Über den Einfluss der den Juden in Spanien im Mittelalter bewilligten Vorrechte auf die Staatsverfassung und das öffentliche Wohl
Aus dem Dänischen des Herrn Etatsrats und Ritters Moldenhairer
In keinem christlichen Reiche hat die jüdische Nation seit ihrer Zerstreuung so ausgezeichnete Begünstigungen genossen, als in Spaniens fruchtbarsten Provinzen: sie wurden bis zu einer Höhe gesteigert, die ihnen in allen andern Ländern, selbst Polen und Galizien nicht ausgenommen, unerreichbar blieb: einer Höhe, die selbst die gedankenlosesten Verteidiger der bürgerlichen Rechte dieses Volks übertrieben finden mussten. Es ist die Absicht des Verfassers, den Einfluss, den sie auf die politische Verfassung des Landes und den Charakter der Einwohner hatte, zu zeigen und zugleich die Ursachen zu entwickeln, die die Vertreibung der Juden aus den spanischen Reichen zur Folge hatten.
Unter allen den verschiedenen Vorteilen, die Spanien ihnen anbot, war keins von größerer Wichtigkeit, als das ihnen durch die Landesgesetze bewilligte Recht, liegende Gründe zu besitzen und sich als Gutsbesitzer niederzulassen: obgleich sie bereits durch unbesonnenen Missbrauch ein wichtiges Vorrecht nach dem andern eingebüßt hatten, hatten sie doch dieses behalten; und sie blieben, ungeachtet verschiedener Einschränkungen, die die gesetzgebende Macht nach und nach nötig gefunden hatte, bis zu ihrer endlichen Vertreibung in ungestörtem Besitz desselben. Allein kein Jude befasste sich jemals mit der Bearbeitung dieser Güter: christliche Tagelöhner und maurische Sklaven besorgten den Anbau, ihren Händen wir jede Arbeit überlassen die körperliche Anstrengung erforderte. Handel in allen seinen mannigfaltigen Zweigen war das Geschäft, dem die Juden fast überall seit ihrer Zerstreuung ausschließend ihre Kräfte und Tätigkeit gewidmet hatten. Er allein war auch, wenn nicht der einzige, doch der vornehmste Erwerb für alle Juden in den spanischen Reichen. Die Wirkung war auch hier sichtbar dieselbe, die sich in allen Staaten als das unfehlbare Resultat ihrer Handelspolitik gezeigt hat. Selbst nicht geneigt zur Teilnahme an produktiver Nationalindustrie, schadeten sie derselben durch die Grundsätze, die sie in ihrem Handelsverkehr mit der produzierenden Volksklasse befolgten. Überall wo jenem bedenklichen Einfluss nicht durch passende Vorsichtsmaßregeln von Seiten des Staats vorgebeugt, oder seine schädlichen Folgen vermindert sind, hat die Erfahrung die Wahrheit bestätigt, dass die besten Säfte einem Lande allmählich dadurch entzogen wurden. Wie vielmehr musste dies der Fall in einem Zeitalter sein, das mit aller gesunden Handelspolitik unbekannt war, und in einem Reich, wo nach verheerenden Stürmen kaum der erste Keim des Kunstfleißes und nützlicher Gewerbe empor sprosste.
In Spanien war ungefähr jeder neunte Mensch ein Jude, und sein Geschäft war Handel. Die ganze Denkkraft eines jeden war auf die möglichst vorteilhafte Betreibung und Erweiterung desselben gerichtet, und dahin strebte das Zusammenwirken aller in einer innigen Verbindung, deren Festigkeit keine christliche Handelsgesellschaft bis jetzt zu erreichen vermochte. Der Geist, der die ganze jüdische Volksmasse belebte, die unerschütterliche Standhaftigkeit, womit sie ihren Lieblingsplan verfolgte, jeden Handelszweig in ein Monopol zu verwandeln, und eine Moral, die die Wahl der Mittel zur Erreichung jenes Zwecks so wenig einschränkte und die mannigfaltigen Kunstgriffe der Gewinnsucht rechtfertigte, setzten unter der Begünstigung äußerer Umstände die spanischen Juden in den Stand, die ganze Geldmasse des Reichs an sich zu ziehen. Indem diese sich einmal in ihren Händen befand, waren Anleihen bei ihnen die einzige Zuflucht, die den Christen bei vorkommenden Verlegenheiten übrig blieb. Hier war nun die beste Gelegenheit, Wucher in allen seinen mannigfaltigen und abscheulichen Gestalten zu treiben. Der Eigennutz machte davon einen Gebrauch, wobei die Mäßigung vergessen ward, die selbst, wo edle Gefühle schweigen, doch die Rücksicht auf die unausbleiblichen Folgen vorschreibt.
Auf den meisten spanischen Reichstagen des 13. und 14. Jahrhunderts erhoben die Prokuratoren der Städte beständig bittere Klagen über die Gewandtheit, womit die Juden sich zwischen Bürger und Bauern drängten, und beide unterdrückten: aber besonders über die Unbarmherzigkeit, wo, mit sie durch ihre Wucherkünste Land und Volk verheerten. Die Bestimmung dieser Abhandlung gestattet nicht, die Beschwerden aufzurechnen, die bei den Cortes des Reichs vor, gebracht wurden, oder die Reihe der dadurch veranlassten geschlichen Verfügungen durchzugehen. Jene waren dieselben, die nach der Erfahrung aller Länder und Zeiten unter einem ähnlichen Verhältnis zwischen christlichen und jüdischen Einwohnern statt gefunden haben; die letzten hatten das Schicksal, nicht befolgt zu werden, mit allen Gesetzen gemein, die früher oder später gegen das Wucherunwesen gegeben wurden, weil sie dieselben Mängel halten, und die Übertretung so leicht war. Weit entfernt mit Unparteilichkeit die gegenseitigen Rechte und Pflichten des Leihers und Verleihers zu bestimmen, oder billige Rücksicht auf die Verschiedenheit ihres gegenseitigen Verhältnisses zu nehmen, indem der eine Teil seinen Vorteil deutlich, der andere aber nur dunkel, oft in einer sehr bedenklichen Ferne sieht, verrät sich in der Abfassung dieser Gesetze sichtlich die Tendenz, den Schuldner zu begünstigen und nur den Kreditor ihre Strenge fühlen zu lassen.
Die spanischen Könige, unter deren besonderem Schutz die Juden als ihr persönliches Eigentum standen, ließen sich nickt ungeneigt finden, auch den Vorstellungen ihr Ohr zu leihen, die die Juden dem Klageruf über ihren Wucher entgegensetzten. Merkwürdig war besonders der Befehl Alfons XI. vom Jahr 1325, der auf das inständige Begehren der Juden alle die ersprießlichen Bullen außer Kraft setzte, wodurch die Prälaten und die Großen sich die Freiheit von der Verbindlichkeit zur Befriedigung ihrer jüdischen Gläubiger verschafft zu haben behaupteten. Aber oft stiegen die Klagen über sie bis zu einer Höhe die die Könige zu einer nachgiebigen, oft sehr willkürlichen Verfahrungsart zwang. So ward bisweilen durch einen Machtspruch der vierte, bisweilen der dritte Teil aller jüdischen Schuldforderungen aufgehoben, und zur Bezahlung des Restes wurden kurze Fristen festgesetzt, nach deren Ablauf sie ganz verfallen sein sollten. Bisweilen ward es den Christen kurz und gut verboten, von Juden zu leihen, und dagegen befohlen, im Handel und Wandel mit ihnen bar zu bezahlen. Natürlich wurden Befehle und Verbote dieser Art eben so schnell vergessen, als sie übereilt gegeben waren. Aber mit jenen Machtsprüchen war dies nicht der Fall, im Gegenteil dienten sie nur als Mittel das Übel zu vermehren das sie, wenn nicht heben, doch wenigstens vermindern sollten. Die jüdischen Kapitalisten rechneten unter solchen Umständen auf die Ohnmacht der Gesetze, dem unvermeidlichen Bedürfnis abzuhelfen und der Forderung der Leidenschaften Einhalt zu tun. Zog sich ein Ungewitter über ihre Häupter zusammen, so war ihre vereinigte Energie nur darauf gerichtet, künstliche Ableiter zu finden, woran keine Vorsicht ihrer Gegner gedacht hatte. Mit Standhaftigkeit trugen sie einen Verlust, der unvermeidlich geworden war, und trösteten sich mit der Hoffnung, durch günstige Wendung der Umstände vollkommenen Ersatz zu erhalten. Ohne jemals Widersetzlichkeit gegen die mit ihrem Handelsinteresse streitenden Gesetze zu äußern, waren sie unablässig darauf bedacht, sie mit List zu umgehen und so allmählich ihre Kraft zu vernichten. In solchen Bestrebungen ließen sie sich durch keine Schwierigkeit abschrecken, durch kein Hindernis ermüden, durch keine höhnische Abweisung beschämen oder durch unerträglich harte Erniedrigungen aus ihrer Fassung bringen.
