Die fünf Stufen des englischen Adels.

1) Die herzogliche Würde kommt unter den Adelstiteln erst vor, nachdem die Plantagenets selbst den Königstitel von Frankreich angenommen hatten. Der erste Fall einer Verleihung war 11. Ed. III., wo der König seinen ältesten Sohn, den schwarzen Prinzen, damals Grafen von Chester, zum Herzog von Cornwall kreierte. Diese alten herzoglichen Familien, meistens dem königlichen Hause angehörig, waren jedoch 1572 ausgestorben. Erst im 17. Jahrhundert ernannte Jacob I. wieder einen Herzog von Buckingham in der Person seines Günstlings George Villiers.

2) Marquis war ursprünglich ein Amtstitel, den man auf Grafen und Barone anwandte, welche mit einem Kriegskommando an der Grenze betraut waren (Lord - Marchers). Als Adelstitel kommt er zuerst unter Richard II. vor, welcher den damaligen Grafen von Oxford auf Lebenszeit zum Marquis von Dublin ernannte, den Grafen von Somerset zum Marquis von Dorset. Doch wurde noch unter Heinrich IV. dieser Titel als ein fremdartiger betrachtet. Selden, Titles of Honour (3d. Edit. 1672 fol.; II. c. 5. §. 30.


3) Der Graf (Earl) ist schon im Anfang der normannischen Zeit mehr Militärgouverneur einer Provinz, als Grafschaftsbeamter im angelsächsischen Sinne. Jedenfalls ist die Grafenwürde seit Heinrich II. zum bloßen Titel geworden, während die Verwaltung der Grafschaft ganz auf den Sheriff überging.

4) Viscount ist der jüngste unter den Adelstiteln, zuerst eingeführt durch Heinrich VI. Selden a. a. O. §. 31. Er ist überhaupt verhältnismäßig selten verliehen.

5) Baron (Baro) bezeichnet im Mittelalter einen Mann. Diese ursprüngliche Bedeutung lebt noch heute fort in dem Court Baron, Barons of the Exchequer, und mehreren anderen Anwendungen; so heißt in der Rechtssprache Baron der Ehemann, im Gegensatz der Ehefrau. Auch der Ausdruck Lord (Hlaf-ord, d. i. Brod-Herr) hat ursprünglich eine allgemeine Bedeutung. Seit der Trennung der großen und kleinen Barone bleiben aber beide Bezeichnungen zurück als Titel für die großen, durch besonderes Einladungsschreiben zum Parlament berufenen Thronvasallen.

Zur Zeit der Magna Charte gab es nur zwei Adelsklassen: „Comites et Barones.“ Bezeichnend für den nationalen Charakter des englischen Adels ist es, dass statt des normannischen Count der germanische Earl, statt des normannischen Baron der angelsächsische Lord die allgemein üblichen Bezeichnungen geworden sind, und dass die rein normannischen Titel: Duke, Marquis, Viscount, verhältnismäßig selten verliehen, gewissermaßen etwas Fremdartiges behielten.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ueber Adel und Ritterschaft in England.