welchen die Städte Wisby (Deutsche wie Gothländer), Stendal und Halle Ihre Zustimmung, unter Vorbehalt ihrer anderweitigen Freiheiten des Handels, zu dieser Verlegung erklären.

Neben diesem allgemeineren Vereine der niederdeutschen Kauffahrer in den Niederlanden, gemeinhin zu Brügge, haben die Kaufleute der einzelnen deutschen Städte ihre besonderen Freiheiten, Vereine und Gesellschaften daselbst und an andern Orten der Niederlande, mit einem Olderman an ihrer Spitze, gehabt, die allmählich in den gemeinen Verein übergegangen sind, oder dem gemeinen Kaufmanne zu Brügge nach und nach mehr unterworfen wurden; doch scheinen auch diese besonderen Vereine der Kauffahrer aus einzelnen Städten hier mehr, als in England oder auf Gothland, von ihren heimischen Stadtobrigkeiten, wenn auch nicht gleich zu Anfang, doch kurz nachher, geordnet worden zu sein.

Dies erhellet ziemlich deutlich aus dem ältesten Seerechte der Städte Hamburg und Lübeck, wovon jenes um d. J. 1270, dieses um das Jahr 1299 zuerst aufgezeichnet worden ist, d. h. es ward, wie immer damals, bestätigt und schriftlich verfasst, was sich früher im Stillen schon im Herkommen gebildet hatte.

In der hamburgischen Ordnung wird bestimmt, wie viel die hamburgischen Kaufleute, die nach Flandern kommen, to hense zu geben haben, wie viel zu Utrecht und zu Osterkerken, wo die Hense gehalten werden soll. Diesen Hensen steht ein Olderman vor, welcher auch die Befugnis hat, dieselben an einen andern Ort, mit Zustimmung der Hensebrüder, zu verlegen. In dieser Verordnung wird allen daselbst sich aufhaltenden hamburgischen Bürgern bei Geldstrafe geboten, des Sonntags in der Versammlung dieser Hensen zur Morgensprache sich einzufinden, wenn sie anders nicht von dieser Verbindlichkeit durch den Olderman befreit worden wären. Eine gleiche Strafe soll den treffen, welcher, wegen einer bei der Versammlung gegen ihn vorgebrachten Klage, der Ladung nicht Folge leistet. Endlich soll kein hamburger Bürger einen andern seiner Mitbürger vor des Grafen Amtmann oder dessen Schuldheißen verklagen.

In dem später zusammen geschriebenen lübischen Seerechte kommt Ähnliches vor. Zuerst soll der von allen lübischen Bürgern, die nach Flandern oder in t'Zwen kommen, zu entrichtende Geldbeitrag tor hense; teils in eine Büchse gelegt, teils nach dem Beschluss des Oldermans und der Hensebrüder verwendet werden. Auch die Schiffer, welche lübische Bürger sind, oder die an einen lübischen Bürger sich vermietet haben, werden verpflichtet, am Sonntage und so oft es der Olderman fordert, die Bank der Herren von Lübeck zur Ehre der Stadt zu suchen, woselbst alle lübischen Bürger erscheinen sollen, bei einer an den Olderman und die Hensebrüder zu entrichtenden Strafe.