Von dieser Verfahrungsart und ihrer Fertigkeit darin legten sie besonders die außerordentlichsten Beweise ab, wenn und so oft es darauf ankam zwei von ihren Privilegien zu retten, die ihnen ihre Gönner bei Hofe einmal verschafft hatten und deren Behauptung ihnen vor allem am Herzen lag. Das eine war die Hinlänglichkeit des Judeneides, um eine Schuldforderung vor den Gerichten gegen einen Christen zu beweisen. Das andere war das Recht, dass sie, wenn beweislich gestohlene Sachen bei ihnen gefunden wurden oder sie dergleichen einem Dritten verkauft hatten, die Person, von der das Gestohlene gekauft war, nicht anzeigen, kurz den Dieb verhehlen durften. Es gelang ihnen, trotz allen Vorstellungen von den Prokuratoren der Städte, das erste zu behaupten, und da das letzte durch eine Verordnung von Alfons dem Weisen eingeschränkt ward, so boten die Juden alle ersinnliche Künste und Mittel auf, um die Ausführung derselben zu verhindern, und sich dadurch fortdauernd im Besitz des Vorrechts zu erhalten, allen Dieben im Lande sichern Absatz zu schaffen und zugleich diesen Industriezweig zu befördern. Zum Beweise dienen die erneuerten und geschärften Verordnungen, die auf den Reichstagen von 1371, 1379, 1385 gegen dieses unsinnige Privilegium erlassen wurden.
Es bedarf keiner umständlichen Entwickelung, dass ein Verhältnis, wie das, das zwischen den jüdischen und christlichen Einwohnern im spanischen Reich statt fand, in seinen nähern und ferneren Folgen notwendig eine allgemeine Zerstörung und besonders eine immer zunehmende Verschlimmerung in der Denkungsart und den Sitten beider Teile nach sich ziehen musste. Aber dennoch bemerkt man nicht eine einzige Spur von irgend einer Veranstaltung, um dies Verhältnis von Grund aus zu verbessern, keine Spur von irgend einem kraftvollen Beschluss. Dagegen fehlt es in der spanischen Geschichte auch nicht an Beispielen, dass eben die oberste Macht, die nicht selten auf eine unüberlegte Art Gnadenbezeugungen gegen die Juden verschwendete, sie im Notfall wie einen Schwamm betrachtete, den man, nachdem er sich vollgesogen hatte, ohne Bedenken seines Überflusses entledigen könnte. Auch ward selbst von Spaniens preiswürdigstem Regenten von Zeit zu Zeit die im Mittelalter beliebte Praxis ausgeübt, die leere Staatskasse durch Plünderung der Juden zu füllen. Man wundert sich nicht, wenn ein Tyrann, wie Philipp der Schöne, der Münzen beschnitt und ärger als je ein Jude wucherte, mit kaltblütiger Unmenschlichkeit auch diese Operation ausführte, oder wenn Heinrich III. in England unter Androhung des Todes ihnen 8.000 Mark Silber abpresst, und als sie ihm die Unmöglichkeit vorstellten, nach so vielem neulich erlittenen Ungemach, die ganze ihnen aufgelegte Summe aufzubringen, sie an seinen Bruder Graf Richard verkauft, mit der Vollmacht, den Juden, denen er bloß die Haut abgezogen habe, die Eingeweide auszureißen; aber wenn selbst ein Alfons der Weise aus Verdruss über ihre Wucherkünste einen allgemeinen Arrest-Befehl gegen sie ergehen lässt und ihnen in Ketten die Verpflichtung abzwingt, ihm eine Zeitlang täglich 10.000 Maravedis zu bezahlen, so muss man die Politik jenes Zeitalters verabscheuen, die durch ihr eignes Beispiel die Vergehungen rechtfertigte, denen sie abhelfen wollte, und die Zahl und Größe derselben durch die Art, wie sie strafte, vermehrte.
Bisweilen überließ auch das aufgebrachte christliche Volk auf seine Weise sich dem Ausbruche der Rache. Wenn es lange genug unter der Misshandlung der jüdischen Raubsucht geseufzt hatte, so bedurfte es nur einer zufälligen Veranlassung, um den Hass und die Erbitterung zu einer Verfolgung zu entflammen, die von schrecklichen Grausamkeiten begleitet ward. Das Volk rottete sich zu Räubereien und Mordszenen zusammen, wo das Blut der Unschuldigen sich mit dem der Schuldigen mischte. Über Wuchervergehungen schrie der Pöbel in Navarra, als er im J. 1328 bloß in einer Stadt 10.000 Juden ermordete und ihre ausgeplünderten Häuser verbrannte. Noch fürchterlicher brach die Raserei des Volks im Jahre 1391 aus, da Feuer und Schwert die Judenquartiere in Barcelona und mehreren spanischen Städten zerstörten. Doch diese letzte Verfolgung, die in den Annalen der Juden mit blutigen Zügen bezeichnet ist, hatte eine noch nähere Veranlassung, zu deren Aufklärung sich hier der bequemste Übergang darbietet.
Von der Zeit, dass die Juden in Spanien durch päpstliche Bullen den Königen förmlich geschenkt waren, hatten sie bei diesen ihren leibeignen Untertanen eine ausgezeichnete Tätigkeit bemerkt, in drückenden Geldverlegenheiten eine über alle Erwartung schnelle und hinreichende Hilfe zu verschaffen. Je mehr diese nach Wünsch ausfiel, je mehr sie das Ansehen dienstfertiger Aufopferung hatte, desto leichter ward die Aufmerksamkeit von dem unverhältnismäßigen Vorteil abgezogen, den die Ausleiher ihrerseits zur Absicht hatten oder sich zur Entschädigung ausdrücklich ausbedungen. Auch war es ihrer Gewandtheit nicht schwer, sie in einen Schatten zu stellen, wo sie dem ungeübten Auge beinahe unkenntlich ward. So bahnten sie sich den Weg zu allen Ober- und Unterämtern bei der Schatzkammer. Die Erhebung und Verwaltung der Staatseinkünfte im Großen wie im Kleinen kam ausschließend in ihre Hände. Sie waren die Finanziers des Reichs in der ganzen Bedeutung die das Mittelalter mit dieser verhassten Benennung verband. Die Könige waren ihrerseits froh, dass dem Mangel an barem Gelde in ihren Kassen abgeholfen ward und sie die, selben durch die jüdischen Operationen gefüllt erblickten, ohne ihre verderblichen Folgen für die Industrie und die produzierende Bürgerklasse zu ahnen oder sich darum zu bekümmern. Ihre Bedürfnisse waren befriedigt, und doch ward der Hass, den in jenen Zeiten die Erfindung neuer Auflagen in den Gemütern erweckte, von der Person des Regenten auf die Werkzeuge gewälzt, deren er sich zu neuen Aussaugungen bediente. Diese waren nach ihrer Denkungsart weit entfernt, sich in ihrem Fortgange durch Äußerungen der Erbitterung oder durch Geschrei über die Unterdrückung stören zu lassen. So unerbittlich die Strenge war, womit sie die Schätzungen und Abgaben von den christlichen Staatsbürgern, besonders der armen Klasse beitrieben, so auffallend parteiisch war die Begünstigung und Sanftmut, die sie gegen ihre Glaubensgenossen bewiesen. Über beides wurden die bittersten Klagen geführt, und dass sie nicht unbegründet oder übertrieben waren, daran wird Niemand zweifeln, der den durch religiösen Separatismus gebildeten Charakter dieses Volks, die Stärke seiner gesellschaftlichen Vereinigung und die engeren Grenzen kennt, worin sein Gemeingeist beschränkt wird.
