Der Mensch und dessen gesellschaftliche Verhältnisse, gehalten im Februar 1848

Eine schwere Aufgabe ist es, die Grundeigenschaften des Menschen auch nur oberflächlich anzudeuten; bei andern Geschöpfen Gottes ist es viel leichter. — Denken wir uns in unsere Kindheit zurück, mit wenigen Worten wurde uns die Haupteigenschaft dieser oder jener Tierart bezeichnet; z. B. der Hasse ist furchtsam, das Schaaf ist geduldig, der Wolf ist gefräßig. — Das Menschengeschlecht kann man auf diese Art nicht charakterisieren, denn ist auch bei Diesem die Lammsnatur, bei Jenem die des Haasen, so sind bei Vielen die Naturen weniger, harmloser Tierarten vorherrschend. Unverkennbar gehört jedoch der Mensch zu den Geschöpfen, die in Gesellschaft leben, daher sollte eigentlich derselbe in der großen Gesellschaft nur segenbringend, ohne zu schaden, auf seine Mitmenschen einwirken. —Denken wir uns die verschiedenen Tierarten, die Müh- und Lastbeladenen, die Nutzen- und Segenbringenden, die Wehr- und Harmlosen mit den Reißenden, Stechenden, Stoßenden, Blutsaugenden — in naher Berührung — müsste da nicht der Hummer seine Zange, der Tiger seine Krallen einziehen, die übrigen Bestien ihre Mordlust, ihren Heißhunger bezähmen, wenn deren allgemeiner Zustand irgend ein erträglicher sein sollte? — Wir kennen Tiere, welche in die Erde eindringen, aber sie erreichen nur eine mäßige Tiefe; der Mensch hingegen dringt tiefer ein in deren dunkeln Schooß, sei es, um die erwärmende Kohle, die edlen, die nützlichen Metalle oder andere Stoffe zu Tage zu fördern; er wirkt hier nützlich! — Hamster, Bienen, Ameisen sammeln ein, Nahrung für die Zukunft, aber das Quantum ist für einen bestimmten Zeitraum beschränkt; auch der Mensch soll einsammeln; wenn er jedoch zu viel an sich rafft, der Zeit, für die er sammelt, keine Grenzen setzt, so erschwert er es seinen Mitmenschen für die Zukunft zu sorgen. Der Vampier wirkt verderbenbringend, allein er ist zu sättigen; der Mensch hingegen mit der Vampiernatur ist unersättlich; saugt er seinen Mitbrüdern auch nicht das Blut aus den Adern, so zieht er, was in unserm Zeitalter gleich viel bedeutet, selbigen doch das Geld aus der Tasche. Bei dem gesunden Menschen durchströmt das Blut alle Adern, stockt es an dieser oder jener Stelle, so ist der Mensch krank. In Ländern, wo das Geld an gewissen Punkten sich zu sehr anhäuft und an anderen dagegen mangelt, tritt Unbehagen ein. Dem Handwerker, der das nötige Material nicht kaufen kann, gerät sein Geschäft in Stocken; der Ackersmann, dem die Einsaat fehlt, kann auch nicht ernten. Zu allen Zeiten hatten die Menschen mit dieser oder jener Plage zu kämpfen, jetzt ist es namentlich das Überhandnehmen der allgemeinen Verarmung — ein Vorgefühl, ein Ahnen derselben gab sich schon lange in den unteren Volksklassen kund, diese teilten sich ihre Sorge mit, berieten, wie die Not abzuwenden — doch man hinderte ihre Besprechungen, man deutete diese übel aus. Die Verarmung ist bis zur Hungersnot gestiegen und jetzt fürchtet die Mittelklasse, einverleibt zu werden in das große Heer der Proletarier, sinnt daher auf Rettung.— Zu allen Zeiten war es als notwendig anerkannt, die gegenseitigen Pflichten der Menschen zu bestimmen; in dieser Beziehung gab schon Moses Gesetze, und Christus gab Lehren, nach deren Befolgung die Menschen glücklicher sein würden; das Geschichtliche ist uns davon bekannt, die Lehren aber scheinen uns zu kommunistisch; denn, wenn Christus sagt: Wer zween Röcke hat, gebe dem Dürftigen Einen ab, so möchte mancher unserer jetzigen Christen den Gedanken unverantwortlich finden, von zwanzig Röcken Einen abzugeben! Gibt es auch der Ausnahmen viele, so ist nicht zu leugnen, dass das gegenseitige Verhältnis; der Menschen nicht das erfreulichste ist, und dass die einzelnen Glieder derselben viel hierzu beitragen. Im Allgemeinen sind die Menschen arbeitsam, es ist aber leider dahin gekommen, dass ein großer Teil derselben diese Tätigkeit nicht in Anwendung bringen kann, weil einer verhältnismäßig größeren Anzahl derselben die Mittel fehlen, das Produkt ihrer Arbeit zu bezahlen; und so geraten, um nur ein Beispiel anzugeben, die Leinweber in Not, weil immer weniger Menschen ein Hemd bezahlen können. Es ist ein trauriger Umstand, es ist naturwidrig, dass die arbeitende Volksklasse, der wir so Vieles verdanken, vom Ertrage ihrer Arbeit so wenig zufließt. Sehen wir große Ladungen Getreide, so verdanken wir sie jener Volksklasse, die das Land bebauen, säen und ernten musste. Die reichen Warenvorräte, von der Produktion des rohen Materials an, bis zur Vollendung, sind ihr Werk. Alles, was die höheren Stände bedürfen, schafft zum Überfluss diese Classe herbei; wenn das Meer tobend die Dämme zu durchbrechen droht, da stemmt sie sich der Überflutung entgegen, der Feuersbrunst setzt sie Grenze; wenn der Feind das Vaterland bedroht, wer tritt hier wieder schützend auf? Wer war es, der den Volksunterdrücker bei Leipzig und bei Waterloo zurückdrängte? Wie Viele von ihnen haben auf dem Schlachtfelde für uns geblutet, und wie viele dieser Edlen, schämen wir uns es gestehen zu müssen, lassen wir jetzt in Irland und Schlesien verhungern. — In der Natur ist ein unverkennbares Streben der Ausgleichung der Vergeltung. Die Not der niederen Klassen teilt sich den Höherstehenden bereits mit, und da, wo man Menschen verhungern lässt, da entstehen Seuchen, welche man die Hungerpest nennt; wie weit diese um sich greift, lässt sich nicht berechnen, unmöglich ist es nicht, dass selbst ein Millionär, auf dessen Gütern Menschen verhungerten, derselben erliegen kann. Der Himmel ist nicht kärglich mit seinem Segen, aber unser gesellschaftlicher Zustand ist der Art, dass der Allvater, ohne Wunder zu tun, seine Gaben nicht an alle Menschen gelangen lassen kann. Von der Wahrheit, dass dieser Zustand der Verbesserung bedarf, werden wir immer mehr überzeugt; ob unsere Vorfahren oder wir dazu den Keim legten, möge dahingestellt sein. Das Sehnen, das Streben, dass es besser werde, tritt jetzt mächtig hervor, und so wollen wir uns der freudigen Hoffnung hingeben, dass es auch besser werde. —

