In den Zeiten der Aufklärung ...

In den Zeiten der Aufklärung hat man sich hiermit nicht begnügt; man ist weiter gegangen und hat für die Juden gleiche Rechte mit den Christen verlangt; man hat die Beschränkungen, denen sie unterworfen waren, für ungerecht, unmenschlich und unpolitisch ausgegeben: man hat behauptet, dass die Verschlechterung des Charakters und die verhasste Eigentümlichkeit desselben, die man nicht ganz leugnen könne, nur aus dem Druck, worunter sie gelebt haben, aus den Verfolgungen des Fanatismus abgeleitet werden müssten. Dies sind nämlich die Behauptungen, die vor etwa 30 Jahren (1781) vom Hrn. von Dohm ausgesprochen wurden und überall den lautesten Beifall fanden: dessen ungeachtet ruht die ganze Ansicht auf zwei Hauptirrtümern, wie eine nähere Betrachtung unwiderleglich ergeben wird.

Der erste Satz, den dieser berühmte Politiker aufstellte, wird jetzt wohl theoretisch überall aufgegeben sein, wenn man gleich praktisch noch immer sich nicht davon losreißen kann: es ist der Satz, dass die immer fortschreitende Zunahme der Bevölkerung die wesentlichste Bedingung des größtmöglichen allgemeinen Wohls sei. Diese Ansicht war natürlich, so lange man den Staat als eine Maschine oder ein Uhrwerk betrachtete, das mit jedem Etatsjahr nur neu aufgezogen zu werden brauchte: da fing man an, die Menschenhäupter zu zählen, die Seelen zu vertauschen, Balanzen zu ziehen, zu kompensieren, zu liquidieren und Experimente aller Art zu machen. Auf die Zahl kommt es nicht an: nicht auf die Betriebsamkeit oder den Gewerbefleiß; nur auf den Geist, der ein Volk belebt, der es vereinigt und die Einzelnen zu einem unauflösbaren Ganzen an einander kettet, auf die Treue, die es bewahrt, auf die Liebe für das Vaterland, auf seinen Glauben an Gott und an sich, aus seine Bereitwilligkeit, die irdischen Güter gering zu achten, und alles, selbst das Leben, den unwandelbaren Heiligtümern und den Forderungen des Gemüts zum Opfer zu bringen. Ein Volk kann nur zu einem Ganzen werden durch ein inniges Zusammenwachsen aller seiner Eigentümlichkeiten, durch die gleiche Art ihrer Äußerung: durch Gesinnung, Sprache, Glauben, durch die Anhänglichkeit an seine Verfassung. Nun darf ein Volk, ohne sich selbst zu schaden, sich nicht so scharf absondern, um die Ausnahme einem jeden Fremden zu versagen: aber nur unter der Bedingung, dass wer Mitglied eines andern Volks werden will, sich ihm ganz hingebe und gleich stelle; wenn der erste Erwerber eines neuen Volksrechts nicht ganz mit seinen neuen Landsleuten verschmilzt, so werden es seine nächsten Nachkommen: so sind ja unzählige Franzosen und selbst Juden, sobald sie aufhörten, Juden zu sein, Deutsche geworden. Die Juden als Nation betrachtet, haben ihre Landsleute, mit denen sie durch Abstammung, Gesinnung, Pflicht, Glauben, Sprache, Neigung zusammenhängen, auf der ganzen Erde: sie machen mit ihnen eine Einheit aus, und müssen ihnen notwendig inniger ergeben sein als dem Volk, unter dem sie leben, das ihnen immer fremd bleiben muss. Welcher Staat kann sich Bürger wünschen, die ihn weder begreifen, noch einen lebendigen Anteil an dem allgemeinen Volksleben nehmen? Aber auch nach der alltäglichsten politischen Arithmetik wird durch die Begünstigung der Juden nichts gewonnen: denn wie viel besser ist es, wenn sich auf einer Strecke Landes zehn freie und wohlhabende Bauern im Schweiß ihres Angesichts mit Weib und Kindern nähren, als wenn dieselbe ein reicher Jude oft unter höchst vorteilhaften Bedingungen kauft und sie, ohne selbst an der Arbeit Teil zu nehmen, durch Verpachtung möglichst zu nutzen sucht? Allein die Juden bilden nicht bloß ein Volk: sie bilden zugleich einen Staat; „die Grundgesetze der jüdischen Religion sind zugleich die Grundgesetze ihres Staats“; ihre Rabbiner sind zugleich ihre Vorsteher, denen das Volk die höchste Ehrfurcht und den blindesten Gehorsam schuldig ist: sie bilden, wie die Brahminen bei den Indern, den Adel, die eigentlich gesetzgebende Gewalt; „die jüdische Nation“, sagt einer ihrer geistreichsten Schriftsteller, „wird unter dem Schein der Theokratie von einer immerwährenden Aristokratie beherrscht“ **).


*) In s. Hoffnung zur Bekehrung, Israels.
**) Salomon Maimon in s. Leben II., 130 u. 266.

Diese Behauptung wird durch die ganze spätere Geschichte der Juden bestätigt; es ist also klar, dass, wenn sie Mitglieder eines andern Staats sein wollen, ohne dem Judentume zu entsagen, sie in eine Kollision von Pflichten geraten, die höchst bedenklich ist, und die in vielen Fällen unmöglich ausgeglichen werden können; niemand kann zweien Herren dienen, und es ist doch in der Tat ein sonderbarer Widerspruch, dass ein Bürger des jüdischen Staats oder Reichs zugleich Bürger eines christlichen Staats sein will. Er kann wohl in einem Verhältnis zu der Regierung oder dem Herrscher als Untertan, aber nicht zu dem Staate als Bürger stehen, weil er bereits früher in einer Beziehung der Art sich befindet, die eine zweite oder neue ausschließt. Es versteht sich von selbst, dass hier das Judentum gemeint wird, wie es seiner Natur nach ist: es kommt nicht darauf an, dass einzelne Mitglieder sich über die strengen Vorschriften wegsetzen, das Ansehen der Rabbiner und des Zeremonialgesetzes, worin das Wesen des Judentums besteht, nicht mehr anerkennen, die Bande zerrissen haben, die ihnen lästig waren, und die Hauptlehre der jüdischen Religion von der Zukunft des Messias für lächerlich erklären: auf diese kann durchaus gar keine Rücksicht genommen werden, sie bilden ein Mittelding zwischen Juden und Christen, das sich eine eigne Art von völlig unhaltbarer natürlicher Religion, eine moralische Religion der Konvenienz und des Vorteils, in törichtem Dünkel zusammengesetzt hat, eine eigne Sekte, die kein Staat anerkennt und die nur eine stillschweigende Duldung genießt. Hätten die Juden in ihrer Religion keinen politischen Mittelpunkt gefunden, so ist keine Frage, dass sie auch als Volk längst untergegangen sein würden, d. h. sich ganz mit den Völkern, worunter sie lebten, verschmolzen hätten.

Die zweite Behauptung, dass die schlimme Seite, die der jüdische Charakter im Allgemeinen zeigt, und die bedingungsweise selbst von den Schriftstellern aus ihrer Mitte zugestanden ward, lediglich eine Folge der Unterdrückung sei, worin sie gelebt haben, steht offenbar mit der Geschichte im Widerspruch. Der Charakter eines Volks wird durch mannichfaltige Einwirkungen bestimmt. Außer der ursprünglichen Anlage sind am wichtigsten Religion und Staatsverfassung: aus diesen beiden Elementen muss man das Eigentümliche des jüdischen Charakters erklären, der in Spanien wie in Polen derselbe war. Gewisse Beschäftigungen und Gewerbe, die ein Volk vorzugsweise und ausschließend treibt, müssen ebenfalls auf seine Denkungsart einwirken, und so wie gewisse durch Kunst hervorgebrachte Eigenschaften des Körpers den folgenden Geschlechtern natürlich werden, so werden auch innere Eigenschaften zuletzt habituell; unverkennbar ist der Einfluss des Handels, wenn er von einer Kaste getrieben wird, auf diejenigen, die sich damit beschäftigen: die Banianen z. B. haben bei aller ihrer sonstigen Rechtlichkeit und Milde wirklich in ihrer Art zu handeln eine auffallende Ähnlichkeit mit den Juden. Schon lange vor dem Christentum und vor ihrer Zerstreuung scheint der Spekulationsgeist in ihnen erwacht zu sein, der bei der geringsten Anstrengung den möglichst größten Gewinn sucht: seit der Gründung von Alexandria, wo sie ja schon ihre eigenen Straßen hatten, wurden sie Krämer und Mäkler. Judäa war dem König Ptolemäus Evergetes von Ägypten (v. 246—221 vor Christus) unterworfen, doch mit eigentümlicher Verfassung; die Hohenpriester waren zugleich Häupter und Vorsteher des Volks; damals bekleidete Omas diese Würde, der aus Geiz die Bezahlung des Tributs, den er für das Volk entrichten sollte, unterließ. Der König, hierüber erzürnt, sandte einen Bevollmächtigten nach Jerusalem, dessen Drohungen das ganze Volk in Furcht und Bestürzung setzten: nur Onias, dem das Geld gar zu lieb war, blieb ungerührt und gleichgültig. Sein Neffe Joseph, ein junger Mann, der bei der ganzen Nation wegen seiner Aufklärung in großem Ruf und allgemeiner Verehrung stand, erfuhr von seiner Mutter die allgemeine Noch und eilte in die Stadt: er forderte den Hohenpriester auf, nach Alexandria zu gehen, und den König durch Bitten zur ganzen oder teilweisen Erlassung der Schuld zu bewegen; aber der alte Onias hatte hierzu keine Ohren, und war froh, als sich sein unternehmender Vetter erbot, die Sache aufs Reine zu bringen. Joseph versammelte das Volk im Tempel, ermahnte es, guten Mutes zu sein; er kenne die Welt und die Großen, und werde schon den Weg zum Herzen des Königs finden. Sogleich veranstaltete er prächtige Gastmähler zu Ehren des Abgesandten, gab ihm ansehnliche Geschenke, und gewann ihn dadurch so sehr, dass er ihm versprach, bei Hofe sich seiner bestimmt anzunehmen. Joseph schickte nun überall zu seinen Freunden und Bekannten und lieh sich Geld, und da es auf die Ehre des Volks ankam, und man seinen Unternehmungsgeist kannte, so brachte er bald die erforderlichen Summen zusammen, kaufte für 20.000 Drachmen Kleider, Kostbarkeiten, Pferde usw. und ging ab. Gerade um diese Zeit wurden die Einkünfte von Syrien und Phönizien neu verpachtet, und reiche Spekulanten, strömten nach der Hauptstadt, die, wenn sie dem armselig und lumpig einherschreitenden jungen Juden begegneten, verächtlich auf ihn herabsahen *). Der Hof war in Memphis: Joseph, machte sich sogleich dahin auf; vor den Toren begegnete er dem König, der mit seiner Gemahlin und seinem Günstling Athenio (dem Gesandten in Palästina) eine Spazierfahrt machte. Kaum erblickte dieser den Wanderer, als er ihn erkannte und seinen Gebieter auf den gescheuten jungen Juden aufmerksam machte. Er ward gerufen, und hatte die Gnade, sich in den Wagen setzen zu dürfen. Ptolemäus fing sogleich an auf den Onias und die Juden zu schelten. Ew. Majestät, erwiderte Joseph, halten dem alten Mann seine Torheit zu Gnaden: wir jungen, aufgeklärten kennen den Weltlauf, wir werden uns besser betragen und unserm Herrn keine Gelegenheit zur Unzufriedenheit geben. Dem König gefiel die edle Dreistigkeit, und Joseph ward zur Tafel gezogen. Als die Zölle ausgeboten wurden, erschien auch er unter den Bietenden, und warf ihnen vor, sie hätten sich vereinigt, den König zu betrügen: er erbot sich, nicht nur das Doppelte zu geben, sondern auch der königlichen Kasse das Vermögen aller derjenigen zukommen zu lassen, die er auspfänden würde. Der König war über das beträchtliche Mehr, das ihm geboten ward, äußerst zufrieden: aber, fragte er, wie wird's mit der Kaution stehen? Mit edler Dreistigkeit und noch größerer Schlauheit erwiderte er, es werde ihm an den besten Bürgen nicht fehlen, er nannte den König und die Königin. Ptolemäus lachte und dem Juden ward die Unternehmung zugeschlagen. Sein Spekulationsgeist verschaffte ihm Kredit: in Alexandria lieh er sich 50 Talente, und begleitet von 2.000 Gensd'armes fing er seine glorreiche Laufbahn an. An denen, die nicht bezahlen konnten, wurden die strengsten Exempel statuiert: sie wurden bis aufs Blut ausgezogen; und bloß von Konfiskationen und abgepfändeten Gütern schickte er dem König 1.000 Talente, der die Klugheit bewunderte und ihn gewähren ließ. Ganz Syrien geriet in Verzweiflung über den fürchterlichen Douanenchef, und die armen Leute brachten den letzten Heller dar, den sie bei der Seele hatten. Joseph sammelte viel Geld, und der Kauf der Zölle gewährte ihm einen großen Gewinn; er war klug genug, einen Teil desselben aufzuopfern, um sich desto sicherer zu behaupten; er machte dem König und seiner Gemahlin große Geschenke, so wie allen Leuten von Ansehen und Einfluss bei Hofe, blieb daher auch 22 Jahre hindurch ungestört in seiner Stelle, und erwarb ein unermessliches Vermögen. Er hatte 7 Kinder, heiratete aber noch in seinen höheren Jahren zum zweiten Male die Tochter seines Bruders. Als er sich einmal in Alexandria befand, und zur königlichen Tafel gezogen ward, machte eine schöne Tänzerin einen solchen Eindruck auf seine Sinne, dass er sie zu besitzen wünschte, doch scheute er sich, das Gesetz, das den Juden die Ehe mit fremden Weibern untersagt, zu brechen; er trug aber seinem Bruder auf, ihm das Mädchen unter der Hand zu schaffen, und im Vertrauen auf die Allmacht des Goldes zweifelte er keinen Augenblick an der Erfüllung seines Wunsches. Der Bruder hatte aber eine Tochter, für die er einen Mann suchte; er nahm daher keinen Anstand, sich dieser Gelegenheit zu bedienen; er führte sie geschmückt unter dem Namen der Tänzerin in der Nacht zum Joseph, und der alte Jude ward bald so sehr von dem Mädchen eingenommen, dass man ihm das Geheimnis nicht länger verbergen durfte; er dankte seinem Bruder, dass er ihn vor einer Sünde bewahrt hatte, und heiratete seine Nichte, die ihm einen Sohn, Hyrkan, gebar. Dieser zeichnete sich durch Witz, Schlauheit, Spekulationsgeist und Raffinement aus, auf ihn schien der ganze Geist des Vaters übergegangen zu sein, während die älteren Söhne dumm und einfältig waren, und den Fleiß der berühmtesten Erziehungskünstler, die es damals gab, zu Schanden machten. Hyrkan ward nun die Freude des Vaters, der sich in ihm verjüngt erblickte, und mit Sicherheit hoffte, er werde in seine Fußtapfen treten. Freilich wurden die andern Brüder über den Vorzug, den Hyrkan erhielt, erbittert, und es entstand ein Zwist unter ihnen, wie zwischen den Söhnen Jacobs; sie suchten ihn sogar aus dem Wege zu räumen, aber er entging ihren Nachstellungen.