Das Beispiel der Könige, die Juden zu ihren Generalpächtern und Finanzministern beriefen, ward noch allgemein schädlicher durch die häufige Nachfolge, die es der dem reichen und mächtigen Adel des Landes fand. Gelockt durch den ausgezeichneten Zuwachs in seinen Einkünften, womit die verführerischsten Anerbietungen ihm schmeichelten, geblendet durch die Aussicht, sie ohne die geringste Beschwerde in einer gesammelten Summe heben zu können, überließ er den Juden die Erhebung seiner sämtlichen herrschaftlichen Einkünfte, und sie wurden auch die Haushofmeister und Pächter der Großen und Reichen. Hier öffnete sich ein weites Feld für sie zu Spekulationskünsten, deren Folgen hier und überall, wo sie Eingang fanden, die Verarmung und der gänzliche Untergang des Landmannes waren. So hartnäckigen Widerstand die jüdischen Finanzbedienten bei den Einwohnern der Städte fanden, so leicht war es den jüdischen Pächtern, sich das Vertrauen des treuherzigen Bauern zu erschleichen. Sie selbst oder einer ihrer Unterhändler sorgte zuvorkommend für alles, was dieser zur Notdurft oder zum Genuss des Lebens bedurfte. In Verlegenheit war der Jude sein Ratgeber, in jeder Not sein Retter, selbst in Krankheitsfällen sein Arzt. Zu berechnen, was diese treuen Dienste kosteten, fiel dem ehrlichen Landmann nie ein, bis sein jüdischer Freund ihm endlich sein Schuldregister vorlegte, und ihm dann zur Abbezahlung desselben nichts weiter übrig ließ, als Arme und Beine, um Sklavendienste zu tun. Zuletzt machte nun auch der betörte Gutsbesitzer die unerwartete Entdeckung, dass die hohe Pachtsumme, die er erhoben hatte, nicht aus den reinen Einkünften und dem aus denselben gewonnenen Überschuss herausgebracht war, sondern dass das Hauptingredienz in dem seinen Untertanen listig abgenommenen Vermögen bestand, dass er bloß den geringsten Teil des Raubes mit seinem Pächter geteilt habe, und nun, nach dem Verlauf der Pachtjahre, das Mark des Landmanns verzehrt, und nichts weiter als der dürre Leichnam übrig war. Solche stets zunehmende Entdeckungen hatten die Folge, dass jetzt auch der mächtige Adel seine Stimme mit den bitteren Klagen der Städte und Prälaten über die Habsucht und die Härte der jüdischen Einnehmer und Pächter vereinigte, und alle jetzt auf den Reichstagen vereint ihre Kräfte aufboten, um die Juden durch ein förmliches Dekret von aller Einmischung in die Finanzen des Staats, von aller Erhebung und Verwaltung der öffentlichen Gelder und von allem weiteren Anteil an Pachtkontrakten auszuschließen. Freilich ließen diese es auch hier nicht an manchen fein eingeleiteten und planmäßig fortgesetzten Versuchen fehlen, um solche ihnen so unangenehme Beschlüsse kraftlos zu machen; aber sie wurden immer mehr geschärft, und da selbst diese Strenge nicht abschreckend genug war, fügte man im Jahr 1412 die Drohung unausbleiblicher Landesverweisung und des Verlustes des Eigentums hinzu, und so ward mit dauerndem Erfolg dem weiteren Fortgang eines verderblichen Übels Grenzen gesetzt.
Mit den bis jetzt entwickelten Ursachen zum allgemeinen Hass gegen die Juden vereinigten sich nun auch die, deren Quelle religiöse Antipathie war. Nachdem die Bettelmönche und besonders der Predigerorden, der die Belehrung irrender und ungläubiger Seelen für die erste seiner Pflichten ansehen musste, im spanischen Reiche Wurzel gefasst hatten, so musste es für sie der größte Gräuel sehn, ein Volk, das nach ihren Begriffen nur als ein denkwürdiges Beispiel des göttlichen Zorns auf Erden umhergehen sollte, von den Regenten beschützt und begünstigt und im stolzen Besitz der Mittel zu sehn, wodurch die christlichen Einwohner ihnen zinsbar und ganz abhängig von ihnen geworden waren. Als ihre geschworenen Feinde zeigten sie sich jetzt unablässig tätig, um der bereits hochgestiegenen Erbitterung gegen die Juden neue Nahrung zu geben. Die Mittel, deren sie sich in dieser Hinsicht bedienten, waren dieselben, deren außerordentliche Wirkung ihre Ordensbrüder in den benachbarten Reichen erfahren hatten. Jedes Unglück, womit Dörfer und Äcker, Menschen und Vieh heimgesucht wurden, ward als ein untrügliches Zeichen des göttlichen Zorns über die Vergehungen der Juden erklärt. Um das Maß derselben zu füllen und den Eifer der Christen zur Versöhnung dieser Verbrechen zu entflammen, erfand man die giftigsten Beschuldigungen und verbreitete sie mit erwünschten, Erfolg. Bald hatten die Juden ein Kruzifix gepeitscht, bald eine gestohlene oder durch Bestechung erkaufte Hostie entheiligt, trotz den Wundern, wodurch sie sich vor ihren Augen verherrlichte: bald hatten sie christliche Kinder gekreuzigt, bald Quellen, Brunnen, ja selbst Flüsse vergiftet. Je schwärzer der erhitze Verfolgungsgeist dichtete, desto gewisser konnte er sein, sein Ziel zu erreichen. Es flossen Ströme von Blut, um die Vergehungen der Feinde des Kreuzes zu rächen. Der Anfang und die Mitte des 16. Jahrhunderts, das die Juden so manches wichtigen Vorrechts beraubte und durch unzweideutige Warnungen die Nähe des Ungewitters verkündigte, das sie zerschmettern sollte übertraf auch alle vorhergehende an Fruchtbarkeit neuer Erfindungen, um den Groll des Volks gegen sie zu bewaffnen.
Da die dabei vorfallenden blutigen Auftritte bald hier, bald dort erneuert wurden, so fielen verschiedene, von gleicher Gefahr bedrohte Juden auf den unglücklichen Ausweg, ihr und ihrer Familien Leben und Eigentum durch ein verstelltes Spiel mit den Zeremonien der Christen zu sichern. In Augenblicken, wo sie nur die Wahl hatten zwischen Tod und Taufe, schwankte ihr Entschluss nur selten. Indem sie sich zur Taufe bequemten, beruhigten sie ihr Gewissen durch den verstärkten Vorsatz, den scheinbaren Abfall durch eine festere innere Treue gegen das Gesetz ihrer Väter auszusöhnen. Ihre Nachgiebigkeit gegen diesen grausamen Zwang ward ihnen nicht wenig durch die ihnen eigne Denkungsart erleichtert, der zu Folge alles, was ein Jude außerhalb dem Kreise seiner Nation tut oder leidet, ihm eben so wenig zur Schande als zur Ehre gereicht, und er schüttelt jede noch so erniedrigende Misshandlung, die eine äußere Macht gegen ihn ausübt, mit derselben Leichtigkeit ab, als der Sklave den Übermut seines Despoten erträgt.
Über die gewaltsamen Bekehrungsarten, die die Bettelmönche mit der größten Tätigkeit anwandten, wurden auch von Zeit zu Zeit die mildern Mittel der Überredung versucht. Es traten aus ihrem Orden Männer auf, die den jüdischen Irrtum bekämpften und mit unermüdetem Eifer sich der Bekehrung der Juden aufopferten. Einer von ihnen, Dom Vincente Ferres glänzte am Ende des i4ten und im Anfang des 15. Jahrhunderts in diesem Beruf als ein Wundertäter, weit und breit verehrte man ihn als einen von den Toten auferstandenen Apostel. Mit dem Kreuz in der Hand durchwanderte er einen großen Teil Europas und setzte überall durch die heilige Begeisterung, womit er sprach und handelte, die Herzen in Flammen. In Aragonien Valencia, Murcia, Kastilien, begegneten ihm ganze Scharen von Juden, um die ein christlicher Volkshaufe einen feierlichen Kreis geschlossen hatte und die mit Reue und Tränen die Taufe von seinen Händen erflehten. 35.000 von ihnen wurden mit der Taufe begnadigt, mehrere Synagogen wurden in Kirchen und viele Judendistrikte in christliche Gemeinden verwandelt. Zugleich nebst solchen Glaubenspredigten wurden öffentlich Religionsdisputationen gehalten, um den Sieg der Wahrheit über jüdische Einwendungen und Zweifel zu vollenden. Der damals in Spanien anwesende Benedict XIII. nahm selbst einen tätigen Teil daran, um durch ein ausgezeichnetes Verdienst um die Kirche seiner schwankenden Krone eine Stärke zu verschaffen, deren sie sehr bedurfte. Wer nicht überzeugt werden konnte, oder wie man es auslegte, sich nicht überzeugen lassen wollte, bei dem wurden, die kräftigeren Mittel angewandt, um den hartnäckigen Unglauben zu beugen.
