Posen

Die den Ständen in der fünften Allerhöchsten Proposition erteilte Erlaubnis,

wegen Feststellung der bürgerlichen Verhältnisse der Juden


ihre Vorschläge und Wünsche alleruntertänigst zu äußern, benutzten sie die Ansicht aufzustellen, dass die Juden für jetzt im Ganzen zur Erlangung des Bürgerrechts sich nicht eignen, weil der Unterschied ihrer Gewohnheiten, Sitten und Lebensweise zu abweichend von denen der Christen ist, und weil sie sich bisher durch Betreibung des Ackerbaues und Führung eines, körperliche Anstrengung erforderlichen Gewerbes, des Bürgerrechts würdig zu machen nicht bestrebt haben. Gleichfalls schien es den Ständen nicht ratsam, im Einzelnen Ausnahmen zu gestatten, da dies — wenn auch wirklich in der Provinz Juden sich befinden, denen unbedingt das Bürgerrecht eingeräumt werden könnte, — nachteilige Folgen haben würde, denn die Emanzipierten, von den übrigen Juden getrennt, möchten sich nicht mehr mit der Vervollkommnung ihrer Glaubensgenossen befassen, und dadurch würde der Zeitpunkt der Emanzipation der Gesamtheit sich noch entfernter stellen.

Das allgemeine Interesse erfordert jedoch, die Juden so bald wie möglich aus ihrer jetzigen Lage herauszubringen, auch zur Sicherung des Gewerbes der Christen, in Hinsicht der Ausbreitung der Juden überhaupt, und ihres Verkehrs insbesondere, scheint eine gesetzliche Beschränkung durchaus ratsam zu sein, und es haben daher die Stände mehrere Maßregeln in Vorschlag gebracht, welche dahin gehen:

1) die jüdische Bevölkerung dieser Provinz genau zu ermitteln;

2) der körperlichen Schwäche der Juden durch das Verbieten der frühen Ehen vorzubeugen;

3) den Rabbinern und Religions-Lehrern die vollständige Kenntnis der deutschen und polnischen Sprache zur Pflicht zu machen, und letztere nicht eher anzustellen, als bis sie zwei Jahre auf Universitäten gewesen und die gehörige Prüfung abgelegt haben;

4) den Gottesdienst in der polnischen oder deutschen Sprache abhalten zu lassen;

5) außer den jüdischen Religions-Schulen keine Privatschulen zu dulden, sondern die jüdische Jugend in den öffentlichen christlichen Schulen zu bilden;

6) die Zivilisation der Juden durch den Soldatendienst zu befördern;

7) den Juden zu verbieten, Christen in ihren Dienst aufzunehmen;

8) sie von Ausübung der Apothekerkunst und Betreibung des Schankgewerbes auszuschließen, ihnen dagegen die Betreibung anderer Gewerbe und Ackerbau, auch Ankauf von Stadt- und Landeigentum unter gewissen Beschränkungen zu gestatten;

9) in Rücksicht der Gemeinde-Verhältnisse die Juden Synagogen als Korporationen zu behandeln;

10) den jüdischen Rabbinern, Ältesten, oder sonstigen Synagogen-Beamten, jede Einmischung in die den Zivil-Behörden zustehende Verwaltung zu verbieten;

11) den auf die Juden lautenden Schuldverschreibungen, wegen der empfangenen Valuta, nur unter gewissen Bedingungen vollen Glauben beizulegen; und

12) wo möglich den Sabbath auf den Sonntag verlegen zu lassen.

Wenn nun die Juden den von Sr. Majestät zu erlassenden Verfügungen genügt haben werden, so bitten die versammelten Stände, dass nach zehn Jahren die Angelegenheit der Emanzipation derselben aufs neue zu deren Beratung allergnädigst vorgelegt
werde.

Anton Fürst Sulkowski