Ueber Aufnahme und Konzessionierung der fremden und einheimischen Juden, in rechtlicher und staatswirtschaftlicher Hinsicht, mit besonderer Beziehung auf Mecklenburg-Strelitz.

Autor: Von einem Mitbürger dieses Staats, Erscheinungsjahr: 1802
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg, Mecklenburg-Strelitz, Juden, Judentum, staatsbürgerliche Rechte, Emanzipation, Religion, Staatsbürger, Verfassung, Landeskinder, Schutzjuden, Schutzbrief, Leibzoll, Einheimische, Heimat
Weit entfernt von der Anmaßung, seine Meinung als die allein richtige Andern aufdringen zu wollen, übergibt der Verfasser diese Blätter dem Publikum vielmehr in der Hoffnung, dadurch vielleicht mehrere öffentliche Stimmen und Urteile sachkundiger Männer über einen Gegenstand zu veranlassen, der überall, wo Juden in ähnlichen Verhältnissen, wie in Mecklenburg leben, die Aufmerksamkeit verdient, welche demselben gerade jetzt in dem Teile dieses Landes gewidmet ist, auf welchen in dieser Schrift vorzüglich Rücksicht genommen worden. Diese Erklärung wird, wie er sich schmeichelt, zur Rechtfertigung des Drucks dieser Bogen genügen. Über Veranlassung, Plan und Ordnung dieser Schrift, dürften für manchen Leser einige Bemerkungen nicht überflüssig sein; Gründe, die nicht unerheblich sind, halten jedoch für jetzt den Verfasser von Hinzufügung dieser Bemerkungen, wie von der Beisetzung seines Rahmens zurück.
Geschrieben im Juli 1802.

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Einheimische, in Beziehung auf einen bestimmten Staat, sind überhaupt Alle, deren Heimat im Lande ist, deren Eltern in demselben einen festen Wohnsitz haben, oder, wenn sie etwa nicht mehr am Leben sind, hatten, und die, durch die Niederlassung in einem fremden Lande, nicht bereits anderswo einheimisch geworden sind, nicht minder solche, die sich mit Genehmigung des Staats im Lande niedergelassen haben, mit einem Worte, alle Angehörigen des Staats, sei es durch Geburt oder durch Wahl. Alle Nichteinheimischen sind Fremde oder Ausländer, die ihre Heimat anderwärts haben, und die als solche an diesen Staat, wenigstens so lange sie nicht dessen Boden betreten, durch keinerlei Art von Pflichten geknüpft sind. Jeder Einheimische steht dagegen zu dem Staate in einem nähern Verhältnis, er hat Pflichten gegen denselben, und dieser ohne Zweifel auch Verbindlichkeiten gegen jenen. Das Verhältnis des Einheimischen zum Staate kann daher ein positives, das des Fremden zu demselben ein negatives genannt werden.

Ist nun jeder Einheimische schon ein Angehöriger des Staats, in welchem er seine Heimat hat, ist er mithin, wenn auch nicht aktiver Staatsbürger, doch ein Staatsgenosse und ein Mitglied des Staats, so darf er auch nicht erst dazu aufgenommen, d. i. durch einen besonderen rechtlichen Akt zum Mitgliede und Genossen des Staats gemacht werden. Die Aufnahme eines Einheimischen in diesem Sinne würde daher einen Widerspruch in sich begreifen, und wenn gleichwohl eine Aufnahme von Einheimischen statt finden soll, so muss notwendig ein anderer Begriff damit verknüpft werden, sie muss sich auf etwas Anderes, als die Eigenschaft eines Staatsmitgliedes beziehen.

