Im Talmud ist nirgend etwas Gehässiges gegen die Christen geschrieben ...

Dass im Talmud nirgend etwas Gehässiges gegen die Christen geschrieben ist; dass alles, was darin gegen die Gojlm geschrieben worden, nur Bezug auf Helden und Götzendiener hat; dass es, nach dem Jüdischen Glauben, nicht verstattet ist, einen Christen zu übervorteilen, und dass es eben so ungereimt, als ungerecht wäre, wenn man die Meinung irgend eines Schwärmers oder Pedanten; für eine National-Meinung annehmen und die Gesinnung des ganzen Volkes darnach beurteilen wollte, hat der Oberland Rabbiner, Hirschel Löbel, in seinem, in Kleins Annalen, 33.10. p. 306, abgedruckten Gutachten, erwiesen. In einem dort angeführten, von den Bekennern der Mosaischen Religion sehr geschätzten, Werke: Al hammitzwoth, von R. M. Ben Maimon, welches im Jahre 5487 Jüdischer Zeitrechnung, durch den Chacham Chagis mit einem Kommentar neu aufgelegt worden, heißt es wörtlich:

„Du sollst den Ger Mizri (Ägypter) nicht verachten: denn du wärest ein Fremdling in seinem Lande.
„Hieraus lernen wir die Pflicht kennen, dass wir „unseren Wohltätern nie undankbar begegnen sollen, sie seien, übrigens, wes Glaubens und Volks sie wollen. Wird uns dies, üder unser Verhalten gegen die Mizrim, die uns unterdrückt, verfolgt und feindselig behandelt haben, anbefohlen; um wie viel mehr sind wir verbunden, dankbar, gehorsam und liebevoll gegen diejenige Nation zu sein, die uns in ihre Länder aufgenommen, uns mit Bruderliebe behandelt, und so viel Gutes angedeihen lassen.“
„Bemerkt nur, meine Brüder! mit welcher Huld und Gnade der Kaiser, die Könige von Polen und Preußen, uns begegnen, wie sie uns die freie Ausübung unsers Gottesdienstes verstatten, uns erlauben, unsre Bücher drucken zu lassen, usw.“
„Aller Segen aus der Thora komme über das Haupt dieser weisen und frommen Fürsten, die uns in ihren Ländern so viel Gutes mit jedem andern gleich gemessen lassen! wir flehen zum Herrn für ihre Glückseligkeit, und ihr Lohn wird groß sein von unserm heiligen Vater. Der Thor, welcher glaubt, dass unser Gesetz uns erlaube, sie zu betrügen, und ihr Vermögen zu stehlen, ihren Fall zu befördern und ihnen zu fluchen, der ist ein irriger Sünder, und versündigt andere; ja, es kann nicht anders sein, als dass er von Amalek, dem Erzfeinde, herstamme, der immer Israel verfolgt hat, den Weg Gottes nicht kennet, und nicht einsiehet, dass er in allen seinen Wegen gerecht ist, und durch sein Gesetz sein heiliges Volk zur Tugend leitet, die uns gewiss solche Laster nicht gutheißen kann, unsern Nebenmenschen und Wohltätern Übels zu tun, usw.“


Zum Schluss heißt es so;

„Die Christen glauben, wie wir, das Dasein Gottes, die Erschaffung der Welt, Prophezeiung, Bestrafung und Belohnung. Diese sind fromme Gläubige, und wir sollen weder ihnen noch ihrem Habe was Schädliches zufügen: denn kein Gesetz kann diese unsere Feinde nennen.“

In einem andern Werke des Maimonides, welches eben da angeführt wird, heißt es:

„Den jetzigen Christen, die an den Weltschöpfern glauben, und bei denen es Sitte ist, das Gefundene an den Eigentümer wieder zugeben, sind wir verbunden, das Verlorene, wenn wir es finden, wieder einzuhändigen, vielmehr, dass wir schuldig sind, einen Irrtum anzuzeigen und den dadurch entstehenden Verlust zu erstatten.“

Und des Meiri Worte lauten:

„Ein jeder Mensch, der vernünftigen Gesetzen ergeben ist, eine Gottheit statuiert, sein Glaube sei, übrigens, auf welche Weise er wolle, und von dem unsrigen noch so fern, ist nicht unter die Acum (Götzendiener) zu zählen, sondern, vollkommen, als ein Israelit, zu behandeln, sowohl bei einer verlorenen Sache, als bei einem Irrtum, ohne irgend einen Unterschied.“

Sehr richtig bemerkt der Verfasser, dass, wenn es eine Zeit gegeben habe, in welcher die Juden es für kein Verbrechen gehalten haben möchten, sich den Irrtum eines Christen zu Nutzen zu machen, dies doch nur in der Zeit gewesen sei, in welcher die Christen selbst einander verfolgten; in einer Zeit, wo man die verschiedenen Kirchenparteien sich gegenseitig Ketzer nennen hörte, und wo jenes nichtswürdige haereticis nonhabenda fides, zur Tagesordnung gehörte. In der Tat aber waren die Juden aller Zeiten aufgeklärter, wie jene Christen es waren. Keinen zu erkaufenden, eine wirkliche Besserung entbehrlich machenden, Ablass kannten sie, keine, durch Geld zu bewirkende, also nur dem Reichen mögliche, Abkürzung der Strafe jenes Lebens. Nie haben sie einen Glauben gekannt, welcher die Tugend entbehrlich machte.