Abschnitt 7

Ueber
die Verdienste des Großherzogs
Friedrich Franz I.
um
die vaterländische Geschichte und
Alterthumskunde


Die Sammlung war zuerst der Pflege Oertzen's anvertraut und es wurde wohl mancher Plan gehegt, sie nutzbar zu machen. Da starb am 15. Febr. 1820 der um die vaterländischen Wissenschaften hoch verdiente Hofmarschall v. Oertzen.


Zu derselben Zeit war der junge, geistreiche und eifrige Dr. Hans Rudolph Schröter von seinen nordische Reisen heimgekehrt, zum Professor in Rostock ernannt und dem Großherzoge Friedrich Franz nahe getreten, welcher ihn im J. 1821 zum Aufseher der Alterthümer-Sammlung in Ludwigslust ernannte. Sogleich entstand der Plan zur Herausgabe des großen Werkes Friderico-Francisceum, wozu [Vorlegung] Friedrich Franz die Alterthümer studirie und zeichnen ließ und welches Er mit dem allergrößten Eifer betrieb. Im Dec. 1825 ward aber Schröter von einer Lähmung befallen, welche ihn auf immer seiner lebendigen Thätigkeit entriß. Nach vielen Mühen und Wechselfällen konnte das große und schwierige Werk erst im J. 1837, jedoch noch vor dem Tode des Großherzogs, durch mich vollendet werden.

Am 28. Aug. 1833 hatte Friedrich Franz das Diplom als Ehrenmitglied der königlichen Gesellschaft für nordische Alterthumskunde zu Kopenhagen angenommen, zu derselben Zeit, als die vaterländische Alterthumskunde sich auch in Kopenhagen lebendig zu gestalten anfing.

Als war Friedrich Franz der erste, welcher auch eine vaterländische Alterthumskunde schuf, nachdem Er die glänzende Sammlung gebildet hatte, die uns umgiebt, und wir können Ihn mit Recht den Schöpfer der vaterländischen Alterthumswissenschaft nennen, um so mehr, da Er zu einer Zeit, als noch Niemand diese - verrosteten Dinge erkannte, schon eine völlig klare Einsicht in die ganze Vorzeit besaß.

Die übrigen geschichtlichen Bestrebungen Schröter's, welche Friedrich Franz mit Lebhaftigkeit auffaßte, unter andern auch die Stiftung eines geschichtlichen Vereins und die Herausgabe einer Urkundensammlung, gingen durch seine unheilbare Lähmung ebenfalls unter.

Kaum hatte Friedrich Franz die Alterthümersammlung in Ludwigslust fest gegründet und überwältigt, als Er, einen neuen großen Krieg voraussehend, ein großes Werk zur Erhaltung der Alterthümer des Landes unternahm, durch welches Er wieder mit leuchtendem dem Beispiele voraufging. Er forderte im Sommer des J. 1811 vollständige Beschreibung aller Kirchen des Landes und ihrer Geräthe ein und bearbeitete das ganze aus 8 Foliobänden bestehende Werk eigenhändig in genauen statistischen Uebersichten in Tabellenform, [Vorlegung] ein Werk, welches für die Zukunft von großem Nutzen für die Geschichtsforschung werden kann, da durch Kriegszüge und durch Nachlässigkeit und Unverstand viel Wichtiges im Lande untergegangen ist.

Hiedurch bereitete Er den neuern Umschwung im Bauwesen für die geschichtlichen Bauwerke vor. Friedrich Franzens Zeit war dem Bauwesen nicht günstig, da sie unter dem Einflusse des nüchternen Revolutionsstyls stand und die Gothik erst in der letzten Zeit seiner Regierung entdeckt ward. Dennoch geben das Regierungsgebäude in Schwerin, eine der schönsten Ideen des großen Reformators Schinkel und Norddeutschlands, die vielen großen Gebäude in Doberan und Ludwigslust, das Schauspielhaus in Schwerin und andere Bauten den Beweis, daß Er nach dem besten Erreichbaren strebte und wohl das Edle erkannte. Selbst in der Gothik eilte Er voraus, indem er schon sehr früh (seit 1804) eine Probe in der katholischen Kirche zu Ludwigslust hinstellte. Vor allen Dingen aber ist es Ihm nicht genug zu danken, daß Er die unvergleichliche Abtei-Kirche zu Doberan, in welcher Seine Ahnen und nach Seinem Willen Er Selbst ruhen, mit Liebe und Sorgfalt hütete und pflegte, und das älteste Gotteshaus des Landes zu Althof, welches über 200 Jahre lang zum Backhaufe hatte dienen müssen, im J. 1822 entdeckte und wieder herstellte. Schon daß Er die Kirche zu Doberan nicht nach dem damals allein geltenden Geschmack ausweißen ließ, als sie im J. 1830 neu roth getüncht ward, ist ein Verdienst, das nicht hoch genug angeschlagen werden kann. Die Achtung, welche Er diesen ehrwürdigen Denkmälern zollte, war vorzüglich der Hebel, welcher viele Menschen von nah und fern auf einen höhern Standpunkt in der Anschauung hob. Und diese beiden Gebäude und ihre Erforschung sind die ersten Veranlassungen gewesen und die Grundsteine geworden zu der großen Thätigkeit auf dem Gebiete mittelalterlicher Kunst, welche jetzt in Meklenburg herrscht; mit der Erforschung von Doberan und Althof begannen auch Schröter und unser Verein ihre von Friedrich Franz vorbereiteten Forschungen auf diesem Gebiete, welche jetzt nach 25 Jahren einen ziemlich sichern Abschluß erhalten haben.