Die Atmosphäre
Die ungeheure Masse luftförmiger Stoffe, welche unsern Erdkörper umgibt und Atmosphäre genannt wird, ist hauptsächlich aus 2 Grundstoffen, dem Sauerstoff und dem Stickstoff zusammengesetzt in dem Verhältnisse von etwa 1 Teil Sauerstoff und 4 Teilen Stickstoff. Außer diesen beiden Gasarten enthält die Atmosphäre noch eine geringe und wahrscheinlich veränderliche Menge von kohlensaurem Gas und Wasserdunst, so daß 1000 Teile atmosphärische Luft in der Regel bestehen aus:
Sauerstoff 210,0
Stickstoff 775,0
Wasserdunst 14,2
Kohlensaures Gas 0,8
1000,0
Außer diesen Bestandteilen enthält die Atmosphäre wahrscheinlich auch stets noch andere Stoffe, d. h. einen Anteil von allen denjenigen, welche überhaupt fähig sind die Luftgestalt anzunehmen, gerade so wie das Meer etwas Weniges von allen den Dingen enthält, die im Wasser auflöslich sind. —
Die Atmosphäre übt nun an der Oberfläche der Erde einen Gewichtsdruck aus, dessen mittlere Große für die Fläche von einem Quadratzoll 15 Pfund beträgt, d. i. so viel als das Gewicht einer Quecksilbersäule von einem Quadratzoll Grundfläche und 30 Zoll Höhe. Indem die Quecksilbersäule des Barometers immer dem Luftdrucke ein Gleichgewicht hält, so deuten die bekannten Veränderungen des Barometerstandes auf gleichmäßige Schwankungen des Luftdrucks. Und findet hierbei der wichtige Unterschied statt, daß, während diese Schwankungen in den gemäßigten Zonen sich auf 1/10 des Ganzen erstrecken können, sie innerhalb der Wendekreise auf 1/30 beschränkt sind.
Der Druck der Luft nimmt ab, je höher wir uns über die Oberfläche der Erde erheben, und zwar mindert er sich für auf einander folgende gleiche Erhebungsstufen nach geometrischer Progression, weil sich die Dichtigkeit der Luft gleichmäßig mit dem Druck ändert. So findet man bei einer Höhe von 3 (engl.) Meilen den Druck der Atmosphäre nur halb so groß, als an der Oberfläche der Erde, also etwa gleich dem Drucke einer Quecksilbersäule von 15 Zoll Höhe, während bei einer Höhe von 6 Meilen das Barometer 7½ Zoll hoch, bei 9 Meilen Höhe 3¾ Zoll hoch, bei 15 Meilen Höhe fast nur 1 Zoll hoch stehen wird. Es folgt daraus, daß, wenn auch aus andern Gründen die Höhe der Atmosphäre auf 40 bis 45 Meilen geschätzt werden kann, bei weitem der größere Teil der Luftmasse unter einer Höhe von 15 bis 20 Meilen begriffen ist. Indes muß die Höhe der Atmosphäre in den verschiedenen Breiten der Erde verschieden sein, indem die Rotation der Erde um ihre Are und der größere und mehr direkte Einfluß der Wärme in der Nähe des Äquators notwendig eine größere Höhe der Atmosphäre in den Äquatorialgegenden veranlassen muß, während sie an den Polen geringer als an irgend einer andern Stelle der Oberfläche der Erde sein wird. —
Was die chemische Konstitution der atmosphärischen Luft betrifft, so wird sie von Einigen für ein bloßes Aggregat ihrer Bestandteile, von Andern für eine eigentliche chemische Verbindung derselben gehalten. Wie dem auch sei, so steht die Tatsache fest, daß die Atmosphäre ihre wesentlichen Bestandteile, den Sauerstoff und den Stickstoff, nach dem Prinzipe eigentlich chemischer Verbindungen enthalte; denn, indem sie gegen 1 Maß Sauerstoffgas 4 Maß Stickgas enthält, ist an ihr das Gesetz der einfachen Maßbeziehungen, dem die eigentlichen Verbindungen gasförmiger Körper unterliegen, völlig erfüllt. In dieser Beziehung erscheint daher die Atmosphäre als eine wahre chemische Verbindung und so haben wir sie nicht, wie gewöhnlich geschieht, als eine zufällige und heterogene Zugabe des Erdkörpers, sondern als einen abgemessenen Teil seines harmonischen Baues zu betrachten.