Auf gleiche Weise haben gewiss die Kaufleute anderer niederdeutschen Städte ihre besonderen Verbindungen daselbst gehabt, so lange als die allgemeinere, Alle mehr oder weniger umfassende, noch nicht vollkommener ausgebildet war, welches vielleicht später in Flandern, als in England geschehen ist; wenigstens haben wir keine Urkunden, die hier von einer solchen früheren allgemeineren Verbindung unter ihnen Zeugnis geben. Indes kann man nicht ohne Grund aus dem, in der lübischen Ordnung verkommenden Ausdrucke schließen, dass ein solcher allgemeiner Verein bereits in Brügge bestand, indem es darin heißt: dass alle lübische, dort sich aufhaltende Bürger Sonntags die Bank von Lübeck, zur Ehre ihrer Vaterstadt, suchen sollen. Es ist wahrscheinlich, dass alle anwesende deutsche Kaufleute und Schiffer sich dann vereinten, dass jede Stadt aber ihre besondere Bank oder Abteilung hatte, wie dies gleichfalls in Gothland bei dem gemeinen Kaufmanne der Fall war, dessen Ordnung wahrscheinlich auch hier als Vorbild gedient hat. Übrigens kennen die niederländischen Herren und Städte, wenn sie den deutschen Kaufleuten Freiheiten zugestehen, oder mit ihnen unterhandeln, keine Kaufleute der deutschen Hense oder Hanse, sie kennen eben so wenig eine Verbindung deutscher Städte unter dem Namen deutsche Hanse, noch weniger kennen sie deutsche Hansestädte; sie erteilen entweder einzelnen deutschen Gemeinen oder deren Kaufleuten Freibriefe, oder, wenn sie zu der Gesamtheit reden, so erteilen sie solche lediglich allen Kaufleuten des römischen Reichs, etwa mit dem Zusatz: die Gothland besuchen; auch nennen die deutschen Städte selbst ihre Kaufleute mit dem allgemeinen Namen universi oder Romani imperii mercatores, Flandriam frequentantes. In der Bestätigung der ihnen zugestandenen Freiheiten, in Bezug auf die Waage zu Brügge, durch den Grafen Guido von Flandern v. d. J. 1282, heißt es gegen den Schluss: es sei geschehen mit Zustimmung der Kaufleute von Osten, zum Besten aller Kaufleute, ohne jedoch bestimmt sagen zu können, welche eigentlich unter den östlichen verstanden werden; denn in Bezug auf die geographische Lage Flanderns könnte man die Kaufleute aller nachmaligen Hansestädte dahin zählen, etwa im Gegensatze der oberdeutschen, oder man könnte die Kaufleute der nachher häufig so bezeichneten See-oder wendischen Städte, oder die, welche vorzüglich die Ostsee befahren, oder die große Gesellschaft der deutschen Kaufleute auf Gothland darunter verstehen, welches Letztere das wahrscheinlichere ist.

Auf dieser Insel Gothland hat sich sehr früh ein Verein niederdeutscher Kaufleute gebildet, der durch das zwölfte und bis gegen das Ende des dreizehnten Jahrhunderts vorherrschend in dem gesamten norddeutschen Verkehr, besonders in der Ostsee, doch auch in der Westsee gewesen zu sein scheint; bis die Stadt Lübeck sich durch ihre glücklichen Fehden mit den benachbarten Mächten, durch ihre Verbindung mit den nachbarlichen Schwesterstädten, durch die Tätigkeit ihrer gewerbefleißigen Bürger und Kauffahrer, und durch den Verfall der Insel das Übergewicht erhielt.

Schon Herzog Heinrich der Löwe schlichtete im J. 1163 die bereits seit längerer Zeit dauernden Streitigkeiten zwischen den Eingeborenen der Insel und den Deutschen, vereinte sie friedlich wieder mit einander, und erteilte den Gothländern in seinem eigenen Lande Schutz, Frieden und die Rechte, gleich wie bereits Kaiser Lothar (1125-1137) sein Großvater ihnen dieselben zugestanden hatte. Der Herzog bewilligte ihnen die Zollfreiheit in allen seinen Städten, freies Erbrecht den Erben der in seinem Lande Verstorbenen, überall die Befugnisse, die seinen eigenen Kaufleuten zustehen, unter der Bedingung, dass den Seinigen dieselben Rechte auf der Insel bewilligt, und dass die Gothländer seinen Hafen Lübeck fleißig besuchen würden. Von dieser Zeit an haben sich die Deutschen hier behauptet, sich stets fester daselbst angesiedelt, und eine Handelsgesellschaft gebildet, die von dem größten Einfluss auf den Handel ihrer Landsleute mit Fremden ward.

