Beschreibung der Badeanstalten

Jetzt zu dem Hauptgegenstande dieser Blätter, zur Beschreibung unserer Badeanstalten selbst.

In einer Entfernung von nicht mehr als tausend Schritten vom Städtchen, und in weit geringerem Abstande von unsern Wirtschaftsgebäuden, ist das zum Badeplatz ausersehene Ufer, von welchem wir eine dem Bedürfnisse angemessene Strecke zur ausschließlichen, Benutzung der Badenden obrigkeitlich eingeräumt erhalten haben. Man kann dahin zu Wagen, zu Wasser, und auf dem durch die Schanze führenden Richtwege sehr bequem zu Fuße gelangen.


Dieses Ufer, dessen feiner weißer Sandgrund durch nichts getrübt wird, und wo kein Steinchen den Fuß des Badenden drückt, senkt sich unter der Fläche des Wassers in kaum merklicher Abstufung, und bleibt, ungeachtet des dann und wann eintretenden Ungestüms der Wellen, sobald diese sich wieder besänftiget haben, immer gleich rein und gleich eben.

Dieser vortreffliche Boden macht den Gebrauch eines vorzüglich bequemen Badewagens möglich, den wir nach englischem Muster schon vor mehreren Jahren zum Versuch anfertigen ließen.

Die äußere Form dieser Maschine ist sehr einfach, und fällt wenig ins Auge; ihre innere Einrichtung dagegen ist, wie die Erfahrung lehrt, und eine nähere Beschreibung beweisen mag, zweckmäßig und bequem.

Sie ruht auf zwei Rädern, und bildet in ihrem Innern ein verschlossenes Kabinett, das zwar eigentlich nur für eine einzelne Person bestimmt ist, das aber, wenn auch mehrere mit einander baden mögen, zum bequemen Entkleiden und zur sichern Bewahrung der Kleidungsstücke gebraucht werden kann.

Außer diesem Stübchen erhält die Maschine ihre zweite Abteilung durch einen Fallschirm, der, wenn er niedergelassen ist, die Oberfläche des Wassers berührt, und ein eingeschlossenes Bassin bildet. Von der badenden Person hingt es ab, ob sie vermittelst einer kleinen Treppe ins Wasser hinab steigen, oder — was ungleich besser ist — ohne diese Hilfe hineinspringen will. Eben so kann sie, wenn sie sich auf diesen Bezirk, der doch immer noch größer ist, als irgend eine gewöhnliche Badewanne nicht beschränken mag, mit eigner Hand und ohne Mühe den Schirm etwas aufheben, wo sie sich dann sogleich in offener See befindet, und, bis zu einer durch Pfähle bezeichneten Entfernung mit größter Sicherheit umher bewegen darf.

Bei jedem dieser Badewägen ist ein eigener Aufwärter, der nach geendigtem Bade oder sonst durch eine an der Außenseite angebrachte Glocke, die von innen angezogen wird, herbeigerufen werden kann. Diesem Wärter liegt es auch ob, das Kabinett gleich nach jedem Bade sorgfältig zu reinigen, und er darf, bevor dies geschehen ist, niemand baden lassen.

Ein seltener Vorzug der hiesigen Badestelle ist es, dass man schon wenige Schritte vom Ufer die zum Baden erforderliche Tiefe findet. Daher bedarf man hier nicht der Pferde, die durch ihre schwere Bewegung das Wasser trüben; eine einfache mechanische Vorrichtung schiebt die Badekutschen weit besser und sanfter als ein Pferd.

Bei ganz stillem Wetter stehen sie im Wasser, höchstens nur 16 bis 20 Schritte vom Ufer, sonst auf dem festen Lande. Im ersten Falle wird man mit einem bequemen Fahrzeuge hinangefahren; im letzten Falle betritt man sie auf dem Lande, und lässt sich während des Entkleidens in die See hinein-, so wie während des Ankleidens, vermittelst einer Art von Winde, aufs Land zurück schieben; eine Bewegung, die, da der Boden so sanft und eben ist, wenig oder gar nicht verspürt wird.

