Ueber Hamburgs Handel - Lokale Hafen-Verhältnisse 1842

Aus: Über Hamburgs Handel, Band 2.
Autor: Soetbeer, Adolf (1814-1892) deutscher Nationalökonom und Publizist, Erscheinungsjahr: 1842
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Hamburg, Welthandel, Hamburger Hafen, Elbe, Seeschifffahrt, Flussschifffahrt, Elbvertiefung, Haupstapelplatz Deutschlands, Seeverkehr, Hafenwirtschaft
Hamburgs kommerzielle Wichtigkeit begründet sich zunächst auf seine günstige geographische Lage, durch welche es sowohl zu einem ausgedehnten Zwischenhandel nach dem nördlichen und nordöstlichen Europa, als auch zum Hauptstapelplatze Deutschlands bestimmt ist.

Zum natürlichen Handelsgebiete der Elbe mit ihren Nebenflüssen und Kanal-Verbindungen gehören nämlich diejenigen deutschen Landstriche, welche im Ganzen durch Fruchtbarkeit, Gewerbtätigkeit und Wohlstand hervorragen: Böhmen, Schlesien, das Königreich und die preußische Provinz Sachsen, die anhaltischen Herzogtümer, das östliche Thüringen, Brandenburg, ein bedeutender Teil von Hannover, Mecklenburg, Lauenburg und Holstein. Der große Austausch der vielfachen Landesprodukte und Industrie-Erzeugnisse dieser Länder gegen deren Bedarf an überseeischen Waren wird durch den Elbstrom vermittelt, diese wichtigste Wasserstraße Deutschlands. Ein solcher Verkehr, der jetzt einen jährlichen Gesamt-Umsatz von mehr als 600.000.000 Pfund Waren-Quantitäten herbeiführt, muss von selbst dort einen großartigen und lebhaften Handelsbetrieb hervorrufen, wo die obere Flussschifffahrt mit der Seeschifffahrt in Berührung tritt. Dieser Ausgangspunkt des Elbhandels nun ist Hamburg.
Schon früher kamen von Zeit zu Zeit Besorgnisse und Beschwerden hinsichtlich der Verschlechterung der Fahrbahn der Elbe vor; doch ganz besonders seit den beiden letzten Jahrzehnten sind die Klagen über die Zunahme der physischen Schifffahrts-Hindernisse dieses Stroms immer lauter und allgemeiner geworden. Von mehreren Seiten wird sogar die Meinung aufgestellt, dass eine fortschreitende Tiefenabnahme und eint immer mehr verwirrende Sandanhäufung in dem Bette der Elbe eine notwendige Fortbildung des Stromes sei. Am unumwundensten ist diese Besorgnis von H. Berghaus in seiner „Allgemeinen Länder- und Völkerkunde“ ausgesprochen. Nachdem eine lange Reihe von Beobachtungen des Wasserstandes am Magdeburger-Pegel vorgelegt ist, heißt es dort, (Bd. II. S. 292): „Aus diesen Tableaus werden wir leider die Überzeugung gewinnen, dass der Elbe die Gefahr droht, allmählich und vielleicht bald aus der Reihe der schiffbaren Flüsse zu verschwinden, ein Ereignis, dessen Folge in seinen Ursachen wie in seinen Wirkungen für die Wohlfahrt der Bewohner des Stromgebietes und aller benachbarten Landschaften gar nicht zu übersehen ist“ u. s. w. — Wäre diese Ansicht nur einigermaßen begründet, so würde von allen weitern kostspieligen Maßregeln zur Verbesserung der Fahrbahn der Elbe abzuraten sein, denn was vermag menschliche Anstrengung und Kunst gegen die ununterbrochene Wirkung der Naturkräfte!