Die Nachrichten der Chronikenschreiber, welche von dem großen Verkehr auf Gothland in früherer Zeit reden, von dem Zusammenfluss fremder Kauffahrer daselbst aus dem Morgen - und Abendlande, von dem eigenen Verkehr der Eingebornen mit andern älteren Städten, Schleswig, Sigtuna, Julin u. a., mit Russen, mit Griechenland und Asien unmittelbarer oder mittelbarer Weise, lassen sich um so weniger bezweifeln, da die glückliche Lage dieser Insel, sie zu einem wünschenswerten Mittelpunkte bei der damaligen unvollkommenen Schifffahrt zwischen den östlichen und westlichen Teilen, vollends seit dem Verfalle und Untergange jener alten nordischen Handelsstädte, erhob. Zugleich war die Insel als ein großer Freihafen zu betrachten, denn die Eingeborenen hatten ihre alten Volksfreiheiten behauptet, gegen Schweden zwar zur Erlegung einer jährlichen Geldsumme sich anheischig gemacht, weshalb sie als zu Schweden gehörig betrachtet wurden, lediglich jedoch in der Absicht, um ihre Volksfreiheiten zu behaupten ihren Verkehr unbeschränkt zu betreiben, frei vom königlichen Einfluss und königlichen Beamten sich selbst nach alter Weise zu regieren. Die Gothländer hatten ihren Kaufhof in Nowgorod, ihre Kirche daselbst, so wie die Russen umgekehrt auf der Insel; sie besaßen von der andern Seite Freiheiten in dem westlichen Europa, in den Niederlanden, in England, in deutschen Ländern. Eine so vortreffliche Lage und so glückliche Verhältnisse sind von den Kauffahrern aus Norddeutschland früh, wie wir gesehen, schon zu Kaiser Lothars Zeiten, benutzt worden. Hier sich aufhaltend, haben sie eine Handelsgesellschaft gebildet, aus den Kauffahrern einzelner Städte bestehend, die, unter dem allgemeinen Vereine, ihre besonderen Verbindungen hatten. Aus Urkunden ergibt sich Folgendes:

In Gesellschaft mit den Eingeborenen auf der Insel schlossen die daselbst sich aufhaltenden deutschen Kaufleute mit Mistislaw Davidowitsch, Fürsten von Smolensk, im J. 1229 einen Vertrag ab. Der Fürst hatte seine Abgeordneten nach Riga gesandt, um die Streitigkeiten beizulegen, die zwischen den Smolenskern von der einen Seite, den Rigaern und den Kaufleuten auf Gothland von der andern obwalteten. Die Sache gelang vollkommen, als sich des Fürsten Abgeordnete nach Gothland begaben, zu wechselseitiger Zufriedenheit. Am Schlusse werden die, welche dieses Vertrags Abfassung von Seiten der Kaufleute bewirkt haben genannt, nämlich: drei Bürger aus Gothland, einer aus Lübeck, einer aus Soest, zwei aus Münster, zwei aus Groningen, zwei aus Dortmund, einer aus Bremen, drei Bürger aus Riga und viele andere verständige Leute; die Urkunde, heißt es ferner, ward ausgegeben in Gegenwart der russischen Gesandten und aller lateinischen Kaufleute. Offenbar sind nur die Kaufleute der vorzüglich hier einen Handel treibenden deutschen Städte genannt, die vielleicht als die Altermänner den besonderen Vereinen der Kaufleute aus den einzelnen Städten, oder die, wie man nachher sagte, welche als Altermänner und als Kaufmannsrat der Gesellschaft vorstanden. Nicht zu übersehen ist, dass unter denen, die namhaft gemacht werden, mit Ausnahme Rigas, von den Städten der Ostsee Lübeck allein vorkommt, dagegen der größere Teil der genannten Kaufleute aus Sachsen und Westfalen war, welche, bevor die meisten deutschen Städte an den Küsten der Ostsee aufkamen und gediehen, früher zum Wohlstande und zur Freiheit gelangt, den Handel hier in den entfernten Gegenden vornehmlich betrieben.

