Ueber die künftige Stellung der Juden in den deutschen Bundesstaaten,

ein Versuch, diesen wichtigen Gegenstand endlich auf die einfachen Prinzipien des Rechts und der Politik zurückzuführen.
Autor: Lips, Michael Alexander Dr. (1779-1838) staatswirtschaftlicher Schriftsteller, Professor der Philosophie, Theologie, Philologie, Land- und Forstwirtschaft. Anhänger liberaler Ideen. Nationalökonom., Erscheinungsjahr: 1819

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Juden, Judentum, Judenhass, Antisemitismus, Judenverfolgung, Mittelalter, Religion, Christen, Christentum, Judengasse, Schicksal, Glauben, Geschichte, Bildung, Gesittung, Bürgertum, Unwissenheit, Kreuzzüge, Klerus, Politik, Macht, Handel, Vertreibung, Flucht, Mord, Todschlag, Nation, Volk, Heimat, Weisheit, Leben, Ideale, Mut, Gottesfurcht, Geist, Freude
Wahrheit gegen Freund und Feind
                        Schiller.

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Inhaltsverzeichnis
  1. Erster Abschnitt. Charakteristik des Juden
    1. Kapitel 01 bis 05
Einleitung

Unter die erfreuendsten Wahrheiten, welche aus den politischen Stürmen der letzten Zeit hervorbrachen, gehört ganz vorzüglich die Überzeugung von der Notwendigkeit innerer Einheit politischer Körper in allen ihren Beziehungen. Bis auf unsere Tage standen die Staaten allenthalben wie noch unvergorene, unverbundene Massen da, die mehr die Elemente zu Staaten in sich trugen, als die Idee des Staats selbst bereits realisiert hatten und, während sie alle Organe des Staatenlebens besaßen, des Lebens selbst entbehrten. Noch haucht nur der Moment, in den Zeiten großer Gefahr und allgemeiner Not Leben in diese Gestalten; aber dieses Leben hört wieder auf zu pulsen, wenn der Drang, der das Gewicht an der geistlosen Maschine bildet, vorüber ist, die nun wieder still steht, wie jedes verdorbene oder unvollendete Räderwerk. Mit Überraschung bemerken wir, die Genossen einer großen Zeit, welche Taten ein einzelnes Volk zu entwickeln vermag, wenn Not an seinen Sennen zieht und die freie Kraft der Natur über alle innere Reibungen Und Friktionen, die den lebendigen Schlag unserer Staaten im friedlichen Zustand der Maschine hemmen, hinrollt; wenn für einen Zweck nur sich alles fest und innig verschlungen hat, wenn alle Privilegien und Vorrechte vergessen werden, wenn alle Standes-, Glaubens- und Kastenverschiedenheit aufhört und die mannichfach getrennten Interessen in einen Fokus zusammenschmelzen. Aber solche Erscheinungen sind nur einzelne Atemzüge des toten Bildes, intermittierende Pulsschläge einer starren Gestalt, die schwer sich dem Meißel des Künstlers entwindet. Was Wunder, wenn von dieser Zauberkraft des Lebens angezogen, der Mensch seinem Bilde dies Leben bleibend wünscht und jenen vorübergehenden Enthusiasmus festzuhalten, sich bemüht! Und wahrhaftig, nicht vergebens ringt die Menschheit nach diesem Kleinode, nicht um ein Traumbild verschwendet sie ihre süßesten Empfindungen! Es kommt eine Zeit, wo sie endlich sich bleibend bewegen wird, diese rohe Masse, wo diese Einheit und Kraft nicht bloß als Resultat der außerordentlichen und krankhaften Lage der Staaten, sondern vielmehr als bleibender Hebel und wirkendes Prinzip alles Guten und Großen im ordentlichen und friedlichen Lauf der Maschine erscheint.