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Die Kunst, Staaten zu regieren, muss noch nicht hinlänglich ergründet sein, weil man damit noch gar zu viele Versuche macht, von einem System zum andern übergeht. Wollen wir uns jedoch für ein Staatsprinzip erklären, so sei es für das eines Canning. Nach dessen Ansicht muss die Staatsweisheit nur auf Wahrheit und Gerechtigkeit begründet sein, sowohl in Beziehung zum In- als zum Auslande.

Die hohen Staatsmänner in Europa führen die Staatswirtschaft noch lange nicht so gut, wie die Ackersleute ihre Landwirtschaft.

Um dies zu verdeutlichen, müssen wir, ohne die Würde des Menschen zu verletzen, die Bewohner eines Staates mit dem lebenden Inventario einer Landwirtschaft vergleichen. Sehen wir nun, wie ein gerechter Landwirt sich seines Viehes erbarmt, wie er dem Pferde, das es verdient, den Hafer gibt, der Kuh, welche gute Milch geben soll, auch gutes Futter reicht: so steht es mit seiner Wirtschaft gut. Wollte derselbe jedoch direkt, wie es bei den direkten, und heimlich, wie es bei den indirekten Steuern der Fall ist, seinen Geschöpfen zu viel Nahrung abziehen, so würden selbige abmagern, und hierdurch der Landwirtschaft bedeutender Verlust treffen. Wollte nun der Landwirt gegen seine Geschöpfe Reizmittel anwenden, ähnlich denen, welche man gegen zahlungsunfähige Völker anwendet, dann würde derselbe seine Landwirtschaft völlig zu Grunde richten.