Dies scheint auch der Schluss der ältesten Skra des deutschen Hofs zu Nowgorod, welche in diese Zeit fällt, zu bestätigen, in welcher geboten ward, das jährlich dort überschießende Geld nach Gothland zu bringen, um es in der Marienkirche der Deutschen daselbst niederzulegen in St. Peters Kasten, des Schutzheiligen des deutschen Hofs zu Nowgorod, zu welchem vier Schlüssel gehören, die von dem Olderman von Gothland (d. i. den angesiedelten Deutschen in Wisby, denn es ist lediglich von Deutschen die Rede,) dem Olderman von Lübeck, von Soest und von Dortmund aufbewahrt werden sollen. Es ist einleuchtend, dass die Kaufleute der einzelnen Städte, ihren eigenen Vorstand, Richter oder Olderman daselbst hatten. Auch nahmen die Lübecker im J. 1263 die Kaufleute von Soltwedel in diesen ihren Verein daselbst auf, verstatteten ihnen gleich ihren Bürgern die gleichen Rechte, den Sitz auf ihrer Bank, da wahrscheinlich die von Soltwedel nicht zahlreich genug zu Gothland waren, um ihren besonderen Verein zu bilden, ihre besondere Bank, ihren besonderen Stuhl, ihren eigenen Olderman, Advokaten oder Richter sich daselbst zu halten.

Diese besonderen Vereine der Kauffahrer aus einzelnen Städten sind denn aber auch von Zeit zu Zeit zusammengetreten, und sie selbst oder ihre Vorsteher oder Altermänner haben im Namen der gesamten deutschen Kaufleute auf Gothland allgemeine Beschlüsse gefasst, deren einer v. d. J. 1287 uns aufbewahrt worden ist, und der von dem großen Ansehen und von der Macht dieses Vereins vollgültiges Zeugnis gibt, von einer Macht, die unabhängig von den Städten, diese vielmehr selbst seinen Vorschriften unterwirft. Es beschließen nämlich in dieser Urkunde alle Kaufleute aus den verschiedenen Städten und Orten, welche Gothland besuchen, des gemeinen Bestens wegen, wie folgt: Ist irgend ein Schaden durch Schiffbruch oder Raub entstanden, so sollen alle näher benachbarte Städte auf dies Gerücht in ihren Bürgerversammlungen ein Verbot erlassen, diese verunglückten oder geraubten Güter zu kaufen oder zu verkaufen; dagegen sollen sie verbunden sein den Unglücklichen zur Rettung oder Wiedergewinnung ihrer Güter beizustehen. Wem bewiesen wird, dergleichen Gut an sich gebracht zu haben, der soll dasselbe ohne alle Entschädigung dem Eigentümer wieder ausliefern und obenein seiner Stadt als Buße zwanzig Mark Silbers entrichten. Sollte aber eine Stadt selbst in solcher Angelegenheit sich säumig zeigen, so sollen die zu entrichtenden zwanzig Mark nicht ihr, sondern der Gesellschaft der Kaufleute verfallen sein. Welche Stadt endlich diese Vorschriften nicht befolgen wollte, die soll aus der Gemeinschaft der Kaufleute (ex societate seu consodalitate mercatorum) ausgestoßen sein aller Orten und auf allen Straßen, bis sie den Vorschriften Genüge geleistet haben wird. Der Stadt Reval, welche bisher diesem sich nicht hat fügen wollen, wird eine Frist bis auf nächsten Johannis bewilligt; fügt sie sich binnen der Zeit nicht, so soll sie aus der Gemeinschaft der Kaufleute (a consorcio mercatorum) ausgestoßen sein. Wer aber einen falschen Reinigungseid, zur Ablehnung der gegen ihn angebrachten Beschuldigung, leistet, der soll am Leben gestraft werden. Zur Urkunde ist das Siegel aller in Gothland sich aufhaltenden deutschen Kaufleute angehängt, und unterzeichnet: Gegeben zu Wisby i. J. 1287, auf Johannis.

