Untersuchung der Gründe, weshalb die Seeluft einen so wohltätigen Einfluss auf die Gesundheit äußert

Jedem, der nur einmal Seeluft geatmet hat, wird das angenehme Gefühl erinnerlich geblieben sein, welches das Respirieren [atmen] an und auf der See gewährt. Mit geöffnetem Munde und in tiefen langsamen Atemzügen schlürft man mit wahrem Wohlbehagen die Luft ein, welche mit ungewöhnlicher Leichtigkeit durch die Bronchien hindurch in die kleinen Luftzellen der Lungen zu gleiten scheint. Daß dieses Gefühl größerer Respierabilität der Seeluft nicht auf einer Täuschung beruhe, beweiset die Allgemeinheit dieser Empfindung und das Gewicht, welches die Ärzte aller Nationen auf die Salubrität derselben legen. There exists no modification of impaired health, confirmed pulmonary consumption, in which the invalid may not reasonably expect to derive benefit from breathing the salubrious and invigorating breeze of the sea, sagt Buchan 1. c. p. 245. — v. Vogel und Sachse erwähnen in ihren Schriften der Schriftsteller über die Salubrität der Seeluft, namentlich gegen die Krankheiten der Respirationsorgane, und der beweisenden Tatsachen dafür ausführlich, und Buchan widmet ihr 1. c. p. 227. u. f. ein ganzes Kapitel, daher ich alles darüber Gesagte und Gesammelte als bekannt voraussetze, namentlich die günstigen Resultate der Versuche, mit der Anwendung der Seeluft gegen drohende und beginnende Lungenschwindsucht, Asthma und Lungenkatarrhe durch Seereisen und längern Aufenthalt auf Inseln; und verweise ich, um nicht in den Fehler der Wiederholung zu fallen, den etwa damit unbekannten Leser auf die Schriften der drei genannten Autoren.

Was aber ist die Ursache dieses erquickenden Gefühls, dieses heilsamen Einflusses der Seeluft auf die Gesundheit? Ist die Mischung der Bestandteile unserer Atmosphäre über dem Ozean eine andere, als über dem festen Lande, und welcher Art ist überhaupt dieser Einfluß des Ozeans auf die Atmosphäre und auf das Klima, und durch diese auf die Gesundheit der Menschen, namentlich der Insel- und Küsten-Bewohner? —Die beste Beantwortung dieser Fragen, so weit der jetzige Standpunkt der Naturwissenschaften dieses möglich macht, gibt uns der berühmte Prout in der 8ten Abteilung der Bridgewater treatises, book II. of meteorlogischen 1834, und er sagt daselbst so viel Neues und Interessantes über die meteorologischen und klimatischen Verhältnisse unseres Erdkörpers überhaupt, daß ich mich bei dem Leser entschuldigt zu sehen hoffe, wenn ich hier von den Angaben dieses so wie noch einiger anderer ausgezeichneter Naturforscher etwas mehr mitteile, als zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen hingereicht hätte. —


Als Basis für diese Beantwortung dient die Untersuchung des Einflusses der Wärme und des Lichts auf die festen, flüssigen und gasförmigen Bestandteile unsers Planeten, oder mit andern Worten des Einflusses der Wärme und des Lichts auf das trockene Land, das Meer und die Atmosphäre des Erdballs, deren absolutes Quantitätsverhältnis, worin sie gegenseitig zu einander stehen, wir indes nicht ganz genau bestimmen können. Dagegen besitzen wir aber eine ziemlich genaue Kenntniß von den relativen Proportionen der Oberfläche, welche die festen und flüssigen Bestandteile unserer Erde ausmacht, so wie von dem Drucke und der Höhe der Atmosphäre, von der diese festen und flüssigen Teile umgeben sind.

So wissen wir namentlich, daß fast ¾ der ganzen Oberfläche der Erde aus Wasser und nur ¼ aus trockenem Lande besteht, wovon bei weitem der größeste Teil der nördlichen Hemisphäre angehört, während in der südlichen der stille Ozean eine fast ununterbrochene Wasserfläche ausmacht, größer als das sämmtliche trockene Land der ganzen Erdkugel zusammengenommen. Nach der von Humboldt gemachten Schätzung verhält sich das trockne Land in den beiden Hemisphären wie 3 zu 1; zwischen den Wendekreisen wie 5:4; und außerhalb der Wendekreise wie 13:1; wobei das Übergewicht auf der Seite der nördlichen Hemisphäre sich befindet. —


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ueber das Seebaden und das Norderneyer Seebad