Sehen wir in einer Landwirtschaft die Nahrung zu ungleich verteilt, so dass die nutzbringenden Tiere Mangel leiden und die mehr überflüssigen überfüttert werden, so schließen wir, dass auch der Landwirt bei solcher Wirthschaft sich so übel stehen muss, wie die Regierungen in Staaten, wo unter Völkern ähnliche Missverhältnisse sich gestalten.

Wir finden leider, dass da, wo sonst die große Volksklasse, wenn auch nicht im Überfluss, doch harmlos, glücklich, zufrieden lebte, Tausende in tiefster Armut der Verzweiflung hingegeben sind. Wo sonst eine große Zahl dem Mittelstande angehörte, die bei industriöser Tätigkeit sich geistig entwickelte, fern von Sorgen sich des Lebens freute, da erblicken wir jetzt deren Reihen gelichtet, hingegen Einzelne im Besitze übergroßer Glücksgüter. Die untere Volksklasse ist im Allgemeinen in zu tiefes Elend gesunken, der übergroße Reichtum erstickt leicht die edleren menschlichen Gefühle.

Wie jedem Gefühle hohnsprechend, wie empörend ist es, wenn jenseits des Kanals Tausende an dem Unentbehrlichsten Mangel leidend, hungernd, zerlumpt und bettelnd umherziehen, mit dem Rufe: uns fehlt Brod, weil uns Arbeit fehlt; während neben ihnen ein zehnjähriger Knabe eine jährliche Rente von 200.000 Pfund Sterling erbt! — Es gibt Städte, wo die Zahl der Armen sehr groß ist, einige Individuen hingegen es dahin brachten, den Handelssegen, der für viele Tausende bestimmt ist, sich allein anzueignen; so nennt man eine große Stadt, wo ein Vierteil des bedeutenden Handels 11 Handlungshäusern zufließt, ein zwölftes Haus allein nimmt ein anderes Vierteil in Anspruch, so dass die Hälfte des gewinnreichsten Geschäftes in den Händen von 12 Personen ist. — Überblicken wir ein Land, vom göttlichen Segen überschüttet, wo auf unabsehbaren Feldern die üppigen Saaten wogen, feiste Herden auf hockgrünenden Auen weiden; — daneben die Menschen zerlumpt, abgemagert, nur das elende Leben fristen; da brauchen wir nicht weit zu suchen, bald genug zeigt sich ein aufgedunsener Schwamm in Menschengestalt, der Herr, der Allein-Besitzer aller jener Fluren, der allen Segen an sich sog. Der allgütige Vater kann auch hier das Gebet seiner um Brod flehenden Kinder auf natürlichem Wege, ohne Wunder zu tun, nicht erhören. Fällt hier fruchtbarer Regen vom Himmel, da überfüllen sich nur des Überreichen Scheunen. Räumen wir ein, dass fast überall der drückendste Mangel dem schwindelnden Überflusse allzu schroff entgegensteht, so ist es gewiss des Versuches Wert, auf Mittel zu einer gütlichen Ausgleichung zu sinnen. Wenden wir uns daher zu einem jener, vom Überflusse überschütteten Erdengötter mit der demütigen Bitte: „O du, von Glücksgütern so schwer Geladener, gib deinen unglücklich schmachtenden Mitbrüdern ein Weniges von deinem Überflusse!“

