Ueber Gewölbe von Lehm

Autor: Treskow, Johann Karl Sigesmund von, auf Friedrichsfelde (1787-1846) Gutsbesitzer, Jurist, Rittmeister a. D., Landwirt, Politiker, Erscheinungsjahr: 1826
Themenbereiche
Enthaltene Themen: von Treskow, Gutsherr, Architektur, alternative Bauweise, Lehmbauten, Bauen mit Lehm, Baubeschreibung, Lehmgewölbe, Eigenschaften, Bauweise, Vorteile, Kosten
Die Zweckmäßigkeit der Gebäude von gestampftem Lehm, nach der sogenannten Hundtschen Methode, hat sich in Hinsicht auf Kostenersparnis und Dauer so bewährt, dass diese Art zu bauen immer allgemeiner wird. Ein von mir zuerst erdachtes und angewandtes Verfahren, von dieser Lehmmasse Gewölbe zu erbauen, kann unter Umständen vielfachen Nutzen gewähren. Ein bereits im Spätherbst 1624 von mir erbautes Lehmgewölbe bewährt sich als so zweckmäßig und nützlich, dass ich veranlasst worden bin, in diesem Frühjahre mehrere ähnliche aufführen zu lassen. Den bei der ersten Unternehmung statt gefundenen Mängeln ist, so weit sie bemerklich wurden, abgeholfen, und es lässt sich erwarten, dass die Erfahrung noch mehrere Vorteile an die Hand geben wird, um, besonders in holzarmen Gegenden, diese Bauart allgemein zu machen.

Das Eigentümliche dieser Gebäude besteht, außer dem Lehmgewölbe, darin, dass sie keine Balken und nur einen sehr leichten Dachverband haben. Unter den Lehmbau an und für sich glaube ich nur weniges anführen zu dürfen, da dieser bereits bekannt ist, und mehrere Abhandlungen darüber erschienen sind, als: von Hundt, Sachs, in den Möglinschen Annalen u. a. m., auf welche ich verweise.

Um mich indessen für diejenigen Leser verständlich zu machen, welche die angeführten Schriften nicht kennen, bemerke ich: dass Ton, oder Lehm, aufgeweicht, zu einem möglichst steifen Brei verarbeitet, alsdann mit kurz gehacktem Stroh, von etwa 6 Zoll Länge, gehörig durchgetreten, und zwischen zwei Bohlen, welche einen Kasten bilden, möglichst fest eingetreten oder eingestampft wird. Diese Bohlen, welche vermittelst durchgehender Keile und Klammern gehalten werden, stellt man zuerst neben einander und später über einander auf, und bildet so das Gebäude. Zwischen jeder Schicht oder jedem Satz werden klein gespaltene Hölzer oder Reiser in verschiedenen Richtungen eingelegt. Fast jeder Ton oder Lehm ist hierzu tauglich; bloß ganz magerer, welchem es an der nötigen bindenden Kraft fehlt, dürfte unbrauchbar sein, so wie ganz fetter Ton sich schwer verarbeiten lässt.

Mit demselben, auf vor beschriebene Art bereiteten Material werden nun auch meine Gewölbe aufgeführt. Nachdem die Umfassungswände bis dahin, wo die Wölbung anfangen soll, durch Kasten aufgeführt sind, wird die Schablone oder der Lehrbogen eingesetzt und von oben verschält, wie bei jedem andern Gewölbe. Auf diese Verschalung wird nun der Lehm in beliebiger Dicke (ich nehme 12 bis 15 Zoll), ohne Kasten, und aus freier Hand, ohne Hölzer oder Reiser einzulegen, hinauf gebracht und fest getreten. Nachdem die ganze Masse gehörig trocken geworden, nimmt man die Lehrbögen heraus. Die Bedachung kann möglichst bald aufgebracht werden, wenn die Lehrbögen das Gewölbe noch tragen, indem dadurch Regen und Feuchtigkeit abgehalten wird. Da es im Frühjahr so sehr viel schneller trocknet, wird man stets wohl tun, diese Jahreszeit zum Bau zu benutzen. Bei günstiger Witterung kann man nach vierzehn Tagen bis drei Wochen die Lehrbögen herausnehmen. Auf denselben Bögen kann man daher in einem Jahr mehrere Gewölbe aufführen. Nach meiner Überzeugung kann man mit dergleichen Lehm jedes Gewölbe eben so gut aufführen, als mit irgend einer Steinart, vorausgesetzt, dass das Gewölbe und die Widerlagen gehörig angelegt, und das ganze Gebäude gegen Nässe und Feuchtigkeit vollkommen geschützt ist. Im Gegenteil möchte ich glauben, dass dieser Lehm, welcher eine einzige feste Masse bildet, Vorzüge vor Gewölben hat, welche von einzelnen Steinen aufgeführt werden und zuweilen nur durch schlechten Mörtel verbunden sind. — Die Erfahrung kann hierüber nur bestimmen, so wie die Maße und Ausdehnung angeben.