Obgleich die atmosphärische Luft so nach den Bedingungen chemischer Mischungen zusammengesetzt ist, und von diesem Umstande wahrscheinlich in einem bedeutenden Grade ihre Beständigkeit abhängt, so unterscheidet sich doch die Art der Vereinigung ihrer Teile wesentlich von der Weise der Vereinigung unter den Bestandteilen chemischer Verbindungen. Eine wahre Vereinigung scheint wirklich unter den Bestandteilen der Atmosphäre nicht statt zu finden, sondern nur ein Zustand gleichmäßigem Mischung, bedingt durch das den luftförmigen Körpern eigentümliche repulsive Verhalten der Teile. Sind gasförmige Körper daher vermischt, so lagern sie sich nicht, wie man erwarten könnte, nach der Folge ihres spezifischen Gewichts, sondern die Teile jedes Einzelnen verbreiten sich gleichmäßig durch den Raum, der das Ganze erfüllt. Eine Folge dieses Verhaltens ist es, daß die Mischung der Atmosphäre überall und in jeder erreichten Höhe fast gleich gefunden ist, und daß, wenn irgendwo ein lokaler Einfluß diese Gleichheit stört, sich fast eben so schnell der allgemeine Zustand wieder herstellt. — So liegt denn hierin das große konservative Prinzip, welches jede ungleiche Verteilung der Elementarstoffe der Atmosphäre verhütet, die schnell zerstörend für das organische Leben werden würde. Wären die gasartigen Stoffe welche die Atmosphäre bilden, auch nur auf irgend eine Art, und wäre es auch die lockerste, verbunden, so könnten sie nicht sofort durcheinander strömen (diffuse); und teilweise Anhäufungen des einen oder des andern von ihnen würden beständig statt finden; so aber, wie jetzt die Atmosphäre konstituiert ist, wird, wenn z. B. ein bischen Sauerstoff an der einen Stelle mehr verbraucht ist, als an einer andern, der Mangel augenblicklich von der Nachbarschaft her durch Diffusion ergänzt; und das Gleichgewicht wird kaum in einem bemerkbaren Grade gestört. —
Ein anderes merkwürdiges Resultat dieses ungebundenen Zustandes der gasförmigen Grundstoffe der Atmosphäre ist, daß von dem ganzen Gewichte der Atmosphäre jeder Grundstoff derselben seine eigene Druckkraft seinem Quantitätsverhältnisse gemäß, für sich äußert. So trägt von den 30 Zoll Quecksilber, welche der ganze atmosphärische Druck hält,
der Stickstoff 23 36/100 Zoll,
der Sauerstoff 6 13/100 Zoll
der Wasserkunst 44/100 Zoll
das kohlensaure Gas 2/100 Zoll
Daraus geht hervor, daß die Schwankungen im Barometerstande (welche in unserer Breite auf beinahe 3 Zoll sich belaufen) nicht sämtlich auf die in der Atmosphäre vorhandene Menge Wasser dunst bezogen werden können; denn, wenn der sämtlich vorhandene Wasserdunst vernichtet wäre, so würde dies kaum einen Unterschied von ½Zoll in der Höhe des Barometerstandes bewirken. Wir sehen also dieselben weisen Vorrichtungen in Bezug auf die absolute Quantität und relative Schwere der Atmosphäre getroffen, welche wir in gleicher Beziehung bei den Gewässern des Ozeans bewunderten. —
Die genauere Betrachtung beider, des Ozeans und der Atmosphäre, war zur Feststellung einer möglichst klaren Vorstellung von dem Wesen klimatischer Zustände und Einflüsse überhaupt, insbesondere aber des heilsamen Einflusses der Seeluft auf die Gesundheit notwendig. Nicht minder ist es die der beiden wichtigen Agentien, der Wärme und des Lichts, welche ich hier ebenfalls vorzüglich nach den Angaben Prouts folgen lasse. Die Verbreitung der Wärme und des Lichts. Die Wärme gelangt von der Sonne zur Erde mittelst Strahlung (radiation) und wird auf gleiche Weise von der Oberfläche der Erde frei der Atmosphäre mitgeteilt. Unterhalb der Erdoberfläche wird die Wärme nach allen Richtungen hin durch die feste Masse hindurch verbreitet mittelst dessen, was man Leitung (conduction) nennt. Eine dritte Art der Verbreitung dieses wichtigen Agens in der Natur ist die mittelst Übertragung (convection), welche sich auf die Flüssigkeiten, wie Wasser oder Luft, beschränkt. Eine Quantität Wasser oder Luft erwärmt über oder erkältet unter den umgebenden Massen, expandiert oder kontrahiert sich dem Umfange nach, und steigt oder sinkt, je nachdem sie auf diese Weise spezifisch leichter oder schwerer wird; indem sie die kürzlich erworbene Temperatur, welcher Art diese auch sein mag, mit sich weiter trägt. (Strömungen.)