Allein zur allgemeinen Beruhigung dient es, dass eine solche merkliche natürliche Abnahme der Wassermenge der Elbe und Erhöhung ihres Bettes nach der Überzeugung und sorgfältigen Prüfung mit diesem Flusse vertrauter Hydrotechniker sich nicht erweisen lässt. Gegen die Darstellung von Berghaus ist zunächst in Erwägung zu ziehen, dass die Beobachtungen am Magdeburger Pegel durchaus nicht als Basis der daraus abgeleiteten Folgerungen zugelassen werden können. In den Jahren, wo die Zustände der Elbe die behauptete nachteilige Wendung genommen haben sollen (1780—1785), ist durch die unterhalb Magdeburg vorgenommenen Durchstiche mehrerer großen Stromkrümmen eine so totale Veränderung in der Relation der Magdeburger Pegel-Höhen vorgegangen, dass jede Gleichstellung gleichnamiger Werte aus den Perioden vor und nach der Ausführung der Durchstiche unzulässig ist. Überhaupt erscheint der Wasserstand am Magdeburger Pegel nicht geeignet, um daraus Folgerungen für den Strom im Allgemeinen zu ziehen, weil die Elbe bei Magdeburg in drei Arme geteilt ist, an deren einem der Pegel befindlich und von denen der zweite durch eine Schifffahrtsschleuse, der dritte durch ein Überfallswehr geschlossen ist, (welches letztere zuweilen wegen Verteidigung der Festung jahrelang durchbrochen gewesen). Es erhellt leicht, wie unter diesen Umständen die Vergleichung der Pegelhöhen aus verschiedenen Perioden nur mit großer Einschränkung zu Folgerungen benutzt werden darf und dass ohne solche Vorsicht dieselbe nur zu Fehlschlüssen führen kann. — Ein besonderer Abschnitt in der Schrift des hannoverschen Wasserbau-Inspektors H. Blohm: „Versuch einer nähern Erörterung der Mittel, durch welche der Handelsverkehr in den Elbgegenden des Fürstentums Lüneburg erhalten und gehoben werden kann. Göttingen 1841“ beschäftigt sich ausführlich mit der Frage über die angebliche Erhöhung des Bettes der Elbe und die Abnahme ihrer Schiffbarkeit. Sowohl aus allgemeinen hydrotechnischen Gründen, als auch durch Mitteilung vergleichende Tabellen von genauen Elbmessungen seit dem Anfange dieses Jahrhunderts wird das Resultat gewonnen, dass die behauptete Abnahme der Wassermenge der Elbe nicht zu erweisen sei, dass im Gegentheil, soweit zuverlässige Angaben reichen, das hydraulische Vermögen derselben nicht abgenommen habe.*)

*) Man vergleiche auch die kleine Broschüre: „Die Fahrbahn der Elbe und ihre Verbesserung. In einer Reihe von Abhandlungen eines Praktischen Hydrotechnikers I. Hft. Hamburg 1841.“ Mit nicht geringem Interesse sehen wir der baldigen Fortsetzung dieser Abhandlungen entgegen.

Es ist selbst verständlich, dass, wenn hiernach versichert wird, „der Zustand des Fahrwassers in der Elbe sei nicht mangelhafter geworden“ dies für den Elbstrom im Ganzen genommen gilt, und vor Allem die Möglichkeit! nachweisen soll, die Schiffbarkeit desselben durch künstliche Einrichtungen zu erhalten und zu verbessern; partielle Erhöhungen des Flussbettes und dadurch gesteigerte Schwierigkeit der Schifffahrt sollen damit nicht im Mindesten in Abrede gestellt werden.