Nun finden sich allerdings gesellschaftliche Verbindungen im Staate, die unter dessen Oberaufsicht und Leitung stehen. Diese besonderen gesellschaftlichen Verbindungen können teils auf ein nahes örtliches Verhältnis; einzelner Staatsglieder zu einander, teils auf gewisse Zwecke derselben gegründet sein. Sie entstehen notwendig durch eine nähere Vereinigung der einzelnen Staatsglieder unter einander, und machen selbst einen Teil der Organisation des Staats aus. Dahin gehören Städte, Dörfer etc. und in selbigen wiederum besondere Korporationen, Innungen und dergl. Der Staatsbürger ist daher als solcher nicht notwendig zugleich Mitglied einer gewissen Ortsgemeine oder Kommune, und ein Mitglied der letzteren darum noch nicht Genosse einer in derselben befindlichen engeren gesellschaftlichen Verbindung oder Korporation. Wie man aber durch Geburt Mitglied des Staats wird, eben so kann man auch durch die Geburt schon Mitglied einer Ortsgemeine werden, weil in beiden Fällen die Geburt uns schon mitten in den Kreis der Gesellschaft, ohne unser Zutun versetzt, und uns dadurch, da es hier nur hauptsächlich auf ein örtliches Verhältnis; ankommt, mit stillschweigender Genehmigung der Gesellschaft, wirklich zu Mitgliedern derselben macht. Solchem nach macht die Geburt nicht nur Staats- sondern auch Ortseinheimische, die als solche natürlich der Aufnahme in den Ort, wo sie einheimisch sind, nicht bedürfen können. Dahingegen jeder nicht an einem gewissen Orte einheimische, wenn er gleich Mitglied des Staats ist, doch, um an diesem Orte einheimisch zu werden, der ausdrücklichen oder stillschweigenden Aufnahme daselbst eben so wohl bedarf, als solche allemal notwendig ist, um die Mitgenossenschaft einer andern, nicht bloß auf Lokalität gegründeten Korporation, wie z. B. der eigentlichen Stadtbürger, einer Zunft oder Innung und dergl. zu erlangen.

Von einer Aufnahme dieser Art kann daher bei Einheimischen die Rede nur sein. Ob und inwiefern es der Kommis oder überhaupt einer besonderen Gesellschaft im Staate freistelle, neue Mitglieder aufzunehmen, ob die Aufnahme von dem Landesherrn geschehen müsse, und wie weit die Zustimmung der Gesellschaft, in diesem Falle dabei erforderlich sei, darüber müssen Verfassung und Fundamentalgesetze des Landes entscheiden.

Bei einer Aufnahme eines neuen Mitgliedes einer Gesellschaft, kommt es übrigens darauf an, dass solche weder dem Staats überhaupt, noch insbesondere der Gesellschaft, in welche die Aufnahme geschehen soll, zum Nachteil gereiche, sondern dem Interesse beider gemäß sei. Dem Staate, oder eigentlich demjenigen, in dessen Händen die oberste Staatsgewalt ruht, d. i. dem Landesherrn, kommt es daher, vermöge des ihm zustehenden höchsten Polizei- und Oberaufsichtsrechtes zu, hierüber zu wachen, mithin z. B. zu verhüten, dass die Anzahl der Individuen , welche eine Korporation ausmachen , die, wie die Zünfte in den Städten, einer bestimmten Verkehrs- oder Gewerbeart gewidmet ist, nicht das gehörige Maß überschreite, dass in diese Gesellschaft nicht Mitglieder treten, die nur eine Last für sie werden.

Den Einheimischen sind nun die Fremden oder Ausländer, welche keine Mitglieder des Staats sind, und solches, auch ohne ausdrückliche oder stillschweigende Aufnahme nicht werden können, entgegengesetzt. Ob und welche Fremde zu Staatsmitgliedern aufzunehmen sind, darüber muss das Interesse des Staats entscheiden, und dem Oberhaupte desselben oder dem Landesherrn kann nur allein das Recht dieser Aufnahme zustehen. Es erstreckt sich aber diese Aufnahme auch eigentlich nur auf die Erteilung der Rechte eines Staatsmitgliedes, und der dazu rezipiert, wird mithin, um auch Mitglied einer besonderen Gesellschaft im Staate zu werden, wiederum, erst der Aufnahme in selbige bedürfen. Da jedoch jedes Mitglied einer mit der Organisation des Staats zusammenhängenden Gesellschaft in demselben, und insonderheit einer Ortsgemeine, notwendig auch ein Mitgenosse und Untertan des Staats sein muss, so involviert allerdings auch die von dem Landesherrn geschehene oder genehmigte Aufnahme eines Fremden zum Mitglied einer Kommis, zugleich die Aufnahme desselben zum Mitgliede des Staats, ohne dass, wenn die erstere einmal geschehen ist, es eines besonderen rechtlichen Akts zur Erklärung der letzteren bedürfte. Wenn daher die Niederlassung eines Fremden an irgend einem Orte des Landes mit ausdrücklicher oder stillschweigender Genehmigung des Landesherrn geschehen ist, so ist dieser Fremde auch von solcher Zeit an, als ein neues Mitglied des Staats zu betrachten.

