Abschnitt 6

Ueber
die Verdienste des Großherzogs
Friedrich Franz I.
um
die vaterländische Geschichte und
Alterthumskunde


Am 6. Nov. 1776 und wiederholt 1778 erbot sich Bouchholtz, ein meklenburgisches Urkundenbuch herauszugeben, und 1774 wollte Evers alle Stadtprivilegien des Landes drucken lassen; jedoch fehlte es dazu an Geld und Theilnahme. Am 16. Mai 1777 wollte Bouchholtz mit 14 andern Gesinnungsgenossen eine „Gesellschaft der für das Vaterland Beflissenen“ stiften, welche alles Meklenburgische sammeln und bearbeiten sollte, wozu ein Vorschuß von 4000 Thalern erbeten ward, erhielt aber Abschlag, da die Regierung besorgte, daß es den Mitgliedern theils an Fähigkeit, theils an Zeit dazu mangeln würde.


Die Zeit zu solchen Unternehmungen war noch nicht gekommen. Rudloff setzte seine Meklenburgische Geschichte fort; der zweite, wichtigste Theil erschien am 16. April 1785, dem Monate der Thronbesteigung des Herzogs Friedrich Franz, welcher das Werk fortan eifrig befördere; in dem Todesjahre Rudloffs erschien die letzte Abtheilung. Seit 1827 folgte unter Friedrich Franz v. Lützow's Mekl. Geschichte.

Im Anfange dieses Jahrhunderts schien eine Ermattung eintreten zu wollen; die alten gewiegten Forscher waren todt; der Despotismus der französischen Revolution schien jede Blüthe edlerer Pflege knicken zu wollen; die Kunst erstarrte vor dem Medusenhaupte des religiösen und politischen Wahnsinns; Malerei, Bildhauerei und Baukunst versteinerten, bis sie sich erst in den allerneuesten Zeiten wieder zu regen begonnen haben. Die großen und geistreichen Ludwigsluster Maler der vorigen Regierung: Denner, Matthieu und Findorf, erlebten die Schreckenszeiten nicht mehr. Nur im Gebiete des dichterischen Wortes nahm der Gedanke in Deutschland einen großen Aufschwung, wie in den neueren Zeiten die Wissenschaft der Kunst immer vorangegangen ist.

In dieser Zeit war es ein großes Glück, daß dem Herzoge Friedrich Franz ein Mann begegnete, der etwas jünger, als Er, von demselben Streben und demselben Eifer beseelt war. Dies war Dethlof Joachim v. Oertzen aus dem Hause Roggow, ein Mann von ausgebreitetem Wissen und Forschungstriebe, dem das Vaterland und das Fürstenhaus nach den verschiedensten Richtungen, sowie die vaterländische Geschichte unendlich viel verdankt, 1797 als Kammerherr dem Erbprinzen zugestellt und im J. 1812 zum Hofmarschall ernannt v. Oertzen trat bald mit dem Herzoge in vertrauten wissenschaftlichen Verkehr.

Friedrich Franz begnügte sich nicht damit, Münzen zum Besehen zu sammeln; Er behandelte und beschrieb, so lange die leiblichen Kräfte ausreichten, die Münzen eigenhändig, eine Arbeit, welche bekanntlich sehr viel Wissen und Geschick erfordert.

Die im J. 1805 zu Doberan gefundenen und bis dahin gesammelten Münzen sind bald nach der Auffindung von v. Oertzen in einem Foliohefte beschrieben. Die seitdem

gesammelten Münzen sind in einem zweiten und dritten Foliohefte von [Vorlegung] Friedrich Franz eigenhändig beschrieben.

Das vierte Heft seit 1828, ist von dem damaligen Ludwigsluster Rector, spätern Schulrath Meyer geschrieben, dessen Hand sich schon am Ende des dritten Heftes findet.

Während dieser Beschäftigung mit den Wappen und Münzen gerieth der Herzog, vielleicht durch v. Oertzen's Erfahrungen auf dessen vielen und weiten Reisen veranlaßt, auf die bis dahin völlig unbeachtet gebliebenen vaterländischen Alterthümer. Seit dem Anfange dieses Jahrhunderts hatte Friedrich Franz, durch glückliche Funde ermuntert, mehrere Aufgrabungen vornehmen lassen und gleitet. Im Frühling 1804 ward die in Schwerin befindliche kleine Sammlung nach Ludwigslust versetzt und zugleich der Oberzoll-Inspector Hauptmann Zinck mit ausgedehnten Aufgrabungen im Lande beauftragt, welche die erfolgreichsten und überraschenden Ergebnisse boten. Hiedurch ward der Grund zu der berühmten Alterthümersammlung gelegt, welche zu den wichtigsten von allen gehört und in Deutschland ohne Zweifel die bedeutendste in ihrer Art ist. Die französische Invasion störte dieses Bestreben auf einige Zeit; aber schon im J. 1810 sehen wir den Fürsten Höchstselbst schon wieder umfassende Forschungen und Nachgrabungen anstellen.