Sachsen

Die den Ständen allergnädigst erteilte Erlaubnis, wegen Feststellung der bürgerlichen Verhältnisse der Juden ihre Vorschläge und Wünsche zu äußern, benutzten sie zur Darlegung der Ansicht, dass zur Sicherung des Gewerbes der übrigen Staatsbürger, in Hinsicht der Ausbreitung der Juden überhaupt und ihres Verkehrs insbesondere, eine gesetzliche Beschränkung durchaus als ratsam erscheine, solche jedoch in Hinsicht der, einem großen Teil derselben in der Monarchie bereits beigelegten Staatsbürgerrechte nur so weit auszudehnen sei, als die Notwendigkeit erheische, und waren in dieser doppelten Hinsicht der Meinung, dass zwar das Allerhöchste Edikt vom 11. März 1812 als Grundlage zu einer allgemeinen diesfallsigen Gesetzgebung anzunehmen sein dürfte, doch mit den Modifikationen, dass sie

1) von Bekleidung von Staats- und Kommunalämtern, namentlich auch von der Praxis der Justiz-Kommissarien und Notarien ausgeschlossen bleiben;


2) die inländischen Juden, abgesehen von dem ihnen zustehenden Rechte, sich an jedem Orte des Inlandes bloß temporär aufzuhalten, auf ihren dermaligen Wohnort und, wenn sie noch keinen eigenen Wohnsitz haben, auf den ihrer Eltern eingeschränkt, in diesem aber auch unweigerlich aufgenommen und geduldet werden. In einem anderen Ort aber, sollen sie sich nur unter bei Bedingung niederlassen dürfen, dass sie dazu die Einwilligung des Magistrats und der Stadtverordneten in den Städten, der Polizeibehörde und der Gemeinde in den Flecken und den Dörfern, und die Genehmigung der vorgesetzten Königlichen Regierung beibringen; Letzterer würde dabei die Befugnis beizulegen sein, die Aufnahme, der Einwilligung der Ortsbehörden ohngeachtet, zu verweigern, nicht aber solche gegen dieselbe anzuordnen;

3) muss kein Jude an einem und demselben Orte mehr als ein Haus besitzen und mehr als nur ein Etablissement, es bestehe solches in einer Fabrik, Comptoir, offenem Gewölbe und Laden, haben, oder Kommanditen etablieren; keiner die Apothekerkunst, und keiner die Schenk- und Gastwirtschaft anders, als für seine Glaubensgenossen, letztere auch nur an solchen Orten betreiben dürfen, wo mindestens außerdem noch eine andere, einem Christen gehörige, ähnliche Wirtschaft vorhanden ist;

4) solle ihnen der Handel auf dem platten Lande überhaupt, der Hausir- und Schacher-Handel aber gänzlich untersagt sein, und zu den Messestädten, in denen ihnen das angezogene Gesetz §. 38. den Verkehr gestattet, noch „Naumburg“ zuzusetzen sein. Noch wünscht die einfache Majorität des Landtags:

5) ihre gänzliche Ausschließung von der Erwerbung ländlicher Grundstücke, die Minorität aber fand dabei kein Bedenken, insofern nur ihnen die Ausübung der Patrimunial-Gerichtsbarkeit, der Polizei, des Patronatrechts und ähnlicher Ehrenrechte nicht verstattet werde.

6) Die Aufnahme fremder Juden in den Preußischen Staat aber würde von selbst durch die unter Nr. 2. bemerkte Bestimmung beschränkt. Hierbei ist von den Ständen noch einmütig der Wunsch ausgesprochen worden, dass auf die sittliche Verbesserung der Mehrzahl dieses Volks, wodurch allein zu dem Genuss eines ausgebreiteten Staatsbürgerrechts nach und nach befähigt werden könne, durch die allgemeine Vorschrift, ihre Kinder die christlichen Schulen mit Ausnahme der Religionsstunden besuchen zu lassen, und durch zweckmäßige Verbesserung ihres Religions-Unterrichts und Gottesdienstes gewirkt werden möge, wozu insbesondere die Haltung des letztern in Deutscher Sprache, wo möglich die Verlegung des Sabbats auf den Sonntag, für ein zweckmäßiges Mittel gehalten wurde.

Das Verbot der Ehen zwischen Juden und Christen glaubt man bereits hinreichend im Allgemeinen Landrecht ausgesprochen zu finden.

Der Graf zu Stolberg-Wernigerode.