Gleiche Rechte für Juden und Christen
Auch die Juden sind bei den großen Bewegungen, aus denen eine neue Gestalt Europas hervorgehen soll, nicht untätig gewesen; auf dem Kongress zu Wien traten sie mit der Forderung auf, dass ihnen überall in Deutschland dieselben Rechte mit dem deutschen Volk bewilligt werden möchten. Sie hatten daselbst einen Anwalt und Vorsprecher, der in einer ausführlichen Denkschrift die Gerechtigkeit oder Notwendigkeit dieses Verlangens aus allen Gründen der Humanität und Politik zu beweisen suchte: und in einer hinzugefügten Sammlung der Verordnungen, die in neuern Zeiten irgendwo zum Besten des jüdischen Volks erlassen sind, Beispiele aufstellte, wie höchst tolerant viele, von Aufklärung durchdrungene, Regierungen sich bereits benommen hatten. Die Entscheidung ist indessen wohl nicht so ausgefallen, wie die Juden vielleicht erwarteten; mit Recht hat die Weisheit der Ordner Deutschlands sie einer genauen und vielseitigen Erwägung anheim gestellt. Der Wunsch, zu einer solchen gründlichen Betrachtung einiges beizutragen, hat den Verfasser veranlasst, diese Ansichten und Betrachtungen zur Beherzigung seiner deutschen Landsleute mitzuteilen, so misslich es auch scheinen mag, einen Streit zu berühren, worin so viele Kämpfer ihre Kräfte versucht haben, und der nur zu oft nicht mit der Ruhe und Würde geführt worden ist, die eine so wichtige Angelegenheit erfordert.
Nur ein Barbar kann bei Misshandlungen gleichgültig bleiben, die sich roher Übermut gegen die Schwache erlaubt hat: jede Brust, die menschlich fühlt, muss selbst bei verschuldeten Leiden von einer mitleidigen Regung gegen den Duldenden ergriffen werden. Sobald man die Lage der Juden nur aus diesem Gesichtspunkt betrachtete, müsste man sich bald mit ihnen ausgesöhnt fühlen; es scheint ein so erhabenes und würdiges Geschäft, als Verteidiger der Unterdrückten aufzutreten, dass man es ihren begeisterten Freunden verzeihen muss, wenn sie alles in einem besseren Lichte sehen, wenn sie die Schatten mildern, überall den weiten Mantel der Liebe ausbreiten, und von ihrem menschenfreundlichen Eifer hingerissen und verblendet, selbst ungerecht gegen ihre Vorfahren, gegen ihre Mitbürger und ihre eignen Glaubensgenossen, ja ihre eigne Religion werden. Ihnen schien es ein eben so hohes Ziel, den Juden dieselben bürgerlichen Rechte mit den Christen und den Völkern, unter denen sie leben, zu verschaffen, als der Kampf der Plebejer in Rom oder der Katholiken in Irland: und daher haben sie, wie es scheint, die Hauptpunkte übersehen, worauf es ankommt, und die durch den ewigen Ausspruch der Geschichte erhärtet werden; sie haben ganz verschiedene Fragen verwechselt, und sind auch in der Aufstellung und Beurteilung historischer Tatsachen durchaus einseitig und ungründlich verfahren.
Käme es bloß darauf an, den Juden da ihre Menschenrechte zurück zu geben, wo sie ihnen verkümmert sind, so wäre jeder Streit überflüssig; die Pflicht und Würde jeder guten Regierung erfordert es, sie vor Ungerechtigkeiten und Misshandlungen zu sichern, dem Hass gegen sie keine Nahrung zu geben, und ihnen den Weg zu eröffnen, der sie zur Veredlung und zur Teilnahme an den Wohltaten des Christentums führen kann. Wo gibt es einen Christen, den die gräulichen Verfolgungen nicht empörten, dem, oft aus falschen Veranlassungen die Juden ausgesetzt gewesen sind, der sich nicht über das verbesserte Los eines Geschlechts erfreut, das auch das Siegel der Menschheit an sich trägt; wer wird nicht wünschen, dass es befreit von Hemmungen und Fesseln übergehe zu einem immer würdigeren und veredelteren Dasein, dessen es in seinen jetzigen Verhältnissen nicht fähig ist. Das Christentum hat von jeher den Juden seinen heiligen Kreis geöffnet, wo in einem Glauben und einer Liebe das wahre Heil des menschlichen Geschlechtes aufgegangen ist. Keinem, der sich aufrichtig zu demselben bekannt hat, ist irgend ein bürgerlicher Vorzug verweigert; und wer kennt nicht unter den Übergetretenen oder ihren Abkömmlingen würdige und vortreffliche Männer, die sich in den verschiedensten Ämtern und durch mannigfaltige Verdienste ausgezeichnet haben? Es ist die alte Lehre und Hoffnung der christlichen Kirche, dass die Juden sämtlich bekehrt werden und in das durch Jesum gegründete Reich der Wahrheit und Erlösung eingehen sollen. Dass eine milde und christliche Behandlung der Juden diesen großen Zweck befördern wird, ist längst anerkannt: diese Bekehrung kann aber nur von ihnen selbst auf dem stillen und ruhigen Wege ihrer Einsicht und Überzeugung erfolgen: daher muss man die gewaltsamen Mittel missbilligen, die frühere Eiferer vorgeschlagen haben. Zum Teil ward sie durch zu strenge Gesetze der katholischen Kirche verhindert: die Juden sollten im Fall der Bekehrung alle Güter aufgeben, weil man voraussetzte, dass alles durch Wucher und auf ungerechte Weise gewonnen sei, welche, wenn auch ihrer ersten Veranlassung nach gut gemeinte, Verordnung doch die Reichen abschrecken musste ihren väterlichen Glauben zu verlassen. An Fürsprechern in diesem Sinn hat es den Juden nie gefehlt: mit vielem Eifer und siegreicher Gelehrsamkeit hat Wagenseil *) die zum Teil ungereimten Beschuldigungen widerlegt, womit man sie überhäuft hat, wofür sie so oft grausam gebüßt haben, und seinen Glaubensgenossen Milde und Schonung empfohlen.