Die Dringlichkeit einer durchgreifenden Abhilfe dieser, nach Einführung der Elbdampfschifffahrt und während des niedrigen Wasserstandes der letzten Jahre besonders fühlbar gewordenen Übelstände, ist ein Hauptmotiv zu dem im Spätsommer dieses Jahres (August 1842) stattfindenden Zusammentritte der Elbschifffahrts-Revisionskommission und hat zu dem einsichtsvollen Entschlüsse geführt, jener Kommission mit der jetzigen Beschaffenheit des Fahrwassers der Elbe genau bekannte Techniker beizuordnen. Man darf unter diesen Umständen und nach den liberalen Erklärungen der Mehrzahl der Uferstaaten mit Zuversicht erwarten, dass in der Folgezeit die Fahrbahn der Elbe durchgängig immer mehr eine den Anforderungen der Zeit wie den Bedürfnissen des Handelsstandes gemäße Verbesserung erhalten wird. Als zweckmäßigste Abhilfe dürfte es erscheinen, nach gemeinschaftlicher Übereinkunft der Elbuferstaaten durch einen Beschluss der Revisions-Kommission ein Minimum der Fahrtiefe unter dem bekannten niedrigsten Sommerwasserstand für die verschiedenen Stromstrecken festzustellen; dieses wäre durch fortgesetzte und systematische Uferarbeiten zu erzielen und wären vorläufig durch Dampfbaggerei einzelne der Schifffahrt besonders hinderliche Sandanhäufungen tunlichst zu beseitigen.*) — Als eine wesentliche Bedingung zur raschen Ausführung der beschlossenen Verbesserungen erscheint es, dass hinsichtlich der Grundsätze, nach denen die Regulierung der Stromstrecken, deren gegenüber liegende Ufer verschiedenen Territorien zugehören, zu beschaffen ist, in der Kommission eine allgemeine Verabredung getroffen und hiernach gemeinschaftliche Rektifikationsplane entworfen werden.

So weit das hamburgische Gebiet reicht, findet die Elbschifffahrt oberhalb Hamburg keine erhebliche Hindernisse, indem durch die Wirkung der Flut nicht allein die Kräfte des Stromes zur Erhaltung der Tiefe im Vergleich mit der obern Elbe sehr gesteigert, sondern auch in bestimmten, täglich wiederkehrenden Perioden die Fahrtiefen dergestalt vermehrt werden, dass den flachen Flussschiffen eine hinreichend tiefe Fahrbahn zu Gebote steht. — Die aufwärts fahrenden Dampfschiffe leiden indes zuweilen durch den Umstand, dass die Elbe sich etwa 2 Meilen oberhalb Hamburg in zwei Arme, die Norder- und Süder-Elbe, teilt, von denen der erstere als der nähere Weg nach Hamburg vorzugsweise von ihnen benutzt wird; da jedoch bei östlichen Winden und fallender Ebbe Gefahr vorhanden ist auf den Grund zu gerathen, so wählen die Dampfschiffe in solchen Fällen den Umweg durch die Süder-Elbe.

Seit dem Jahre 1841 ist durch Anlegung bedeutender Faschinenwerke eine gründliche Regulierung dieses Stromarmes begonnen, welche noch gegenwärtig fortgesetzt und mit der Zeit eine sichere fahrbare Tiefe in diesem Arme herbeiführen wird.

Weiter stromabwärts als bis Hamburg können die Flussfahrzeuge im Ganzen einen regelmäßigen Verkehr nicht ohne Schwierigkeit und Gefahr unterhalten, und es darf demnach der Hamburger Hafen als der natürliche Endpunkt der oberelbischen Schifffahrt bezeichnet werden.

Der Vorzug der Lage Hamburgs erhält ferner, wie gesagt, dadurch eine solche Wichtigkeit, dass es sich gerade an dem Punkte befindet, bis zu welchem andererseits die Seeschiffe gelangen können. Zwar haben dieselben etwa 3 Meilen unterhalb der Stadt die Blankeneser und Schulauer Untiefen zu passieren, welche bei gewöhnlichem Wasserstande für größere Schiffe nur zur Flutzeit fahrbar sind, und selbst dann in der Regel nicht über 15 Fuß Wassertiefe haben. Allein wie sehr auch der Handelsverkehr durch eine Beseitigung dieser Untiefen gewinnen würde und wie fühlbar auch die aus ihrem Vorhandensein entstehenden Zögerungen und Kosten für tiefgehende Schiffe sein mögen, so knüpft sich doch an diese Untiefen keineswegs eine gegründete Besorgnis, dass durch sie die Fahrt der Seeschiffe bis zum Hamburger Hafen hinauf früher oder später abgeschnitten werden könnte. — Das gemeinschaftliche Interesse der Städte Hamburg und Altona an dieser Sache hat vor einigen Jahren die beiden beteiligten Regierungen veranlasst, auf den Antrag Hamburgs genaue Untersuchungen der in Betracht kommenden Stromverhältnisse anstellen zu lassen und, dem Vernehmen nach, sind in Folge dessen umfassende Vorschläge zur völligen Regulierung und Herstellung eines zu jeder Zeit hinreichend tiefen Fahrwassers, zu höherer Erwägung vorgelegt.