Um diese Zeit war dem Könige ein Sohn geboren worden; nach herkömmlicher Sitte bezeigten die Großen bei dieser Gelegenheit ihre Freude und Anhänglichkeit durch Geschenke; von allen Seiten eilte, was angesehen und edel war, nach Alexandria. Joseph fühlte sich zu alt und wünschte einen seiner Söhne zu schicken; die älteren hatten keine Lust, aber Hyrkan war froh, sich auch in der großen Weit zeigen zu dürfen; er sagte sogleich, er werde nicht viel Geld nötig haben, sondern sich knapp behelfen, und hoffe mit 10.000 Drachmen auszukommen. Der Alte war über diese Äußerungen hoch erfreut, denn sie bewiesen den Wert, den sein Lieblingssohn auf das Geld legte. Joseph hatte einen Buchhalter, Arion, in Alexandria, der alle seine Geschäfte dort besorgte, und große Summen von ihm in Händen hatte, um am Verfalltage den Pacht zu entrichten; auf ihn erbat sich Hyrkan einen unbestimmten Kredit; dann stellte er dem Vater vor, es würde viel besser sein, die Geschenke in Alexandria einzukaufen, als sie mitzunehmen, teils, weil man in der Hauptstadt alles besser und geschmackvoller nach der neuesten Mode finden würde, teils, weil sie auf der Reise gestohlen oder beschädigt werden könnten. Dem Alten leuchteten die Gründe ein; er schrieb den Brief und rechnete auf 10 Talente, wie er auch wohl aus Vorsicht beiläufig einfließen ließ. Hyrkan kam an und verlangte sogleich 1.000 'Talente (in der Kasse waren 3.000). Arion wollte aus der Haut fahren; darum, meinte er, habe der Alte sich's nicht so sauer werden lassen und sich alles abgedarbt damit das schöne Geld nun von ihm liederlich durchgebracht werde; er riet ihm, hübsch dem Beispiel des Vaters zu folgen, und schloss mit der Erklärung, er werde ihm 10 Talente auszahlen und keine Drachme mehr, (es scheint, dass der Wert dieser Summe mit Anstand überreicht werden konnte, und das Gewöhnliche war, was man bei solchen Gelegenheiten zu geben pflegte). Der hitzige junge Mensch ward über diese Weigerung äußerst aufgebracht, und ließ den Buchhalter verhaften; die Sache kam dem Könige zu Ohren, der ihn vor sich kommen ließ; Hyrkan wusste sich aber schlau und geschickt zu entschuldigen, der König lachte; der Beklagte ward gnädigst entlassen, und Arion musste ohne Weiteres mit dem Gelde herausrücken. Nun ließ sich Hyrkan förmlich bei Hofe vorstellen, und fand in Rücksicht auf seinen Vater einen guten Empfang. Mit allen Großen zur Tafel geladen ward er als der Jüngste unten angesetzt. Offenbar scheinen sie ihn auch als Juden verachtet zu haben, denn die Gäste machten sich den Spaß, alle Knochen vor ihm auf den Tisch zu legen, der ganz davon bedeckt ward. Nun gab es damals am ägyptischen Hofe einen Spaßmacher Namens Tryphon, der in hohen Gnaden, gleichsam der Liebling der hohen Herrschaften war: „Siehst du“, sagte dieser zum König, „die Knochen vor dem Hyrkan: du kannst daraus abnehmen, dass, so wie er diese des Fleisches beraubt hat, ganz Syrien von seinem Vater ausgezogen ist.“ Ptolemäus fragte lächelnd den Hyrkan: woher er alle die Knochen bekommen habe? Glücklich wusste sich der Jüngling durch einen witzigen Einfall, einen Bonmot, herauszuhelfen: „die Hunde essen bekanntlich das Fleisch, wie diese, (indem er auf die Tischgenossen blickte) mit den Knochen, die Menschen essen das Fleisch und werfen die Knochen fort, wie ich jetzt getan habe.“ Dem König gefiel diese kluge Antwort und er befahl allen Anwesenden, ihm, Beifall zu klatschen. Am andern Tage machte er seine Aufwartung bei allen Großen: heimlich erkundigte er sich bei den Dienern, was die Herren am Geburtsfest für ein Geschenk geben würden: der eine sagte 10, der andre 12, ein dritter 15 Talente. Wie werde ich Ärmster bestehen, hob Hyrkan kläglich an, da ich nicht mehr als 5 Talente bieten kann? Die Diener hinterbrachten natürlich dies Gespräch ihren Gebietern, die sich sehr darüber freuten, dass ein so dürftiges Geschenk den Unwillen des Königs gegen die Juden erregen würde. Der Tag erschien: Keiner brachte mehr als 20 Talente dar; Hyrkan aber hatte 100 Knaben und eben so viele Mädchen gekauft und für jeden Kopf ein Talent gezahlt: jene gab er dem König, diese der Königin: jeder Sklave und jede Sklavin überreichte zugleich ein Talent. Auch an die Großen und Höflinge verteilte er große Geschenke, um sich ihre Gunst zu erhalten. Der König nahm diese Ehrengabe gnädig auf und entließ ihn mit einem huldreichen Schreiben an den Vater, worin er seine allerhöchste Zufriedenheit mit seinem wohlgeratenen Sohn bezeugte und ihn kräftigst empfahl. (Hyrkan war bange, der Alte möchte ihn seiner Verschwendung wegen zum Hause hinaus prügeln.) Seine Brüder gingen ihm auch entgegen, um ihn mit Vorwissen des Vaters umzubringen. Joseph musste freilich aus Furcht vor dem, König seinen Zorn verbergen; doch gerieten die Brüder einander in die Haare: Hyrkan musste endlich weichen, ging jenseits des Jordans und zog die Barbaren aus, denn dies Handwerk scheint der Familie einmal eigentümlich gewesen zu sein. Dieser Joseph hatte einen großen Einfluss auf sein Volk, er entriss es der Armut und verhalf ihm zu einer glänzenderen Lebensweise: 22 Jahre verwaltete er die Einkünfte von Syrien, Phönizien und Samaria.“ Diese Geschichte scheint fast von den Gegnern der Juden erfunden zu sein: sie gleicht auf ein Haar den Begebenheiten manches reichen jüdischen Hauses aus unsrer Zeit, und doch ist sie uralt: der jüdische Geschichtsschreiber Josephus teilt sie der Welt als einen Beweis von den Anlagen, der Geschicklichkeit und Gewandtheit seines Volks mit und freut sich den Helden Griechenlands und Roms einige Juden in Joseph und Hyrkan an die Seite stellen zu können. Von jeher suchten die Juden, auch wo sie es nicht nötig hatten, wo ihnen alle andre Wege des Erwerbs offen standen, sich in solche Geschäfte einzulassen, die ihnen Gelegenheit zu einem möglichst großen Gewinn ohne Rücksicht auf das Wohl Andrer gaben und daraus erklärt sich der Hass, der sie schon in sehr frühen Zeiten verfolgte. Es ist merkwürdig, dass der H. Chrysostomus schon im Anfang des vierten Jahrhunderts in einer seiner Reden wider die Juden selbst von ihren Patriarchen sagt, was sind sie anders als Schacherer und Krämer und aller Unredlichkeit voll? Schon damals muss der Wucher und Schachergeist ein allgemeines Kennzeichen für sie gewesen sein, weil der heilige Eiferer sich sonst natürlich andrer Ausdrücke bedient haben würde. Dass den Juden im Mittelalter viele törichte und abgeschmackte Beschuldigungen gemacht sind, ist unleugbar, allein man muss auch nicht vergessen, dass sie, wo sie irgend konnten, mit der ausgesuchtesten Grausamkeit die Christen verfolgten, z. B. in Arabien, wo es ihnen im Anfang des 6ten Jahrhunderts, also in einer Zeit, wo sie sich noch über keine Bedrückungen von Seiten der Christen beklagen konnten, gelang, einige Emirs zum Judentum zu bekehren, dass im ganzen Mittelalter die entsetzlichsten Geschichten von der ausstudierten Grausamkeit in Umlauf waren, womit die Juden die Christen, wenn sie irgend konnten, verfolgten, wie die Volkssage, deren sich Shakespeare im Kaufmann von Venedig mit so bewundernswürdiger Kunst bedient hat, und dass sie den Namen des Heilandes und die Geheimnisse des christlichen Glaubens verlästerten und sich schändlicher Blasphemien erlaubten; in ihren religiösen Büchern, in den Erklärungen ihrer berühmtesten Lehrer, kommen die grässlichsten Äußerungen über Christus und seine Verehrer vor: sie werden verwünscht und die Juden bitten den Gott ihrer Väter, seine Verheißungen zum Verderben der Nichtjuden zu erfüllen. Unleugbar ist es, dass die Rabbiner, die zugleich den Adel des jüdischen Volks ausmachen, diesen Geist der Abneigung und des Hasses eifrig zu nähren suchten, und es musste ihnen alles daran gelegen sein, weil ihr ganzes Ansehen und ihre Bedeutung nur von der Integrität der Juden als eines abgeschiedenen Volkes abhing *).