Diese Beschreibung, die, die Stelle einer Zeichnung, so gut sie kann, vertreten mag, wird hoffentlich hinreichen, die Behauptung zu rechtfertigen, dass bei dieser Art das Bad zu genießen, der Nutzen, die Bequemlichkeit und das Vergnügen der Badenden in gleich hohem Grade erreicht werden kann; denn aller kleinern Annehmlichkeiten nicht zu gedenken, so ist es doch wohl etwas vorzügliches unsrer Einrichtung, dass mitten auf offener See beim Aus- und Ankleiden ein Stübchen gegen das Eindringen der oft zu rauen Luft Schutz bietet, beim Baden selbst aber diese Grenze verlassen, und, im Spiel mit plätschernden Wellen, dem Körper die heilsame Bewegung und das wohltätige Einatmen der reinsten Luft verschafft werden kann. Wie vortheilhaft beides augenblicklich und durch spätere Folgen auf Körper und Geist hinwirkt, bedarf wohl keines Beweises, und kann nicht schöner bestätiget werden, als durch die einstimmigen Zeugnisse der Badenden selbst.

Der Ordnung halber sind die Badekutschen durch Buchstaben von einander unterschieden, und eben so findet man die Billette, die beim Eintritt an den Wärter abzugeben sind, mit Buchstaben und Nummern versehen, um den Badendem Ort und Zeit zu bestimmen. Ein solches Billet zum kalten Bade kostet 12 ßl., und außerdem ist nichts zu bezahlen, als etwa eine Kleinigkeit für Wäsche von dem, der sich damit nicht selbst versehen hat.

Wenn gleich die Badewägen in nicht geringer Entfernung von einander stehen, so haben wir dennoch, damit auch Frauenzimmer das Bad ganz ungehindert und in offener See gebrauchen können, einige Kabinette, die ausschließlich für sie bestimmt sind, etwas weiter entfernen und durch einen Schirm von jenen andern absondern lassen.,

Doch nicht nur für die größere Menge derjenigen, die das kalte Seebad gebrauchen, sondern auch für die geringere Anzahl derer, die nach dem Rat des Arztes warm zu baden wünschen, ist bei unserer Anstalt gesorgt.

Ganz nahe an der See, neben der Stelle, wo die Badewägen sich befinden, ist ein Haus zum Gebrauch warmer Seebäder erbaut.

Die Leitung des Seewassers dahin hat, so kunstlos sie auch ist, doch nur mit vieler Mühe und beträchtlichen Kosten zu Stande gebracht werden können, da das Gebäude auf einer, gegen die Fläche der See nicht unbedeutenden Höhe sieht, und da die fast vollendete Arbeit durch den öfteren Einsturz des Sandes, so wie auch durch das Einströmen der See, mehrmals teils vereitelt, teils sehr erschwert ward.

Ungeachtet dieser bedeutenden Hindernisse ist es uns gelungen, durch Röhren, die einige Fuß unter der Fläche der See liegen, und bis an das Badehaus reichen, die Leitung so vollenden zu lassen, dass das Wasser, welches durch zwei an der Seeseite des Hauses stehende Pumpen in die Höhe und in die Behälter gebracht wird, durchaus so unverfälscht und rein ist, wie in der offnen See selbst.

Mit süßem Wasser kann es sich auf keine Weise vermischen, da die Röhren, von welchen es zuerst aufgenommen wird, eine ganze Strecke weit in der See liegen, unter der Erde aber aufs sorgfältigste verbunden sind. Eben so ist durch ein bei der Öffnung der Röhren auf der See schwimmendes Schlauchwerk, durch zwiefache dicht geflochtene Körbe und andre Mittel, dafür gesorgt, dass auch selbst bei unruhigem Wetter kein Seesand in die Mündung der Röhren dringen kann.

Die hier angewandten Vorkehrungen haben sich so bewährt bewiesen, dass wir nicht nur zu jeder Zeit vollkommen klares Wasser gehabt haben, sondern dass auch selbst auf dem Boden der Gefäße sich nicht die mindeste Spur vom Sande wahrnehmen ließ.

In der Mitte des Hauses ist der Platz, wo das Wasser in geräumige Behälter aufgenommen, und von da in die angrenzenden Zimmer geführt wird.

Zwei dieser Behälter, deren jeder zehn Oxhoft Wasser enthält, sind für das kalte, die andern beiden, wovon jeder fünf Oxhoft fasst, für das heiße Wasser bestimmt. In den letztern befindet sich ein kupferner Ofen, der mit Steinkohlen geheizt, in etwas mehr als anderthalb Stunden alle fünf Oxhoft Wasser zum Kochen bringt.

Durch diese einfache Methode ist für das Badehaus ein sehr bedeutender Raum, und in Ansehung der großen Kosten, die mit irgend einer andern Art der Feuerung verknüpft sein würden, eine ganz wesentliche Ersparung gewonnen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ueber die Privat-Seebadeanstalt bei Travemünde 1