Tigerjagd mit Elefanten

Aus: Ueber Land und Meer
Autor: Martin, L., Erscheinungsjahr: 1881

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Jagd, Indien, Elefanten, Tiger, Großwild, Jagdlust, Abenteuer, Jäger, Ostindien, Menschenfresser, Naturschutz, Tierschutz, Dschungelbuch, Katze
Das hübsche Bild unseres bewährten Tierzeichners führt uns in das altberühmte Wunderland irdischer Pracht und Herrlichkeit, nach Ostindien. Aus dem friedliebenden Sinn dieser Völker entwickelte sich die Achtung vor der Natur, welche in ihren Kultus überging, der ihnen gebot, für jeden umgehauenen Baum zwei neue zu pflanzen und ebenso kein Tier mutwillig zu töten. Hieraus entstand jene stille Ergebung in das unvermeidliche Schicksal, die den Menschen zum passiven Dulder macht, und darin allein finden wir die Erklärung, dass inmitten so vieler Millionen Menschen noch ebensoviele Tausende wilder Tiere ungestraft ihr Wesen treiben können. Das indische Blaubuch von 1875 weist nach, dass eine Tigerin die Ursache war, 13 Dörfer zu entvölkern und somit einen Landstrich von 250 englischen Quadratmeilen zu veröden. Nach derselben Quelle soll im Jahre 1869 eine Tigerin 127 Menschen gefressen haben, und die Menschenverluste durch wilde Tiere werden in den letzten sechs Jahren auf 13.000 angegeben. (S. Martins „Illustrierte Naturgeschichte“, Leipzig, Brockhaus.)


Obgleich nun seit der Besitzergreifung Vorderindiens durch die Engländer die vernichtenden Feuerschlünde ihrer jagdlustigen Spotsmen schon Tausende von Tigern niedergestreckt haben, so ist deren Zahl an manchen Orten immer noch bedeutend und es dürften noch viele Jahre vergehen, bis sie ausrufen können. „Unser ist der Sieg!“ - Unter allen großen Raubtieren, wie Löwen, Tiger, Leoparden und Jaguars, gibt es welche, die sich fast ausschließlich vom Menschenraub ernähren und deshalb förmliche Wegelagerer werden. Schon Livingston fand bei solchen Löwen, dass diese entweder sehr alte oder sonst kranke Tiere waren. Neuerdings hat der französische Reisende Rousselet am Tiger Hinterindiens nachgewiesen, dass die Menschenfresser unter ihnen, die man dort Amidkanaballes nennt, entweder alte, kranke oder räudige Tiere sind, deren Gebrechen sie zum Fang flüchtiger Hirsche, Antilopen, Büffel usw. unfähig machen und deshalb sich auf den leichteren Menschenraub verlegen. Die einfachste Jagdmethode ist die der Tschikaris, welche die Farbe des Dschungels tragen und sich bei einer vom Tiger übrig gelassenen Beute aufstellen oder diesen durch ein zum Schreien gereiztes Ferkel anlocken.

Die Tigerjagd mit Elefanten, wie unser Bild sie zeigt, ist ein besonderes Vergnügen indischer Fürsten und reicher Engländer. Hierzu können aber nur sehr zuverlässige und gut abgerichtete Jagdelefanten verwendet werden, die vor dem heranstürmenden Tiger nicht erschrecken, weil sie sonst ihre Reiter in große Gefahr bringen würden. Gewöhnlich werden solche Jagden mit viel Pomp ausgeführt und eine Menge Elefanten dabei verwendet. Beim beginn der Jagd werden die Elefanten durch die auf ihrem Nacken sitzenden Kornaks in den Dschungel langsam hineingetrieben. Während man alles andere aufgescheuchte Wild unbehindert entfliehen lässt, hat man sein Augenmerk auf den langsam fortschleichenden Tiger gerichtet, dessen Vorhandensein man in der Regel nur an den Bewegungen des hohen Dschungelgrases erkennt. Nach diesen Bewegungen richten die Jäger ihr Ziel und suchen den Tiger durch ihre Kugeln kampfunfähig zu machen. In den meisten Fällen wird er dadurch aber nur zu erbitterter Wut gebracht, und schwingt sich durch einen verzweifelten Sprung auf den Rücken des nächsten Elefanten. Einen solchen Augenblick stellt das treffliche Bild dar, der wütende Tiger hat durch seinen ersten Sprung schon einen Jäger herabgerissen und er zweite Sprung ist gegen den Kornak gerichtet, der mit erhobenem Kriss sich zu verteidigen sucht, aber schon hat der kluge Elefant den bisher hochgehaltenen Rüssel um das Raubtier geschlungen und drückt es krampfhaft an sich. An dem Jäger ist es nun, durch einen sicheren Schuss ins Auge das Ungetüm unschädlich zu machen; aber gerade dieser Augenblick ist der schwierigste, denn die große Nähe des Tigers, die Bewegung des Elefanten und die Erregung des Jägers werden diesem oft verhängnisvoll. Aber auch dann noch, wenn der Schuss tödlich traf, kann der Todeskampf des Tigers den Elefanten derart schwer verwunden, dass dieser sich zu Boden wirft, um seinen Quälgeist zu erdrücken, was wieder für den Jäger gefärlich werden kann. Sobald aber der Tiger vom Elefanten abgeschüttelt ist, lässt dieser seine Trompetenstimme nach allen Richtungen ertönen, um mit diesem Hallali der Welt seinen Sieg zu verkünden. Hat er dieses getan, so denkt das kluge Tier nicht mehr an seine Wunden, sondern überlässt sich der Freude über seinen Sieg, indem er den entseelten Tiger mit freudestrahlenden Augen betrachtet und mit seinem Rüssel um und um wendet.

Leider hat die unbezwingliche Jagdlust englischer Sportsmen in Vorderindien ebenso wie auf Ceylon die Reihen der wilden Elefanten schon derart gelichtet, dass man Gefahr läuft, diese so unentbehrlichen Tiere nicht mehr in genügender Anzahl erlangen zu können, weshalb der Gouverneur Rapier sich genötigt gesehen hat, bei der englischen Regierung um ein strenges Schongesetz für die Elefanten zu bitten.

Jagd, auf Tiger mit Elefanten

Jagd, auf Tiger mit Elefanten

Tigerjagd mit Elefanten (1)

Tigerjagd mit Elefanten (1)

Tigerjagd mit Elefanten (2)

Tigerjagd mit Elefanten (2)

Tiger

Tiger

Tigerjagd (2)

Tigerjagd (2)

Tigerjagd

Tigerjagd

Tigerjagd Indien 1893

Tigerjagd Indien 1893