Bei dem von mir zuerst ausgeführten Bau bin ich, da selbst erfahrene Baumeister das Gelingen meiner Idee bezweifelten und noch bezweifeln, mit möglichster Vorsicht zu Werke gegangen, und habe nur einen Raum von 43 Fuß im Quadrat überwölbt, und zwar in gedrücktem Bogen aus allen vier Ecken. Die Umfassungswände sind 20 Zoll stark, und die Kuppel im Scheitelpunkte 12 Zoll. Da mir dieser Bau vollkommen glückte, kein Riss, keine Spalte Besorgnis) erregte, obgleich beim Bau selbst die Jahreszeit und Witterung sehr hinderlich waren, und außerdem der Lehm zu feucht verarbeitet wurde, so habe ich in den im Jahre 1825 erbauten Gebäuden dem Gewölbe eine Spannung von 14 Fuß gegeben. Da sich ferner bei dem ersten Gebäude ergab, dass die Wölbung aus den vier Ecken, wenn sie auch erst mit 3 Fuß vom Fußboden anfängt, dennoch für die Bewohner der Zimmer manche Schwierigkeit hat, die Lehrbögen auch schwieriger anzufertigen sind, so ließ ich die letzten Gebäude nur von zwei Seiten wölben und machte die Vorder- und Hinterwände grade. Auch die Festigkeit der Gewölbe gewinnt bei dieser Einrichtung, so wie sich auch die Fenster besser anbringen lassen.

Das Dach und der Dachverband sind so einfach und Kosten ersparend, als möglich, und gleichwohl wird der Zweck vollkommen erreicht. Der Regen wird abgehalten; das Überstehen des Daches verhindert, dass der Regen von der Seite an das Gebäude anschlagen kann. Der Verband hat in sich, durch die beiden Walme und durch die Dachlatten hinreichende Festigkeit. Der Bodenraum ist für die Bewohner sehr nutzbar und bildet, wenn die Widerlager ausgefüllt sind, eine ebene Fläche. Der Hauptvorteil dieses Daches besteht aber darin, dass es weder Balken noch Rähme hat, und ganz schwaches Holz, außer 54 Fuß Holz von 5 bis 6 Zoll Stärke zum stehenden Stuhl, Holz von 2 bis 3 Zoll Stärke zu Sparren und Latten dabei verwendet werden kann. Die gegen einander über stehenden Sparren sind über dem Träger eingeschert, und auf demselben mit hölzernen Nägeln aufgenagelt. Die unteren Enden der Sparren liegen auf der äußeren Mauer platt und ohne Unterlagen auf. Die Säulen der Träger ruhen auf einer 5 Fuß langen Unterlage von Bohlen oder Kreuzholz. Dieses Dach, welches ich hier schildere, hat bereits bedeutende Stürme überstanden, ohne zu wanken, und ich möchte sogar behaupten, dass ein solches Dach mehr Festigkeit habe, als ein gewöhnliches Giebeldach. Die Zargen zu den Türen und Fenstern habe ich aus Bohlen machen lassen. Wo das Holz teuer ist, würde es eine nicht unbedeutende Ersparnis sein, diese Zargen ganz weg in lassen, und die Türen und Fenster gleichfalls zu wölben, und Tür- und Fensterfutter einzusetzen. Der obere Teil meiner Türen und Fenster ist gewölbt, weil dies den Vorteil gewährt, dass sich die Masse des Lehms, welche beim Austrocknen schwindet, nicht auf die Zargen aufsetzt, und dadurch in der oberen Schicht der Außenwand Risse verursacht. Nachdem das ganze Gebäude gehörig ausgetrocknet ist, kann man den Türen jede beliebige Form geben, indem man, ohne Nachteil zu befürchten, die Lehmwände mit dazu geeigneten Instrumenten bearbeiten und behauen kann. Der Eingang zum Bodenraum geht von der Küche oder dem Vorhause aus, wo an einer beliebigen Stelle eine Öffnung durch das Gewölbe gemacht werden kann.