Und diese Zeit, mit mehr als bloßer Ahnung können wir es sagen, ist nicht mehr ferne. Es ist wahrlich keine Idee bloß revolutionärer Köpfe, die behaupten, es sei nun hoch am Tage, die Prärogativen des Zufalls und der Geburt, die Privilegien gewisser Stände, und den Sektengeist jeder Art aufzugeben, gleichsam als wenn nicht schon Natur, Talent, Erziehung, Reichtum und so manche unvertilgbare Abstände uns schon mehr als zu viel von einander geschieden hätten. Nein, es ist nur die Stimme der Vernunft, die uns zuruft, die morschen Scheidewände endlich niederzubrechen, die uns unwürdig von einander trennen und eine verkehrte Ordnung der Dinge herstellen, welche Hoheit mit Unwissenheit und Bildung mit Unterdrückung gattet. Es ist nicht revolutionäre Idee, nein es ist die dringendste Lehre der Politik, die warnende Sprache der Geschichte, die Europa bittet, sein Kastenwesen zu vergessen, und die heterogenen Stoffe seiner Völker zur nationalen Einheit zu verbinden. Darum ringen Fürsten und Völker nach Verfassungen und Konstitutionen; da rum sehen wir endlich nach Jahrhunderten Willkür und Gewalt auf der einen und Hass und blinden Gehorsam auf der andern Seite sich in Einheit und Harmonie auflösen. Verschmolzen sehen wir bereits das Höchste und Niedrigste; wie leicht, dass nun auch die dazwischen liegenden Abstufungen sich ausgleichen und in einem Bilde sich die verschiedene Massen politischer Kraft überschauen lassen! Wir staunen die Großtaten des Altertums bei oft geringer Bevölkerung unter Griechen und Römern an, bewundern den kühnen Aufflug des Nordamerikanischen Freistaats, der unserm Jahrhunderte voreilt; aber wo zeigen sich auch in diesen Staaten jene innere Auswüchse und Spaltungen, jene Elemente des Hasses und der Reibung, die unsere Staaten in sich selbst verzehren und uns, gleichsam in der Kindheit schon eingeimpft, nur zu lange schon entstellen.

Eine neue Zeit hat begonnen in unserer politischen Kultur; ihre Zeichen sind eingetreten; und, wohl uns, wenn wir sie verstehen und zu deuten wissen.

Es steigen von Zeit zu Zeit aus dem gärenden Chaos des Staatenwesens und der Politik gewisse Ideen auf, die sich dem Schoße der Urmasse entwinden, um in das höhere und reinere Wesen der Menschheit überzugehen. Wir bemerken zu allen Zeiten diese Erscheinungen in der Geschichte und datieren gerade von daher die Epochen der Menschheit. Solche Ideen entwickelten sich im älteren Europa, in den Zeiten des Mittelalters, am Anfange des sechzehnten und im Laufe des achtzehnten Jahrhunderts; sie zeigen sich auch im Anfange des neunzehnten und verlangen ihre Lösung. Das sind die Geister und Gespenster, die die Bösen schrecken und die Guten ermuntern; das die Gefahren, die die Schwachen einschüchtern und die Kühnen ermutigen.

So erhob sich vor drei Jahrhunderten die Idee von der Freiheit des Glaubens und der inneren Überzeugung; der halbe Erdkreis bebte vor einem einzigen Gedanken. Nach einem schweren Kampfe siegte er, löste sich in allgemeinen Glauben auf, und wir, während unsere Vorfahren in der Möglichkeit seiner Herrschaft den Keim der Zerstörung aller Ordnung der Dinge sahen, bewahren ihn wie das köstliche Gut der Menschheit.

Mehr als irgend eine Zeit hebt die unsrige solche Erscheinungen hervor, die um so üppiger hervorranken, je höher die Sonne der Vernunft und Wahrheit treibt. Wenn jene Jahrhunderte nur die Freiheit des Gedankens forderten, so fordert das unsrige schon die Freiheit des Worts und der Schrift, und die Welt kann ihm diese Güter nicht mehr vorenthalten. Gleichstellung der Rechte und Ansprüche Aller, Einheit der ganzen Nationalgesamtheit, Gleichheit vor dem Gesetz, Abschaffung aller zufälligen und beleidigenden Vorrechte, Entfernung jeglicher Art von Egoismus und Aristokratismus, Liberalität, Öffentlichkeit, Nationalität, das ist der Charakter, der Geist der Zeit, das sind ihre Forderungen an die Konstitutionen, die sie den Nationen als Ägide hinhält. Vernichtung aller alten verlebten Formen und Dämme, Abrufung aller mit der Freiheit und den Genüssen der Menschheit unverträglichen Institute und Verfassungen, Entfernung der Willkür, des Despotismus und der Unterdrückung jeder Art und in jeder Gestalt, das sind die Klagepunkte in dem großen Prozesse, den wir jetzt bei allen Völkern verhandeln sehen. Diese Götzen stürzen zusammen, was auch immer versucht werden mag für ihre Herrschaft; ein neues Jahrtausend sieht sie nicht mehr. Der Bau, der in finstern Jahrhunderten errichtet wurde, ist kein Wohnplatz für die Menschheit mehr, seitdem das Licht der Wahrheit und Aufklärung seinen Verfall beleuchtet.

