Ukrainische Geschichte - die Russifizierung der unierten griechisch-katholischen Kirche

Aus: Die Ukraine und ihre Bedeutung im gegenwärtigen Krieg mit Russland
Autor: Kuschnir, Wladimir Dr. (1881-1938) Historiker und Publizist, Erscheinungsjahr: 1915
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Russland, Ukraine, Österreich, Preußen, Polen, Schweden, Deutschland, Kosaken, Landesgeschichte, Kulturgeschichte, Sittengeschichte, Landesbeschreibung, Politik, Peter der Große, Katharina II., Geschichte
Ein besonderes Kapitel verdient die Russifizierung der unierten griechisch-katholischen Kirche, welche im westlichen Teile der Ukraine verbreitet war. Dieses Glaubensbekenntnis, da es die Ukrainer sowohl von den orthodoxen Russen (dogmatisch) als auch von den römisch-katholischen Polen (rituell) unterschied, hatte alle Aussichten, sich als nationale Religion der Ukrainer zu behaupten. Die russische Regierung merkte die Gefahr und rottete dieses Bekenntnis unter den Ukrainern unter Anwendung rohester Gewalt aus. Da wurde es zunächst 1826 verboten, ruthenische Gebetbücher für Unierte herauszugeben, da wurde 1832 das gesamte unierte Klosterwesen aufgehoben und die Klostergüter zu den Krohn- oder orthodoxen Kirchengütern geschlagen da wurde auf der Synode zu Polozk 1839 die Aufhebung der unierten Kirche ausgesprochen und die unierte Geistlichkeit gewaltsam zum Übertritt zur Orthodoxie gezwungen. Wer nicht parierte, wurde mit Güterkonfiskation, Verbannung und Kerker, ja selbst mit Tod bestraft. Mit Peitschenhieben und Kugeln wurden den unierten Gläubigen beider Geschlechter die von der heiligen Synode diktierten Wahrheiten der orthodoxen Kirche eingeprägt. W. Stepankovsky, selbst ein orthodoxer Ukrainer und russischer Staatsangehöriger, gibt in seinem „The Russian Plot to seize Galicia“ die Zahl der im Laufe des 19. Jahrhunderts unter Mithilfe des Waffengebrauches von der Union zur Orthodoxie „bekehrten“ Ukrainer mit 7 Millionen an. Nichtsdestoweniger hat die griechisch-katholische Religion noch immer sehr viel Anhänger unter der ukrainischen Bevölkerung vornehmlich in der westlichen Ukraine, die erst vor nicht ganz 150 Jahren Russland angeschlossen wurde Die Tradition der „ruthenischen“ Kirche ist hier sehr lebendig.