Nur ein Barbar kann bei Misshandlungen gleichgültig bleiben, die sich roher Übermut gegen die Schwache erlaubt hat: jede Brust, die menschlich fühlt, muss selbst bei verschuldeten Leiden von einer mitleidigen Regung gegen den Duldenden ergriffen werden. Sobald man die Lage der Juden nur aus diesem Gesichtspunkt betrachtete, müsste man sich bald mit ihnen ausgesöhnt fühlen; es scheint ein so erhabenes und würdiges Geschäft, als Verteidiger der Unterdrückten aufzutreten, dass man es ihren begeisterten Freunden verzeihen muss, wenn sie alles in einem besseren Lichte sehen, wenn sie die Schatten mildern, überall den weiten Mantel der Liebe ausbreiten, und von ihrem menschenfreundlichen Eifer hingerissen und verblendet, selbst ungerecht gegen ihre Vorfahren, gegen ihre Mitbürger und ihre eignen Glaubensgenossen, ja ihre eigne Religion werden. Ihnen schien es ein eben so hohes Ziel, den Juden dieselben bürgerlichen Rechte mit den Christen und den Völkern, unter denen sie leben, zu verschaffen, als der Kampf der Plebejer in Rom oder der Katholiken in Irland: und daher haben sie, wie es scheint, die Hauptpunkte übersehen, worauf es ankommt, und die durch den ewigen Ausspruch der Geschichte erhärtet werden; sie haben ganz verschiedene Fragen verwechselt, und sind auch in der Aufstellung und Beurteilung historischer Tatsachen durchaus einseitig und ungründlich verfahren.
Käme es bloß darauf an, den Juden da ihre Menschenrechte zurück zu geben, wo sie ihnen verkümmert sind, so wäre jeder Streit überflüssig; die Pflicht und Würde jeder guten Regierung erfordert es, sie vor Ungerechtigkeiten und Misshandlungen zu sichern, dem Hass gegen sie keine Nahrung zu geben, und ihnen den Weg zu eröffnen, der sie zur Veredlung und zur Teilnahme an den Wohltaten des Christentums führen kann. Wo gibt es einen Christen, den die gräulichen Verfolgungen nicht empörten, dem, oft aus falschen Veranlassungen die Juden ausgesetzt gewesen sind, der sich nicht über das verbesserte Los eines Geschlechts erfreut, das auch das Siegel der Menschheit an sich trägt; wer wird nicht wünschen, dass es befreit von Hemmungen und Fesseln übergehe zu einem immer würdigeren und veredelteren Dasein, dessen es in seinen jetzigen Verhältnissen nicht fähig ist. Das Christentum hat von jeher den Juden seinen heiligen Kreis geöffnet, wo in einem Glauben und einer Liebe das wahre Heil des menschlichen Geschlechtes aufgegangen ist. Keinem, der sich aufrichtig zu demselben bekannt hat, ist irgend ein bürgerlicher Vorzug verweigert; und wer kennt nicht unter den Übergetretenen oder ihren Abkömmlingen würdige und vortreffliche Männer, die sich in den verschiedensten Ämtern und durch mannigfaltige Verdienste ausgezeichnet haben? Es ist die alte Lehre und Hoffnung der christlichen Kirche, dass die Juden sämtlich bekehrt werden und in das durch Jesum gegründete Reich der Wahrheit und Erlösung eingehen sollen. Dass eine milde und christliche Behandlung der Juden diesen großen Zweck befördern wird, ist längst anerkannt: diese Bekehrung kann aber nur von ihnen selbst auf dem stillen und ruhigen Wege ihrer Einsicht und Überzeugung erfolgen: daher muss man die gewaltsamen Mittel missbilligen, die frühere Eiferer vorgeschlagen haben. Zum Teil ward sie durch zu strenge Gesetze der katholischen Kirche verhindert: die Juden sollten im Fall der Bekehrung alle Güter aufgeben, weil man voraussetzte, dass alles durch Wucher und auf ungerechte Weise gewonnen sei, welche, wenn auch ihrer ersten Veranlassung nach gut gemeinte, Verordnung doch die Reichen abschrecken musste ihren väterlichen Glauben zu verlassen. An Fürsprechern in diesem Sinn hat es den Juden nie gefehlt: mit vielem Eifer und siegreicher Gelehrsamkeit hat Wagenseil *) die zum Teil ungereimten Beschuldigungen widerlegt, womit man sie überhäuft hat, wofür sie so oft grausam gebüßt haben, und seinen Glaubensgenossen Milde und Schonung empfohlen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ueber die Ansprüche der Juden an das deutsche Bürgerrecht