Diese Urkunde, welche von der Macht dieser Gesellschaft der deutschen Kaufleute auf Gothland zeugt, welche, unabhängig von den Städten, Beschlüsse fasst, die Städte selbst ihnen unterwirft, und, bei Strafe des Ausschlusses aus der Gemeinschaft, ihnen Vorschriften erteilt, lässt einen Blick in den ersten und eigentlichen Ursprung des nachmals so berühmten und ausgedehnten Vereins unter allen niederdeutschen Städten und Kauffahrern tun, der zuerst mehr von diesen Kaufleuten als von dem Vereine der Städte ausgegangen ist, obwohl in der Folge, bei größerer Ausbildung der städtischen Verbindung, die Gesellschaften deutscher Kaufleute in der Fremde dieser mehr und mehr unterworfen wurden, und der Verfall der Insel, der Verlust ihrer Freiheiten und manche Unfälle, von denen sie betroffen wurde, endlich aber das Emporkommen der großen Macht Lübecks, diese früher so bedeutende Gesellschaft der deutschen Kaufleute auf Gothland verschwinden ließen, ohne dass man eine Urkunde über deren wirkliche Aufhebung oder deren Auflösung hätte: eine ganz veränderte Zeit hat sie geräuschlos unterdrückt.

Erklärlich werden nun die Ausdrücke, die so häufig in den älteren Urkunden und Freibriefen vorkommen: Kaufleute, die Gothland besuchen, und ähnliche; gewiss ist diese Gesellschaft damit gemeint, sie ist wahrscheinlich die älteste aller der verschiedenen, unter deutschen Kaufleuten in der Fremde eingegangenen, sie ist mehr als andere früh ausgebildet worden, und auf jeden Fall, wenn auch die in England sich vielleicht gleich früh gebildet hat; so ist doch die auf Gothland die mächtigste und einflussreichste von allen andern in dem zwölften und bis gegen Ende des dreizehnten Jahrhunderts gewesen. Das Gebot, dass eine Stadt, die sich ihren Beschlüssen nicht unterwirft, aus der Genossenschaft der Kaufleute aller Orten und auf allen Straßen zur Strafe ausgestoßen werden soll, zeugt auch davon, dass eine gewisse Verbindung unter diesen verschiedenen norddeutschen kaufmännischen Gesellschaften schon damals bestanden haben muss, die an dieser, der deutschen Kaufleute auf Gothland, ihr Haupt hatte.

Am meisten beweist aber das Wappen dieser Gesellschaft ihr Ansehen und ihre frühe Ausbildung. Von wem sie es erhalten hat, ist ungewiss, ob sie es selbst sich zugelegt, ebenfalls; welchen Wert man aber darauf in jener Zeit legte, ist eben so bekannt, als dass der städtische Verein, selbst zur Zeit seiner größten Macht, dass die deutsche oder große deutsche Hanse nie ein eigentümliches Wappen geführt hat, sondern sich stets mit dem Siegel der Stadt behalf, wo die vereinten Städte eben ihre Tagfahrt hielten, von wo aus sie ihre Ausfertigungen erließen. Die später vorkommenden Wappen der hansischen Niederlagen in der Fremde mit dem doppelten Adler sind aus einer viel späteren Zeit, von den Kaisern im fünfzehnten und sechzehnten Jahrhunderte erhalten worden: die deutsche Hanse in England hat noch kein gemeinschaftliches in dieser Zeit; zur Beglaubigung wurden ihren Urkunden die Siegel der vorzüglichsten einzelnen Hansebrüder angehängt.