Sauerstoff 210,0
Stickstoff 775,0
Wasserdunst 14,2
Kohlensaures Gas 0,8
1000,0
Außer diesen Bestandteilen enthält die Atmosphäre wahrscheinlich auch stets noch andere Stoffe, d. h. einen Anteil von allen denjenigen, welche überhaupt fähig sind die Luftgestalt anzunehmen, gerade so wie das Meer etwas Weniges von allen den Dingen enthält, die im Wasser auflöslich sind. —
Die Atmosphäre übt nun an der Oberfläche der Erde einen Gewichtsdruck aus, dessen mittlere Große für die Fläche von einem Quadratzoll 15 Pfund beträgt, d. i. so viel als das Gewicht einer Quecksilbersäule von einem Quadratzoll Grundfläche und 30 Zoll Höhe. Indem die Quecksilbersäule des Barometers immer dem Luftdrucke ein Gleichgewicht hält, so deuten die bekannten Veränderungen des Barometerstandes auf gleichmäßige Schwankungen des Luftdrucks. Und findet hierbei der wichtige Unterschied statt, daß, während diese Schwankungen in den gemäßigten Zonen sich auf 1/10 des Ganzen erstrecken können, sie innerhalb der Wendekreise auf 1/30 beschränkt sind.
Der Druck der Luft nimmt ab, je höher wir uns über die Oberfläche der Erde erheben, und zwar mindert er sich für auf einander folgende gleiche Erhebungsstufen nach geometrischer Progression, weil sich die Dichtigkeit der Luft gleichmäßig mit dem Druck ändert. So findet man bei einer Höhe von 3 (engl.) Meilen den Druck der Atmosphäre nur halb so groß, als an der Oberfläche der Erde, also etwa gleich dem Drucke einer Quecksilbersäule von 15 Zoll Höhe, während bei einer Höhe von 6 Meilen das Barometer 7½ Zoll hoch, bei 9 Meilen Höhe 3¾ Zoll hoch, bei 15 Meilen Höhe fast nur 1 Zoll hoch stehen wird. Es folgt daraus, daß, wenn auch aus andern Gründen die Höhe der Atmosphäre auf 40 bis 45 Meilen geschätzt werden kann, bei weitem der größere Teil der Luftmasse unter einer Höhe von 15 bis 20 Meilen begriffen ist. Indes muß die Höhe der Atmosphäre in den verschiedenen Breiten der Erde verschieden sein, indem die Rotation der Erde um ihre Are und der größere und mehr direkte Einfluß der Wärme in der Nähe des Äquators notwendig eine größere Höhe der Atmosphäre in den Äquatorialgegenden veranlassen muß, während sie an den Polen geringer als an irgend einer andern Stelle der Oberfläche der Erde sein wird. —
Was die chemische Konstitution der atmosphärischen Luft betrifft, so wird sie von Einigen für ein bloßes Aggregat ihrer Bestandteile, von Andern für eine eigentliche chemische Verbindung derselben gehalten. Wie dem auch sei, so steht die Tatsache fest, daß die Atmosphäre ihre wesentlichen Bestandteile, den Sauerstoff und den Stickstoff, nach dem Prinzipe eigentlich chemischer Verbindungen enthalte; denn, indem sie gegen 1 Maß Sauerstoffgas 4 Maß Stickgas enthält, ist an ihr das Gesetz der einfachen Maßbeziehungen, dem die eigentlichen Verbindungen gasförmiger Körper unterliegen, völlig erfüllt. In dieser Beziehung erscheint daher die Atmosphäre als eine wahre chemische Verbindung und so haben wir sie nicht, wie gewöhnlich geschieht, als eine zufällige und heterogene Zugabe des Erdkörpers, sondern als einen abgemessenen Teil seines harmonischen Baues zu betrachten.
