Traumdeutung in Japan.

Wie in Europa, so geht auch in Japan das Sehnen der Menschen dahin, aus allerlei Anzeichen die Zukunft zu erforschen. Insbesondere glaubt man, aus den Traumbildern das eigene künftige Geschick entnehmen zu können. Ein Spruch sagt „yume wa sakayume“, d. h. es tritt das Gegenteil dessen, was man im Traum gesehen oder erlebt hat, wirklich ein. Außer dieser allgemeinen Regel, die natürlich auf viele Träume keine Anwendung finden kann, giebt es für gewisse Traumbilder bestimmte Deutungen. Letztere weichen selbstverständlich in den verschiedenen Landesteilen voneinander ab. Im folgenden will ich die Deutung, die man einzelnen Träumen beimisst, kurz angeben, und zwar lege ich dabei die in Tôkyô und Kyôto herrschenden Anschauungen zu Grunde. Teils habe ich mich für die nachstehenden Angaben einzelner mir gedruckt vorliegenden Mitteilungen, teils persönlich an Ort und Stelle früher eingezogener Erkundigungen bedient. Es seien zunächst diejenigen Träume, die ein glückliches Geschick in Aussicht stellen, behandelt und darauf die, welche Unglück verheißen.

I. Glückverheißende Träume

01. Jemandem einen Erdklumpen reichen — Glück.
02. Fluss oder Kanal sehen — langes Leben.
03. Mist nach Hause tragen — Schätze bekommen.
04. Eiter fließt aus dem ganzen Körper — großes Glück.
05. Kopf shampoonieren, Haar kämmen, Gesicht waschen — Wegschaffen der Sorge.
06. Mit kleinen Steinen spielen — viele Kinder.
07. Spiegel — Besuch eines Bekannten aus der Ferne.
08. Weib umarmen — Freude.
09. Vögel fliegen singend in der Luft herum — Freude über die Ehefrau.
10. Taube — (bei Frauen) Erfüllung des Wunsches.
11. Mit jemanden zusammen weinen — Festlichkeit steht in Aussicht.
12. Schildkröte — Erbschaft.
13. Karpfen — Schwangerschaft.
14. Trockener Fisch im Wasser schwimmend — Erfüllung eines Wunsches.
15. Schlange, die jemanden beißt — große Geldeinnahme.
16. Schwert aus der Scheide ziehen — Fröhlichkeit.
17. Ochse, der auf einen Berg steigt — Blüte der Familie.
18. Klingende Glocke — gute Nachricht aus der Ferne.
19. Unwillkürliches Ausziehen der Kleider — Glück.
20. Kuchen sehen, ohne ihn zu essen — Gesundheit (isst man den Kuchen — Erkrankung.)
21. Seemuscheln als Geschenk bekommen — Geburt eines Kindes.
22. Muttermilch trinken — großes Glück.
23. Kleider waschen — Verdienst des Essens und Trinkens.
21. Über Wasser zu Fuß gehen — geordnete Verhältnisse.
25. Im Hause wachsende Kiefer oder Eiche — langes Leben, Blüte der Familie.
26. Im Fluss brennendes Feuer — langes glückliches Leben.
27. Viele weiße Mäuschen auf der Strasse — Unterwürfigkeit der Mitmenschen.
28. Unterhaltung mit buddhistischen Gottheiten — Glück, (wenn dabei bloß die Gottheiten sprechen — Unglück, Klage über Frauen).
29. Gespenster oder Geister sehen — Verdienst.
30. Vorhang erneuern — gute Frau heiraten.
31. Kampf mit Teufeln — falls siegen, Glück, falls besiegt werden, Krankheit.
32. Von einem Tausendfüßler gebissen werden — langes Leben.
33. Von jemandem verhauen werden — Zunahme der Kraft.
34. Chimaki (besondere Speise beim Knabenfest im Mai) essen — günstiges Geschick.
35. Helm zur Zier, aufgestellt — Erfüllung eines Wunsches.
36. Pflaumenblüte — Ehre.
37. Der Gottheit gohei (Opfer aus Papier) anbieten — Ehre in der Kunst, bei Edlen beliebt werden.
38. Nadel schlucken — Geld bekommen.
39. Durch ein Schwert verwundet werden — Verdienst.
40. Schifffahrt — Freude.

II. Unglück verheißende Träume

01. Strom, der den Körper umspült — Streit und Zank.
02. Fett werden — Krankheit.
03. Zwei Hörner auf der Stirn — Streit und Zank.
04. Viele fliegende Schmetterlinge — Nichterfüllung des Wunsches.
05. In einen Sarg treten — Streit.
06. Spaziergang mit Weibern — Geldverlust.
07. Papagei — (bei Frauen) Zwist.
08. Säge — Irrtum
09. Melonen essen — Krankheit der Kinder oder Enkel.
10. Fliegende Mandarinenenten — Unkeusches Leben der Ehefrau.
11. Aus der Ferne naht ein Weinender — Tod eines nahen Bekannten.
12. Besitz von vielen Edelsteinen — Not.
13. Krabbe — Unordnung der Verhältnisse.
14. Hunde beißen sich gegenseitig — schwere Krankheit.
15. Haustür geht von selbst entzwei — Flucht des Dieners oder Dienstmädchens.
16. Tritonmuschel — Zwietracht.
17. Kleider zerreißen plötzlich — Untreue der Frau.
18. Menschlich gekleideter Affe — Verfall der Familienverhältnisse.
19. Vom Himmel fallende Goldmünzen — Betrogen werden.
20. Gespenst-Heuschrecke — Qual, Jammer.
21. Herunterfallen vom Baume — Umnachtung des Geistes.
22. Zwiegespräch des Menschen mit Tieren — Not, Qual.
23. Um Wahrsagung bitten — Krankheit.
21. Amasake (süssen Reiswein) trinken — Zwist mit Verwandten oder Freunden.
25. Auf einem Kranich sitzen — Nachteil und Verlust beim Handel; (beim hohen Beamten: Glück).
26. Geräusch von Samisen (dreisaitiges Musikinstrument) — Kummer über die Wohnung.
27. Geräusch von Trommeln — heimliche Liebe wird offenkundig.
28. Fuchs — Misstrauen seitens des Freundes.
29. Buntgefärbter Faden — Lebensqual.
30. Unterhaltung mit Ausländern — Verlust, Nachteil.
31. Geräte für die Teegesellschaft — arm werden.
32. Höher wachsende Nase — Zwist, Qual.
33. Mönch oder Nonne beim Gebet — Krankheit.
34. Puppe — Tod eines Bekannten.
35. Bad nehmen — Erkältung.