II. Wohnungen

Die Wohnungen für die Badegäste sind die besten Zimmer in den Häusern der Einwohner, deren Mietzins, je nach ihrer Beschaffenheit von der Bad-Direktion taxiert, dem einziehenden Mieter schriftlich vom Wirte vorgelegt wird. — In der Regel bezahlt man für ein einzelnes Zimmer mit Bett*), 2 Tischen, 3 Stühlen, einem Schranke und Kommode, zur Aufbewahrung der Kleidungsstücke und Wäsche, wöchentlich 2½—3 Rthlr. Ein solches Zimmer entbehrt zwar aller Eleganz, wird aber durch seine große Sauberkeit zu einem recht angenehmen Aufenthalte für die kurze Zeit des Tages, die man darin zubringt, welchen sich diejenigen Badegäste, die viel zu Hause zu sein genötigt sind, durch die Miete eines Sofas aus dem Konversationshause, wofür man wöchentlich 8 Ggr. entrichtet, noch bequemer machen können **). — Ein einzelner Mann tut am besten, solch ein Zimmer zu nehmen; für Damen oder ganze Familien hingegen fehlt es keineswegs an reicher ausgestatteten, größeren Wohnungen, von denen besonders die im Königlichen Logierhause, bei dem Kaufmann Schütte, dem Amtsvoigte, in der Apotheke, in dem Gasthofe bei Kruse und noch viele andere sich durch Bequemlichkeit und selbst Eleganz auszeichnen. Der Mietpreis dieser variiert nach Maßgabe der Möblierung, Lage usw., zwischen 4 bis 6 Rthlr. wöchentlich, übersteigt jedoch für eine Stube und Schlafkabinett die letztere Summe nicht.

*) Wer es vorzieht, statt auf Seegrasmatratzen auf Pferdehaarmatratzen zu schlafen, kann die letzteren nebst einem dergleichen Kopfpfühle gegen den Mietpreis von 12 Ggr. wöchentlich im Konversationshause erhalten.


**) Die wöchentliche Miete für ein Bedientenzimmer beträgt 1 — 1½ Rthlr.


Das Logieren in den Häusern der Insulaner hat den großen Vorzug vor dem in vielen Bädern üblichen Wohnen in großen Logierhäusern oder Gasthöfen, daß man einer größeren Ruhe genießt, und nicht 30, 40 Menschen durch die späte und geräuschvolle Heimkehr eines Einzelnen des Nachts im Schlafe, und bei Tage durch das Hin- und Herlaufen der Dienerschaft, Türenöffnen und -schließen usw. gestört werden. Besonders angenehm macht dieses den Aufenthalt auf Norderney für Familien, deren jede, falls sie es wünscht, ein ganzes Haus für sich allein bewohnen kann, als wäre es ihr eigenes. Auch aus diesem Grunde mit eignet sich kein mir bekanntes Bad so sehr zum Mitbringen der Kinder wie Norderney, wozu aber die durch das sandige, überall gleich weiche Terrain, den flachen Strand und die Parterre-Lage fast aller Wohnungen dargebotene Gefahrlosigkeit, so wie die Möglichkeit, die Kinder den ganzen Tag in der gesündesten freien Luft sich umhertummeln zu lassen und die mannigfache Gelegenheit für sie sich zu belustigen es ganz vorzüglich qualifizieren. —

Der Anbau neuer Häuser währt noch fort, und selbst Privatpersonen haben angefangen, sich eigene geschmackvolle Häuser zu bauen, um sie während der Saison zu beziehen, namentlich der Herr Graf von Knyphausen aus Lütetsburg und der Herr Hofmedicus Dr. Bluhm aus Norden.

Denjenigen, welche eigene Equipage oder Reitpferde besitzen und große Freunde von der Benutzung beider sind, ist das Mitbringen derselben sehr anzuraten, da sich wohl kein geeigneterer Boden zum Gebrauche beider finden läßt, als der hiesige Strand. Zum Unterbringen derselben fehlt es weder an Remisen noch Ställen, die teils zum Konversationshause, teils zum Kruseschen Gasthofe, teils zu einzelnen Privathäusern gehören. Der taxmäßige Preis für die Stallung eines Pferdes beträgt per 24 Stunden 2 Ggr., für Bergung eines Wagens per 24 Stunden l Ggr. Der Preis der Fourage wechselt nach den Marktpreisen.

Zu Logis für hohe Personen mit Gefolge eignen sich besonders das Haus des Kaufmanns Schütte, welches 9 — 10 sehr geschmackvoll dekorierte und trefflich möblierte Zimmer nebst einem gut gehaltenen Garten hat, und in jeder Hinsicht zu empfehlen ist; ferner das Haus des Amtsvoigts mit 13 Zimmern, der Gasthof des Schiffers und Wirtes Kruse mit 12 Zimmern und einem Saal, und das Eichhornsche Haus. Der projektierte Bau eines neuen Logierhauses zur Aufnahme fürstlicher Personen eingerichtet, sieht bereits der Ausführung entgegen, und wird dann die Anzahl der dazu geeigneten Wohnungen allen Anforderungen vollkommen entsprechen.

Sehr zu empfehlen ist es den Badegästen, besonders Familien oder Personen, die mehre Piecen verlangen und manche gewohnte Bequemlichkeiten nicht gern entbehren wollen, sich ihre Logis für die Dauer ihrer Badekur im voraus zu sichern. Man wendet sich deshalb am besten im Mai oder spätestens im Juni schriftlich an die Bad-Administration zu Norderney oder an den Herrn Bad-Verwalter Röpke daselbst, und zeigt seine Wünsche an. Jedoch muß man es sich dann gefallen lassen, wenigstens vom 7. Juli an das bestimmte Quartier zu bezahlen, wenn man erst später eintreffen kann und das Logis reserviert haben will, da den Einwohnern daran gelegen sein muß, ihre Wohnungen so früh als möglich zu vermieten. — Wer nach bereits gemachter Bestellung ganz verhindert sein sollte, die Insel zu besuchen, hat davon zeitige Anzeige noch vor Beginn der Badezeit zu machen, oder natürlich eine angemessene Entschädigung an den Hauseigentümer zu leisten.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ueber das Seebaden und das Norderneyer Seebad