Obgleich die atmosphärische Luft so nach den Bedingungen chemischer Mischungen zusammengesetzt ist, und von diesem Umstande wahrscheinlich in einem bedeutenden Grade ihre Beständigkeit abhängt, so unterscheidet sich doch die Art der Vereinigung ihrer Teile wesentlich von der Weise der Vereinigung unter den Bestandteilen chemischer Verbindungen. Eine wahre Vereinigung scheint wirklich unter den Bestandteilen der Atmosphäre nicht statt zu finden, sondern nur ein Zustand gleichmäßigem Mischung, bedingt durch das den luftförmigen Körpern eigentümliche repulsive Verhalten der Teile. Sind gasförmige Körper daher vermischt, so lagern sie sich nicht, wie man erwarten könnte, nach der Folge ihres spezifischen Gewichts, sondern die Teile jedes Einzelnen verbreiten sich gleichmäßig durch den Raum, der das Ganze erfüllt. Eine Folge dieses Verhaltens ist es, daß die Mischung der Atmosphäre überall und in jeder erreichten Höhe fast gleich gefunden ist, und daß, wenn irgendwo ein lokaler Einfluß diese Gleichheit stört, sich fast eben so schnell der allgemeine Zustand wieder herstellt. — So liegt denn hierin das große konservative Prinzip, welches jede ungleiche Verteilung der Elementarstoffe der Atmosphäre verhütet, die schnell zerstörend für das organische Leben werden würde. Wären die gasartigen Stoffe welche die Atmosphäre bilden, auch nur auf irgend eine Art, und wäre es auch die lockerste, verbunden, so könnten sie nicht sofort durcheinander strömen (diffuse); und teilweise Anhäufungen des einen oder des andern von ihnen würden beständig statt finden; so aber, wie jetzt die Atmosphäre konstituiert ist, wird, wenn z. B. ein bischen Sauerstoff an der einen Stelle mehr verbraucht ist, als an einer andern, der Mangel augenblicklich von der Nachbarschaft her durch Diffusion ergänzt; und das Gleichgewicht wird kaum in einem bemerkbaren Grade gestört. —
Ein anderes merkwürdiges Resultat dieses ungebundenen Zustandes der gasförmigen Grundstoffe der Atmosphäre ist, daß von dem ganzen Gewichte der Atmosphäre jeder Grundstoff derselben seine eigene Druckkraft seinem Quantitätsverhältnisse gemäß, für sich äußert. So trägt von den 30 Zoll Quecksilber, welche der ganze atmosphärische Druck hält,
der Stickstoff 23 36/100 Zoll,
der Sauerstoff 6 13/100 Zoll
der Wasserkunst 44/100 Zoll
das kohlensaure Gas 2/100 Zoll
Daraus geht hervor, daß die Schwankungen im Barometerstande (welche in unserer Breite auf beinahe 3 Zoll sich belaufen) nicht sämtlich auf die in der Atmosphäre vorhandene Menge Wasser dunst bezogen werden können; denn, wenn der sämtlich vorhandene Wasserdunst vernichtet wäre, so würde dies kaum einen Unterschied von ½Zoll in der Höhe des Barometerstandes bewirken. Wir sehen also dieselben weisen Vorrichtungen in Bezug auf die absolute Quantität und relative Schwere der Atmosphäre getroffen, welche wir in gleicher Beziehung bei den Gewässern des Ozeans bewunderten. —
Die genauere Betrachtung beider, des Ozeans und der Atmosphäre, war zur Feststellung einer möglichst klaren Vorstellung von dem Wesen klimatischer Zustände und Einflüsse überhaupt, insbesondere aber des heilsamen Einflusses der Seeluft auf die Gesundheit notwendig. Nicht minder ist es die der beiden wichtigen Agentien, der Wärme und des Lichts, welche ich hier ebenfalls vorzüglich nach den Angaben Prouts folgen lasse. Die Verbreitung der Wärme und des Lichts. Die Wärme gelangt von der Sonne zur Erde mittelst Strahlung (radiation) und wird auf gleiche Weise von der Oberfläche der Erde frei der Atmosphäre mitgeteilt. Unterhalb der Erdoberfläche wird die Wärme nach allen Richtungen hin durch die feste Masse hindurch verbreitet mittelst dessen, was man Leitung (conduction) nennt. Eine dritte Art der Verbreitung dieses wichtigen Agens in der Natur ist die mittelst Übertragung (convection), welche sich auf die Flüssigkeiten, wie Wasser oder Luft, beschränkt. Eine Quantität Wasser oder Luft erwärmt über oder erkältet unter den umgebenden Massen, expandiert oder kontrahiert sich dem Umfange nach, und steigt oder sinkt, je nachdem sie auf diese Weise spezifisch leichter oder schwerer wird; indem sie die kürzlich erworbene Temperatur, welcher Art diese auch sein mag, mit sich weiter trägt. (Strömungen.)
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ueber das Seebaden und das Norderneyer Seebad