Die Verbreitung der Wärme und des Lichts

Das Licht verbreitet sich nur durch Strahlung (radiation).

Aus den engen und innigen Beziehungen zwischen Wärme und Licht und aus ihrer steten Gemeinschaft, worin sie sich rund um uns her befinden, läßt sich mit Grund schließen, daß diese beiden Agentien überhaupt in der Natur stets gemeinsam vorkommen, und daß da, wo das eine von ihnen sich befindet, auch das andere vorhanden sein müsse. Wenn dies sich so verhält, so muß man annehmen, daß die unzähligen Fixsterne, welche man für eben so viel Sonnen hält, eben so gut fähig sind, Wärme durch die Himmelsräume zu verbreiten, wie sie Licht ausstrahlen; und in Folge davon muß ein bestimmter, dem Universum gemeinsamer Temperaturgrad vorhanden sein. Deshalb haben die Astronomen nicht nur die Existenz einer solchen gemeinsamen, von unserer Sonne unabhängigen Temperatur in den Himmelsräumen angenommen, sondern auch sogar den Grad derselben zu bestimmen gesucht. Alle die verschiedenen Wege, welche man eingeschlagen hat, um diese Temperatur zu schätzen, führen sonderbarerweise sämtlich zu dem einen Resultate, daß sie nicht viel von — 58°F. abweiche. Die Temperatur des Weltenraums wird daher zu etwa 90° unter dem Gefrierpunkte des Wassers angenommen, ein Kältegrad von dem Sir J. F. Herschel in seinem discourse on the study of Natural Philosophy p. 157 sagt: „Not greatly inferior to that at wich quicksilver becomes solid; and much superior to some degrees of cold, wich have been produced artificially.“ — Existiert wirklich eine solche Universaltemperatur in dem Weltenraum oder wenigstens in unserm Planetensystem, so muß sie einen nicht unbeträchtlichen Einfluß auf die Temperatur der Planeten überhaupt haben, und namentlich auf unsere Erdkugel durch Verminderung der Intensität der Kälte um die Pole einwirken.


So wie nun eine solche vom Einfluss unserer Sonne unabhängige Temperatur des Weltenraums angenommen wird, so auch eine von der Sonne oder sonstigen äußern Einflüssen unabhängige innere Temperatur der Erde, eine Zentralwärme von großer Intensität im Innern der Erde.

Die für die Wahrscheinlichkeit dieser Zentralwärme sprechenden Beweise sind:
1. die in den Bergwerksminen gemachten Versuche, welche eine Zunahme der Temperatur von der Oberfläche abwärts zu zeigen scheinen;

2. die Existenz warmer Quellen, welche nicht nur in Überfluß in der Nähe aktiver und erloschener Vulkane, sondern auch unter den verschiedensten geognostischen Verhältnissen in verschiedenen Weltteilen vorkommen;

3. die Existenz von Vulkanen selbst, welche über den Erdball verteilt sind, und eine solche generelle Ähnlichkeit unter einander zeigen, daß man sie als das Produkt einer gemeinsamen Ursache, welche wahrscheinlich sehr tief liegt, ansehen kann;

4. der Mangel an Übereinstimmung der Erdtemperatur in verhältnismäßig geringen Tiefen mit der mittleren Temperatur der Luft über ihr *).

*) De la Beche' s Geological manual p. 24.

Noch mehr gewinnt diese Meinung an Evidenz durch die Berücksichtigung des Umstandes, daß der Charakter der fossilen Überreste von Pflanzen und Tieren, welche in den kältern Regionen der Erde gefunden werden, es außer allen Zweifel setzt, daß viele dieser Pflanzen und Tiere in einem viel wärmern Klima existiert haben müssen, als das ist, wo ihre Überreste gefunden werden; und zwar in einem Klima von gleicher, wenn nicht von noch größerer Wärme, wie es die tropischen Gegenden unserer Erde heut zu Tage haben. Man hat daraus gefolgert, daß die früher viel höhere Temperatur der Erde, als sie jetzt ist, nach und nach in die sie umgebenden planetarischen Regionen übergeströmt sei und so die Universaltemperatur, welche man, wie oben erwähnt ist, in dem Weltenraume annimmt, habe erhöhen helfen. Ferner hat der Baron Fourier, dem wir vorzüglich diese Bemerkungen verdanken, versucht darzutun, daß die Erde beinahe die Grenze ihrer Abkühlung, namentlich nahe an ihrer Oberfläche, erreicht habe; daß ferner die Erdoberfläche noch immer dem Einflusse ausgesetzt ist, welchen die dem Anscheine nach noch stets vor sich gehende allmähliche Wärmeentweichung aus dem Innern ausübt; und daß die Temperatur der Erdoberfläche deshalb etwas höher sei, als der Fall sein würde, wenn solch' eine Zentralwärme nicht existierte, oder wenn die Temperatur der Erdoberfläche nur von der Einwirkung der Sonne abhinge.

So sind wir zu der Betrachtung des gegenwärtigen Standes der Erdtemperatur gekommen, insofern dieser dem Einflusse der Anwesenheit oder Abwesenheit der Sonne, dieser großen Quelle der Wärme und des Lebens für unser System, unterworfen ist.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ueber das Seebaden und das Norderneyer Seebad