*) Man findet die Beweise in den von Wagenseil, der ein Rechtsgelehrter und kein Theologe war, herausgegebenen rabbinischen Schriften, in den Auszügen bei Eisenmenger und in den Annalen der Juden in den preußischen Staaten, S. l08. An der Echtheit dieser von frommen und gelehrten Männern gemachten Übersetzungen lässt sich gar nicht zweifeln: man müsste es ihnen denn wie Moses Hirschel unseren Luther zum Vorwurf machen, dass er ein hebräisches Wort durch Schinden und nicht durch Drücken oder Kränken übersetzt. Dass manche dieser Stellen (aber nicht alle) milder gedeutet werden können, lässt sich zugeben; doch werden sie von den meisten Juden auf christliche Religion bezogen: und wenn sie zum Teil ursprünglich von den Heiden gelten sollten, so konnten ja die späteren Juden, die nur unter Christen lebten, unmöglich andre Fremde verstehen als diese.

Wenn nun die Christen teils durch ihre Theologen und Geistlichen, teils durch die Proselyten von solchen Gräueln unterrichtet wurden, kann man es ihnen verdenken, dass sie von Abscheu ergriffen wurden, besonders wo die Überzeugung von der Seligkeit in und durch Christus alle Gemüter kräftig durchglühte; und kann man einen selbst übertriebenen Eifer für das Höhere und Göttliche verdammen? soll man ihn nicht der charakterlosen Lauheit und Toleranz einer erschlafften Zeit vorziehen? Zweitens hielt man die Juden für Zauberer und deswegen musste man es nicht unwahrscheinlich finden, dass sie sich zu ihren magischen Künsten furchtbarer Mischungen, des Blutes ermordeter Christen und dergleichen, bedienten: dieser Wahn fand wieder in der Erfahrung eine beständige Bestätigung. Die Kabbala ist unleugbar aus einer tiefen Quelle geflossen: ihre Urelemente hängen mit den erhabensten Spekulationen zusammen, wozu der menschliche Verstand sich erheben kann, und die die würdigsten Geister beschäftigt haben: aber unter den Händen der Juden sind sie ganz ausgeartet und zu einem törichten Gewebe von Unsinn und Aberglauben geworden, wo kaum die ursprünglichen Begriffe und Ansichten noch durchschimmern. Selbst ein jüdischer Schriftsteller erzählt, dass der fürchterliche Sturm, der den Kaiser Carl V. bei seinem zweiten Zuge nach Afrika überfiel und die ganze Unternehmung vereitelte, durch die Zauberkunst eines großen Kabbalisten Doran, der sich in Aldschier befand und hernach für diesen Dienst zu hohen Ehren befördert ward, hervorgebracht worden sei. Immer fand man daher bei gelehrten oder angesehenen Juden Zauberbücher, z. B. bei dem Juden Lippold, bei einem berühmten Rabbi in Franken, vor etwa 100 Jahren und selbst Solomon Maimon erzählt von sich, dass er in allem Ernst glaubte, sich unsichtbar machen zu können und einen Versuch machte, der freilich übel ablief: Allgemein glaubten sie von ausgelernten Kabbalisten, dass sie tönerne Figuren beleben und zu dienstbaren Geistern machen könnten; der preußische Jude Fürst erwarb sich sogar durch seine kabbalistische Ausrechnung, dass das Land Preußen notwendig zu einem Königtum erhoben werden müsse, die Gnade des Hofes. Diese unwidersprechlichen Tatsachen müssen uns abhalten, so unbedingt in das Geschrei über ungerechte Verfolgung, fanatischen Druck, Aufhetzung christlicher Pfaffen usw. einzustimmen.

Bei einer genauen und vorurteilsfreien Betrachtung der alten deutschen Verfassung im Ganzen wie im Besondern kann man den verständigen, gerechten und milden Sinn nicht genug bewundern, der aus allen Einrichtungen hervor, leuchtet. Auch die Juden sind in Deutschland von jeher auf eine Weise behandelt worden, die mit den Rücksichten auf das deutsche Volk als der ersten sowohl, als den Forderungen der Menschlichkeit übereinstimmte; wenn die Juden bisweilen misshandelt und verfolgt wurden, so geschah dies durch den rohen Ausbruch der gereizten und erbitterten Menge, ganz gegen das Gesetz, das verordnet: alle Tage sollen Frieden haben Pfaffen, geistliche Leute und Witwen und alle Waisen, Kaufleute und Juden an ihrem Hab und Gut: sie standen in unmittelbarem Schirm des Kaisers, als dessen eigne Untertanen sie angesehen wurden: und das war notwendig, weil sie nur dadurch im ganzen Reich befriedigt werden konnten. Von den guten Folgen dieses Verhältnisses für die Juden finden sich merkwürdige Beispiele. In der St. Galler Stadt Wyl hatte ein Jude, Samuel Levi, um das Jahr 1469, sich erschreckliche Betrügereien zu Schulden kommen lassen, dessen ungeachtet wagte der Fürstbischof nicht ihm eher den Prozess machen zu lassen, als bis ihm Kaiser Friedrich III. die Erlaubnis dazu erteilt hatte; selbst die Strafe ward in Hinsicht seines Verhältnisses als eines Kaiserlichen Untertanen gemildert. Überdies hing es ganz genau mit den herrschenden Vorstellungen der Zeit zusammen: die deutschen Kaiser galten als Nachfolger der römischen Imperatoren: was für fruchtbare Folgerungen aus dieser Ansicht abgeleitet wurden, ist bekannt: nun hatten die Juden gerufen regem non habemus nisi Caesarem (wir haben keinen König als den Kaiser;) Titus hatte außerdem bei der Zerstörung Jerusalems 30 Juden um einen bösen Pfennig gekauft und sie dem Reich übergeben. Billig war es, das; der Eid des Juden nicht über den Eid des Christen gehen durfte: die Juden mussten einen Christen überzeugen mit dem Zeugnis von 3 Christen: aber auch der Christ musste gegen einen Juden wenigstens einen jüdischen Zeugen stellen: und der Eid, den der Jude auf vorgeschriebene Weise ablegte, hatte Kraft. In Augsburg mussten die Christen, die Klagen wider sie hatten, bis zum Jahre 1435 sie in ihren Synagogen vor einer gleichen Anzahl jüdischer und christlicher Richter belangen: erst im erwähnten Jahr ward verordnet, dass sie dem Stadtgericht unterworfen sein sollten Das Recht zeugen zu dürfen scheinen sie aber bald sehr missbraucht zu haben, daher das altdeutsche Sprichwort: „Kommt der Fuchs zur Heide und der Jude zum Eide sind sie frei alle Beide.“ In Zürich ward es ihnen 1404 entzogen; und man kann mit Recht schließen, dass sie es durch erhebliche Ursachen verwirkt haben, weil sie gerade hier beständig mit großer Schonung behandelt wurden. Hatte ein Christ einen Juden erschlagen, so ward der Täter eben so angesehen, als wenn er einen Christen getötet hatte. Öffentlich durfte der Jude sogar auf Diebesgut leihen und der Eigner, der es wieder verlangte, musste das Darlehen erstatten. In Zürich waren sie nicht einmal verpflichtet denjenigen zu nennen, der ihnen unrecht erworbenes Gut verpfändet hatte; doch eifert der Schwabenspiegel dawider und bemerkt: „das haben ihnen die Kaiser erteilt wider Recht, dass sie leihen auf diebiges oder raubiges Gut.“ In einigen Orten z. B. in Biel war ihnen auch erlaubt, auf Waffen und Kriegsgerät zu leihen; doch unter der Bedingung, dass wenn man sie nötig hatte, sie ausgeliefert, aber nach gemachtem Gebrauch zurückgegeben werden sollten: man trieb die Schonung so weit, dass wenn der Fall an einem Sabbath eintreten sollte, der Bürgermeister und einige Ratsherren verpflichtet waren, sie ans der Wohnung der Juden zu holen. In Schafhausen war es verboten auf Harnische zu leihen, doch verloren sie mir die Zinsen, nicht aber das darauf geborgte Kapital. In der Bestrafung sollten die christlichen Richter mit Maß verfahren, um die Juden nicht zu verderben. Niemand sollte sie zum Christentum zwingen, sondern nur mit Güte konnte man versuchen, sie von ihrem Wahnglauben zu überzeugen. Dagegen aber waren die alten deutschen Gesetze eifrig darauf bedacht, die Nationalverschiedenheit recht kräftig auszudrücken, weil sie den Wert der Volkseigentümlichkeit erkannten: daher ward verordnet, dass, wenn ein Christ bei einer Jüdin liegt oder umgekehrt ein Jude eine Christin schwängert, beide verbrannt werden sollen: denn der Christ hat Christenglauben verleugnet. (Diese Strafe ist übrigens wohl nie voll, zogen worden, sondern ward für die Juden in Geldbuße und Verweisung, für den Christen in eine schimpfliche Herumführung mit der spitzen Judenmütze verwandelt. In Zürich kamen Vergehungen der Art sehr häufig vor. Ein so strenges Verbot kann um so weniger auffallen, da die Jüdischen Gesetze ganz dieselbe Ansicht haben und jeden vertrauten, Umgang mit einem andern Glaubensgenossen als ein Vergehen wider die Natur betrachten, worauf die härtesten Strafen, die Geißelung und selbst der Tod gesetzt sind.) Den Juden war verboten, christliche Diener zu halten: um als Jude erkannt zu werden (nicht zum Schimpf), mussten sie einen gespitzten Hut tragen: der späterhin noch in der Reichspolizeiordnung von 1530, in einen gelben Ring an ihrem Kleide verändert ward. In vielen deutschen Ländern hat man die Juden aufgenommen; überall ging man bei ihrer Aufnahme und Behandlung von ähnlichen Grundsätzen aus; wo sie das Schutzrecht erlangt hatten, musste, wer sie mit Werken oder Worten beleidigte, ihnen wie jedem andern Bürger büßen: es ward ausdrücklich verboten, sich selbst Recht gegen sie zu schaffen oder ein Geschrei auf die Juden zu erheben: sondern alle Klagen sollten vor den Rat und die Obrigkeiten gebracht werden. In Augsburg erhielten sie 1290 sogar die Erlaubnis, ein Bade- und Tanzhaus zu bauen und ein eignes Siegel, Sie haben besonders an den Fürsten Gönner gefunden: Hauptsächlich weil sie ihnen bares Geld verschafften, worüber sich Luther bitterlich beklagte: ja selbst in den geistlichen Stiftern wurden sie geduldet: es war ihnen z. B. im Würzburgischen gesetzlich erlaubt, einen Zins von beinahe 50 Prozent zu nehmen: dasselbe war der Fall in den schweizerischen Städten, und es war schon viel, wenn sie bei den Bürgern sich mit der Hälfte begnügen sollten; es fehlt auch nicht an Beispielen, dass sie gegen den Fanatismus der Christen kräftig geschützt wurden: mit unerbittlicher Strenge wurde jede Beleidigung bestraft, die ihnen wieder, fuhr, und es würde sehr leicht sein, die folgende Reihe von Beispielen aus allen Gegenden Deutschlands ungemein zu vermehren. Der schwäbische Bund tat 1384 zwölf Männer von Nördlingen in die Acht und erklärte, dass sie, wenn sie in einer Bundesstadt getroffen würden, sogleich hingerichtet werden sollten, weil sie die Nördlinger Reichsjuden in einem Auflauf ermordet hatten. Um dieselbe Zeit ward einem Nagler in N?rnberg, Albrecht Knoll, die Stadt 10 Meilen Wegs auf 5 Jahre lang verboten, weil er in der Fasten 3 Juden, die ihm kein Leid taten, hart geschlagen hatte unter dem Vorwande, er müsse die Juden ölen. Ähnliche Beispiele, dass Bürger, die den Juden auch in Schuldangelegenheiten zu nahe getan hatten, die Stadt meiden mussten, kommen in Zürich sehr häufig vor: ja, als im Jahre 1392 eine Nonne ein jüdisches Kind entführt hatte, um es zum Christen zu machen, ward eine sehr sorgfältige Untersuchung darüber verhängt, deren Ausgang war nicht bekannt ist, aber man kann voraussetzen, dass die Täter strenge bestraft worden sind. Die Stadt Regensburg, die 1476 eine Judenverfolgung wegen vorgeblich gemordeter Kinder anstellte, musste ihnen 135.000 Goldgulden Schadenersatz bezahlen. Als Kaiser Karl IV. den Augsburger Juden eine Steuer von 10.000 Fl. auflegte, nahm die Stadt Augsburg sich ihrer an, verfiel aber selbst darüber in die kaiserliche Ungnade. Kaiser Max verbot 1519 selbst einem eifrigen Regensburger Geistlichen, der das Volk wider sie aufhetzte, gegen sie zu predigen *). Selbst wo man sie zu vertreiben für gut fand, wie 1440 in Augsburg, behandelte man sie mit der größten Billigkeit: sie durften nicht nur ihre sämtliche unbewegliche Habe mitnehmen, sondern konnten auch binnen 2 Jahren ihre Häuser verkaufen; dessen ungeachtet ward Friedrich III. über diese Vertreibung höchst ungnädig und die Stadt musste noch nach 16 Jahren mit 12.000 Gulden dafür büßen. Eben so milde wurden sie auch anderwärts, namentlich in England behandelt, wo sie Landeigentum besitzen konnten und manche andere Vorrechte genossen. Unter diesen Umständen lag es nur an den Juden, dass sie keine andere Gewerbe wählten, sondern den Handel, die Trödelei, kurz alle Geschäfte vor, zogen, die ihnen verstatteten, einen schnellen und. großen Gewinn ohne bedeutende Anstrengung zu machen; es ist um so einleuchtender, da es ihnen an vielen Orten, wie z. B. in Zürich gar nicht verwehrt war, Grundstücke, Weinberge, Äcker u. dergl. zu erwerben.