Die mannigfachen zur Bezeichnung des Fahrwassers von Mündung der Elbe bis nach Hamburg dienenden Signale, welche einen höchst bedeutenden Kostenaufwand erfordern, hat Hamburg allein seit Jahrhunderten aus eigenen Mitteln errichtet und unterhalten. Gegenwärtig dienen zu diesem Zwecke:

1) als feste Signale: die Schaarhörnbaak, die Nordbaak, die Ostbaak, der große und der kleine Neuwerker Turm, die Kugelbaak an der äußersten Spitze des Festlandes, der Leuchtturm zu Cuxhaven, die Baak am Grodener Stack;

2) als schwimmende Signale: das große Leuchtschiff bei der roten Tonne, das kleine Leuchtschiff neben Vogelsand, das Leuchtschiff bei Schulau, 27 große Seetonnen von der Mündung bis Cuxhaven, 17 derselben von Cuxhaven bis zur Bosch; 41 Elbtonnen und in Bojen von der Bösch bis Hamburg.

Zum Lotsen- und Wachtdienst werden 2 Lotsengallioten, mehrere Wachtschiffe und einige kleinere Fahrzeuge unterhalten. Derjenige Teil Hamburgs, in welchem der Handelsbetrieb sich konzentriert, ist auf mehreren an der Einmündung der Alster in die Elbe befindlichen Inseln und den angrenzenden Niederungen belegen; die dazwischenliegenden Elbarme bilden nebst der Alstermündung das Lokale der verschiedenen Häfen und Kanäle, in denen die See- und Flussschiffe nach der Wassertiefe, welche sie bedürfen, ihre Liegeplätze finden. Jene dem Schiffsverkehr dienende Räume werden gewöhnlich nach folgenden Abteilungen unterschieden:

1) Der äußere Niederhafen, mit seinen Unterabteilungen, dem Jonashafen, dem neuen und alten Hullhafen, dem Brandenburger Hafen und dem neuen Bassin beim Sandtore;
2) der Binnenhafen nebst dem Freigatt und den in denselben ausmündenden Kanälen;
3) der Oberhafen und der Dampfschiffhafen am Grasbrook.

Der erstere dient hauptsächlich für die großen Seeschiffe, der zweite für kleinere Seeschiffe, für Flussfahrzeuge und für große Schiffe, welche wegen Reparatur oder anderer Ursachen in das Freigatt hereinholen, der dritte für die oberländischen Kähne und Flussdampfschiffe. Es findet indes nicht eine so strenge Trennung der verschiedenen Gattungen der Schiffe statt, dass nicht häufig oberländische Kähne im Niederhafen liegen, wenn sie unmittelbar aus den Seeschiffen Ladung erhalten, oder in dieselben überladen wollen.

Die Dimensionen dieser Häfen sind: der äußere Niederhafen: Flächenraum (mit Ausschluss des neuen Bassins) circa l.400.000 Quadratfuß. Derselbe gewährt etwa 130 großen und ungefähr ebenso vielen kleineren Seeschiffen Raum zum Liegen, Laden und Lössen. Das Bassin beim Sandtore, seit dem Sommer 1841 eröffnet, für Seeschiffe mittlerer Größe, enthält einen Flächenraum von 300.000 Quadratfuß.