Das Wappen mit der Umschrift, „Siegel der deutschen Kaufleute auf Gothland weilend“ stellt einen größeren aufrecht stehenden Lilienbusch dar, das Wappen der auf Wisby angesiedelten und eingebürgerten Deutschen, die mit den Eingeborenen die Stadtgemeine bildeten, auch zu gleichen Teilen die Stadtobrigkeit ausmachten, führt dieselbe Lilie jedoch kleiner, und auch in anderen Beziehungen von ersterem sehr abweichend. Diese eingebürgerten und angesiedelten Deutschen zu Wisby oder auf Gothland, denn es gab auf der Insel nur diese einzige Stadt, sind nicht mit der Gesellschaft der deutschen Kaufleute daselbst zu verwechseln, obwohl beide Teile einander wechselseitig unterstützen mochten. Wahrscheinlich ist die Gesellschaft früher hier entstanden, die Ansiedelung und Einbürgerung der Deutschen später. Dagegen war die deutsche Gemeine auf Wisby ein sehr angesehenes Glied der Verbindung der deutschen Städte längere Zeit hindurch, während die Handelsgesellschaft, die früher um Vieles einflussreicher und bedeutender war, mehr vor dem ausgebildeten Vereine der Städte in Schatten zurücktrat: allein es haben die Abgeordneten der deutschen Gemeine auf Gothland oder zu Wisby ihren Einfluss bis zum größeren Verfall der Insel auf den Tagfahrten der städtischen Abgeordneten bis in das fünfzehnte Jahrhundert, ja noch späterhin, behauptet. Es scheint selbst, dass die Macht des deutschen kaufmännischen Vereins auf Gothland, seit der größeren Ausbildung der städtischen Verbindung, auf die deutsche eingebürgerte Gemeine zu Wisby zunächst mehr übergegangen ist; die Gesellschaft verschwindet, die Gemeine tritt einige Zeit hindurch mehr hervor. Der Name aber gemeine Kaufleute und ähnliche (communis mercator, communes, universi, omnes mercatores) haben wahrscheinlich hier ihren Ursprung gehabt und die Macht und den großen Einfluss der Gesellschaft überlebt; denn auch da, als die Macht der vereinten Städte immer mehr sich erhob, und alle Niederlagen der Kaufleute in der Fremde ihr unterworfen waren, welches nicht leicht und nur ganz allmählich gelang; ist die Bezeichnung gemeiner Kaufmann, etwa mit dem Zusatz zu London, Brügge u. f. sich aufhaltend, immer beibehalten worden.

Von der Insel Gothland aus ward auch ohne Zweifel der unmittelbare Verkehr dieser Norddeutschen auf Russland eingeleitet, so wie von hier aus zuerst von ihnen, und namentlich von Bremen die livländische Küste befahren wurde. Wahrscheinlich ist der Hof der Deutschen zu Nowgorod um diese Zeit, in der zweiten Hälfte des zwölften Jahrhunderts, gegründet worden. Wir finden die deutschen Kaufleute in der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts daselbst, und wie es heißt, nach alter Weise, vollkommen eingerichtet mit ihren Älterleuten und Weisesten an der Spitze; sie haben Freiheiten und Besitztümer erworben, sie halten ihre gemeinschaftlichen Versammlungen. Die fortdauernde Verbindung und Abhängigkeit dieses deutschen Hofs zu Nowgorod von den Deutschen auf Gothland ist auch gänzlich nicht zu verkennen; die Anlage ist lediglich das Werk dieser Kauffahrer auf Gothland, nicht der Städte, wiewohl, als die Verbindung unter den Letzteren mehr sich ausbildete und schon in der zweiten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts, ihr Einfluss auf den Hof der Deutschen zu Nowgorod immer bedeutender ward, namentlich Lübecks, welche Stadt, durch ihr bewundernswert schnelles Emporblühen nebst den Deutschen auf Wisby die Herrschaft des Hofs ansprach, sie dann ausschließend forderte und nachher mit den Deutschen auf Wisby teilte, seitdem die große Handelsgesellschaft der Deutschen auf der Inselmehr an Ansehen abnahm.