*) Aretin S. 37 und 39. Es ist vielleicht nicht uninteressant zu bemerken, dass in Bayern bereits im Jahre 1541 eine Verteidigung der Juden erschien, die das, was sich widerlegen lässt, recht gut widerlegt: dagegen erhob sich der berühmte D. Eck, der wenigstens in Hinsicht seines Judenhasses mit Luther übereinstimmt; er hat einige gute Vorschläge über die Bedingungen, unter denen sie geduldet werden können. Ob auch ihm die Juden Anleihen abschlugen, habe ich noch nicht erfahren.

Dass aber die verkehrte Bildung und der schädliche Einfluss der Juden auf andere Völker, unter denen sie wohnen, nicht aus dem Druck, sondern aus Ursachen hervor gehen, die in ihnen und ihrer Verfassung liegen, beweist das Beispiel Spaniens und Polens. In Spanien genossen sie während des Mittelalters die größten Vorrechte, und bald waren alle Geldgeschäfte in ihren Händen: sie waren die Finanziers der Könige und der Großen: das Volk ward auf das fürchterlichste gedrückt: sie hatten sogar das Recht, Ländereien zu erwerben und zu besetzen: sie haben dies Vorrecht auch benutzt: aber die Äcker wurden von Christen bestellt, die sie nicht nur aufs äußerste drückten und pressten, sondern selbst mit den Produkten trieben sie einen wucherlichen Handel. Aus diesem Grunde und nicht bloß aus Fanatismus entstand in Spanien ein so allgemeines Geschrei, das endlich nur durch ihre gänzliche Verbannung gestillt werden konnte.

In Polen scheinen die Juden bald nach der Einführung des Christentums eingewandert zu sein: schon im Jahr 1264 gab ihnen Herzog Boleslav große Vorrechte, die ihnen Casimir der Große um das Jahr 1341 bestätigte, der Sage nach aus Liebe zur schönen Esther, einer Jüdin: offenbar aber aus andern Gründen. Man hoffte nämlich durch die Juden den fehlenden dritten Stand, das eigentliche städtische Gewerbe zu ersetzen. Wie sie dieser Erwartung entsprochen haben, liegt zu Tage: ganz dieselben Verhältnisse entstanden wie in Spanien; sie wurden die Hauptbewohner der Städte, und zogen alle Gewerbe so an sich, dass kein Christ neben ihnen aufkommen konnte: sie machten eine eigne politische Verbindung aus, die von ihren Ältesten und Rabbinern beherrscht wurde; alle Juden in Polen waren in gewisse Provinzen eingeteilt: sie hielten ordentliche Landtage und schickten aus ihrer Mitte Deputierte nach Warschau: sie wählten einen eignen Marschall auf 6 Jahre und obgleich der letzte König von Polen diese öffentliche Staatsverfassung aufhob, so dauerte sie doch im Geheimen fort. Mir großer Schlauheit hatten sie alle Kapitalien des Adels und der Geistlichkeit an sich zu ziehen gewusst, alle Christen wussten sie von den einträglichsten Gewerben, von Branntweinbrennereien, Wirtshäusern, Mühlen usw. zu entfernen, und bald brachten sie es dahin, dass kein Christ im Stande war, sich in irgend ein Geschäft der Art einzulassen; die Juden trieben Handel und solche Handwerke, wobei sie ohne große Anstrengung ihrer Kräfte einen großen Gewinn machen und betrügen konnten; z. B. das Schneiderhandwerk, aber der Jude macht weite Stiche um Zwirn zu sparen und weil er Tuch zurückbehält, spannen alle von ihm gemachten Kleidungsstücke; sie machten auch noch Gürtel, die mit Gold und Silberfäden durchwebt sind und wobei wieder ein außerordentlicher Gewinn gemacht werden kann, und besonders gern gaben sie sich mit Goldarbeiten ab; sie ermunterten und nährten die Neigung zum Trunk, um desto größeren Vorteil zu ziehen; den Feldbau und alle mühsamen Arbeiten überließen sie den Christen: Im Jahr 1656 beklagten sich die polnischen Juden bei dem Kurfürsten in Brandenburg, dass sie zum Teil aus Dürftigkeit und um der Erhaltung willen gezwungen wären, bei den Polen auf den Feldern zu arbeiten, und baten, ihnen deswegen den Aufenthalt in den brandenburgischen Staaten zu erlauben Es gelang ihnen sich bei den Großen und bei den Gerichten Schutz und Gönner zu erwerben: sie waren einmal so tief in das ganze Wesen des polnischen Staats verflochten, dass es nicht möglich war, sie herauszureißen. Die Juden waren die Pächter der Gefälle und Einnahmen: gerade hierüber entstanden in der Ukraine die Unruhen der Kosaken, welche endlich die Trennung des Landes von Polen zur Folge hatten: den Juden waren selbst die nichtunierten Kirchen verpachtet: die Geistlichen mussten, wenn ein Kind getauft oder eine andre gottesdienstliche Handlung verrichtet werden sollte, die Schlüssel von dem jüdischen Pächter abholen, der sie, wenn ihm nicht eine namhafte Summe dafür bezahlt ward, verweigerte: ja an manchen Orten war ihnen sogar die Gerichtsbarkeit verpachtet. Warum, kann man fragen, wurden die Juden nicht hier, wo sie alle erwünschte Freiheit genossen, wo sie offenbar nicht die Gedrückten, sondern die Drückenden waren, zu tätigen und nützlichen Bürgern, sondern blieben bis auf den heutigen Tag die Blutsauger des Volks, vor denen kein Zweig der Betriebsamkeit empor kommen konnte? Wie geht es zu, dass die polnischen Juden auf der allerniedrigsten Stufe der Kultur stehen? bedarf es noch eines deutlicheren Beweises, dass es der Geist ihrer Religion und ihrer mit derselben genau zusammenhängenden Volksverfassung ist, der jede höhere Veredlung hemmt, der das Volk in Elend und Dumpfheit niederhält, der dem Charakter eine so unselige und verhasste Richtung gibt? Wie verderblich aber der Einfluss der Juden auf die Bildung und Entwicklung der Polen gewirkt hat, liegt der Welt vor Augen. Dass das russische Volk sich so sehr von den Polen unterscheidet, dass es weit tätiger und betriebsamer ist, liegt zum Teil an dem Umstände, dass schon seit den Zeiten des Großfürsten Wladimir II. (zu Anfang des 12ten Jahrh.) die Juden vertrieben wurden und dass sie bis auf die neuesten Zeiten, wo sie eine unvermeidliche Zugabe der polnischen Erwerbungen waren, keinen festen Fuß darin gewinnen konnten. Auch im ehemaligen Polen findet man in den Kreisen, wo der Juden weniger sind, unter Bürgern und Bauern mehr Wohlstand, Reinlichkeitsliebe, eine vollere Physiognomie und überhaupt ein einnehmenderes Äußere als in den benachbarten Gegenden, die das Unglück haben von den Juden heimgesucht zu sein.

Eine gründliche und unbefangene Betrachtung der Verhältnisse der Juden in den verschiedenen Ländern, wo sie seit ihrer Zerstreuung gewohnt haben, führt zu dem Resultat, dass die Klagen über ungerechten oder unmäßigen Druck im Allgemeinen übertrieben oder ungegründet sind; dass man es den Christen nicht verdenken kann, wenn sie das Verhältnis scharf zu bestimmen suchten, worin sie zu einem Volk stehen wollten, das unter ihnen lebte, und seine Volkseigentümlichkeit aufs strengste behauptete; dass es überall nur an den Juden selbst gelegen hat, wenn sie sich auf keine andern Gewerbe als bloß merkantilische legten, dass sie durch Hindernisse, die tief in ihrer religiösen und bürgerlichen Verfassung gegründet sind, davon zurück gehalten wurden, dass sie endlich überall, wo ihnen irgend eine freie Wirksamkeit verstatted war, dieselbe zum Verderben und Schaden der Nichtjuden missbraucht, und dadurch die Abneigung und den Hass derselben genährt und erhöht haben. Man hat nun seit beinahe 40 Jahren die Frage über die bürgerliche Verbesserung der Juden überall in Anregung gebracht, es ist unleugbar von Seiten mancher Staaten vieles für sie geschehen; aber hat dies Volk als Gesamtheit in dieser Frist auch nur einen einzigen Schritt zum Bessern getan? Wo sie sich im Äußeren den Christen näherten, haben sie aufgehört, Juden zu sein; hat man Beispiele dass sie Landbauer, dass sie Handwerker im edleren Sinne des Worts geworden sind, oder dass sie im Grunde durch etwas Würdigeres und Edleres sich ausgezeichnet haben, als durch den Besitz des Geldes, das doch immer der einzige Maßstab geblieben ist, wonach eine jüdische Größe berechnet und beurteilt wird? *) An die Spitze von gewissen Fabriken mögen sie sich gestellt und sie auch mit Erfolg und Glück betrieben haben; aber dass es für viele Länder und Städte eben kein Vorteil war, wenn Fabriken in ihnen blühen, und die Handwerker arm sind oder gar auswandern, darüber kann man auch nicht zweifelhaft sein. Ja es ist auffallend, dass selbst die Freiheiten, die den Juden erteilt wurden, Veranlassung zu ununterbrochener Fortpflanzung des rohesten Judaismus wurden, dessen Hauptsitz unleugbar Brody ist, welchem Ort Joseph II. die Rechte einer Freistadt erteilte. Suchen wir aber die Gründe in der bürgerlichen und religiösen Verfassung der Juden auf, woraus ihr eigentümlicher Zustand in der Zerstreuung sich erklärt, so bieten sich außer den lästigen Geboten des Zeremonialgesetzes drei Momente als die bedeutendsten dar, die hier nur in der Kürze angedeutet werden.

*) Wenige einzelne Ausnahmen, die mir sehr wohl bekannt sind, können nicht als Gegenbeweis gelten.

1. Die streng aristokratische Verfassung und die Autorität ihrer Rabbiner. Das ganze Volk zerfällt in den Adel oder die Gelehrten, und den Pöbel oder die Ungelehrten; andere Standesunterschiede gibt es unter ihnen nicht. Der Geldadel wird unter den eigentlichen Juden selbst weit minder geachtet, als die Kenntnis der fratzenhaften und geistlosen Art der Gelehrsamkeit, worin ihre Rabbiner ihre geistigen Kräfte übten und verdarben; der reichste Jude hält es für die größte Ehre, seine Tochter mit einem armen Rabbiner zu vermählen, und jeder Vater wünscht seinen Sohn zum Gelehrten zu erziehen. Jede freie Entwicklung wird unmöglich, so lange diese Verhältnisse bestehen; alle Aussprüche seiner Lehrer mit blindem Gehorsam anzunehmen, ist die erste und heiligste Pflicht des Juden, und das Interesse der Rabbiner ist es natürlich, dieses Verhältnis möglichst zu erhalten und zu befestigen. *)

*) Hierüber enthält Solomon Maimons Leben die merkwürdigsten Aufschlüsse; es gibt vielleicht kein Buch, woraus man den Geist des Judentums so wahr und lebendig kennen lernt.