Der Binnenhafen: Flächenraum ca. 1.000.000 Quadratfuß; in diesem wie in den Kanälen liegen gewöhnlich ca. 250 Schiffe kleinerer Gattung, welche laden und lössen, und eine große Anzahl von oberländischen Kähnen, Ewern und andern Flussschiffen.

Der Oberhafen: Flachenraum 900.000 Quadratfuß. Derselbe fasst ca. 260 große Elbkähne und die zum Zwischenverkehr dienenden kleinen Fahrzeuge. Als eine dringend erforderliche Erweiterung ist neulich ein Teil des Stadtgrabens bis zum Brooktore provisorisch zur Aufnahme von Elbkähnen eröffnet worden. Definitive und völlig genügende Maßregeln werden gegenwärtig zur Beschlussnahme vorbereitet. — Ein kleiner Hafen für die oberländischen Dampfschiffe am Grasbrook hält etwa 80.000 Quadratfuß.

So bedeutend auch diese Räume erscheinen, so genügen sie doch der stets wachsenden Frequenz des Hafens nicht mehr, weshalb bedeutende Erweiterungen und neue Anlagen für die Zukunft als unabweisbares Bedürfnis erscheinen.

Die Tiefe in diesen Häfen wird teils durch die Strömung, teils durch Baggern unterhalten. Erst seit Anwendung der Dampfbagger ist man im Stande gewesen die Erreichung einer gleichmäßigen Tiefe von 13 Fuß unter Null des Flutmessers oder 20 Fuß bei ordinär Hochwasser für den Niederhafen mit Erfolg ins Auge zu fassen und es wird diese Tiefe in 1 bis 2 Jahren durchgängig hergestellt sein.

Im Oberhafen findet sich fast durchgängig eine Tiefe von 5 bis 7 Fuß unter Null, welche für die daselbst platzierten Fahrzeuge genügend erscheint.

Schließlich haben wir noch eines Umstandes zu erwähnen, welcher in derjenigen Jahreszeit, in welcher der Eisgang die Seeschiffe verhindert die Elbe hinauf zu segeln, von großer Wichtigkeit für Hamburg ist: der Besitz Cuxhavens. Dieser Hafenort, nahe an der Mündung der Elbe belegen, ist seit mehreren Jahrhunderten von Hamburg mit großen Kosten erhalten worden, und wenn gleich der Hafen selbst noch vieler Verbesserungen fähig ist, so hat derselbe als Not- und Winterhafen doch eine so günstige Situation, dass er durch keinen andern Hafenplatz ersetzt werden könnte.

Welche enorme Kosten Hamburg auf die Unterhaltung und Verbesserung der im Vorhergehenden aufgeführten Anstalten und Einrichtungen für das Fahrwasser und seiner Häfen jährlich aufwendet, abgesehen von den großen Anleihen zum Hafenbau, wird am Schlüsse des folgenden Abschnittes erwähnt werden. Es ist mit Gewissheit vorauszusehen, dass diese Ausgaben in Zukunft eine noch bedeutendere Höhe erreichen werden, wenn die bisher begonnenen Arbeiten fortgesetzt und zu der Beseitigung der sonst noch für die Schifffahrt vorhandenen Mängel geschritten wird. Es steht uns hiernach eine Reihe von großen Operationen bevor, welche auf einmal oder in auch nur einigen Jahren zu vollenden, Hamburgs Mittel, zumal unter den jetzigen Umständen, nicht ausreichen. Was jedoch in Rücksicht der Elbschifffahrts-Interessen vorzüglich dringend erscheint und mit Billigkeit verlangt werden kann, das mit Energie aus, zuführen, werden Hamburgs Bürger auch künftig kein Opfer scheuen.

