017. Geisterkämpfe.

Etwa 100 Schritte von Weitersrode liegt der Judengottesacker, und unter diesem stand vor Zeiten eine Kapelle, welche abgetragen wurde, nachdem die jetzige Pfarrkirche erbaut worden war. Bei Gelegenheit dieser Abtragung entzweiten sich ein Paar Zimmerleute so heftig, dass einer den andern erschlug, nachdem er ihm oben am Walde, der über dem Judenfriedhof hinzieht, aufgelauert hatte. Kaum aber war die unselige Tat geschehen, so folterten Reue und Gewissensbisse den Mörder und er legte alsbald Hand an sich selbst. Beider Leichname wurden an der Stelle, wo man sie fand, verscharrt, und über ihrer Grabstätte wurde ein großer Stein aufgerichtet, in welchen eine Zimmeraxt bildlich eingemeißelt wurde. Diese Stätte blieb ein verrufener Ort, denn oftmals wurden bei nächtlicher Weile die Geister der Beiden, in blutige Laken gehüllt, mit einander kämpfend erblickt.

Ein gleiches geschah in dem benachbarten Walde, durch den die Straße von Schleusingen nach Hildburghausen führt. Man erblickte zwei gespenstige Kämpfer, welche beide verzweifelt auf einander los hieben, bis der eine sank und der zweite verschwand. Das sollen nach der allgemeinen Sage die ruhelosen Geister zweier Hildburghäuser Bürger sein, von denen der eine dem andern eine Summe Geldes schuldete, aber niemals bezahlte, worauf der Gläubiger schwur, er wolle dem Schuldner das Geld vom Leibe herunterschlagen, und als beide einander an jener Waldesstelle begegneten, entbrannte sogleich der tödliche Kampf. Der Gläubiger überwältigte den Schuldner und schlug ihn tot, verscharrte den Leichnam und kehrte zur Stadt zurück. Aber auch ihm ließ das Gewissen keine Ruhe, endlich rannte er zum Walde, und erhing sich über dem Grabe des Ermordeten. Als man seinen Leichnam nun auch dort begrub, entbrannte der Geisterkampf der Beiden, und währte mit Ungestüm oft halbe Nächte hindurch, oder doch von Mitternacht an bis zum ersten Hahnenschrei. Ein Zufall ließ es geschehen, dass der Leichnam des Erschlagenen aufgefunden wurde; man grub ihn aus und setzte ihn in geweihter Erde bei. Da hatte der Spuk ein Ende.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Thüringer Sagenbuch