2. Hiermit hängt der Glaube zusammen, dass die Juden das erste und vorgezogenste Volk Gottes sind, dem die Herrschaft der ganzen Weit gebühre, und dass eine Zeit kommen werde, die die ganze Erde ihrer Gewalt unter, wirft; daher gibt es kein Volk, nach ihrer Meinung, das sich in irgend einer Hinsicht vor ihnen eines Vorzugs rühmen darf; allen sind sie moralisch überlegen. Hieraus entsteht ein Hochmut, der ein unauslöschlicher und unbewusster Charakterzug wird. Spanische Schriftsteller haben bemerkt, dass die Juden zuerst anfingen, ihren Namen den Titel Don vorzusetzen, und dass ihr Beispiel endlich auch die Eingeborenen ansteckte, so dass selbst Bauern und Hirten sich diese Ehrenbenennung anmaßten, die eigentlich nur hohen und edlen Personen zukam. Ja eben diese innige Überzeugung von ihrer Vorzüglichkeit ist die Ursache von der abscheulichen Vernachlässigung ihres Äußeren, die man den Juden so oft vorgeworfen hat; auch in Lumpen gehüllt glaubt er vor dem Weltrichter immer schöner und willkommener zu sein als der reinlichste Christ. Folgende Stellen kommen in den heiligen Büchern der Juden vor: Eine jüdische Seele allein ist in den Augen Gottes lieber und werter als die Seelen eines ganzen Volks; die Israeliten sind vor Gott angenehmer als die dienstbaren Engel, sie sind unter den Völkern, was das Herz unter den Gliedern ist, nur um ihretwillen ist die Welt erschaffen, und ohne sie kann sie nicht bestehen, sie machen die Früchte, die andern Völker die Schalen aus; die Israeliten sind durch ihre guten Werke von allen Völkern der Welt unterschieden, sie sind im Gegensatz, gegen die übrigen Völker, bei denen ein Weiser eine Seltenheit ist, sämtlich klug und verständig; es ist eben so viel einem Juden einen Backenstreich zu versetzen als der göttlichen Majestät. Dieselben Äußerungen finden sich in den neuesten, von den aufgeklärtesten Juden herrühren, den Schriften. „Gewisse menschliche Tugenden sind den Juden gemeiner als den meisten Christen. Man bedenke den gewaltigen Abscheu, den sie vor einer Mordtat haben. Wie mitleidig sind sie nicht gegen alle Menschen, wie milde gegen die Armen beider Nationen. Und wie hart verdient das Verfahren der meisten Christen gegen ihre Armen genannt zu werden. Es ist wahr, sie treiben diese beiden Tugenden zu weit, ihr Mitleiden hindert beinahe die Gerechtigkeit, und ihre Mildigkeit ist beinahe Verschwendung. Ich könnte noch vieles von ihrem Fleiß, von ihrer bewundernd würdigen Mäßigkeit, von ihrer Heiligkeit in der Ehe hinzusetzen“ *). „Mord, Kindermord, Mordbrennerei, Raub, Straßenräuberei, Diebstahl, Unkeuschheit, Blutschande, Pederastie (Päderastie), Bedrückung der Witwen und Waisen und andere grobe Verbrechen sind alles Phänomene, die teils gar nicht, teils äußerst selten bei Juden vorkommen.“ Die Christen haben von den Juden im Handel und Wandel weit besser kalkulieren gelernt. Die Christen haben zur Bildung der Juden nur wenig, aber das Beispiel eines Moses Mendelsohn wahrlich sehr viel beigetragen. Immer sind solche Städte, die keine Juden dulden, im Flor gegen die Städte zurück, wo man tolerant gegen sie ist. Ich kenne, sagt Moses Hirschel, fast alle bekannte positive Religionen genau, aber keine ist von Blattern befreit, und daher lohnt es sich wahrlich der Mühe nicht, Blattern mit Blattern umzutauschen. Dass verhältnismäßig mehr Zucht und Keuschheit unter den Juden als unter den Christen herrscht, bestätigt überall die Erfahrung.

*) Moses Mendelssohn in einem Briefe über das Schauspiel: die Juden, in Lessings Schriften, Th. 23. S. 124. Es sei fern von mir, diese zum Teil höchst lächerlichen Prahlereien zu wider, legen; nur eine Bemerkung kann ich nicht unterdrücken, dass gerade der Ruhm, den Mendelssohn seinem Volk beilegt, sehr problematisch ist; sind nicht unter den Räuberbanden, nach allen Inquisitionsakten, die Juden immer die feigsten, aber auch die grausamsten? Wie reimt sich mit dieser angeborenen Sanftmut der notorische Umstand, dass die Juden eine barbarische Gefühllosigkeit gegen das Vieh, selbst gegen die Pferde, beweisen, wie die feine Bemerkung Rohrers, dass die Juden in Galizien fast ausschließend das Metzgerhandwerk treiben, während man keinen einzigen Gärtner unter ihnen findet?

Mendelssohn war weder Arzt noch Künstler; Friedländer, Salomen Maimon, Weßeli, Ben David und meine Wenigkeit (Moses Hirschel) waren es auch nicht, und doch dürften sie noch keine Vergleichung mit den edelsten Christen scheuen. Die Menschheit kennt wenig oder gar keine Begebenheiten von solcher Wirkung, als die Ausbreitung dieser (der jüdischen) Nation und ihrer Urkunden auf die Menschheit vom Aufgang bis zum Niedergang tausende von Jahren herab gehabt hat und noch hat. Wir können, wie uns dünkt, die Annalen der Menschheit in der Hand, laut sagen, dass das Christentum in jenen Zeiten (da der Talmud entstand, also in der Epoche der ursprünglichsten Reinheit unsrer Religion) noch tiefer gesunken war als die Religion der Juden. Das Judentum ist besser als das Christentum, weil es die Dogmen seiner Religion keiner läuternden Feuerprobe zu unterwerfen braucht. In Ansehung der Moralität stehen die Juden um keine Sprosse tiefer als irgend ein anderes noch so gelehrtes, kultiviertes und poliertes Volk. Bei keinem Volk werden die Tugenden der Menschheit (?) häufiger angetroffen; keines übt die wahre Mildtätigkeit in einem höheren Grade aus; nirgends ist väterliche und kindliche Liebe, die Heiligkeit der Ehe tiefer gegründet, nirgends die Aufopferungen zum Besten Anderer zahlreicher und größer; bei keinem gesitteten Volk sind die groben Verbrechen: Mord, Raub und Todschlag, und Landesverräterei, die unnatürlichen Laster, die Verdorbenen Sitten seltener! „Man vergisst, dass Deutschlands Heere in dem Kampf gegen Frankreich unterlagen, ehe noch die Juden in ihrer Mitte Teil daran nahmen, und erinnert sich nicht, wie folgenreich sie in den Jahren 1812 und 1814 kämpften, als die Juden aus Russland, Polen, Österreich und Preußen mit ihnen in Reihe und Glied standen.“ Es bedarf Wohl keines weiteren Beweises, dass die Vorstellung, das erste aller Völker zu sein, den jüdischen Begriffen so eingewachsen ist, dass keine Aufklärung sie vertilgen kann. Niemand kann uns der Konsequenzmacherei beschuldigen, wenn wir aus diesen Ansichten und Äußerungen die Folgerung ziehen, dass die Juden als das erste, würdigste, musterhafteste aller Völker notwendig den Vorzug und die erste Stelle ausschließend verlangen können; dass diese Anerkennung ihres höheren Werts ihnen um gerechterweise verweigert sei, und dass nichts billiger sein kann, als sie, das Salz und den Kern der Menschheit, als das Ideal zu verehren, dem Alle huldigen müssen? Auch in ihren Forderungen und Ansprüchen ist ein Stufengang unverkennbar von billigem und bescheidenem, von Duldung zur Anerkennung ihrer Menschenrechte, von dieser zur Erteilung aller Volks- und Bürgerrechte, und von dieser zur Akkommodation nach ihren Gesetzen und Sitten. Schon hat ein aufgeklärter, patriotischer Jude mit aller Unbefangenheit öffentlich vorgeschlagen, dass, da es nicht zu hoffen sei, dass die Juden, die so steif und fest an dem Gesetz und dem all alten Herkommen hängen, ihren Sabbath verlegen werden, die Christen lieber ihre Sonntagsfeier auf den Sonnabend, ihre Osterfeier auf das Passah, das Weihnachtsfest auf das Hamansfest verlegen möchten; und er fordert sogar alle Regenten auf, zu diesem herrlichen und wohltätigen Unions-Vorschlag die Hand zu bieten. *)

*) Ein freundliches Wort an die Christen von einem Juden, Königsberg 1804, S. 36. „Sie müssen alle Ärgernis überwinden, sonderlich dass der Sabbath verlegt ist, welches sie sehr bewegt und hart an den Kopf stößt, und die Apostel haben’s also geordnet, des Herrn Auferstehung zu Ehren.“ Dr. Martin Luther.

Ja wo sie sich irgendeinen Einfluss verschaffen konnten, wollen sie nicht einmal dulden, dass jüdische Schlechtigkeiten und lächerliche Eigentümlichkeiten auf dem Schauplatz dargestellt werden. Als im Jahr 1788 der Kaufmann von Venedig in Berlin aufgeführt ward, glaubte Ramler eine Entschuldigung machen zu müssen, dass man sich erkühne, einen schlechten Juden auf die Bühne zu tragen; er schrieb einen gar holprigen Prolog, worin er gestand, dass in der Regel die Christen die schlechten wären; indessen äußerte sich der Unwille des christlichen Publikums über eine so grobe Unschicklichkeit so nachdrücklich, dass man bei den folgenden Vorstellungen diese Entschuldigung wegließ *). Was für einen Lärm haben sie in unseren Tagen erhoben über eine kleine unschuldige lustige Posse, deren Titel man sogar aus schonender Rücksicht geändert hatte; was für Versuche gemacht, um die Aufführung derselben zu hindern **)!

Diese innige und von Jugend auf genährte Vorstellung von ihrer Vortrefflichkeit ist auch die geheime moralische Kraft, welche die Juden gleichgültig gegen jede Behandlung gemacht hat, die ihnen außerhalb des Kreises ihres Volks widerfährt; sie gab ihnen Trost bei allen Bedrängnissen, sie setzte sie weg über Ehre und Schande, denn niemand konnte sie schänden oder ehren, als wer zu ihnen gehörte; doch

*) Annalen der Juden in der M. Br. Z329. Der würdige Verf. der verstorbene Ordensrat König, äußert sich auf eine sehr verständige Weise über diese so unbegreifliche Abgeschmacktheit.
**) Das Stück: die Judenschule, oder wie es hier betitelt wird: unser Verkehr, wird jetzt von den Kritikastern als schlecht und jämmerlich verschrien; es ist aber ein sehr lebendiges Charaktergemälde, das, gut gespielt, sehr unterhalten muss. Es ist sogar ganz regelgerecht, hat Einheit des Orts, der Zeit und der Handlung, und da ist es doch gar zu viel gefordert, dass es nicht nur regelmäßig und unterhaltend, sondern auch noch obendrein moralisch-sentimental sein soll! Im Ernst gesprochen war es gar nicht der Wert der Posse, der die Teilnahme des Publikums dafür so lebhaft erregte; es war lediglich jene ruchbar gewordene Verhinderung einer angekündigten Darstellung, deren Inhalt in keiner Hinsicht beleidigend oder anstößig war; es ist vielleicht nötig, diese Anmerkung zu machen, damit die Auswärtigen sich nicht einbilden lassen mögen, als wäre es dem Publikum von Berlin nur um eine schlechte Komödie mehr zu tun gewesen. Der innere Werth derselben hätte viel geringer sein können als er wirklich ist, und jeder Unbefangene würde dennoch das ausdrückliche laute und wiederholte Verlangen nach der Vorstellung, als sehr löblich billigen müssen; was würde ein solcher Vorfall in England für einen ganz andern Skandal erregt haben!

haben sie sich, sagt Luther vortrefflich *), Abrahams gerühmt, nicht um seines, sondern um ihrer Ehre willen; also verstockt sind sie, dass sie sich in der höchsten Schande noch dazu dürfen rühmen. Hierzu kommt die Hoffnung, dass sie alles, was sie hier dulden und leiden müssen, im künftig gen Leben doppelt rächen werden; Solomon Maimon erzählte), dass einst in dem schmutzigen Kruge, den sein Vater gepachtet hatte, eine polnische Fürstin, die von allem Glanz der Schönheit und des Reichtums umstrahlt war, anhielt; er war über diesen Anblick ganz in Erstaunen verloren, da der Vater ihm ins Ohr raunte: still, in jenem Leven wird die uns den Ofen heizen! Wenn die Juden in der Barbarei von den übermütigen Muhamedanern geneckt und beleidigt werden, trösten sie sich unter einander mit Vorschlägen, wie sie ihnen in Zukunft vergelten, ihnen ins Gesicht spucken, sie schlagen und sonst misshandeln wollen.