Unter die auffallendsten Gebrechen und Überreste der Vorzeit, so auffallend als Feudalität, Geburtsrechte, oder irgend ein anderer Missstand in der Gesellschaft, unter die schroffesten Abstände und Spaltungen in der inneren Nationalgesamtheit gehört, um bei einem besonderen Gegenstande stehen zu bleiben, ganz vorzüglich die Stellung und das Verhältnis eines Teils der Nation, der seit länger, als ein Jahrtausend unter uns lebt, so immer ganz derselbe blieb, der er war, und so schwer zu den Standpunkt gelangen kann, auf den er als Teil der Menschheit sich aufschwingen muss, der Jude.

So lange als wir diese Nation aufgenommen, treffen uns nicht weniger als sie selbst die Folgen des Missverhältnisses, in welchem sie sich befindet. Wir erschöpfen uns in gegenseitigem Hasse und Verachtung; tun alles, was nur immer die Spaltung zwischen ihr und uns erweitern kann; nur den einfachen Weg der Wahrheit zu finden, und zu betreten, vermögen wir nicht. Immer größer wird der Riss, der uns trennt, immer gehässiger die Erbitterung, die uns in feindliche Parteien teilt, und statt die Kluft auszufüllen und den Hass zu verwischen, tun wir alles, was nur immer das Feuer nähren mag! So leitet alles unbemerkt zu einer Opposition zu einer Katastrophe hin, deren Symptome bereits laut und allgemein sind, und die, wenn auch nicht wie einst in eine blutige Verfolgung dieses Volks ausbricht, doch früher oder später die traurigsten Folgen für die inneren und edelsten Teile des Staatskörpers, für Recht und Sittlichkeit, für Wohlstand und Handel herbeiführen muss.

Es scheint demnach nicht unverdienstlich zu sein, diesen wichtigen Gegenstand einer neuen Prüfung zu unterwerfen, wichtiger als die Eroberung einer Provinz für jeden Staat, wichtiger als die Kolonisierung eines wüsten Moores; denn es gilt der Ausgleichung der verschiedensten Interessen, der Beruhigung der aufgeregtesten Leidenschaften, der Umbildung und Nützlichmachung vieler tausend Staatsbürger, die schon mitten unter uns wohnen und in ihrer bisherigen Lage sich so schädlich als uns selbst sind.

Mannigfach ist dieser Gegenstand schon behandelt worden; und die verschiedensten Resultate erschienen bei diesen Untersuchungen. Besonders ist in dem letzten halben Jahrhundert nicht leicht ein anderer so sehr der Gegenstand der Beobachtung gewesen *). Eine Sache, die so viele Köpfe schon beschäftigte, und tagtäglich angeregt wird, muss an sich schon höchst wichtig sein. Aber sie ist noch mehr als wichtig; sie ist einzig in ihrer Art. Neunzehnhundert Jahre hat dies Volk den Hass der Welt getragen; seine Zeit, sein Lauf ist aus; es verlangt Entscheidung und Erlösung. Wir kennen auch jetzt alles, was für und gegen den Juden ist; Kläger und Beklagte haben gesprochen; die Wage der Gerechtigkeit steht vor unseren Blicken aufgezogen; die Menschheit mag richten.

Darum überblicken wir noch einmal die ganze Reihe der Verhandlungen und suchen wir den Gegenstand auf, die reinen und einfachen Prinzipien des Rechts und der Politik zurückzuführen, um aus ihnen denn endlich ein klares und festes Resultat in dieser Angelegenheit zu gewinnen.

