Sundine. Unterhaltungsblatt für Neu-Vorpommern und Rügen, Band 21. 1847

Stralsund, Mittwoch, den 06. Januar 1847
Man schreibt aus Verviers [Ist eine Stadt im Osten Belgiens und liegt im Tal der Weser in den nördlichen Ausläufern der Ardennen. Sie gehört zur Provinz Lüttich in der Wallonischen Region. Die deutsche Grenze ist nicht weit entfernt, bis Aachen sind es etwa 30 km. Wikipedia]: Seit einem Viertel-Jahrhundert waren die Wölfe aus unserer Gegend verschwunden. Nur in großen Zwischenräumen zeigte sich dann und wann noch ein Exemplar davon. Seit einiger Zeit erscheinen diese Tiere aber wieder so häufig, dass die Bewohner unserer Dörfer es kaum noch wagen, ihr Vieh auf die Weide zu schicken. Man hat sich an den König gewandt und um Anordnung von Maßregeln zur Tötung der gefährlichen Gäste gebeten.

Stralsund, Mittwoch, den 31. März 1847
Aus Schwaben berichtet man: „Der Wolf ist tot! Der Wolf, gegen welchen man schon über anderthalb Jahre Streifen angestellt, bei allen Pferchen allnächtlich Lampen angestellt und alle Mittel der Jagdstrategie erschöpft hatte. (Der Stuttgarter „Beobachter“ berechnete neulich, dass allein die Kosten dieser außerordentlichen Pferch-Beleuchtung vom 1. April bis zum 1. Dezember schon fast 1.342 Gulden betrugen. Er nimmt nämlich in den von dem Wolf durchstreiften sieben Oberämtern, mit 80 Ortschaften, 110 Pferche an, welche in 244 Nächten je für 12 fl. 12 Kr. Öl verbrauchten, um den Wolf – nicht zu fangen!) Ja, der Wolf ist tot, über den die jüngste Ständeversammlung zur Beratung schritt – Freiherr v. Berlichingen hatte zu geheimer Beratung geraten, damit dieser Abd-el-Kader des Württembergischen Unterlandes nicht Wind davon bekommt -; der Wolf, der fast schon zur Fabel und von Münchner „Fliegenden Blättern“ illustriert worden war, ist den vereinigten Anstrengungen einer Gemeinde, die in Gesamtwacht gegen ihn auszog, erlegen. Schon der „Beobachter“ vom 12. März gab darüber eine Art telegraphische Depesche. In der Nummer vom 13. März folgen nicht weniger als sechs Berichte, in denen, nach einer Note der Redaktion, nur das Wichtigste aus den ihr zugekommenen neun Geschichtserzählungen zusammengestellt ist. Kinkel in seiner herrlichen Dorf-Novelle „Margaret“ schilt die Franzosen ein unergründliches Volk, weil es ihnen noch nicht gelungen, dieses Raubtier auszurotten; aber es muss das doch nicht so leicht sein, da die gründlichen Schwaben zwei Jahre dazu brauchten, um eines einzigen Exemplars Herr zu werden, zwei Jahre, in welchen alle Feld- und Waldschützen, alle Hirten und Schäfer von achtzig Ortschaften auf der Fährte waren, um Isegrimm zu fahen, tot oder lebendig. Wie das zuletzt geschah, wollen wir nächstens umständlich schildern, unter Beifügung der Personalbeschreibung des Erlegten zum Besten der „Fliegenden Blätter“, die doch notwendig auf diesen Gegenstand zurückkommen müssen.


Stralsund, Mittwoch, den 13. Oktober 1847
In Bromberg wurde am 23. September ein lebender Wolf zum Verkauf gebracht. Ein Förster der Nachbarschaft hatte ihn gezähmt und dem Menageriebesitzer Kreuzberg zum Kauf angeboten. Indes wies dieser das Tier, weil es etwas lahm geht, zurück. Bei der Rückfahrt war es sonderbar anzusehen, wie der Wolf neben mehreren Personen, welche auf dem Fuhrwerk saßen, an der Wagenleiter emporstieg, und das um ihn sich versammelte Publikum beschaute. Am vorigen Sonntag, den 19. September, war bei der oben erwähnten Menagerie durch die Nachlässigkeit eines Wärters eine Tür nicht verriegelt worden, so dass der große bengalische Panter aus dem Käfig entkam. Das Tier hatte jedoch die Richtung nach der Mauer am Schulgebäude eingeschlagen und kam daher nicht sogleich ins Freie. Unbekannt mit der Freiheit, machte es nur zwei kleine Sätze, als ein Mann, welcher öfter mit ihm umging, seinen Namen rief, das eigene Halstuch abband und ihn damit in den Käfig führte. Zwei Mädchen, welche bei diesem Vorfall gegenwärtig waren, werden gewiss keinen kleinen Schreck bekommen haben. Der Tierbändiger selbst kam erst, als das Tier bereits an dem Halstuche geführt wurde. Einige Tage darauf brach der Bär aus, verwundete einen Arbeiter bedeutend und zerriss einem anderen die Kleider.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Umwelt und Natur - Die Wölfe im Spiegel der Presse