Nirgends in diesem Nordosten ist die Benennung üblich, die im Westen von den einzelnen Vereinen deutscher Kaufleute und einzelnen Städten in Flandern und England vorkommt, oder mit welcher die sämtlich vereinten deutschen Kauffahrer in dem letzteren Lande bezeichnet werden: von einer Hense oder einer Hanse der deutschen Kaufleute in dieser Zeit ist hier nie die Rede. Weder die Gesellschaft der deutschen Kaufleute auf Gothland, noch der Verein auf dem Hofe derselben in Nowgorod führen diese Bezeichnung; die Großfürsten und Fürsten Russlands kennen in ihren Freibriefen, welche sie den Deutschen und Gothländern erteilen, nie diesen Namen; sie werden nie Hansen genannt, noch weniger ist in dieser Zeit von deutschen Hansestädten hier die Rede, obwohl der kaufmännische Verein in früher Vollendung erscheint. Eben so wenig kommt diese Benennung der deutschen Kaufleute und ihrer Vereine in Dänemark Schonen, Schweden und Norwegen in dieser Zeit vor.

In diesen skandinavischen Reichen finden wir so früh keine Gesellschaft deutscher Kauffahrer mit solcher Macht und von solchem Ansehen, wie die auf der Insel Gothland, ja nicht einmal einen Verein, oder Vereine, die so selbstständig sich ausbilden und einen so frühen Vereinigungspunkt besitzen, als die, welche in Russland oder England vorkommen. Zwar finden wir die deutschen Kauffahrer und selbst die der westlichst gelegenen Land- und Seestädte in einem sehr frühen und sehr lebhaften Verkehr mit diesen Reichen, mit Dänemark, besonders auf Schonen, und mit Schweden: aber das Ganze, wo sich auch etwas der Art, ein Verein unter diesen Kauffahrern verschiedener deutschen Städte bildete, scheint vielmehr durch die Tätigkeit der einzelnen, besonders der nächst benachbarten deutschen Städte früh bewirkt oder fortgeführt worden zu sein; diese Städte erwerben Freiheiten für ihrer Kauffahrer, nicht die letzteren selbst oder die Gesellschaften derselben. Überall hat in Dänemark, Schonen und Schweden die Sache eine ganz verschiedene Wendung genommen, man kannte und besaß hier andere Mittel, um zum Ziel, ja auf eine noch vollkommenere Weise zu gelangen. Der Anfang später entstehender und sich bildender Vereine der Kauffahrer auf Schonen zeugt deutlich von der Abhängigkeit derselben von den Städten; die Vereine erbitten sich von ihnen die Bestätigung der beliebten Ordnungen. Vielleicht sind zu Anfang die Deutschen auf der nachmals so berühmt gewordenen Niederlage zu Bergen in Norwegen selbstständiger zuerst verfahren, unterstützt vielleicht von der großen Handelsgesellschaft auf Gothland; doch haben wir keine urkundlichen Nachrichten darüber; auch hatten die Deutschen bei der Begründung derselben zu Bergen und in andern norwegischen Städten langehin mit den Eingeborenen und Ausländern zu kämpfen, und erst, nach mehreren blutigen Fehden von Seiten der mehr oder weniger vereinten und benachbarten Seestädte mit den Königen des Landes, schien die Niederlage dauernd zu gelingen: wiewohl der Verkehr zwischen Normannen und Sachsen in sehr frühe Zeiten hinaufreicht.

Die Verbindungen unter den deutschen Kauffahrern sind älteren Ursprungs und früher im Ausland bekannt, als der Verein der deutschen Städte, wiewohl es diesem allmählich gelungen ist, nachdem er sich vollkommener ausbildete, und die Städte an Macht und Freiheit bewundernswert schnell zunahmen, jene sich zu unterwerfen; doch deuten die beibehaltenen Benennungen gemeiner Kaufmann, Kaufleute der deutschen Hanse, ja der Name deutsche Hanse selbst, als Bezeichnung des späteren mächtigen Vereins der niederdeutschen Städte, auf diesen Ursprung hin.