Bald bestätigte die Erfahrung die oft gemachte Bemerkung, dass die Menge der Proselyten, die so eifrig in den Schoß der Kirche aufgenommen wurden, ihr weit gefährlicher waren, als alle ihre offenbaren Widersacher und Ketzer zusammen. Bei einigen, die durch Überredungskünste zur Bekehrung gelockt waren, verschwand ihre Wirkung so schnell als sie hervorgebracht war. Bald trat das ruhige Nachdenken ein, was für ausgezeichnete Rechte und Vorzüge sie durch ihren Abfall von dem Volke Gottes verloren hatten. In anderen, die Leichtsinn oder Eigennutz zur Treulosigkeit gegen das Gesetz ihrer Väter verleitet hatte, erweckten die Vorwürfe ihrer standhafter Glaubensgenossen Gewissensbisse, und während sie sich wieder in den Besitz ihrer Rechte setzten, ward bei diesen wie bei jenen die Stimmung gegen das Christentum und seine Bekenner noch feindlicher, als sie je zuvor gewesen war. Nicht wenige, die in ihrer gefährlichen Lage überwiegende Gründe fanden, ein Scheinbekenntnis einer öffentlichen Entsagung vorzuziehen, rächten sich durch heimlichen Spott über den christlichen Glauben, und einen Hohn, dessen zufällige Entdeckung die Priester und Mönche mit glühendem Eifer erfüllen musste. In Kirchen und Prozessionen stellten sie sich als andächtige Christen, in ihren Häusern und Synagogen waren sie wie in ihren Herzen jüdische Zeloten. Dort fielen sie nieder vor dem Kruzifix und der geweihten Hostie; hier drückten sie ihre Ehrfurcht vor der Tora und dem Talmud durch zügellose Verhöhnungen über den Glauben und die kirchlichen Gebräuche der Christen aus. Noch mehr, sie vereinigten mit niedriger Verstellung den Plan zu einer boshaften Rache. Sie benutzten ihre älteren Verbindungen mit christlichen Familien und selbst ihr häusliches und freundschaftliches Verhältnis, um durch heimliche Verführung einer Christenseele die ihnen so verhasste Bekehrungssucht zu vergelten. Einzelne Versuche glückten und ihr günstiger Erfolg ermunterte zu Unternehmungen von weiterem Umfang. So entstand in dem spanischen Reiche eine im tiefsten Dunkel sich ausbreitende neue Sekte von judaisierenden Christen, deren Vermischung der Zeremonien jedem echten Katholiken zu ungleich größerem Ärgernis gereichen musste als selbst die Abgötterei der Heiden. Sein Abscheu musste den höchsten Grad erreichen, als jetzt die Entdeckung ans Licht kam, dass Juden unter christlichen Masken sich in Gerichte, Schulen und Klöster eingeschlichen hatten, und dass mancher, der am Sabbath das Gesetz Moses erklärte, am Sonntage im Messornat auftrat und das Sakrament des Altars entheiligte. Jeder, in dessen Adern noch reines christliches Blut floss, seufzte nach endlicher Erlösung des Reichs von den unversöhnlichen Feinden des christlichen Namens.
In dieser Lage befanden sich die Angelegenheiten des Glaubens in Spanien, als Ferdinand und Isabelle das Ruder der vereinigten Reiche ergriffen. Sobald es ihnen geglückt war, die wilde Anarchie zu bekämpfen, die tiefgesunkene Macht des Throns zu heben und seine Mündigkeit zu verstärken, richteten sie ihren aufmerksamen Blick auf die Gefahren, die der Kirche drohten; und Ferdinand de Talavera, einst Klosterbruder, jetzt Isabellens allmächtiger Gewissensrat, versäumte nicht, ihren Eifer durch Aussichten auf den Beifall und die reichen Belohnungen des Himmels anzuspornen. Schon die ersten Veranstaltungen der neuen Regierung in Hinsicht auf die Juden verrieten heimliche Pläne, die ihren Untergang beabsichtigten. Nicht lange blieb der harte Schlag aus, der sie durch das Edikt traf, das allen Umgang zwischen Christen und Juden aufs strengste verbot. Dies ward 1480 ein Hauptgegenstand für die Beratschlagungen aus dem Reichstag in Toledo, und sie hatten das feierliche Dekret zu Folge, dass die Juden in allen Dörfern und Städten in Spanien ihre Wohnung in besonderen Quartieren nehmen und sich alles Umgangs mit Christen, es möchte sein unter welchem Namen und Vorwand es wollte, enthalten, und die Obrigkeiten mit der strengsten Sorgfalt über die unabweichliche Befolgung dieses Gesetzes wachen sollten. Sobald die neugeschaffene Inquisition, von allen ihren eigentümlichen Schrecken umgeben, in Tätigkeit gesetzt war, warb es fast unmöglich in irgend einem Übertretungsfall ihrer Entdeckung zu entgehen. Nichts vermochte sich ihrem weitumschauenden Scharfsinn zu entziehen. Sie horchte auf die Geheimnisse der Familien und auf die vertraulichen Mitteilungen von Freunden. Selbst verdächtige Winke und Änderungen wurden in heimlichen Registern angemerkt, um auf die bestimmten Aufschlüsse der Zukunft zu warten, und die Übertreter aus dem verborgensten Schlupfwinkel hervorzuziehen. Gleich ihre erste Verfahrungsart, die Vorladung aller derjenigen, die sich der Ketzerei oder des Abfalls vom christlichen Glaubensbekenntnis schuldig fühlten, die Aufforderung, frei, willig und ohne den geringsten Verzug ihr Vergehen anzugeben; das bußfertige Auftreten von mehr als 15.000 Sündern, die sich der Gnadenfrist zu ihrer Befreiung versichern wollten, brachte eine solche Menge von religiösen Verbrechen der Juden aus ihrem Dunkel hervor, dass in einem Zeitraum von wenigen Jahren 2.000 Scheiterhaufen flammten. Die auf diese Art gemachten Entdeckungen boten einen Vorwand dar, mit dem entscheidenden Schlag zu eilen. Unter dem 31. März 1492 erschien das Verweisungsedikt, als ein ewiges Grundgesetz für alle zur spanischen Monarchie gehörige Staaten sanktioniert. Sehr ausführlich und nicht ohne merkliche Seitenblicke auf die Einwendungen und Schwierigkeiten, die einige der angesehensten Mitglieder der königlichen Staatsrats gegen diesen mit unabsehlichen Folgen begleiteten Beschluss gemacht hatten, legten Ferdinand und Isabelle die Gründe dar, die, nachdem ihre Langmut im Ertragen und Verzeihen erschöpft war, unwiderruflich ihren Vorsatz bestimmt hatten, ihr Reich von jüdischen Irrtümern zu reinigen. Mit dem Befehl an die Juden, unter Todesstrafe und Verlust ihres Eigentums die spanischen Lande binnen 3 Monaten zu räumen, folgte das Versprechen, dass ein besonderer königlicher Schutz bis zu ihrem Fortgang ihre Personen und ihr Eigentum gegen jede Gewalttätigkeit sichern sollte. Mit Ausnahme von Edelsteinen, Gold und Silber, deren Ausführung aufs strengste verboten ward, wurde ihnen erlaubt, die durch den Verkauf ihrer liegenden Gründe und Mobilien herausgebrachte Summe in Waren oder Wechselbriefen mit zu nehmen. Aber in der Ausführung der königlichen Befehle wird die unedle Triebfeder sichtbar, die zu Ferdinands und Isabellens gottesfürchtigen Maximen mitwirkte. Unter ihren Augen wurden die schändlichsten Räubereien ohne das geringste Hindernis oder Einschränkung von Seiten der Obrigkeit ausgeübt. Im Juli 1492 brach eine wehrlose Schar von 160.000 Familien auf, um sich mit den Überbleibseln ihres Wohlstandes nach fernen Ländern zu retten. Eine zahlreiche Menge fand ihren Tod auf der Flucht und in ihr das Ende der Qualen, denen die Vertriebenen besonders in Afrika und Portugal entgegeneilten.