*) Die literärische Behandlung dieses Gegenstandes beginnt mit Dohm, obgleich schon vorher wichtige Schriften in dieser Angelegenheit erschienen sind. Die vorzüglichsten sind:
Eisenmenger neu entdecktes Judentum. Heidelberg 1704.
Dohm über die bürgerliche Verbesserung der Juden. 1785.
Anmerkungen zu der Schrift des Herrn v. Dohm. Altona 1783.
Diez über die Juden an Dohm. Dessau 1785.
Anmerkungen über Dohms Verbesserung der Juden. Berlin und Stralsund. 1789.
Schon vorher erschien:
Bitte an die Großen wegen der Juden in den Ephemeriden der Menschheit. 1776. St. X. und 1777. St. II.
Von Duldung der Juden in Schmohls Aufsätzen. 3te Nummer.
Worte der Wahrheit und des Friedens an die jüdische Nation. Berlin 1782.
Über die Nützlichkeit und Schädlichkeit der Juden in Böhmen. Mähren 1782.
Della influenza del Ghetto nello stato Venetia. 1783.
Runde über die bürgerliche Verbesserung der Juden (in den hessischen Blättern).
Vorschläge und Mittel über die bürgerliche Kultur und Religionsaufklärung der Juden, dann (Schlegel) Zusätze zu den Vorschlägen und Mitteln etc. Königsberg 1795.
Hartmann Untersuchung der Frage: ob den Juden bürgerliche Freiheit zu gestatten sei.
Berlin 1785.
Mirabeau sur la reforme des Juifs. Londres 1787. Teutsch, Berlin 1788.
Von Zangen über die bürgerliche Verfassung und Verbesserung der Juden. Giessen 1788.
Krünitz Enzyklopädie, Berlin 1784. 31. Band. P. 295.
Joseph Isaak unmaßgebliche Gedanken über die Betteljuden etc. Nürnberg 1791.
Freimütige Gedanken über die vorgeschlagene Verbesserung der Juden in den Preußischen Staaten. Halle 1792.
Teutsche Encyklopädie etc. Frakf. A. M. 1794. 18. Bd. S. 208.
Grattenauer wider die Juden, ein Wort zur Warnung. Berlin 1805.
Für die Juden. 1803,
Grattenauer Erklärung meiner Schrift wider
die Juden. Berlin 1803,
– – Erster Nachtrag dazu. Berlin 1805.
Moldenhawer Übersicht der Begünstigungen und Vorrechte der Juden in Spanien.
– – über den Einfluss der Juden in Spanien.
Fridrich Buchholz Moses und Jesus. Berlin 1802.
Sendschreiben des Israelitischen Volkes an Teller. Berlin 1803.
Konversations-Lexikon. Altenburg und Leipzig 1815. 5. Bd. S. 255.
E. Henle über die Verfassung der Juden und die Verbesserung derselben. München 1811.
Die Juden und ihre Gegner. Teutschland 1816.
Deutschlands Forderungen an den teutschen Bund. Mainz 1816. p. 57.
Friedrich Rühs über die Ansprüche der Juden an das teutsche Bürgerrecht. Berlin 1816.
I. F. Fries über die Gefährdung des Wohlstandes und Charakters der Teutschen durch die Juden Heidelberg 1816.
Kraemer die Juden und ihre gerechten Ansprüche an die christlichen Staaten. Nürnberg 1816.
Frank die Juden und das Judentum, wie sie sind. Köln. 1816.
Ewald Ideen über die nötige Organisation der Juden in den christlichen Staaten. Karlsruhe 1816.
Von Spaun der Sarmatische Lykurg. 2te Aufl. Nürnberg 1817.
Patriotische Wünsche zur Beherzigung der bairischen Ständeversammlung. 1818. p. 57. Sulamith, eine Zeitschrift zur Beförderung der Kultur der Juden, herausg. v. Fränkel. 1817.
Raingruber über die Brottaxe nebst Ansichten über Güterzertrümmerung. Landshut 1818.
Literarische Monatsberichte für bayerische Staatsund Geschäftsmänner. Neuburg, Dezember St. 1818. Consideration sur l'existence civile et politique des Israélites, VIII. edit, Paris 187. Reflexion sur la regeneration des Israélites par Mr. Ben Isaak- Ber. Paris 1818.

Dies wird sich nur dann ergeben, wenn wir
1) den wirklichen Zustand des Judentums in einem treuen Gemälde uns vorhalten, seine Flecken und Fehler eben so auffassen, als seine Vorzüge, und auf diese Art die Punkte kennen lernen, die einer Verbesserung fähig sind und bedürfen;
2) die Ursachen aufsuchen, die diesen Erscheinungen zum Grunde liegen, um daraus
3) die Mittel zu entnehmen, durch die diese politische Krankheit gehoben und entfernt werden kann und endlich
4) die Einwendungen berücksichtigen, welche gegen diese Mittel gemacht werden könnten. . ."
Nur indem wir so verfahren, werden alle einzelne Punkte gehörig vor das Aug treten und in der Erforschung der Ursachen und deren Entfernung auch die einzig wahren Heilmittel des Übels erscheinen.

Der Korn- und Weinjude (aus einem satirischen Flugblatt)

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Schwörende Juden vor Gericht

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Judenfriedhof in Fürth im 18. Jahrhundert

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Jüdischer Hausierer zu Nürnberg  1790

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Festzug der Prager Juden

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Auszug der Juden aus Wien

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Zug zur Hinrichtung des Juden Süß in Stuttgart

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Die Heldinnen des Judentums

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Plünderung der Judengasse in Frankfurt 1614

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