Die Notwendigkeit unsere Häfen und das zu denselben führende Fahrwasser in einen verbesserten Zustand zu bringen, hat, wie aus der begonnenen Abstellung der dringendsten Mängel erhellt, die Aufmerksamkeit der betreffenden Behörden bereits seit mehreren Jahren beschäftigt. Es ist, wie oben erwähnt, an der Ober-Elbe die Anlage fester Stromwerke mit glücklichem Erfolge ausgeführt und an ihrer Fortsetzung wird planmäßig gearbeitet. Für den Oberhafen ist eine freilich bis jetzt nur provisorische Erweiterung ins Werk gerichtet und die Pläne zu einer gründlichen und umfassenden Verbesserung gehen ihrer definitiven Beliebung entgegen. — Wer den Zustand in dem sich vor 5 bis 6 Jahren der Niederhafen befand, sich vergegenwärtigt, der wird eingestehen müssen, dass er jetzt wesentlich verbessert erscheine, und nicht nur bedeutendere und gleichmäßigere Tiefe, sondern auch größere Sicherheit in der Konstruktion der Außenwerke und eine bequemere Kommunikation zwischen Schiff und Land darbiete.

Hinsichtlich der ferneren Verbesserung der Hasen Einzelnes hervorzuheben, scheint unangemessen, da, wie gesagt, schon Pläne zur Beratung vorliegen, die, um dem allgemein anerkannten Bedürfnisse einer Erweiterung des Oberhafens abzuhelfen, entworfen wurden. Es ist nur zu wünschen, dass die Schwierigkeiten und Hindernisse, die sich auch bei diesem, wie bei jedem großen Werke, finden werden, die Ausführung dieser Plane nicht allzu sehr in die Länge ziehen mögen, damit der von Auswärtigen wie von Einheimischen besprochene Übelstand der jetzigen Beschränktheit des Oberhafens*) gehoben werde, ehe aus derselben bedeutendere Nachtheile für den Handelsstand erwachsen

Die Befürchtung, dass die große Feuersbrunst, welche vom 5. bis zum 8. Mai d. I. einen Theil Hamburgs zerstört hat, ein solches äußeres Hindernis abgeben werde, scheint nicht begründet zu sein, denn es erhellt leicht, dass der Ausfall an Bauplätzen, welcher durch eine reguläre Einteilung der Brandstätte und die Anlage geräumiger Straßen und Märkte im Innern der Stadt entsteht, notwendig durch Anweisung anderweitiger Bauplätze auf Staatsgrunde ersetzt werden muss, und es dürfte keinem Zweifel unterliegen, dass der Grasbrook dazu ein geeignetes Areal darbiete. Die Einteilung des Grasbrooks aber geht mit der Erweiterung des Oberhafens Hand in Hand.

Dem schon früher ausgesprochenen Wunsche, dass durch Errichtung eines großen Krans und mehrerer kleinen Kräne, mit denen die Seeschiffe in unmittelbare Berührung kommen können, einem immer fühlbarer werdenden Mangel abgeholfen werde, wird hoffentlich genügt werden, wenn auch die neu erbaute Kajenmauer zu diesem Zwecke nicht geeignet befunden werden sollte.

*) Wie groß das Bedürfnis eine Erweiterung des Oberhafens ist, hat sich bei dei durch die Getreide-Konjunktur veranlassten lebhaften oberländischen Schifffahrt der letztverflossenen Jahre auf das deutlichste herausgestellt.
Der eigentliche Oberhafen (von der Wandrahmsbrücke bis zum Oberbaum ) fasst 151 Kähne. Der sogenannte Baakschiffshafen 54 Kähne. Das Revier von der Brooksbrücke bis zum Blockhaus 55 Kähne. Der Stadtgraben von Ericus bis zum Brooktore 35 Kähne. In der Summe 296 Kähne.
Dagegen finden sich in der gewöhnlichen Sommerzeit etwa 500 oberländische Kähne, bei starker Schifffahrt oft 7 bis 800 Kähne zu gleicher Zeit hier ein, von denen also ein sehr bedeutender Teil auf offener Elbe, jeder Gefahr durch Sturm und Unwetter preisgegeben, liegen muss. Eine wesentliche Erleichterung für die Erweiterung des Oberhafens ergibt sich jetzt daraus, dass der Wandbereiter-Rahmen, früher aus mehr als 30 einzelnen Plätzen bestehend, gegenwärtig einen kombinierten denselben Eigentümern zugehörigen Grundbesitz bildet, die unter billigen Bedingungen der Staate das erforderliche Terrain abzutreten bereit sind.