In keinem christlichen Reiche hat die jüdische Nation seit ihrer Zerstreuung so ausgezeichnete Begünstigungen genossen, als in Spaniens fruchtbarsten Provinzen: sie wurden bis zu einer Höhe gesteigert, die ihnen in allen andern Ländern, selbst Polen und Galizien nicht ausgenommen, unerreichbar blieb: einer Höhe, die selbst die gedankenlosesten Verteidiger der bürgerlichen Rechte dieses Volks übertrieben finden mussten. Es ist die Absicht des Verfassers, den Einfluss, den sie auf die politische Verfassung des Landes und den Charakter der Einwohner hatte, zu zeigen und zugleich die Ursachen zu entwickeln, die die Vertreibung der Juden aus den spanischen Reichen zur Folge hatten.
Unter allen den verschiedenen Vorteilen, die Spanien ihnen anbot, war keins von größerer Wichtigkeit, als das ihnen durch die Landesgesetze bewilligte Recht, liegende Gründe zu besitzen und sich als Gutsbesitzer niederzulassen: obgleich sie bereits durch unbesonnenen Missbrauch ein wichtiges Vorrecht nach dem andern eingebüßt hatten, hatten sie doch dieses behalten; und sie blieben, ungeachtet verschiedener Einschränkungen, die die gesetzgebende Macht nach und nach nötig gefunden hatte, bis zu ihrer endlichen Vertreibung in ungestörtem Besitz desselben. Allein kein Jude befasste sich jemals mit der Bearbeitung dieser Güter: christliche Tagelöhner und maurische Sklaven besorgten den Anbau, ihren Händen wir jede Arbeit überlassen die körperliche Anstrengung erforderte. Handel in allen seinen mannigfaltigen Zweigen war das Geschäft, dem die Juden fast überall seit ihrer Zerstreuung ausschließend ihre Kräfte und Tätigkeit gewidmet hatten. Er allein war auch, wenn nicht der einzige, doch der vornehmste Erwerb für alle Juden in den spanischen Reichen. Die Wirkung war auch hier sichtbar dieselbe, die sich in allen Staaten als das unfehlbare Resultat ihrer Handelspolitik gezeigt hat. Selbst nicht geneigt zur Teilnahme an produktiver Nationalindustrie, schadeten sie derselben durch die Grundsätze, die sie in ihrem Handelsverkehr mit der produzierenden Volksklasse befolgten. Überall wo jenem bedenklichen Einfluss nicht durch passende Vorsichtsmaßregeln von Seiten des Staats vorgebeugt, oder seine schädlichen Folgen vermindert sind, hat die Erfahrung die Wahrheit bestätigt, dass die besten Säfte einem Lande allmählich dadurch entzogen wurden. Wie vielmehr musste dies der Fall in einem Zeitalter sein, das mit aller gesunden Handelspolitik unbekannt war, und in einem Reich, wo nach verheerenden Stürmen kaum der erste Keim des Kunstfleißes und nützlicher Gewerbe empor sprosste.
In Spanien war ungefähr jeder neunte Mensch ein Jude, und sein Geschäft war Handel. Die ganze Denkkraft eines jeden war auf die möglichst vorteilhafte Betreibung und Erweiterung desselben gerichtet, und dahin strebte das Zusammenwirken aller in einer innigen Verbindung, deren Festigkeit keine christliche Handelsgesellschaft bis jetzt zu erreichen vermochte. Der Geist, der die ganze jüdische Volksmasse belebte, die unerschütterliche Standhaftigkeit, womit sie ihren Lieblingsplan verfolgte, jeden Handelszweig in ein Monopol zu verwandeln, und eine Moral, die die Wahl der Mittel zur Erreichung jenes Zwecks so wenig einschränkte und die mannigfaltigen Kunstgriffe der Gewinnsucht rechtfertigte, setzten unter der Begünstigung äußerer Umstände die spanischen Juden in den Stand, die ganze Geldmasse des Reichs an sich zu ziehen. Indem diese sich einmal in ihren Händen befand, waren Anleihen bei ihnen die einzige Zuflucht, die den Christen bei vorkommenden Verlegenheiten übrig blieb. Hier war nun die beste Gelegenheit, Wucher in allen seinen mannigfaltigen und abscheulichen Gestalten zu treiben. Der Eigennutz machte davon einen Gebrauch, wobei die Mäßigung vergessen ward, die selbst, wo edle Gefühle schweigen, doch die Rücksicht auf die unausbleiblichen Folgen vorschreibt.
Auf den meisten spanischen Reichstagen des 13. und 14. Jahrhunderts erhoben die Prokuratoren der Städte beständig bittere Klagen über die Gewandtheit, womit die Juden sich zwischen Bürger und Bauern drängten, und beide unterdrückten: aber besonders über die Unbarmherzigkeit, wo, mit sie durch ihre Wucherkünste Land und Volk verheerten. Die Bestimmung dieser Abhandlung gestattet nicht, die Beschwerden aufzurechnen, die bei den Cortes des Reichs vor, gebracht wurden, oder die Reihe der dadurch veranlassten geschlichen Verfügungen durchzugehen. Jene waren dieselben, die nach der Erfahrung aller Länder und Zeiten unter einem ähnlichen Verhältnis zwischen christlichen und jüdischen Einwohnern statt gefunden haben; die letzten hatten das Schicksal, nicht befolgt zu werden, mit allen Gesetzen gemein, die früher oder später gegen das Wucherunwesen gegeben wurden, weil sie dieselben Mängel halten, und die Übertretung so leicht war. Weit entfernt mit Unparteilichkeit die gegenseitigen Rechte und Pflichten des Leihers und Verleihers zu bestimmen, oder billige Rücksicht auf die Verschiedenheit ihres gegenseitigen Verhältnisses zu nehmen, indem der eine Teil seinen Vorteil deutlich, der andere aber nur dunkel, oft in einer sehr bedenklichen Ferne sieht, verrät sich in der Abfassung dieser Gesetze sichtlich die Tendenz, den Schuldner zu begünstigen und nur den Kreditor ihre Strenge fühlen zu lassen.
Die spanischen Könige, unter deren besonderem Schutz die Juden als ihr persönliches Eigentum standen, ließen sich nickt ungeneigt finden, auch den Vorstellungen ihr Ohr zu leihen, die die Juden dem Klageruf über ihren Wucher entgegensetzten. Merkwürdig war besonders der Befehl Alfons XI. vom Jahr 1325, der auf das inständige Begehren der Juden alle die ersprießlichen Bullen außer Kraft setzte, wodurch die Prälaten und die Großen sich die Freiheit von der Verbindlichkeit zur Befriedigung ihrer jüdischen Gläubiger verschafft zu haben behaupteten. Aber oft stiegen die Klagen über sie bis zu einer Höhe die die Könige zu einer nachgiebigen, oft sehr willkürlichen Verfahrungsart zwang. So ward bisweilen durch einen Machtspruch der vierte, bisweilen der dritte Teil aller jüdischen Schuldforderungen aufgehoben, und zur Bezahlung des Restes wurden kurze Fristen festgesetzt, nach deren Ablauf sie ganz verfallen sein sollten. Bisweilen ward es den Christen kurz und gut verboten, von Juden zu leihen, und dagegen befohlen, im Handel und Wandel mit ihnen bar zu bezahlen. Natürlich wurden Befehle und Verbote dieser Art eben so schnell vergessen, als sie übereilt gegeben waren. Aber mit jenen Machtsprüchen war dies nicht der Fall, im Gegenteil dienten sie nur als Mittel das Übel zu vermehren das sie, wenn nicht heben, doch wenigstens vermindern sollten. Die jüdischen Kapitalisten rechneten unter solchen Umständen auf die Ohnmacht der Gesetze, dem unvermeidlichen Bedürfnis abzuhelfen und der Forderung der Leidenschaften Einhalt zu tun. Zog sich ein Ungewitter über ihre Häupter zusammen, so war ihre vereinigte Energie nur darauf gerichtet, künstliche Ableiter zu finden, woran keine Vorsicht ihrer Gegner gedacht hatte. Mit Standhaftigkeit trugen sie einen Verlust, der unvermeidlich geworden war, und trösteten sich mit der Hoffnung, durch günstige Wendung der Umstände vollkommenen Ersatz zu erhalten. Ohne jemals Widersetzlichkeit gegen die mit ihrem Handelsinteresse streitenden Gesetze zu äußern, waren sie unablässig darauf bedacht, sie mit List zu umgehen und so allmählich ihre Kraft zu vernichten. In solchen Bestrebungen ließen sie sich durch keine Schwierigkeit abschrecken, durch kein Hindernis ermüden, durch keine höhnische Abweisung beschämen oder durch unerträglich harte Erniedrigungen aus ihrer Fassung bringen.
