2. Die Erdbahn

2. Einen nicht minder bedeutenden Einfluß auf die ungleiche Verteilung von Wärme und Licht über die Erdoberfläche äußert die schräge Richtung, welche die Erde rücksichtlich ihrer Äquatorial-Ebene beim Durchlaufen ihrer Bahn beobachtet. Durch diese nämlich kommt es, daß während der Umwälzung der Erde um die Sonne ein jeder Teil ihrer Oberfläche zwischen 23½° Breite nördlich und südlich vom Äquator, abwechselnd dem perpendikulären [senkrecht] Einflusse der Sonnenstrahlen ausgesetzt wird; und wir verdanken eben dieser schrägen Richtung der Äquatorial-Ebene der Erde die unendlichen Veränderungen und Abwechselungen der Jahrszeiten in den verschiedenen Breiten.

Noch ein anderer Umstand verdient hier erwähnt zu werden. Die Erdbahn nämlich bildet nicht einen Kreis, sondern eine Ellipse, deren einen focus die Sonne einnimmt. Nun befindet sich die Erde in der Mitte unsers Winters an dem Teil ihrer Bahn, welcher der Sonne am nächsten ist, und die Erde ist daher um Weihnachten der Sonne wirklich etwa 3.000.000 engl. Meilen näher, als in der Mitte des Sommers, woraus man schließen könnte, daß die Temperatur der südlichen Hemisphäre, die während unsers Winters der Sonne direkt ausgesetzt ist, durch die größere Nähe erhöhet werden müsste. Dieses ist aber nicht der Fall, denn ihrer größeren Sonnennähe wird durch eine weit größere Schnelligkeit in der Fortbewegung der Erde an dieser Stelle der Bahn ein genaues Gegengewicht gegeben; und die Exzentrizität [Abweichung] der Erdbahn hat daher wenig oder gar keinen Einfluß auf die Temperatur der Erdoberfläche, wie man auf den ersten Blick glauben sollte*). —


*)Siehe Sir John Herschel's treatise on Astronomy. P. 198. (Larder's Cyclopaedia).



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ueber das Seebaden und das Norderneyer Seebad