Der Mann des Geldes regt sich nicht. — O gib doch! Hörst du denn nicht, dass Hungersnot ausgebrochen ist. Tausende im Elende schmachten? dringt nicht die Not deiner Brüder zu deinem Herzen? Sein Herz schlägt wie der rostige Pendel im Turme von Stein. — Schau nach dem Lande jenseits des Grabes. Dort harren die von irdischer Not Befreiten ihrer verlassenen Kinder, ihrer bedrängten Gatten, ihrer darbenden Eltern; mit welchem Triumphe wirst du in jene Gefilde einziehen, wenn du mit dem, was nur hier Geltung hat, ihre Tränen trocknest! Aber seine Zunge ist starr, wie die Zunge der Frohnglocke, wir hören keine andere Töne, als: „Geld? — Geld! — Geld? — Geld!“ — Sollte er denn nimmer zu sättigen sein? — Aber nein! — Gebt ihm Millionen, gebt ihm Paläste, wo er Fürsten Audienz erteilt, wo er Kongresse anordnet und mit seines Gleichen Allianzen stiftet; gebt ihm Wälder und weite Fluren: er giert nach Mehrem! — so gebt ihm denn die Berge, die Zölle, die Wege, auf dass Jeder, der sich regt, sich bewegt, ihm Tribut zahle; ja machet selbst dem Ärmsten, der sich vermisst, seine fade Suppe mit Salz zu würzen, ihm tributär. — Acciset von dem Brode, das er für seinen letzten Groschen kauft, ein Stück ab, stempelt den letzten Fetzen seines Hemdes zu Papiergeld und gebt es ihm hin: er hungert noch immer und begehrt noch mehr. — Gleich einer Lawine wälzt er sich, Alles erdrückend, Alles mit sich fortreißend, und immer anschwellend, in monströser, gefahrdrohender Größe dahin. Hat man je einen Geldsüchtigen gesehen, der sich mit Schätzen gesättigt gefühlt? Nimmermehr! —

Überschauen wir hier das gesellschaftliche Verhältnis der Menschen in der nackten Wirklichkeit; erwägen wir, dass sich die Armut im Allgemeinen auf eben so bedrohliche Weise ausbreitet, wie das National-Vermögen immer mehr in den Besitz einzelner Personen übergeht; so müssen wir gestehen, dass wir eine Bahn eingeschlagen, verderblich sowohl für die, welche regieren, als die, welche regiert werden. — Das Geld vertritt die Güter der Erde, die notwendigsten Bedürfnisse. Sollen Tausende mit größter Anstrengung nur deshalb das Geld erwerben, damit es Einzelnen geopfert werde, — sind wir dahin gekommen, dass eine kleine Summe eine darbende Familie gegen den Hungertod schützt, wie viel Menschenleben hängt dann nicht an den großen Summen, die jenen Einzelnen zufließen? Sprechen wir es aus, diese Einzelnen sind Götzen geworden, denen jetzt viele Menschenopfer gebracht werden. — Dem Stiere kürzet man die langen Hörner, und der Sau, die zu tief wühlt, zieht man einen Draht durch den Rüssel. Wer schützt uns aber gegen die goldenen Kälber, die zu Stieren heranwachsen und die immer tiefer in das Mark des Landes eindringen? —

Besteht auch unsere Gesellschaft aus vielen Elementen, das Gute, das Edlere, das Bessere ist doch unter allen Ständen das Vorherrschende. Der Mensch, das Meisterwerk der Schöpfung, verdient ein besseres Geschick; er soll sich nicht nur mühevoll fortschleppen von der Wiege bis zum Grabe; ihm ist im Leben die Freude so heilsam, wie der Pflanze das Licht, dies zeigt uns schon die Jugend; das zarte Kind, von der Hand Gottes kaum geschaffen, freut sich des Lebens; es lacht einer glücklichen Zukunft zuversichtlich entgegen; ein Gott haucht ihm diese Zuversicht ein, und Gott kann nicht täuschen. Einem jeden Menschen sind mit der Geburt rechtmäßige Ansprüche auf die Freuden des Lebens gegeben; wenn ihm diese nicht werden, so liegt es nur daran, dass wir unsern gesellschaftlichen Zustand noch nicht gehörig ordneten.

Ob monarchische oder ob republikanische Regierung die beste sei, solches können wir nicht entscheiden; jede Regierung ist gut, wenn sie dem Volke angemessen; auch die republikanischen haben ihre Mängel und so nimmt die Regierungsart auch in den freien Reichstädten eine Richtung an, welche dem sinnigen Bürger bedenklich erscheint.

Bei außerordentlichen Ereignissen kann oft durch gutes Beispiel der einzelne Mensch viel wirken, großes Unglück abwehren. — Als einst in Frankreich ein römisches Lager von den Germanen überfallen wurde, rettete ein einziger Römer, welcher einer verzagten Schildwache die Lanze entriss, dasselbe durch das Beispiel seiner Gegenwehr.