Da durch die Einwanderung und Ansiedelung Fremder die Bevölkerung, mit derselben aber zugleich Industrie und Tätigkeit vermehrt werden, und auf solche Weise auch die Stärke, der Wohlstand und die Einkünfte des Staats einen Zuwachs erhalten, so wird die Staatszeremonie im Allgemeinen, die Niederlassung Fremder begünstigen, und der Staat wird also Fremde in der Regel gerne aufnehmen, wenn sich hoffen lässt, dass sie gute und nützliche Mitglieder werden; zu ihrer Aufnahme kann ihn aber auch nichts bewegen, wenn das Gegenteil hiervon, und dass sie nur dem Staate künftig zur Last fallen mögen, zu befürchten sieht. Der Fremde, welcher vom Staate rezipiert zu werden hoffen kann, muss daher vor allen Dingen sich und seine Familie mit Sicherheit ernähren, und, was er dem Staate künftig geben muss, zu leisten im Stande, sein — (es sei denn, dass der Staat, wegen besonderer Dienste, die er von demselben erwartet, ihn und die Seinigen zu erhalten, über sich nähme); — er muss es wenigstens wahrscheinlich machen, dass er ein guter und nützlicher Bürger und Untertan sein werde. Diese Requisiten sind wesentlich, und lassen sich in einzelnen Fällen noch näher bestimmen. Wo sie vorhanden sind, ist im Allgemeinen die Aufnahme des Fremden zweckmäßig, wo sie es nicht sind, zumindest gefährlich und daher nicht ratsam.

Wenn diese, hier im Allgemeinen vorgetragenen Grundsätze als richtig anerkannt werden, so fragt es sich nun, ob und in wie ferne solche auch auf die Juden anwendbar sind? Zur Beantwortung dieser Frage ist es nötig, diese Klasse von Menschen sowohl für sich, als in ihren Beziehungen auf den Staat, in welchem sie leben, mithin hier auf den unsrigen, näher zu betrachten.

Mecklenburg-Strelitz, Wappen

Mecklenburg-Strelitz, Wappen

Karl II. (1741-1816) Herzog zu Meckenburg, ab 1815 Großherzog von Mecklenburg-Strelitz (1770)

Karl II. (1741-1816) Herzog zu Meckenburg, ab 1815 Großherzog von Mecklenburg-Strelitz (1770)

Neustrelitz, Schloss

Neustrelitz, Schloss

Neustrelitz, Markt

Neustrelitz, Markt

Neustrelitz, Markt mit Kirche

Neustrelitz, Markt mit Kirche

Neustrelitz, Marktplatz

Neustrelitz, Marktplatz

Neustrelitz, Marktplatz und Rathaus

Neustrelitz, Marktplatz und Rathaus

Neustrelitz, Marktplatz und Rathaus

Neustrelitz, Marktplatz und Rathaus

Neustrelitz, Orangerie

Neustrelitz, Orangerie

Neustrelitz, Rathaus mit Großherzogl. Denkmal

Neustrelitz, Rathaus mit Großherzogl. Denkmal

Neustrelitz, Schloss mit Schlosskirche

Neustrelitz, Schloss mit Schlosskirche

Neustrelitz, Schloss 2

Neustrelitz, Schloss 2

Neustrelitz, Schlossgarten

Neustrelitz, Schlossgarten

Neustrelitz, Schlossturm

Neustrelitz, Schlossturm

Neustrelitz, Stadtkirche

Neustrelitz, Stadtkirche