Von dieser Verfahrungsart und ihrer Fertigkeit darin legten sie besonders die außerordentlichsten Beweise ab, wenn und so oft es darauf ankam zwei von ihren Privilegien zu retten, die ihnen ihre Gönner bei Hofe einmal verschafft hatten und deren Behauptung ihnen vor allem am Herzen lag. Das eine war die Hinlänglichkeit des Judeneides, um eine Schuldforderung vor den Gerichten gegen einen Christen zu beweisen. Das andere war das Recht, dass sie, wenn beweislich gestohlene Sachen bei ihnen gefunden wurden oder sie dergleichen einem Dritten verkauft hatten, die Person, von der das Gestohlene gekauft war, nicht anzeigen, kurz den Dieb verhehlen durften. Es gelang ihnen, trotz allen Vorstellungen von den Prokuratoren der Städte, das erste zu behaupten, und da das letzte durch eine Verordnung von Alfons dem Weisen eingeschränkt ward, so boten die Juden alle ersinnliche Künste und Mittel auf, um die Ausführung derselben zu verhindern, und sich dadurch fortdauernd im Besitz des Vorrechts zu erhalten, allen Dieben im Lande sichern Absatz zu schaffen und zugleich diesen Industriezweig zu befördern. Zum Beweise dienen die erneuerten und geschärften Verordnungen, die auf den Reichstagen von 1371, 1379, 1385 gegen dieses unsinnige Privilegium erlassen wurden.
Es bedarf keiner umständlichen Entwickelung, dass ein Verhältnis, wie das, das zwischen den jüdischen und christlichen Einwohnern im spanischen Reich statt fand, in seinen nähern und ferneren Folgen notwendig eine allgemeine Zerstörung und besonders eine immer zunehmende Verschlimmerung in der Denkungsart und den Sitten beider Teile nach sich ziehen musste. Aber dennoch bemerkt man nicht eine einzige Spur von irgend einer Veranstaltung, um dies Verhältnis von Grund aus zu verbessern, keine Spur von irgend einem kraftvollen Beschluss. Dagegen fehlt es in der spanischen Geschichte auch nicht an Beispielen, dass eben die oberste Macht, die nicht selten auf eine unüberlegte Art Gnadenbezeugungen gegen die Juden verschwendete, sie im Notfall wie einen Schwamm betrachtete, den man, nachdem er sich vollgesogen hatte, ohne Bedenken seines Überflusses entledigen könnte. Auch ward selbst von Spaniens preiswürdigstem Regenten von Zeit zu Zeit die im Mittelalter beliebte Praxis ausgeübt, die leere Staatskasse durch Plünderung der Juden zu füllen. Man wundert sich nicht, wenn ein Tyrann, wie Philipp der Schöne, der Münzen beschnitt und ärger als je ein Jude wucherte, mit kaltblütiger Unmenschlichkeit auch diese Operation ausführte, oder wenn Heinrich III. in England unter Androhung des Todes ihnen 8.000 Mark Silber abpresst, und als sie ihm die Unmöglichkeit vorstellten, nach so vielem neulich erlittenen Ungemach, die ganze ihnen aufgelegte Summe aufzubringen, sie an seinen Bruder Graf Richard verkauft, mit der Vollmacht, den Juden, denen er bloß die Haut abgezogen habe, die Eingeweide auszureißen; aber wenn selbst ein Alfons der Weise aus Verdruss über ihre Wucherkünste einen allgemeinen Arrest-Befehl gegen sie ergehen lässt und ihnen in Ketten die Verpflichtung abzwingt, ihm eine Zeitlang täglich 10.000 Maravedis zu bezahlen, so muss man die Politik jenes Zeitalters verabscheuen, die durch ihr eignes Beispiel die Vergehungen rechtfertigte, denen sie abhelfen wollte, und die Zahl und Größe derselben durch die Art, wie sie strafte, vermehrte.
Bisweilen überließ auch das aufgebrachte christliche Volk auf seine Weise sich dem Ausbruche der Rache. Wenn es lange genug unter der Misshandlung der jüdischen Raubsucht geseufzt hatte, so bedurfte es nur einer zufälligen Veranlassung, um den Hass und die Erbitterung zu einer Verfolgung zu entflammen, die von schrecklichen Grausamkeiten begleitet ward. Das Volk rottete sich zu Räubereien und Mordszenen zusammen, wo das Blut der Unschuldigen sich mit dem der Schuldigen mischte. Über Wuchervergehungen schrie der Pöbel in Navarra, als er im J. 1328 bloß in einer Stadt 10.000 Juden ermordete und ihre ausgeplünderten Häuser verbrannte. Noch fürchterlicher brach die Raserei des Volks im Jahre 1391 aus, da Feuer und Schwert die Judenquartiere in Barcelona und mehreren spanischen Städten zerstörten. Doch diese letzte Verfolgung, die in den Annalen der Juden mit blutigen Zügen bezeichnet ist, hatte eine noch nähere Veranlassung, zu deren Aufklärung sich hier der bequemste Übergang darbietet.
Von der Zeit, dass die Juden in Spanien durch päpstliche Bullen den Königen förmlich geschenkt waren, hatten sie bei diesen ihren leibeignen Untertanen eine ausgezeichnete Tätigkeit bemerkt, in drückenden Geldverlegenheiten eine über alle Erwartung schnelle und hinreichende Hilfe zu verschaffen. Je mehr diese nach Wünsch ausfiel, je mehr sie das Ansehen dienstfertiger Aufopferung hatte, desto leichter ward die Aufmerksamkeit von dem unverhältnismäßigen Vorteil abgezogen, den die Ausleiher ihrerseits zur Absicht hatten oder sich zur Entschädigung ausdrücklich ausbedungen. Auch war es ihrer Gewandtheit nicht schwer, sie in einen Schatten zu stellen, wo sie dem ungeübten Auge beinahe unkenntlich ward. So bahnten sie sich den Weg zu allen Ober- und Unterämtern bei der Schatzkammer. Die Erhebung und Verwaltung der Staatseinkünfte im Großen wie im Kleinen kam ausschließend in ihre Hände. Sie waren die Finanziers des Reichs in der ganzen Bedeutung die das Mittelalter mit dieser verhassten Benennung verband. Die Könige waren ihrerseits froh, dass dem Mangel an barem Gelde in ihren Kassen abgeholfen ward und sie die, selben durch die jüdischen Operationen gefüllt erblickten, ohne ihre verderblichen Folgen für die Industrie und die produzierende Bürgerklasse zu ahnen oder sich darum zu bekümmern. Ihre Bedürfnisse waren befriedigt, und doch ward der Hass, den in jenen Zeiten die Erfindung neuer Auflagen in den Gemütern erweckte, von der Person des Regenten auf die Werkzeuge gewälzt, deren er sich zu neuen Aussaugungen bediente. Diese waren nach ihrer Denkungsart weit entfernt, sich in ihrem Fortgange durch Äußerungen der Erbitterung oder durch Geschrei über die Unterdrückung stören zu lassen. So unerbittlich die Strenge war, womit sie die Schätzungen und Abgaben von den christlichen Staatsbürgern, besonders der armen Klasse beitrieben, so auffallend parteiisch war die Begünstigung und Sanftmut, die sie gegen ihre Glaubensgenossen bewiesen. Über beides wurden die bittersten Klagen geführt, und dass sie nicht unbegründet oder übertrieben waren, daran wird Niemand zweifeln, der den durch religiösen Separatismus gebildeten Charakter dieses Volks, die Stärke seiner gesellschaftlichen Vereinigung und die engeren Grenzen kennt, worin sein Gemeingeist beschränkt wird.