Als es in einer bedrohten freien Reichstadt an Blei zu Kugeln gebrach, da erstieg zuerst der Bürgermeister mit einer Art das Bleidach des Rathauses und ermutigte so seine Mitbürger. Dass aber auch jetzt, wo die Bürger, welche aus den rauchenden Trümmern mit vieler Anstrengung ein neues Hamburg hervorhoben, aus ihrer Geldnot durch ein hohes Beispiel erlöset werden, hat sich nicht gezeigt; statt dessen hat die Geldmacht jene Verlegenheit benutzt, den Grundeigentümern höhere Zinsen abzunehmen. —

Wäre zur Zeit, als Hamburg noch loderte, jener hochherzige Mann, der zur Erhaltung von Hamburgs Kredit so viel beitrug, von gleichem Egoismus beseelt gewesen, so hätte Hamburg ein noch größeres Unglück getroffen.

In der Nähe, in der Ferne gewahren wir ein Ringen, ein Kämpfen um die heiligsten Güter des Menschen, um die Freiheit, um die Nationalität, um die notwendigsten Lebensbedürfnisse.

Auch wir blicken mit Sorge und Hoffnung in die Zukunft. Innige Theilnahme wird uns aus allen deutschen Gauen. Ein neuer Akt steht uns bevor: Friedrich VII., der kaum den Thron bestiegen, fühlt das Bedürfnis, die Völker seiner verschiedenen Staaten zu versöhnen und näher zu vereinen; möchte sein edles Streben erfüllt werden und möchte er alle seine Völker empor heben zu höherem Glück. —

Wie steht es aber mit unserer Nationalität, um den Bund mit unseren Brüdern in Schleswig, wie um den mit ganz Deutschland? Alles dies wollen wir als das Heiligste, als das höchste Gut bewahren. — Deutsch ist unsere Muttersprache, deutsch sind die Lieder, die uns begeistern zu edeler Tat. Fragen wir daher, ist die deutsche Sprache in Gefahr? Kann es in der Absicht der Dänen liegen, den Wert der deutschen Sprache gering zu schätzen, da doch fast jeder gebildete Däne Deutsch lernte, und kann wohl ein Deutscher, der die klassischen Werke der Dänen prüft, den Wert jener Sprache verkennen? — Die Sprache ist der Dolmetscher der Gefühle, und edle Gefühle fürs Wohl der Menschheit drücken sich in jeder Sprache aus. Steht es nun fest, dass die Nationalität jeder Landesteile gesichert bleibt, sollen wir dann, wenn es sich um die heiligsten Güter der Menschheit handelt, noch fragen: welcher Menschenstamm wohnt jenseits der Eider, der Schlei, des Beltes, des Sundes? Sind die Skandinavischen Völker nicht nahe mit uns verwandt? War es nicht zur Zeit der Reformation, wo Deutschland in Gefahr war, in geistliche Knechtschaft zurück zu sinken, wenn nicht ein skandinavischer Völkerstamm (die Dänen unter Christian IV.) für die Reformation zuerst sein Blut vergossen, und ein anderer dieser Stämme (die Schweden unter Gustav Adolph) der Reformation den Sieg mit erkämpft hätte? — Werden diese Völker jetzt, da wir das Bedürfnis konstitutioneller Verfassung, notwendiger Reformen dringend fühlen, nicht wieder mit uns sympathisieren? Ist es in dieser verhängnisvollen, wichtigen Zeit wohl geraten, dass wir von Schleswig-Holsteinischer Seite eine kalte Scheidewand bilden zwischen Deutschland und Skandinavien, oder haben wir den hohen Beruf, da die Umstände sich so gestalten, dass wir ein Band bilden, welches diese Völkerschaften zu ihrem eigenen Heile vereinet? —

Würde solches nicht von größtem Nutzen sein für ganz Deutschland und für jene Völkerstämme? National-Hass ist nicht göttliches Ursprungs; er ist erloschen zwischen der Dänischen und Schwedischen, der Französischen und Englischen Nation, und wird überall erstickt, wo reine Menschenliebe auflodert. — Zu lange haben Völker und Individuen mit einander gehadert. Wie tief ist dadurch die Menschheit gesunken, und zu welchem Glücke könnte dieselbe emporsteigen, wenn die Nationen sich so verschmelzen, dass deren Glieder keine andere Bestimmung erkennen, als sich in Begründung ihres Wohlstandes behilflich zu sein.

Gleichviel, welchem Stamme wir angehören, welche Sprache wir reden, wir sind verbrüdert, wenn für die heiligen Sache der Menschheit das Blut unsere Adern durchströmt. – Möge eine lichte Morgenröte uns verkünden, dass überall ein heller, ein glücklicher Tag heranbricht.