*) Luther war bekanntlich kein Freund der Juden, und äußert sich in seiner kräftigen Weise und nach der derben Art jener Zeit oft sehr bitter; die Juden versichern, dass er es nur deswegen getan habe, weil sie ihm eine Geldanleihe verweigert hätten!! Moses Hirschel a. a. O. S. 158.

3. Alle Arbeit erscheint den Juden als eine Strafe, und sie pflegten daher auch wohl den christlichen Bekehrern den Einwurf zu machen, warum die Christen doch noch arbeiten müssten, wenn Gott sich ihrer wirklich erbarmt habe. Der Ackerbau ist die eigentliche äußere Basis unserer Staaten; die Juden werden sich nie daran gewöhnen, und es ist längst hinreichend erwiesen, dass sie, so lange das Zeremonialgesetz besteht, weder die Geschäfte, die derselbe erfordert, gehörig verrichten, noch alle Vorteile benutzen können: einer höheren Tätigkeit, die mit körperlicher Anstrengung verbunden ist, stellen die Vorschriften über das Gebet, die Reinigungen, die Feier der Feste, Bußübungen u. s. w. unzählige Hindernisse entgegen. Der Ackerbau wird auch im Talmud für ein verächtliches Gewerbe erklärt; es ist keine schlechtere Handtierung, heißt es, als der Feldbau: wer 12 Thaler zur Handlung anlegt, kann täglich Fleisch essen und Wein trinken; wer dasselbe Geld auf die Erde wendet, muss sich mit Salz und Kraut begnügen. Überdies muss der talmudische Jude ein Geschäft fliehen, dass er nicht betreiben kann, ohne sich oft und auf mannichfaltige Weise zu verunreinigen. Die Versuche, die man des sonders im Österreichischen und auch in Russland gemacht hat, sie zu Ackerbauern zu bilden, sind insgesamt gescheitert *). Die Viehzucht wird vollends als ein verworfenes Geschäft betrachtet, und der Lebensart eines Räubers gleich, gestellt. Endlich muss der Grundsatz, dass der Reichtum nicht vom Handwerk, sondern unmittelbar von dem, der den Reichtum hat, herrührt, einen höchst verderblichen Einfluss haben; er muss die Juden veranlassen, hauptsächlich solche Gewerbe und Geschäfte vorzuziehen, wo Gott sie am schnellsten und leichtesten bereichern kann, und sie müssen in der Vermehrung ihres Vermögens durch Handel, Wucher u. dgl.

*) Man s. Rohrer über d. j. B. d. O. M. S. 59. Mich hat ein aufmerksamer Beobachter, der jüngere Herr von Engelhard aus Estland, versichert, dass der Versuch, polnische Juden unweit Nikolajew anzusiedeln und zu Ackerbauern zu machen, gänzlich misslungen sei; ihnen wurden ganz auf den Fuß der deutschen Kolonisten Äcker, Geräte, Häuser u. s. w. gegeben, und sie waren der Aufsicht eines Comptoirs untergeordnet, allein alle Bemühungen waren fruchtlos; viele haben ihre Wohnungen verlassen, die meisten ihr Ackergerät verkauft, und die wenigen übriggebliebenen schachern; das Land wird von Russen bearbeitet. Ein dort ansässiger Beamter versicherte den Reisenden, dass sie, als ihnen bei ihrer Ankunft angezeigt ward, man würde ihnen Vieh, Saaten und Werkzeuge liefern, baten, man möge ihnen doch lieber den Betrag bar auszahlen, weil sie durch Handel schon mehr profitieren würden. Das Dorf Dschujudsa Kale, unweit von Baktschirsaraj in der Krim, wird von Karaiten bewohnt, die sich überall durch Redlichkeit, durch ein reinliches Äußere u. s. w. vor den rabbanitischen Juden vorteilhaft auszeichnen; allein auch diese haben ihre Ländereien an die Tataren verpachtet, während sie selbst nur Handel und Handwerke treiben.

einen neuen und unmittelbaren Beweis von der Vorsorge Gottes für sein auserwähltes Volk sehn. Es ist ihnen ausdrücklich erlaubt, von Fremden zu wuchern! Selbst ihr geistreichster und ausgezeichnetster Lehrer, Moses Maimonides, gibt in seinem Sepher Mischpotim oder dem Buch von den Rechten die Erläuterung: Leute von anderer Religion soll man fleißig mahnen, denn es ist ein verdienstvolles Werk, dieselben zu schinden und zu plagen, nach dem Befehl der Schrift: den Fremden sollst du drängen. Überdies ist es auch sehr verzeihlich, dass die Juden ihr bisheriges Gewerbe, den Handel, allen andern Geschäften vorziehen; denn auf keinem andern Wege können sie hoffen, ein so schnelles Glück zu machen; welche Ermunterung muss nicht für sie das Vorbild so vieler armer Volksgenossen sein, die mit einigen Ellen Band oder alten Lumpen ihre Laufbahn anfingen und in kurzer Frist zu Besitzern von Millionen wurden, und selbst unter den Christen durch ihren Reichtum sich Einfluss und Ansehen verschaffen konnten?

Nach diesen allgemeinen Betrachtungen und Erörterungen kann über die Beantwortung der Frage: was können die Juden fordern, und was ist man aus menschlichen Rücksichten ihnen schuldig? schwerlich ein Zweifel mehr übrig sein. Jedes Volk, das sich in seiner Eigentümlichkeit und Würde zu behaupten und zu entwickeln wünscht, muss alle fremdartigen Teile, die es nicht innig und ganz in sich aufnehmen kann, zu entfernen und auszuscheiden suchen, das ist der Fall mit den Juden; es wäre besser gewesen, sie hatten sich nicht unter uns angesiedelt, man hätte ihrer Einwanderung und ihrer Vermehrung kräftiger und nachdrücklicher zu wehren gesucht. Jetzt würde es allerdings grausam sein, wenn man sie ganz und gar vertreiben oder mit Gewalt unterdrücken wollte; daher bleibt nur ein dreifaches Streben übrig:
1. die Festsetzung eines bestimmten Verhältnisses, worin die Juden zu den Deutschen stehen sollen,
2. die Verhütung ihrer Vermehrung durch äußere Einwanderung;
3. die möglichste Erleichterung und Beförderung des Übertritts zum Christentum als der ersten und unumgänglichen Bedingung, wodurch sie zu Deutschen werden können.

Die Juden können zu Deutschland in keiner andern Beziehung gedacht werden, als in der eines geduldeten Volks; sie werden als Schirm- und Schutzgenossen angesehen, und die Forderung, ihnen gleiches Bürgerrecht zu erteilen, würde in früheren Zeiten geradezu als entschiedener Unsinn erschienen sein; sie sind Metoiken, die zu der eigentlichen Kraft des Volks nichts beitragen; man muss sie zunächst nur unschädlich zu machen suchen, daher würde ein allgemeines bestimmtes Gesetz über die Juden und ihre Verhältnisse zu erlassen sein, das die Grenzen ihrer Wirksamkeit genau bezeichnete; vor Allem muss festgesetzt werden, dass ihnen in keinem einzelnen Staat Vorrechte oder Gerechtsame bewilligt werden, die den deutschen Einwohnern oder andern Deutschen nachteilig werden können; Orte und Städte, die das Recht hatten, dass keine Juden in ihnen geduldet werden, müssen von Rechtswegen dabei geschützt und behauptet werden. Es muss ihnen erlaubt sein, sich auf eine rechtliche Weise auch durch Handel zu ernähren, nur muss dieser einer besonders strengen Vorschrift unterworfen werden, und man muss suchen, durch ein bestimmtes Gesetz allen Missbräuchen, so viel auf diesem Wege möglich ist, vorzubeugen; man muss ihnen niemals Monopole, nie Münzgeschäfte, nie Pachtungen von Staatseinkünften u. dgl. übertragen; es muss ein Jude nur dann Landgüter erwerben können, wenn er selbst sie bearbeiten will; besonders muss nie ein Jude herrschaftliche oder Patronatsrechte über Deutsche erlangen können. Wenn auf diese Weise das Interesse der Deutschen zunächst berücksichtigt ist, kann man sie sich selbst überlassen; es kann ihnen gestattet bleiben, Juden zu sein; es kann ihnen ein eignes Zeichen, eine Volksschleife, bestimmt werden, wodurch sie sich unterscheiden; sie können sich in ihren Streitigkeiten untereinander eigener Richter nach ihren Gesetzen bedienen; in Fällen aber, wo sie mit Deutschen in Händel verwickelt werden, entscheidet der christliche Richter, natürlich nach den allgemeinen Rechten, und allenfalls mit Rücksicht auf das vorgeschlagene Judengesetz. Wollen Juden sich auf Gewerbe anderer Art als den Handel legen, so muss es ihnen gestattet werden; doch versteht es sich, dass, wo noch Zünfte bestehen, die als eine wesentliche Bedingung der deutschen städtischen Verfassung erhalten und hergestellt werden müssen, diese nicht gezwungen werden können, Juden aufzunehmen. Wenn man ernstlich gewollt hätte, würde es sehr leicht geworden sein, jüdische Handwerker zu erziehen; wie leicht können die reichen Juden diejenigen Knaben aus ihrer Mitte, die Neigung dazu haben, von geschickten Meistern oder Gesellen unterrichten lassen; sobald erst eine kleine Anzahl vorhanden ist, wird diese neue Zöglinge anziehen; die ersten werden bei ihren Volksgenossen Verdienst finden, und wenn sie geschickt, redlich und tätig sind, so wird es ihnen an christlichen Kunden nicht fehlen.

In Hinsicht der Abgaben müssen die Juden zuerst den Christen völlig gleich gestellt werden und dasselbe leiten, was diesen obliegt; überdies ist es. aber billig, dass sie auch noch ein besonderes Schutzgeld bezahlen; von vielen persönlichen Leistungen sollen und müssen sie ausgeschlossen bleiben, die nämlich für das Beschwerliche ihre Belohnung in der Ehre haben, und wohin die Verteidigung, die Verwaltung von Gemeindeämtern u. dgl. gehört. Sie müssen überdies erkennen, dass ihr Aufenthalt unter den Deutschen eine Vergünstigung sei. Es scheint überhaupt nicht, dass die besonderen Schutzgelder je sehr drückend gewesen sind *); übrigens muss man sich hierbei erinnern, dass die Gewerbe der Juden von der Art sind, dass sich durchaus keine Berechnung über den Gewinn, den sie abwerfen, anstellen lässt, dass die Juden zum Teil ihr Vermögen verheimlichen, und tausend Entschuldigungsgründe zu finden wissen, um minder genaue Angaben vor ihren Gewissen zu rechtfertigen. Abgaben, die etwas Schimpfliches mit sich führen, wie z. B. die Leibzölle u. dgl., verdienen abgeschafft zu werden. Da nach unserer Ansicht das Verhältnis, festgestellt werden muss, worin die Juden zu den Deutschen stehen sollen, so muss es ein allgemeines sein, das überall in allen deutschen Ländern seine Anwendung findet; es könnte daher auch die besondere Judensteuer, wie sie ehemals dem Kaiser zufloss, zu den allgemeinen Bedürfnissen und Ausgaben des deutschen Vereins bestimmt werden.

*) Nach den Daten, die ich darüber habe sammeln können, die jedoch noch sehr unvollständig sind: Ich sammle zu einer Statistik der Juden in Deutschland; meine Freunde und andere Gönner wurden mich durch Mitteilung von Beiträgen sehr verpflichten.