Das Beispiel der Könige, die Juden zu ihren Generalpächtern und Finanzministern beriefen, ward noch allgemein schädlicher durch die häufige Nachfolge, die es der dem reichen und mächtigen Adel des Landes fand. Gelockt durch den ausgezeichneten Zuwachs in seinen Einkünften, womit die verführerischsten Anerbietungen ihm schmeichelten, geblendet durch die Aussicht, sie ohne die geringste Beschwerde in einer gesammelten Summe heben zu können, überließ er den Juden die Erhebung seiner sämtlichen herrschaftlichen Einkünfte, und sie wurden auch die Haushofmeister und Pächter der Großen und Reichen. Hier öffnete sich ein weites Feld für sie zu Spekulationskünsten, deren Folgen hier und überall, wo sie Eingang fanden, die Verarmung und der gänzliche Untergang des Landmannes waren. So hartnäckigen Widerstand die jüdischen Finanzbedienten bei den Einwohnern der Städte fanden, so leicht war es den jüdischen Pächtern, sich das Vertrauen des treuherzigen Bauern zu erschleichen. Sie selbst oder einer ihrer Unterhändler sorgte zuvorkommend für alles, was dieser zur Notdurft oder zum Genuss des Lebens bedurfte. In Verlegenheit war der Jude sein Ratgeber, in jeder Not sein Retter, selbst in Krankheitsfällen sein Arzt. Zu berechnen, was diese treuen Dienste kosteten, fiel dem ehrlichen Landmann nie ein, bis sein jüdischer Freund ihm endlich sein Schuldregister vorlegte, und ihm dann zur Abbezahlung desselben nichts weiter übrig ließ, als Arme und Beine, um Sklavendienste zu tun. Zuletzt machte nun auch der betörte Gutsbesitzer die unerwartete Entdeckung, dass die hohe Pachtsumme, die er erhoben hatte, nicht aus den reinen Einkünften und dem aus denselben gewonnenen Überschuss herausgebracht war, sondern dass das Hauptingredienz in dem seinen Untertanen listig abgenommenen Vermögen bestand, dass er bloß den geringsten Teil des Raubes mit seinem Pächter geteilt habe, und nun, nach dem Verlauf der Pachtjahre, das Mark des Landmanns verzehrt, und nichts weiter als der dürre Leichnam übrig war. Solche stets zunehmende Entdeckungen hatten die Folge, dass jetzt auch der mächtige Adel seine Stimme mit den bitteren Klagen der Städte und Prälaten über die Habsucht und die Härte der jüdischen Einnehmer und Pächter vereinigte, und alle jetzt auf den Reichstagen vereint ihre Kräfte aufboten, um die Juden durch ein förmliches Dekret von aller Einmischung in die Finanzen des Staats, von aller Erhebung und Verwaltung der öffentlichen Gelder und von allem weiteren Anteil an Pachtkontrakten auszuschließen. Freilich ließen diese es auch hier nicht an manchen fein eingeleiteten und planmäßig fortgesetzten Versuchen fehlen, um solche ihnen so unangenehme Beschlüsse kraftlos zu machen; aber sie wurden immer mehr geschärft, und da selbst diese Strenge nicht abschreckend genug war, fügte man im Jahr 1412 die Drohung unausbleiblicher Landesverweisung und des Verlustes des Eigentums hinzu, und so ward mit dauerndem Erfolg dem weiteren Fortgang eines verderblichen Übels Grenzen gesetzt.
Mit den bis jetzt entwickelten Ursachen zum allgemeinen Hass gegen die Juden vereinigten sich nun auch die, deren Quelle religiöse Antipathie war. Nachdem die Bettelmönche und besonders der Predigerorden, der die Belehrung irrender und ungläubiger Seelen für die erste seiner Pflichten ansehen musste, im spanischen Reiche Wurzel gefasst hatten, so musste es für sie der größte Gräuel sehn, ein Volk, das nach ihren Begriffen nur als ein denkwürdiges Beispiel des göttlichen Zorns auf Erden umhergehen sollte, von den Regenten beschützt und begünstigt und im stolzen Besitz der Mittel zu sehn, wodurch die christlichen Einwohner ihnen zinsbar und ganz abhängig von ihnen geworden waren. Als ihre geschworenen Feinde zeigten sie sich jetzt unablässig tätig, um der bereits hochgestiegenen Erbitterung gegen die Juden neue Nahrung zu geben. Die Mittel, deren sie sich in dieser Hinsicht bedienten, waren dieselben, deren außerordentliche Wirkung ihre Ordensbrüder in den benachbarten Reichen erfahren hatten. Jedes Unglück, womit Dörfer und Äcker, Menschen und Vieh heimgesucht wurden, ward als ein untrügliches Zeichen des göttlichen Zorns über die Vergehungen der Juden erklärt. Um das Maß derselben zu füllen und den Eifer der Christen zur Versöhnung dieser Verbrechen zu entflammen, erfand man die giftigsten Beschuldigungen und verbreitete sie mit erwünschten, Erfolg. Bald hatten die Juden ein Kruzifix gepeitscht, bald eine gestohlene oder durch Bestechung erkaufte Hostie entheiligt, trotz den Wundern, wodurch sie sich vor ihren Augen verherrlichte: bald hatten sie christliche Kinder gekreuzigt, bald Quellen, Brunnen, ja selbst Flüsse vergiftet. Je schwärzer der erhitze Verfolgungsgeist dichtete, desto gewisser konnte er sein, sein Ziel zu erreichen. Es flossen Ströme von Blut, um die Vergehungen der Feinde des Kreuzes zu rächen. Der Anfang und die Mitte des 16. Jahrhunderts, das die Juden so manches wichtigen Vorrechts beraubte und durch unzweideutige Warnungen die Nähe des Ungewitters verkündigte, das sie zerschmettern sollte übertraf auch alle vorhergehende an Fruchtbarkeit neuer Erfindungen, um den Groll des Volks gegen sie zu bewaffnen.
Da die dabei vorfallenden blutigen Auftritte bald hier, bald dort erneuert wurden, so fielen verschiedene, von gleicher Gefahr bedrohte Juden auf den unglücklichen Ausweg, ihr und ihrer Familien Leben und Eigentum durch ein verstelltes Spiel mit den Zeremonien der Christen zu sichern. In Augenblicken, wo sie nur die Wahl hatten zwischen Tod und Taufe, schwankte ihr Entschluss nur selten. Indem sie sich zur Taufe bequemten, beruhigten sie ihr Gewissen durch den verstärkten Vorsatz, den scheinbaren Abfall durch eine festere innere Treue gegen das Gesetz ihrer Väter auszusöhnen. Ihre Nachgiebigkeit gegen diesen grausamen Zwang ward ihnen nicht wenig durch die ihnen eigne Denkungsart erleichtert, der zu Folge alles, was ein Jude außerhalb dem Kreise seiner Nation tut oder leidet, ihm eben so wenig zur Schande als zur Ehre gereicht, und er schüttelt jede noch so erniedrigende Misshandlung, die eine äußere Macht gegen ihn ausübt, mit derselben Leichtigkeit ab, als der Sklave den Übermut seines Despoten erträgt.
Über die gewaltsamen Bekehrungsarten, die die Bettelmönche mit der größten Tätigkeit anwandten, wurden auch von Zeit zu Zeit die mildern Mittel der Überredung versucht. Es traten aus ihrem Orden Männer auf, die den jüdischen Irrtum bekämpften und mit unermüdetem Eifer sich der Bekehrung der Juden aufopferten. Einer von ihnen, Dom Vincente Ferres glänzte am Ende des i4ten und im Anfang des 15. Jahrhunderts in diesem Beruf als ein Wundertäter, weit und breit verehrte man ihn als einen von den Toten auferstandenen Apostel. Mit dem Kreuz in der Hand durchwanderte er einen großen Teil Europas und setzte überall durch die heilige Begeisterung, womit er sprach und handelte, die Herzen in Flammen. In Aragonien Valencia, Murcia, Kastilien, begegneten ihm ganze Scharen von Juden, um die ein christlicher Volkshaufe einen feierlichen Kreis geschlossen hatte und die mit Reue und Tränen die Taufe von seinen Händen erflehten. 35.000 von ihnen wurden mit der Taufe begnadigt, mehrere Synagogen wurden in Kirchen und viele Judendistrikte in christliche Gemeinden verwandelt. Zugleich nebst solchen Glaubenspredigten wurden öffentlich Religionsdisputationen gehalten, um den Sieg der Wahrheit über jüdische Einwendungen und Zweifel zu vollenden. Der damals in Spanien anwesende Benedict XIII. nahm selbst einen tätigen Teil daran, um durch ein ausgezeichnetes Verdienst um die Kirche seiner schwankenden Krone eine Stärke zu verschaffen, deren sie sehr bedurfte. Wer nicht überzeugt werden konnte, oder wie man es auslegte, sich nicht überzeugen lassen wollte, bei dem wurden, die kräftigeren Mittel angewandt, um den hartnäckigen Unglauben zu beugen.
