Nachtrag 2

Blasonierung
des meklenburgischen Wappens.


Nachträge zur Abhandlung.


Die Helme
für die herschaft Rostock und die Grafschaft Schwerin.


Bei Gelegenheit der Besprechung des Hefner'schen Wappenbuches will ich auf einen muthmaßlichen Irrthum aufmerksam machen, der seit uralter Zeit in dem meklenburgischen Wappen zu stecken scheint. Dieser muthmaßliche Irrthum liegt in den beiden Helmen, welche zuerst neben dem meklenburgischen Helme aufgenommen wurden, in dem Helme mit den beiden Hörnern und dem Helme mit den beiden Flügeln. So lange die Helme gefärbt erscheinen, also seit beinahe 400 Jahren, sind die Hörner quer getheilt und roth und golden, die Flügel aber blau und golden gefärbt worden. Diese Farben stimmen nun in den Hörnern zu den Farben des Schildes der Grafschaft Schwerin, welcher quer getheilt und roth und golden gefärbt ist, und in den Flügeln zu den Farben des Schildes für die Herrschaft Rostock, welcher im blauen Felde einen goldenen Greifen hat; man hat daher vorherrschend den Helm mit den Hörnern der Grafschaft Schwerin, der Helm mit den Flügeln der Herrschaft Rostock zugetheilt, wenn auch mitunter andere Ansichten aufgetaucht sind, wie z. B. bei Galterer, welcher jedoch fast alle Helme sicher nicht richtig bestimmt. Nun kommen aber diese beiden Helme in ihren Gestaltungen auf alten Siegeln nicht so vor, sondern werden gerade umgekehrt gebraucht: es läßt sich nachweisen, daß die Hörner mehr der Herrschaft Rostock, die Flügel mehr der Grafschaft Schwerin angehören. Auf den Siegeln der Grafen von Schwerin erscheinen nie Hörner als Helmzierde. Die Helme zu den alten Siegeln der Grafen von Schwerin mit den Lindwürmern am Baume und dem schreitenden Pferde sind zwar bis jetzt völlig unbekannt geblieben; dagegen kommt auf den Siegeln der Grafen von Schwerin jüngerer Zeit, welche den quer getheilten Schild führen, öfter ein Helm vor. Dieser Helm hat zwei Flügel, an jeder Seite des Helmes einen, und ist immer vorwärts (en face) gekehrt, um die beiden Flügel zeigen zu können. Solche Helmsiegel führen die Grafen von Schwerin, welche auch Siegel mit dem quer getheilten Schilde führen: Heinrich III. 1330, Nicolaus III. 1345, Otto I. 1345 und Nicolaus VI. 1349. Es scheint hiernach keinem Zweifel zu unterliegen, daß die Flügel den Helmschmuck der Grafen von Schwerin bildeten. - Von der anderen Seite scheinen die beiden Hörner der Herrschaft Rostock anzugehören. Es liegt zwar nahe anzunehmen, daß die Flügel diese Herrschaft bezeichnen könnten, da das Schildzeichen für Rostock ein geflügelter Greif ist; aber das Wappen der Herrschaft Rostock hat nie Flügel auf dem Helme gehabt. Die Fürsten den Rostock hatten zur Helmzierde zwei nach vorne gekehrte (en face zu sehende) Stierhörner, welche mit Pfauenaugen besteckt waren. Einen solchen Helm führt z. B. der letzte Fürst von Rostock, Nicolaus das Kind († 1314), in seinem großen Siegel (vgl. oben S. 79) und nach ihm nimmt der Fürst Heinrich der Löwe von Meklenburg nach der Erwerbung der Herrschaft Rostock denselben Helm über dem Schilde mit dem rostocker Greifen in sein Secretsiegel auf, welches z. B. im J. 1328 erscheint. Auch gebraucht die Stadt Rostock noch heute öfter einen Helm mit zwei Hörnern, welche (wohl irrthümlich) mit Fähnlein statt mit Pfauenaugen besteckt sind. Es scheinen also die beiden Hörner der Herrschaft Rostock anzugehören.

Es wird daher wohl richtig sein, daß eigentlich die beiden Hörner der Herrschaft Rostock und die beiden Flügel der Grafschaft Schwerin angehören, und darauf scheint auch die Stellung der beiden Helme zu deuten, indem der Helm mit den beiden Hörnern, der früh in das meklenburgische Wappen kam, rechts von dem meklenburgischen Haupthelme gestellt ist, weil die Herrschaft Rostock zuerst mit der Herrschaft Meklenburg vereinigt ist, der Helm mit den beiden Flügeln aber links von dem meklenburgischen Helme steht, weil die Grafschaft Schwerin zunächst nach Rostock an die Fürsten von Meklenburg fiel. Aber so lange das meklenburgische Wappen mit drei Helmen geziert und gefärbt gewesen ist, sind die Hörner immer roth und golden, die Flügel immer blau und golden gefärbt gewesen.

Als man vor ungefähr 350 Jahren drei Helme einführte, kannte man sicher die Bedeutung der fraglichen Helme nicht mehr genau oder der Heraldiker war mit den Quellen nicht mehr bekannt, und daher kam das Versehen. Das in der fürstlichen Begräbnißkapelle in der Kirche zu Doberan befindliche geschnitzte und bemalte Wappen, welches wahrscheinlich bald nach dem Tode des Herzogs Magnus II., des ersten Trägers des fünfschildigen Wappens, dort aufgehängt ward und vielleicht die älteste Wappendarstellung mit drei Helmen ist, hat diese Helme in der noch heute üblichen Färbung. Man kann aber den dreiHelmen und ihrer Färbung einen ganz sichern Anfangspunkt geben. Im J. 1530 ließ der Herzog Heinrich der Friedfertige den von dem fürstlichen Rath Marschalk Thurius entworfen, über alle Gebühr ausschweifenden fürstlichen Stammbaum von dem bekannten Heraldiker und sogenannten Wappenkönig Georg Rixner durch gemalte Wappen illustriren; das Original dieses Werkes wird noch im großherzoglichen Staatsarchive zu Schwerin aufbewahrt. In diesem Werke befindet sich auch schon das vollständige fünfschildige Wappen mit drei Helmen, welche grade so gezeichnet und colorirt sind, wie sie noch heute dargestellt werden. Es ist also ohne Zweifel, daß das Wappen mit den drei Helmen schon im J. 1530 unter dem Herzoge Heinrich angenommen war, und sehr wahrscheinlich, daß es auf Empfehlung Rixner's eingeführt ward. Rixner war aber, als Ausländer, den heimischen Archiven fernstehend und aller geschichtlichen Kritik entbehrend, keine Auctorität für die Feststellung und Einführung eines fürstlichen Wappens. So viel ist aber gewiß, daß die drei Helme bis heute so geführt sind, wie Rixner sie 1530 gemalt hat.

Uebrigens sind auch die Schilde in diesem Wappen von 1530 so gemalt, wie sie Jahrhunderte hindurch geblieben sind: bei Rixner haben die Stierköpfe rothe Kronen, der meklenburgische Stierkopf einen Nasenring, der stargardische Arm einen Aermel.

Wenn nun nach dem Mitgetheilten, wie sehr glaublich ist, ein sehr alter Irrthum in diesen beiden Helmen steckt, so ist dieser Irrthum jetzt nicht mehr gut auf geschichtlichem Wege zu verbessern, es sei denn, daß das ganze Wappen amtlich revidirt und neu bestimmt würde.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ueber das mecklenburgische Wappen