Der Putz hält sich sehr gut auf den Lehmwänden. Mein Verfahren beim Abputzen ist folgendes: Wenn die Lehmwände gehörig ausgetrocknet sind, wird, ohne die Wände vorher anzufeuchten, magerer Mörtel mit Kaff oder Spreu, oder auch mit Flachsscheben gemengt, und mit dieser ziemlich flüssig gemachten Masse werden die Wände möglichst dünne überzogen und glatt geputzt. Es ist zweckmäßig, wenn die zu putzenden Lehmwände möglichst rau sind, und zu dem Ende kann man sie vor dem Putzen mit einem scharfen Besen tüchtig abkehren, oder auch mit einem scharfen Instrument etwas rau machen. Zum Putzen der inneren Wände kann man auch einen Teil Lehm zum Mörtel nehmen. Ich erachte es für nötig, das Verfahren des Abputzen etwas umständlicher anzugeben, weil es nicht allen geglückt ist, und sich das meinige als zweckmäßig bewährt hat und wenig kostbar ist.

Wenn ich mich bis jetzt bloß mit dem Bau von Wohnungen für Arbeiterfamilien oder Handwerker beschäftigt habe, so lässt sich doch nicht bezweifeln, dass diese Bauart nicht auch mit Nutzen auf größere Wohn- und Wirtschaftsgebäude, Stallungen, Schuppen, Magazine u. s. w. ausgedehnt werden könnte. Auch die Form der Gewölbe, der bezweckten Räume, die Bedachung u. s. w. kann so unendlich verschieden erdacht werden, dass sich noch mancher Bauherr und Baumeister daran versuchen kann. Interessant wäre es, über die größtmöglichste Spannung der Gewölbe Versuche anzustellen, wozu ich aber um so weniger veranlasst bin, da ein mögliches Missglücken einer an sich neuen und vielfach bezweifelten Sache nachteilig sein würde. — In Rom erregten Gewölbe, welche aus einer jetzt unbekannten Masse, Puzzolana genannt, (wenn gleich die, selbe jetzt nachgeahmt wird), bis 40 Fuß Spannung gegossen oder aufgetragen sind, die Bewunderung aller Baumeister. Wie viel wichtiger ist für uns ein Lehmgewölbe!

Wenn ich bei der sehr kurzen Erfahrung über diesen Gegenstand bereits Gelegenheit gefunden habe, mehrere Mängel zu verbessern, so lässt sich erwarten, dass diese Idee, welche zuerst angeregt zu haben ich mir zur Ehre rechne, gewiss noch großer Vervollkommnung fähig ist. Aber nicht allein das Neue der Sache, sondern die Zweckmäßigkeit muss dieser Bauart Eingang verschaffen. Denn erstlich ist der Lehmbau an sich wohlfeil, besonders da, wo das Holz nicht ganz billig zu haben ist. Der Preis eines solchen Gebäudes, lässt sich im allgemeinen nicht genau bestimmen, da die Preise der Materialien, des Arbeitslohns, der Fuhren, und die Berechnungsart und andere Nebenumstände nicht allenthalben gleich sind. Ein Vorteil dieser Bauart wird aber immer der sein, dass man fast keine kostbaren Bauhandwerker dazu gebraucht, sondern, bei einiger Sachkenntnis, solche Gebäude mit gewöhnlichen Handarbeitern angefertigt werden können. Hier, eine halbe Meile von Berlin, wo alles Material, Arbeit und Fuhren kostbar sind, wird ein völlig fertiges Haus zu zwei Wohnungen, einschließlich Fenster, Türen, Fußboden, Öfen, Putzen und Färben von innen und außen, kurz so, dass es bequem bezogen werden kann, gegen 300 Rthlr. kosten. In entfernteren Gegenden, wo alles Material teils umsonst, teils für geringe Preise zu haben ist, wo Fuhren weniger gerechnet werden, die Arbeit wohlfeil ist, außerdem für Verzierung weniger getan und auf alle mögliche Ersparnisse Rücksicht genommen wird, muss ein solcher Bau möglichst wohlfeil sein. Zur allgemeinen Übersicht führe ich an, dass zu einem Gebäude, wie es oben angegeben, 3 1/2 Schachtruten Fundament und 20 Quadratruten Lehmwände erforderlich sind. In Gegenden, wo das Holz teuer ist und weit herbeigeschafft werden muss, und, wie das in diesen Gegenden wohl zu sein pflegt, der Lehm, das Hauptmaterial, in der Nähe und im Überfluss zu haben ist, dürfte es wohl keine billigere Bauart geben.

