Sundine. Unterhaltungsblatt für Neu-Vorpommern und Rügen, Band 15. 1841

Stralsund, Mittwoch den 03. Februar 1841
Aus Düren schreibt man unterm 10. Januar: Die Wölfe nehmen in den Wäldern unserer Umgegend so überhand, dass bereits 4 dieser Raubtiere von den Jägern aufgespürt worden sind. Einer derselben wurde schon vor 8 Tagen angeschossen und ein zweiter, von ungewöhnlicher Stärke gestern von dem Oberförster Rölen getötet. Ein dritter flüchtete sich über die Roer und durch das Dorf Ellen. Einen vierten begegnete einer unserer Mitbürger, als er zu Pferde von Aenoldsweiler nach Düren zurückkehrte. Kurz hinter dem ersteren Dorfe bemerkte er eine ungewöhnliche Angst an seinem treuen Rosse und als er um sich blickte, gewährte er einen Wolf, welcher zum Sprung bereit war. Nur die Schnelligkeit des Pferdes entriss den Reiter der drohenden Gefahr.

Stralsund, Mittwoch den 10. März 1841
Aus der Moldau und Walachei meldet man, das dort vom 11. bis 16. Februar ein furchtbarer Schneesturm gewütet hat, welcher den Schnee an mehreren Orten zu Bergen anhäufte und vielen Menschen den Untergang bereitete. In der Umgegend Botoschan erfroren 19 Menschen, darunter ein Bauer samt seinen Ochsen, in der Umgegend von Jasso über 40 auf der Straße. Die Wölfe sind in Folge dieses Unwetters aus den Gebirgen und Wälder hervorgekommen und brechen mit unerhörter Kühnheit in die Vieh- und Schafherden ein, so dass die Landleute dadurch große Verluste erleiden.


Stralsund, Mittwoch den 07. April 1841
(Umgegend von Wolgast) Auch in dieser Gegend hieß es, wie in Mecklenburg, es seien Wölfe in Pommern, sie hätten zwischen Greifswald und Stralsund zwei Kinder zerrissen etc. Das ist Gottlob nicht war. Pommern hat seit 150 Jahren keine Wölfe mehr gesehen und selbst in Hinterpommern sind keine in diesem kalten Winter erschienen, wie mir ein Mann aus Cöslin versicherte. Raubgierige Wölfe auf zwei Füßen haben aber hier und da ihr Wesen getrieben und selbst die Kirche zu Wusterhusen beraubt. Dies waren sogenannte scheinheilige Wölfe, denn sie traten erst vor den Altar hin und beteten ein Vater Unser, eh sie den Raub packten. So betet erst der finstere Neapolitaner zur Mutter Gottes oder zu dem Bild des gekreuzigten, an dem griff seines Dolches, um das Gelingen seiner schwarzen Tat, eh er das Opfer niederstößt.
Es hieß die Wölfe seien aus Schweden über das Eis gekommen. Wahr ist dagegen, dass zwei Hirsche, Männchen und Weibchen, über das Eis von Rügen kamen; beide fanden aber gleich ihren Tod und erlagen den Kugeln unserer Scharfschützen. Unser Pommern ist das Grab der armen Hirsche. Ein Achtender schlich sich aber im vorigen Herbst glücklich durch, das war ein Wunder!
Hirsche, Hasen, Rehe und andere Tiere leben aus dem Gewächsreich von jungen Zweigen, Baumrinde, Moos, Flechten, und Knospen; wie aber kommen die armen Wolfe, welche zu den fleischfressenden Tieren gehören in den nordischen Wildnissen durch den Winter? Die erstgenannten Tiere entgehen ihnen leicht durch ihre Schnelligkeit. Obgleich hässliche Raubtiere, ist ihr Schicksal im harten langen Winter doch ein sehr bedauernswürdiges.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Umwelt und Natur - Die Wölfe im Spiegel der Presse