Da es ein allgemeiner Wunsch sein muss, dass die Juden endlich ganz aufhören, als Volk unter den Deutschen zu bestehen, so muss das Gesetz verbieten, dass durchaus kein fremder, außerhalb Deutschland geborener Jude sich daselbst niederlasse; es muss daher eine allgemeine Matrikel aufgenommen werden von allen seit einem Normaljahr (wozu vielleicht das Jahr 1806 zu wählen wäre) in Deutschland vorhandenen Juden; so wie Friedrich der Große, dessen bewundernswürdige Weisheit alle öffentlichen und bürgerlichen Verhältnisse bis auf ihren tiefsten Grund durchschaute, und dessen Gesetzgebung über die Juden ein Muster für alle Zeiten genannt zu werden verdient, das Jahr 1750 für seine Staaten festsetzte; diese Zahl muss als das Maximum stehen bleiben, und nur durch eigene Fortpflanzung, nie durch Einwanderung und Ansiedelung, sich vermehren können; es muss keine Rücksicht auf Vermögen, keine Vorspiegelung von nützlichen Einrichtungen, z.B. Fabriken, Lotto's u. dgl. eine Ausnahme von dem Grundgesetz bewirken.

Wichtig endlich ist es, den Juden den Übertritt zum Christentum zu erleichtern; hier ist offenbar von den Christen zu wenig geschehen, und das ist der Punkt, wo wir uns die größten und verdientesten Vorwürfe machen können; obgleich auf mehreren Konzilen, z. B. noch zu Basel, sehr richtige und wahrhaft apostolische Grundsätze darüber aufgestellt sind; es ist ausdrücklich verordnet, den armen Proselyten einen Teil der zu frommen Zwecken bestimmten Stiftungen und Spenden zufließen zu lassen, und ihnen alle Privilegien zu erteilen, die an dem Ort des Übertritts, nur irgend den Christen zukommen. Man ist unzufrieden mit den Juden, ihrem Charakter, ihrer Lebensweise gewesen; aber was hat man getan, um sie zu Christen zu machen? Selbst die Proselyten hat man verachtet, man hat sie sogar getadelt, hat sie am Ende ihrem Schicksal überlassen. Welcher Widerspruch! unmenschlich ist es, den Juden einen Vorwurf zu machen, dass sie Juden sind; nur darin liegt ihre Schuld, dass sie es bleiben, selbst wenn sie Gelegenheit haben, von ihren Irrtümern und den Ursachen ihres traurigen Zustandes sich zu überzeugen. Die Juden verfolgten die Abtrünnigen bekanntlich mit dem grimmigsten Hass; sie behaupteten, es wären schlechte und verworfene Menschen, die nur aus Gewinnsucht ihren väterlichen Glauben verließen, und die Christen haben diesen Versicherungen zu übereilt geglaubt; sie haben selbst die getauften Juden mit einer Art Misstrauen betrachtet. Man darf aber nur die Schriften der Judenbekehrer und des Kallenbergschen Instituts mit Aufmerksamkeit durchlesen, um zu sehen, dass bei weitem die meisten Übergetretenen durch eine innere Anregung und Überzeugung das Judentum verlassen haben. Ich berufe mich hierbei auf so viele fromme und würdige Männer, die das Christentum angenommen, die ihm selbst als Lehrer gedient haben. Das Kallenbergsche jüdische Institut war eine löbliche und echt christliche Anstalt, die, wenn sie sich nach den Fortschritten der Zeit fortgebildet und geläutert hätte, unendlich nützlich hätte werden können. In England ist neuerlich eine ähnliche Einrichtung gegründet worden; sie führt den Namen: die Londner Gesellschaft zur Beförderung des Christentums unter den Juden, und viele tätige und eifrige Mitglieder haben sich zu diesem Zweck vereinigt. Sie ist von einem geborenen Juden aus Franken I. S. C. F. frei veranlasst, der in das Missionsinstitut zu Berlin im J. 1800 eintrat. Im folgenden Jahre kam er nach London, um nach Afrika zu gehen. Da er sich sehr geneigt fühlte, an der Bekehrung seiner Brüder zu arbeiten, so beschloss die Missionsgesellschaft, ihn in diesem Versuch zu unterstützen; er blieb verschiedene Jahre in Verbindung mit derselben, bis sich ein Verein bildete, der sich ganz der Bekehrung des jüdischen Volks widmete. Es ward eine eigne Kirche unter dem Namen der Judenkapelle eingerichtet, wo Frei und verschiedene dissentierende Geistliche den Gottesdienst halten, und im J. 1813 hat der Herzog von Kent den Grundstein zu einer Episkopalkirche zur Bekehrung der Juden gelegt; mit derselben ist eine Schulanstalt für jüdische Kinder verbunden, von denen jetzt eine große Anzahl unter der Obhut der Gesellschaft steht. Sie hat großen Beifall gefunden, und ihre Einkünfte vermehren sich schnell. „Vielleicht“, heißt es in dem Aufsatz, woraus diese Nachricht entlehnt ist, „lässt sich bei dem jetzigen Geschlecht der erwachsenen Juden kein großer Erfolg hoffen; aber werden ihre Arbeiten mit Weisheit und Erfolg geleitet, so wird die Verbindung ohne Zweifel ein wichtiges Werkzeug werden, um den verlorenen Stamm Israels zu erwecken und zurück zu führen.“ Eine neue Bekehrungsanstalt für die Juden, die sich höherer Unterstützung erfreute, würde äußerst wünschenswert sein, um ihren allmählichen Übergang zu erleichtern und vorzubereiten; die Proselyten müssten in den Stand gesetzt werden, sich ihren Unterhalt zu erwerben; und es versteht sich, dass ihnen jeder Vorzug, worauf sie durch Verdienst und Geschicklichkeit Anspruch machen können, zu Teil werden muss, dass die Christen sie mit Liebe aufnehmen und sie auch zu ihrem äußern Fortkommen unterstützen müssen. Es lässt sich erwarten, dass die Juden bei einer kräftig ausgesprochenen und im Leben behaupteten Verschiedenheit zwischen Deutschen und ihnen auf der einen, und einer milden Behandlung auf der andern Seite, immer allgemeiner übertreten, und besonders die Reicheren wenigstens ihre Kinder im Christentum unterrichten lassen werden.

Die allgemeinen Rechte und Pflichten eines Individuums, die aus dem Begriff desselben herfließen, lassen sich auf fünf Hauptmomente zurückführen:

1. Das Recht, sich alle Vorzüge zuzueignen, die einem gegebenen Volk zukommen, die durch die Gesamtheit erwor,ben sind, und worauf der Einzelne Anspruch macht, unter der notwendiqen Verpflichtung, seines Volks würdig zu leben und zu wirken.
2. Der Zugang zu allen Ehren und Würden, die in einem Volk dem Verdienst offen stehen: die Verwaltung öffentlicher Ämter, wozu ein Fremder nur erst fähig wird durch die feierliche Einbürgerung von Seiten der Regierung, und unter bestimmten Modifikationen; und nur unter der Bedingung, dass er sich dem Volk, worunter er aufgenommen wird, ganz und gar anschließe.
3. Die Teilnahme an der Volksgegenwärtigung, wenn es verfassungsmäßig dazu berufen und berechtigt wird.
4. Die Pflicht, als Glied einer einzelnen Gemeinde gewisse öffentliche Geschäfte zu übernehmen und zu verwalten.
5. Die Pflicht der Verteidigung. Man hat einen Haupteinwand gegen die Duldung der Juden aus ihrer Abneigung gegen den Kriegsstand hergenommen, der auch allerdings mit ihrem Zeremonialgesetz nicht verträglich ist, und wozu sie überdies wegen ihrer schwächeren physischen Konstitution, nicht geeignet sind; im Österreichischen werden die meisten zum Militärdienst ausgehobenen Juden wieder entlassen, weil sie im Ganzen nur den Spitalern anheim fallen. Aber noch aus höheren Rücksichten müssen sie von der Verteidigung des Vaterlandes ausgeschlossen werden, und es ist daher ein neuer Grund, um ihre Verminderung und Ausrottung zu wünschen. Das Kriegsheer der Deutschen soll den Kern und die Blüte des Volks enthalten; es soll die edelsten Kräfte in sich vereinigen, und muss mithin durchaus volkmäßig sein; es können daher nur Deutsche darin aufgenommen werden, weil gerade in ihm die Volkseinheit sich am kräftigsten darstellen muss: nur Deutsche dürfen neben Deutschen fechten; es muss eine Ehre sein, das Schwert zu tragen, die nur dem Volksgenossen zukommen kann, und daher ist es billig, dass die Juden keinen Teil daran haben; den Vorzug, dass sie der Gefahr nicht ausgesetzt sind, dass sie ruhig ihren Handel treiben, mag man ihnen gönnen.

Um allen Missverständnissen und Missdeutungen vorzubeugen, erlaubt es sich der Verfasser, die Summe seiner ganzen Ansicht in folgende Sätze bestimmt zusammen zu fassen:
1. So lange die Juden Juden bleiben wollen, erklären, sie sich für eine besondere und abgesonderte Nation; sie erklären, dass sie sich nicht mit dem Volk, unter welchem sie leben, zu einem Ganzen verschmelzen wollen.
2. Völker von verschiedener Abstammung und Sprache können zwar ihre Eigentümlichkeit behaupten, und doch durch die Idee des Herrschers oder der Verfassung zusammenfallen und eins werden; dann aber müssen sie sich einmal in einer bestimmten äußern Begrenzung als ein zusammenhängendes Volk darstellen, und es müssen zwischen ihnen nicht solche Gegensätze Statt finden, wodurch die Wirksamkeit einer solchen verbindenden Idee unmöglich gemacht und ausgehoben wird.
3. Ein solcher Gegensatz findet zwischen Juden und Deutschen Statt; die Erhaltung ihrer Volkseigentümlichkeit ist an ihre Religion gebunden, die zugleich eine trennende politische Tendenz hat.
4. Das wahrhaft sittliche Leben, dessen Beförderung der letzte Zweck aller Staaten sein soll, kann unter den, christlichen Völkern nur ein christliches sein; mithin sind auch die Staaten, worin sie zerfallen, christliche. Der größte Teil unsrer bürgerlichen Rechte und Verpflichtungen, fällt unmittelbar mit unserem Glauben zusammen, und es ist von der wahren Aufklärung zu erwarten, dass sie immer genauer, wieder mit demselben in Verbindung gesetzt werden, Wir, verpflichten uns durch dieselbe Versicherung: „so wahr uns Gott helfe und sein Evangelium“ uns ist das Kreuz das Symbol zur höchsten Aufopferung und zur freudigsten Hoffnung; wir können auf dieselbe Weise mit allen Christen alle, große und bedeutende Ereignisse des Lebens, der Lust wie der Trauer, würdig und von Herzen feiern. Dies sind die, engsten und geheimsten Bande, die die Christen vereinigen sollen, und woran sie als Brüder einander erkennen.
5. Die Gerechtigkeit der Christen gegen sich selbst erfordert, den Gliedern eines fremden Volks, das sich unter ihnen als solches behaupten will, die Rechte zu versagen, deren sie zum Teil nur durch das Christentum genießen; die Juden würden offenbar einerseits alle eigentümlichen Vorteile, die sie als solche haben können, benutzen und überall auch die Rechte der Christen und Deutschen geltend machen; und bei der unausbleiblichen Kollision der Pflichten würden sie bald als Juden, bald als Teilnehmer christlicher und deutscher Rechte eine Entschuldigung haben.
6. Das Verhältnis, worin die Juden als geduldetes Volk zu den Christen stehen sollen, muss bestimmt festgesetzt und ausgesprochen werden; es muss alles geschehen, um sie auf dem Wege der Milde zum Christentum und dadurch zur wirklichen Aneignung der deutschen Volkseigentümlichkeit zu veranlassen, um auf diese Art den Untergang des jüdischen Volks mit der Zeit zu bewirken. Besonders kann ihnen ein größerer Kreis der Gewerbsamkeit eröffnet werden, insoweit es verträglich ist mit der Rücksicht auf die Rechte des deutschen Volks und der christlichen Einwohner.