Zweitens gewährt das Gewölbe den Vorteil der Unverbrennlichkeit. Nur das Dach kann abbrennen, und dieses ist schnell und mit sehr geringen Kosten wieder herzustellen. Ich teile nicht die Ansicht vieler, dass das Gewölbe durch Feuer oder Ausbrennen zu verbessern wäre. Die Wirkung des Feuers würde nur auf einige Zolle einbringen, das eingelegte Stroh und Holz verbrennen und ein teilweises Schwinden veranlassen, und überhaupt den Zusammenhang der ganzen Masse, welcher wesentlich ist, stören. Bei den vielen jetzt statt habenden Feuersbrünsten, welche so viele Familien unglücklich machen, ist diese Sicherung gegen Feuersgefahr von Wichtigkeit, und eben so wenig würde der Besitzer eines solchen feuerfesten Hauses eine Veranlassung haben, die hohen Feuerkassen-Beiträge zu zahlen, indem er seine Gebäude nicht zu versichern braucht.

Drittens, ist die Masse gehörig ausgetrocknet, hat das Gebäude ein gutes Fundament, dass die Feuchtigkeit von unten nicht nachteilig werden kann, und wird das Dach gehörig unterhalten, so kann es wohl keine dauerhaftere Bauart geben, als diese. Außer am Dache, kann wohl eigentlich keine Reparatur statt finden, und dies hat sie mit allen Bauarten gemein.

Jede neue Sache findet Gegner, so auch meine Lehmgewölbe. Diese Gegner sagen: „Wenn es durchregnet, so leidet das Gewölbe.“ Dies ist allerdings zu befürchten, wenn fortgesetzte Feuchtigkeit darauf einwirkte. Aber welches Gebäude würde nicht zerstört werden, wenn es unausgesetzt dem Regen und der Witterung preis gegeben wäre? Etwas Regen würde meinem Gewölbe nicht schaden, da dieser nur in der Oberfläche bleibt, ablaufen muss, und so leicht eine Lehmwand von 12 bis 20 Zoll nicht durchdringt. Während des Baues, und bis das Dach aufgesetzt war, haben meine Gebäude vielen Regen ausgehalten, ohne dass es ihnen nachteilig gewesen wäre. In Verbindung mit dem Frost würde die Feuchtigkeit allerdings sehr nachteilig sein. Es leuchtet ein, dass der Schutz gegen Feuchtigkeit von unten und oben bei allen Gebäuden, besonders aber bei Lehmgebäuden, das erste Erfordernis sein muss.

Viertens, dass ein solches Gebäude im Winter warm und im Sommer kühl sein muss, leuchtet von selbst ein. — Wer es weiß, wie wichtig es für die ärmere Klasse ist, Brennmaterial zu ersparen und eine warme Stube zu haben, wird diesen Vorteil zu würdigen wissen, und wird diese Rücksicht vorzugsweise dazu beitragen, dieser Bauart Eingang zu verschaffen, sobald die Bewohner die Überzeugung erhalten werden, wie warm es sich unter einem Gewölbe wohnt. Auf die angenehme Kühle bei heißen Tagen nehmen diese Leute weniger Rücksicht.

Bei der allgemein so bedeutend zunehmenden Bevölkerung scheint es mir wesentlich, eine zweckmäßige, wohlfeile Bauart aufzufinden, welche den heranwachsenden Geschlechtern ein sicheres Obdach verschafft. Ich glaube, dass meine Lehmgewölbe, unter vielen Lokalitäten, diesem Erfordernis vorzugsweise entsprechen, und ich werde mich glücklich schätzen, auf diese Weise zum Besten meiner Mitbürger und der nachkommenden Generation gewirkt zu haben.