Sundine. Unterhaltungsblatt für Neu-Vorpommern und Rügen, Band 19. 1845

Stralsund, Mittwoch den 12. März 1845
Aus dem Innern Frankreichs, besonders aus den Gebirgsgegenden gehen viele Klagen über Unglückfälle ein, welche der große Schnee herbeigeführt hat. In dem Tal von Noncevaux liegt der Schnee durchgängig 9 Fuß hoch. Bei Maffat stürzte am 16ten Abends eine Lawine herab und begrub den Weiler Carol. Mehr als 300 Menschen arbeiteten die Nacht hindurch an der Ausgrabung der verschütteten 4 Menschen, indes fand man sie alle tot. Ein junges Ehepaar fand man in der Umarmung mit ihrer 6jährigen Tochter erdrückt. Ähnliche Unfälle meldet man aus dem Arteche-Departement, wo 3 Personen in den Häusern begraben und erdrückt wurden. Bei St. Romain le Defert wurden zwei Schwestern von einer Lawine überfallen und erstickt usf.
Auch über eine durch das Schneetreiben herbeigeführte, eigentümliche Wolfsjagd enthält das Journal des Débats einen langen Bericht. Im Departement der Meuribe bei Prayl liegt ein einzelnes mit einer hohen Mauer umgebenes Landgut, seit 12 Nächten umstreifen wenigstens ein Dutzend Wölfe das Gut. Da beschloss endlich der Gutsherr durch einen kühnen Jagdstreich der Sache ein Ende zu machen. Er ließ ein totes Pferd um das Gehöft und dann durch die enge Pforte mitten auf den Hof schleppen, befestigte an die Hoftür ein Zugseil und ließ nun die Tür über Nacht offen, während er selbst mit seinen Leuten sich wohl bewaffnet auf den Boden postierte. Die Wölfe kamen wie gewöhnlich, gingen an die Pforte nahmen einigen Anstand, wagten sich aber doch zuletzt hinein. Als 6 auf dem Hof waren, zog der Gutsherr die Tür zu und gab das Zeichen zur Jagd. Es war eine furchtbar lärmende Szene. Die Wölfe heulten, bellten und versuchten vergebens über die Mauer zu springen, das Vieh lärmte und schrie in den Ställen, und die Leute schossen von den Böden, bis endlich sämtliche Wölfe erlegt waren. Am Morgen eilten die Bewohner der benachbarten Dörfer, welche das ungewöhnliche Gewehrfeuer vernommen hatten, herbei, und fanden die glücklichen Jäger bei dem Abpelzen der 6 Wölfe, vier Wölfe und 2 Wölfinnen, für deren Erlegung der Gutsherr und seine Leute eine beträchtliche Prämie beziehen.

Stralsund, Mittwoch den 19. März 1845
In einer Februar-Nacht waren bei St. Etienne mehrere Freunde auf die Wolfsjagd gegangen und hatten ein totes Pferd als Lockspeise gelegt. Unglücklicherweise hatten sich aber die Schützen so gestellt, dass sie einander gegenüberstanden und als wirklich 2 Wölfe erschienen und die Jäger feuerten, sank einer der letzteren, von seinem Freunde getroffen, tot nieder, während die Wölfe entkamen.


Stralsund, Mittwoch den 12. März 1845
Aus Elbing wird Folgendes berichtet: . . . Die Nachrichten aus den provinzen meldet noch immer von dem großen Schnee. Im Departement der Cóte d’pt lag der Schne fast durchgängig 9 und 10 Fuß hoch, und die Wölfe, welche dadurch aus ihren Schluchten herausgetrieben wurden, streifen noch immer durch das Land. Die letzte Post wurde dort von nicht weniger, als 21 Wölfen eskortiert, und rettete sich nur dadurch vor einem Anfall derselben, dass der Postillon langsam fuhr, ungeachtet die Wölfe ihre Hetze begannen. Wenn das Gespann in Lauf geraten und, wie es bei so hohem Schnee leicht hätte der Fall sein können, ein Pferd gestürzt wäre, so waren wahrscheinlich Pferde und Reisegesellschaft verloren. Bei Pulgeerda sind noch vor einigen Tagen 2 Spanier und 1 Franzose im Schnee stecken geblieben und erfroren.

Stralsund, Mittwoch den 03. September 1845
Aus Dieppe schreibt man: In der Nacht vom 6. Bis 7. August sind 5 Wölfe in den Schafpark eines Meierhofes zu Auberville eingebrochen. Der gegen 3 Uhr hiervon benachrichtigte Pächter fand bei seiner Ankunft nur einige Überbleibsel der Schafe, welche zuerst gefressen worden waren. Von 172 Schafen, welche der Park enthielt, wurden 58, von denen einige leicht verwundet waren, in der Umgebung wiedergefunden; 82 derselben fand man mit aufgerissenen Eingeweiden in den Feldern, 9 Kilometer weit von Auberville, wohin die Wölfe sie verfolgt hatten; 32 Schafe fehlen noch.

Stralsund, Mittwoch den 05. November 1845
In mehreren Teilen des Königreichs Neapel sind kürzlich große Wolfsjagden mit sehr glücklichen Erfolge (an 200 Wölfe büßten das Leben ein) angestellt worden.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Umwelt und Natur - Die Wölfe im Spiegel der Presse