Einem anderen, gerade während der drei letztverflossenen Jahre wiederholt und dringend zur Sprache gebrachten Bedürfnisse, der Einrichtung einer geräumigen Bedachung für beladene Kornschuten, wird, dem Vernehmen nach, noch im Laufe dieses Sommers abgeholfen werden.

Die Zurücklegung des Niederbaums und die Wegräumung der Bastion Hölzern-Wambs, so wünschenswert auch jede fernere Erweiterung des Niederhafens ist, scheint gleichwohl andern dringenderen Arbeiten für den Augenblick nachstehen zu müssen.

Ob für unsere Häfen eine Zeit kommen werde, wo dieselben mit festen Dämmen umgeben und nebst den Kanälen von allen Eventualitäten der äußern Flussstände nach Art der Docks unabhängig sein werden, diese mit dem oft besprochenen Plane der Eindeichung der Stadt zusammenhängende Frage, müssen wir hier dahingestellt sein lassen, da dieselbe eine genauere Erörterung verlangt als der Zweck dieses Buches zulässt.

Richten wir unsern Blick auf das Fahrwasser, so ist hinsichtlich der Norder-Elbe nur die Fortführung der begonnenen Arbeiten in dem Maße, welches natürliche Vorzüge und künstliche Beihilfe im Süder-Elbarm uns vorzuschreiben scheinen, zu wünschen, dann werden alle Besorgnisse in dieser Beziehung mehr und mehr verschwinden.

Was die schon vorhin erwähnten Untiefen bei Blankenese und Schulau anlangt, so ist der Wunsch einer Verbesserung der dortigen Fahrbahn bisher unerfüllt geblieben; dieselbe dürfte aber wohl als diejenige Arbeit zu bezeichnen sein, die nächst der Erweiterung des Oberhafens am dringendsten ist. — Die Tiefe des Fahrwassers im Sande beträgt bei ordinärer Ebbe nur 6 1/2 à 7 Fuß, bei ordinärer Flut 14 ½ à 15 Fuß und von den lotsenpflichtigen Schiffen, deren Tiefgang bei ihrer Ankunft jedes mal gemessen wird, erleidet der größere Teil durch das Vorhandensein jener Sande eine mehr oder minder erhebliche Benachteiligung. Die Möglichkeit einer Beseitigung dieses Übelstandes soll nach neueren Untersuchungen außer Zweifel gestellt sein, indes sind die Kosten der zu diesem Ziele führenden Stromkorrektion sehr bedeutend, und es wird deshalb allerdings erwogen werden müssen, ob nicht wenigstens für die nächste Folgezeit vielleicht vorzuziehen sei, die Inkonvenienz, welche der Verkehr durch jene Untiefen erleidet, ferner zu ertragen, als entweder die Staatskasse oder das kommerzierende Publikum mit der zu deren Beseitigung erforderlichen Ausgabe zu belasten.*)

Die Auslegung des Leuchtschiffes bei Schulau, seit dem Jahre 1839 hat der Schifffahrt auf der Elbe wesentlich genutzt und von allen Seiten die gebührende Anerkennung gefunden — Damit die ganze Unter-Elbe auch zur Nachtzeit regelmäßig befahren werden könne, ist in letzter Zeit noch der Wunsch laut geworden, dass außerdem auch am Ausfluss der Oste in die Elbe ein Leuchtschiff stationiert und ein Leuchtfeuer auf Pagensand errichtet werden möge. Die auch zur Sprache gebrachte Errichtung eines Leuchtfeuers bei Wittenbergen scheint nicht in gleichem Grade notwendig.