Bald bestätigte die Erfahrung die oft gemachte Bemerkung, dass die Menge der Proselyten, die so eifrig in den Schoß der Kirche aufgenommen wurden, ihr weit gefährlicher waren, als alle ihre offenbaren Widersacher und Ketzer zusammen. Bei einigen, die durch Überredungskünste zur Bekehrung gelockt waren, verschwand ihre Wirkung so schnell als sie hervorgebracht war. Bald trat das ruhige Nachdenken ein, was für ausgezeichnete Rechte und Vorzüge sie durch ihren Abfall von dem Volke Gottes verloren hatten. In anderen, die Leichtsinn oder Eigennutz zur Treulosigkeit gegen das Gesetz ihrer Väter verleitet hatte, erweckten die Vorwürfe ihrer standhafter Glaubensgenossen Gewissensbisse, und während sie sich wieder in den Besitz ihrer Rechte setzten, ward bei diesen wie bei jenen die Stimmung gegen das Christentum und seine Bekenner noch feindlicher, als sie je zuvor gewesen war. Nicht wenige, die in ihrer gefährlichen Lage überwiegende Gründe fanden, ein Scheinbekenntnis einer öffentlichen Entsagung vorzuziehen, rächten sich durch heimlichen Spott über den christlichen Glauben, und einen Hohn, dessen zufällige Entdeckung die Priester und Mönche mit glühendem Eifer erfüllen musste. In Kirchen und Prozessionen stellten sie sich als andächtige Christen, in ihren Häusern und Synagogen waren sie wie in ihren Herzen jüdische Zeloten. Dort fielen sie nieder vor dem Kruzifix und der geweihten Hostie; hier drückten sie ihre Ehrfurcht vor der Tora und dem Talmud durch zügellose Verhöhnungen über den Glauben und die kirchlichen Gebräuche der Christen aus. Noch mehr, sie vereinigten mit niedriger Verstellung den Plan zu einer boshaften Rache. Sie benutzten ihre älteren Verbindungen mit christlichen Familien und selbst ihr häusliches und freundschaftliches Verhältnis, um durch heimliche Verführung einer Christenseele die ihnen so verhasste Bekehrungssucht zu vergelten. Einzelne Versuche glückten und ihr günstiger Erfolg ermunterte zu Unternehmungen von weiterem Umfang. So entstand in dem spanischen Reiche eine im tiefsten Dunkel sich ausbreitende neue Sekte von judaisierenden Christen, deren Vermischung der Zeremonien jedem echten Katholiken zu ungleich größerem Ärgernis gereichen musste als selbst die Abgötterei der Heiden. Sein Abscheu musste den höchsten Grad erreichen, als jetzt die Entdeckung ans Licht kam, dass Juden unter christlichen Masken sich in Gerichte, Schulen und Klöster eingeschlichen hatten, und dass mancher, der am Sabbath das Gesetz Moses erklärte, am Sonntage im Messornat auftrat und das Sakrament des Altars entheiligte. Jeder, in dessen Adern noch reines christliches Blut floss, seufzte nach endlicher Erlösung des Reichs von den unversöhnlichen Feinden des christlichen Namens.
In dieser Lage befanden sich die Angelegenheiten des Glaubens in Spanien, als Ferdinand und Isabelle das Ruder der vereinigten Reiche ergriffen. Sobald es ihnen geglückt war, die wilde Anarchie zu bekämpfen, die tiefgesunkene Macht des Throns zu heben und seine Mündigkeit zu verstärken, richteten sie ihren aufmerksamen Blick auf die Gefahren, die der Kirche drohten; und Ferdinand de Talavera, einst Klosterbruder, jetzt Isabellens allmächtiger Gewissensrat, versäumte nicht, ihren Eifer durch Aussichten auf den Beifall und die reichen Belohnungen des Himmels anzuspornen. Schon die ersten Veranstaltungen der neuen Regierung in Hinsicht auf die Juden verrieten heimliche Pläne, die ihren Untergang beabsichtigten. Nicht lange blieb der harte Schlag aus, der sie durch das Edikt traf, das allen Umgang zwischen Christen und Juden aufs strengste verbot. Dies ward 1480 ein Hauptgegenstand für die Beratschlagungen aus dem Reichstag in Toledo, und sie hatten das feierliche Dekret zu Folge, dass die Juden in allen Dörfern und Städten in Spanien ihre Wohnung in besonderen Quartieren nehmen und sich alles Umgangs mit Christen, es möchte sein unter welchem Namen und Vorwand es wollte, enthalten, und die Obrigkeiten mit der strengsten Sorgfalt über die unabweichliche Befolgung dieses Gesetzes wachen sollten. Sobald die neugeschaffene Inquisition, von allen ihren eigentümlichen Schrecken umgeben, in Tätigkeit gesetzt war, warb es fast unmöglich in irgend einem Übertretungsfall ihrer Entdeckung zu entgehen. Nichts vermochte sich ihrem weitumschauenden Scharfsinn zu entziehen. Sie horchte auf die Geheimnisse der Familien und auf die vertraulichen Mitteilungen von Freunden. Selbst verdächtige Winke und Änderungen wurden in heimlichen Registern angemerkt, um auf die bestimmten Aufschlüsse der Zukunft zu warten, und die Übertreter aus dem verborgensten Schlupfwinkel hervorzuziehen. Gleich ihre erste Verfahrungsart, die Vorladung aller derjenigen, die sich der Ketzerei oder des Abfalls vom christlichen Glaubensbekenntnis schuldig fühlten, die Aufforderung, frei, willig und ohne den geringsten Verzug ihr Vergehen anzugeben; das bußfertige Auftreten von mehr als 15.000 Sündern, die sich der Gnadenfrist zu ihrer Befreiung versichern wollten, brachte eine solche Menge von religiösen Verbrechen der Juden aus ihrem Dunkel hervor, dass in einem Zeitraum von wenigen Jahren 2.000 Scheiterhaufen flammten. Die auf diese Art gemachten Entdeckungen boten einen Vorwand dar, mit dem entscheidenden Schlag zu eilen. Unter dem 31. März 1492 erschien das Verweisungsedikt, als ein ewiges Grundgesetz für alle zur spanischen Monarchie gehörige Staaten sanktioniert. Sehr ausführlich und nicht ohne merkliche Seitenblicke auf die Einwendungen und Schwierigkeiten, die einige der angesehensten Mitglieder der königlichen Staatsrats gegen diesen mit unabsehlichen Folgen begleiteten Beschluss gemacht hatten, legten Ferdinand und Isabelle die Gründe dar, die, nachdem ihre Langmut im Ertragen und Verzeihen erschöpft war, unwiderruflich ihren Vorsatz bestimmt hatten, ihr Reich von jüdischen Irrtümern zu reinigen. Mit dem Befehl an die Juden, unter Todesstrafe und Verlust ihres Eigentums die spanischen Lande binnen 3 Monaten zu räumen, folgte das Versprechen, dass ein besonderer königlicher Schutz bis zu ihrem Fortgang ihre Personen und ihr Eigentum gegen jede Gewalttätigkeit sichern sollte. Mit Ausnahme von Edelsteinen, Gold und Silber, deren Ausführung aufs strengste verboten ward, wurde ihnen erlaubt, die durch den Verkauf ihrer liegenden Gründe und Mobilien herausgebrachte Summe in Waren oder Wechselbriefen mit zu nehmen. Aber in der Ausführung der königlichen Befehle wird die unedle Triebfeder sichtbar, die zu Ferdinands und Isabellens gottesfürchtigen Maximen mitwirkte. Unter ihren Augen wurden die schändlichsten Räubereien ohne das geringste Hindernis oder Einschränkung von Seiten der Obrigkeit ausgeübt. Im Juli 1492 brach eine wehrlose Schar von 160.000 Familien auf, um sich mit den Überbleibseln ihres Wohlstandes nach fernen Ländern zu retten. Eine zahlreiche Menge fand ihren Tod auf der Flucht und in ihr das Ende der Qualen, denen die Vertriebenen besonders in Afrika und Portugal entgegeneilten.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ueber die Ansprüche der Juden an das deutsche Bürgerrecht