Schwaben. 1812, 1820, 1826 und 1827

Der königl. Forstwart Franz Joseph Zeller zu Oberstdorf berichtet über Wölfe im Allgäu: „Im Jahre 1812 spürte ich den ersten Wolf, welcher aus dem Jagdbezirke Immenstadt über die Iller in den von Burgberg wechselte und dieses viele Winter nach einander, in einzelnen Fällen auch im Sommer wiederholte. Wir gingen ihm allemal nach und stellten Jagden auf ihn an, nahmen aber immer wahr, dass er nur des Nachts durch den Burgberger Jagdbezirk durchgewechselt habe, und bekamen ihn niemals zu Gesicht. Einmal ging ich und Herr Revierförster Lutz von Burgberg aus dem Wolfe nach, welcher ein Reh vom Bauhofberge herunter bis an die Friedhofsmauer gejagt hatte. Das Reh wendete hier wieder um, der Wolf aber blieb 200-300 Schritte entfernt auf einer Anhöhe stehen, schaute eine Zeit lang gegen Burgberg herab und kehrte dann auch um. Wir folgten dessen Fährte über das sogenannte Moos, eine Stunde von Burgberg, wo er auf einmal stehen blieb, im rechten Winkel aufwärts ging und nach 80 bis 100 Schritten ein altes Röhrbein von einem gefallenen Stück Vieh einen Fuß tief aus dem Schnee scharrte, worauf er seinen Weg in den Jagdbezirk Wertach fortsetzte. Ein anderes Mal fing dieser Wolf auf dem Oybele am Grindten ein Reh und verzehrte dasselbe zur Hälfte, wechselte sodann durch das sogenannte Plattenholz, wo er ein Schmaltier riss, wovon er nach einer Stunde schon wenigstens ein Drittel verschlungen hatte. Von da setzte er seinen Weg über das Aueck in das Filzmoos im Jagdbezirk Wertach fort. Später jagte er einmal ein Stück Wild vom Grindten herab. Fing es auf der sogenannten Weiteräste, riss demselben zuerst in voller Flucht die Weiche samt dem Weidsack auf, so dass große Ballen Weid herausfielen und zerriss es erst nach 50 bis 60 Schritten vollends. Der Wolf verzehrte einen großen Teil von diesem Stück Wild und begab sich dann wieder auf den Grindten zurück, wobei er unterwegs faustgroße Ballen Fett auswarf. Später, um das Jahr 1820 , hängten wir einen erschossenen Rehbock am Gyrenkopf an eine Fichte und stellten unter dieser zwei Tellereisen auf. Einige Tage darnach wechselte der Wolf wirklich durch unseren Jagdbezirk, jagte ein Reh unten am Gyrenkopf durch, bekam Wind von dem aufgehängten Rehbocke und wendete sich sogleich diesem zu, traf aber die frische Fährte des gejagten Rehes, welches weiter oben durchflüchtete, und folgte dieser. Vor einigen und dreißig Jahren übernachtete ich im Tiefenbacher Walde bei einem Hirten, als in der nämlichen Nacht ein Wolf einen zweijährigen Stier zerriss und sich an demselben sättigte.

Im Jahre 1826 oder 1827 ging ich und mein Bruder Anton um Michaeli in den Kotterschwald hinter dem Grindten auf die Pürsche, um einen Hirsch zu schießen. Als wir nach der Frühpürsche zusammenkamen, erzählte mein Bruder von einem Fuchse, der ihm angelaufen und der so stark gewesen, wie er nie einen gesehen. Wir gingen eine kurze Strecke und ich kam auf eine ganz frische Wolfsfährte. Das Tier machte seinen Weg über den Höllbach, durch die Waldungen in den Stuhlbach, denselben eine große Strecke hinauf und zuletzt gegen Nordost in die Wertacher Waldungen. Dieser Wolf war der letzte, den ich gespürt habe.“


Im Jahre 1827 hat der kgl. Revierförster Eustach Walk in Burgberg als Forstgehilfe zu Immenstadt in der Gegend am Alpsee einen Wolf gefehlt. Walk hatte ihn in einem Bogen bestätigt und ließ durchtreiben. Der Treiber kam dem Wolfe bis auf 10 Schritte nahe; dann erst flüchtete das Raubtier in großer Schussweite an dem Schützen vorüber. Dieser Wolf mag mit dem von Zeller gespürten ein und dasselbe Tier gewesen sein.

In den 80ger Jahren des vorigen Jahrhunderts schoss Xaver Lutz, Jäger in Sulzschneid bei Oberdorf, auf einer Hirschfrühpürsche um Michaeli einen sehr starken Wolf, den er für einen großen Gebirgsfuchs gehalten hatte. Auf einer Waage, auf welcher ein damals gebräuchlicher leichter Zentner, der dem Gewichte von 82 Pfund bayrisch gleichkam, gewogen werden konnte, war sein Gewicht, da er schwerer war, nicht zu ermitteln. Den Schädel dieses Wolfes sah später Zeller bei Xavers Bruder, dem Jäger Eustach Lutz in Albesried bei Sulzschneid.

Neuhaus im November 1856. Pfarrer Jäckel.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Umwelt und Natur - Die Wölfe im Spiegel der Presse