*) Man vergleiche hierüber auch die besondere Schrift: „Einige Wasserstand-Beobachtungen im Flutgebiete des Elbstromes. Zusammengestellt und bearbeitet mit besonderer Bezugnahme auf die Elbe von Schulau bis Geesthacht, von Heinrich Hübbe. Wasserbau-Direktor in Hamburg. Mit lithographierten Tafeln und 10 Tabellen. Hamburg 1842. Die ganze Aussage dieser kurz vorher erst fertig gewordenen Druckschrift ist leider bis auf wenige Exemplare durch die neuliche Feuersbrunst vernichtet worden. — Wir entnehmen derselben über die Stromverhältnisse bei Blankenese und Schulau folgende Stelle (pag. 39): „Dass eine Untiefe daselbst vorhanden sei und wenn auch nicht an Höhe zunehme, doch dem ausscheuernden Vermögen des Stromes in ihrer jetzigen Höhe und Ausdehnung das Gleichgewicht halten könne, ist ein unbestrittenes Faktum und es fragt sich zuvörderst, welches die Ursachen desselben, und sodann, ob diese von der Alt sind, dass man hoffen darf, durch Anwendung der Mittel, welche die Strombaukunst in die Hand gibt, deren in Rede stehende Wirkung aufzuheben oder merklich zu vermindern.
Es würde zu weit fühlen und späteren Erörterungen vorgreifen, darüber in eine Untersuchung hier einzugehen, nur folgende Betrachtung möge hier noch Platz finden. Ähnlich wie das in Fig 10 abgebildete Profil bei Fährmannssand sind auch die übrigen Profile in der fraglichen Gegend des Elbstroms; sie zeigen eine übermäßige Breite des Strombettes, eine Verteilung der Wassermasse in mehrere Stromrinnen, kurz eine unregulierte, verwilderte Strombahn.
Diese auf eine den in Betracht kommenden Umstanden angemessene Breite zu beschränken und die Richtung des Stroms auf zweckmäßige Weise zu regulieren, sind demnach die Mittel mit denen hier gewirkt werden kann und deren Erfolg keinem Zweifel unterliegt.
Möge es denn Hamburg nie an pekuniären Mitteln fehlen, um die seiner Sorge anvertraute Weltstraße, auf welcher die Seeschiffe Häfen erreichen, zu denen Flussschiffe ohne Gefahr gelangen können, nicht nur zu erhalten, sondern auch auf eine mit den Ansprüchen der Zeit Schritt haltende Weise zu verbessern und möge es für die, diesen gemeinnützigen Zwecken zugewendeten Anstrengungen stets die Anerkennung finden, auf welche es Anspruch zu machen berechtigt ist.“


Endlich ist noch der Verbesserung des Hafens zu Cuxhaven zu gedenken, wo die Lokalität günstig ist, einen sichern, tiefen und zugänglichen Not- und Winterhafen herzustellen und wo jetzt namentlich über die schlechte Beschaffenheit des Quarantäne-Hafens geklagt wird. Aber auch hierzu wird die Aufwendung großer Kosten erforderlich sein.

Hamburger Baumwollbörse

Hamburger Baumwollbörse

Blick auf Hamburg - Unterelbe

Blick auf Hamburg - Unterelbe

Blick auf die Hamburger Binnenalster

Blick auf die Hamburger Binnenalster

Lagerhäuser im Hamburger Freihafen

Lagerhäuser im Hamburger Freihafen

Hamburger Hafenbilder

Hamburger Hafenbilder

Hamburg Brandstwiete 1775

Hamburg Brandstwiete 1775

Hamburg Hafen mit Uferpromenade

Hamburg Hafen mit Uferpromenade

Hamburg Hafenpartie

Hamburg Hafenpartie

Hamburg Hauptbahnhof um 1900

Hamburg Hauptbahnhof um 1900

Hamburg Zollenbruecke 1888

Hamburg Zollenbruecke 1888