Zum Schluss erlaubt sich der Verf. noch eine Bemerkung über den Widerwillen, den die Juden seit einiger Zeit gegen den Namen beweisen; sie wollen zwar Juden sein, aber nicht so heißen; ein Schriftsteller aus ihrer Mitte behauptet sogar, der Name habe ihnen geschadet. Er ist in dieser Abhandlung bloß als Volksname gebraucht, und, als solchem kommt ihm kein nachteiliger oder verächtlicher Nebenbegriff zu; die Ableitungen, die fast in ganz Europa davon gemacht werden, müssen notwendig einen Grund haben in der bisherigen Lebensweise oder in dem Charakter des Volks, der sich in so auffallenden Zügen darstellen musste, dass sie Veranlassung zu allgemeinen Ausdrücken gaben; wäre es möglich, ein andres Wort, Israelit, Hebräer, jüdischer Glaubensgenosse oder was man sonst will, in die Sprache einzuführen, so würde das gewöhnliche Leben, falls bei den so benannten Individuen sich dieselben Eigentümlichkeiten zeigten, recht bald auch von diesen Namen bezeichnende Ausdrücke entlehnen. Die Benennung Kolonie ist gar nicht passend; eine Kolonie setzt einen Mutterstaat oder wenigstens eine bestimmte Gründung voraus. Was aber soll man vollends zu dem Ausdruck der Untertanen von der mosaischen Konfession sagen, den wir sogar in öffentlichen, Verordnungen gelesen zu haben uns erinnern?


Anhang.

I. Übersicht der Begünstigungen und Vorrechte der Juden in Spanien.
II. Über den Einfluss der den Juden in Spanien im Mittelalter bewilligten Vorrechte auf die Staatsverfassung und das öffentliche Wohl. Aus dem Dänischen des Herrn Etatsrats und Ritters Moldenhawer.


Die Juden waren früh in Spanien und hatten sich sehr vermehrt: die Fehler, die sie in der ganzen Christenheit verhasst machten, waren auch Ursache, dass die Konzilien und die Reichstage zur Zeit der Goten sehr nachdrückliche Vorkehrungen gegen sie ergriffen. Diese Reihe von Verordnungen hat den löblichen Zweck, jede Verbindung zwischen Juden und Christen abzuschneiden: in derselben Absicht ist befohlen, dass die Juden in abgesonderten Quartieren, mit einer Mauer umgeben, leben sollten, die man unter dem Namen Judenstadt kennt; doch scheint es, dass man diese Trennung nicht in kleinen Gemeinen beobachten konnte.

Die Juden würden glücklicher gewesen und weniger verfolgt worden sein, wenn sie sich mit dem Handel, der ihr Hauptgewerbe war, begnügt, keinen Teil an den Unruhen des Reichs genommen und sich aller Praktiken enthalten hätten, die dem Wohl und der Ruhe des Reichs gefährlich waren. Deswegen war man oft im Begriff, sie ganz aus dem Lande zu vertreiben, doch wussten sie sich zu behaupten: es ist nicht unwahrscheinlich, dass sie an dem Einfall und dem Sieg der Araber nicht wenigen Anteil haben. Die Herrschaft, der Araber war die eigentliche Veranlassung, weswegen die Juden so mächtig empor kamen: die Spanier hatten kein andres Ziel, als die Wiedererlangung ihrer Freiheit; die Juden legten sich unterdessen auf die Wissenschaften und auf den Handel, sie erlangten große Einsichten in demselben und besonders als geschickte Rechenmeister wurden sie bald für die königlichen Finanzen unentbehrlich, so verächtlich sie in den Augen der Spanier ihres Glaubens wegen auch waren. Sie waren in der Regel Ärzte, Apotheker, Schatzmeister und Haushofmeister an dem königlichen Hofe und bei den Großen, und hatten Gelegenheit sich die höchste Gunst und großes Vertrauen zu erwerben. Schon im Jahr 1367 stellten die Stände von Burgos dem Königs vor, dass die Übel, von denen das Land bei den bürgerlichen Unruhen heimgesucht werde, durch die Ratschläge der Juden entstünden, und baten, dass in Zukunft alle jüdische Beamte möchten entfernt werden: doch hatten diese und ähnliche Vorstellungen keinen Erfolg. Die Verwaltung der königlichen Einkünfte war ganz in ihren Händen und sie verrichteten oder verwalteten sie; oft wurden sie über den schreiendsten Unterschleifen ertappt. Aber doch wurden sie beständig gebraucht: sie erhielten sogar allerlei Vorrechte und Belohnungen: der Arzt des Königs Alfonso XI. war zugleich Zollpächter und Münzdirektor. Die Erpressungen und Plackereien, die sie sich erlaubten, erregten einen allgemeinen Unwillen: viele Einwohner mussten ihre Heimat verlassen: laut und rührend waren die Klagen, die von allen Seiten ertönten. Den Gipfel ihrer Macht und ihres Einflusses erreichten sie unter dem Sohn Alfonsos Pedro, bei dem der Jude Samuel Levi vertrauter Minister und allesvermögender Günstling war: es findet sich ein altes Gedicht aus dem Ende des 14ten Jahrhunderts, worin die Not des Volks und der Einfluss des D. Abram und D. Samuel, die mit ihren honigsüßen Worten den König beschwatzten, naiv und rührend dargestellt sind.

Seit dem Jahr 1412 nimmt ihr Ansehen allmählich ab und es war verboten, dass sie in Zukunft die Verwaltung der königlichen Einkünfte übernehmen oder irgend ein öffentliches Amt bekleiden könnten: sie sollten, um auf den ersten Anblick erkannt zu werden, eine besondere Kleidung tragen. Es kam zu einem förmlichen Streit: es schrieb gegen sie der Lizenziat D. Marcos Rodriguez: die Juden verteidigten sich in einer Schrift, die sie dem Könige überreichten: sie erwähnten der vielen Juden, die in verschiedenen Stellen und hohen Ehrenämtern dem Könige gedient, und behaupteten mit den vornehmsten Geschlechtern Kastiliens von gleicher Abkunft zu sein: denn weil sie die mächtigsten des Reichs wären vermittelst ihres Vermögens, ihrer Kapitale und des Schutzes am Hofe, konnte es nicht auffallend sein, dass viele ausgezeichnete Häuser sich mit ihnen zu verbinden suchten. Hieraus war eine solche Mischung entstanden, dass um sie in der Folge zu unterscheiden das Gesetz der Reinheit gegeben ward; dessen Haupturheber der Erzbischof Siliceo war, und das hernach alle Kirchen und Gemeinden in Spanien annahmen. Es fanden sich verschiedene Verteidiger der Juden selbst noch späterhin.

Die Juden hatten während der Zeit eine Menge von Begünstigungen erhalten, dergleichen sie in keinem andern Lande genossen haben, Erstens: Sie standen unmittelbar unter dem Schutz der Könige und der Bischöfe, die sie bei allen Gelegenheiten verteidigten und gegen die Beleidigungen schützten, die sie von dem Volk und den Soldaten zu erdulden pflegten. Es ist nicht zu verwunden, dass sie als Mitglieder des Reichs und zur Erkenntlichkeit für den königlichen Schutz einige Abgaben zu den öffentlichen Bedürfnissen entrichten mussten: die Steuer, die alle Judengemeinden (Aljamas) entrichten mussten, ist unter dem Namen Judenzoll bekannt: sie betrug 30 Goldpfennige für den Kopf, und die Könige entsagten sich derselben zum Vorteil für gewisse Kirchen. In Aragonien zahlten sie mit den meisten gewöhnlichen Abgaben die sogenannte Cena, die dem Yantat in Kastilien gleichkommt, (eine Abgabe zum Unterhalt des Königs). Es gab noch eine andre außerordentliche Abgabe, die die Juden den königlichen Kammerherren (Montero de Espinosa) bezahlten, weil sie sie in Schutz nahmen wenn die Könige sich zum ersten Mal in einem Orte befanden, wo sie angesiedelt waren. Diese Abgabe bestand ältestens in 12 Maradevis für jede Tora: nachher ward sie auf 4 Silberrealen festgesetzt.

Das zweite Vorrecht, wodurch die Juden sich auszeichneten, war, dass jeder bürgerliche oder peinliche Rechtsfall, der unter ihnen sich ereignete, nach ihren besonderen Gesetzen entschieden ward; der Ausspruch war ihren Vorstehern und Rabbinern überlassen: so dass die Appellation von dem Vorsteher an den Rabbiner und von diesem an den König ging: in Kriminalfällen konnte der König jedoch eine Untersuchung befehlen, und seine Richter vereinigten sich zu diesem Behuf mit den jüdischen. - Es soll ein vom Talmud verschiedenes Gesetzbuch vorhanden gewesen sein worüber jedoch nichts näheres bekannt ist: es ist zweifelhaft, ob er für Toledo und Sevilla, die beiden wichtigsten Judengemeinden in Spanien, allein, oder für ganz Kastilien bestimmt war: einige wollen Alfonso VI, für ihren eigentlichen Gesetzgeber halten, der den Mozaraben, Franken und Kastellanern Gesetze erteilte *). Im Reiche Leon war der besondere Gerichtsstand der Juden schon früh aufgehoben. Im Laufe der Zeit missbrauchten sie dieses Vorrecht so, dass sie wagten Christen vor ihre eigne Richter zu berufen: hiergegen wurden oft Verordnungen erlassen.

*) Über diesen wichtigen Gegenstand wäre eine nähere Aufklärung höchst wünschenswert: im Ganzen scheint es sehr unwahrscheinlich sollte diese Gesetzgebung nicht vielleicht die Erklärung des Moses Maimonides gewesen sein?

Das dritte Vorrecht war die Befugnis, Grundstücke in den Reichen von Kastilien erwerben zu können; Don Sancho IV. verbot 1293, dass sie von den Christen auf keine Weise Güter erwerben sollten, weil dadurch die Einkünfte vermindert würden: und sie sollten binnen einem Jahre alle ihre Besitzungen verkaufen. Diese Verordnung ward jedoch entweder nicht beobachtet oder aufgehoben: sie scheinen das Recht vielmehr bis zu ihrer gänzlichen Vertreibung genossen zu haben.

Das vierte Vorrecht, das sie den Edelleuten gleich stellte, war, dass sie Schulden halber nicht verhaftet werden konnten, außer für Rückstände an die Krone.

Vermöge des fünften reichte der Eid des Juden hin, um bei den Forderungen, die sie an die Christen machten, die Größe der Schuld zu beweisen: was zu außerordentlichen Übervorteilungen Veranlassung gab. Von derselben Art war die Befugnis, dass wenn bewiesen war, eine bei ihnen verpfändete Sache sei gestohlen, sie nicht nötig hatten, denjenigen, von dem sie dieselbe erhalten hatten, anzuzeigen. Beim Beweis über Kontrakte und Verschreibungen war ihnen das Zeugnis der Christen ohne Konkurrenz eines Juden in keiner Hinsicht nachteilig.

Die Juden waren im Besitz aller Barschaften; die Christen waren daher gezwungen, zu ihnen ihre Zuflucht zu nehmen: aber der Wucher, den sie bei dieser Gelegenheit ausübten, war so ungeheuer und entsetzlich, dass endlich ein allgemeines Jammergeschrei darüber entstand: ja das Volk nahm sogar oft eine furchtbare Rache an seinen unbarmherzigen Blutsaugern und Peinigern. Freilich wurden mancherlei Gesetze gegeben, um diesem Unheil zu steuern, allein die Juden waren unerschöpflich an Ausflüchten und Ränken, um die Vorschriften zu umgehen und dessen ungeachtet ihre Habsucht auf Kosten der Christen zu befriedigen: sie erdichteten in den Verträgen Verkäufe von Tüchern und andern Waren, und setzten den Wert derselben dreifach so hoch an als er wirklich war.

Der Geiz der Juden, ihr Hass und ihre Treulosigkeit gegen die Christen und die Strenge, womit sie dieselben behandelten, waren die Ursachen, die sie ganz oder zum Teil um ihre Privilegien brachten und endlich ihr Verderben herbeiführten. In den letzten Zeiten wurden sie oft misshandelt, besonders vergalt ihnen der Königl. Einnehmer Villacis, was sie früher gegen die Christen gesündigt hatten: es entstand daher das Sprichwort:

Jude mit der Nase groß
Zahl’ an Villacis den Schoß:
Zahl’ an Villacis den Schoß
Jude mit der Nase groß *)

Endlich wurden sie 1492 vertrieben: ihre Zahl ward von Einigen auf 400.000 angesetzt, was keineswegs übertrieben scheint.

*) Eine lange Nase wird im ganzen Mittelalter als charakteristisches Zeichen der Juden betrachtet.