005. Der Mönch auf dem Schlossturm zu Eisfeld.

Der hohe runde Schlossturm zu Eisfeld, welcher noch steht, soll nach der gemeinen Sage gerade so hoch sein, als sein Umfang misst, und es lässt sich zu Zeiten ein spukender Mönch auf demselben nicht nur sehen, sondern auch hören. Im langen Bau sind mehrere Mönche in vermauerte Fensternischen eingeschlossen worden, und elendiglich darin gestorben, einer aber saß im Schlossturm gefangen und starb den Hungertod. Nun erschien er bisweilen in heiligen Nächten, mit weißer Kutte und langem Bart, und wenn der Wächter, wie sonst Brauch war, auf den Schlossturm stieg, die Stunde anzublasen, so blies auch der Mönch. Sprach der Wächter ein Wort, so empfing er Ohrfeigen. Wenn Stadt und Land von einem Unglück bedroht ist, so erhebt der Mönch des Nachts vom Turm ein Geheul in fürchterlichen Tönen. — Eine Eisfelder Magd kehrte aus einer Spinnstube heim, da ging ihr das Mönchsgespenst nach auf Tritt und Schritt, und wie sie an ihrer Türe stand, sah sie sich erschreckt um und rief: Alle guten Geister loben Gott den Herrn! Und Du nicht! antwortete dumpf der Geist, und drehte ihr den Hals um. Sie hätte sagen müssen: Ich und alle guten Geister, dann hätte das Gespenst keine Gewalt über sie gehabt. Wer es gehört und erzählt hat, verschweigt die Sage, um so häufiger berichtet sie das Vorhandengewesensein von Mönchs- und Nonnenklöstern in Orten, wo geschichtlich erweislich sich deren keine befanden, wie hier in Eisfeld. So soll auf dem Thomasberge ein Kloster oder eine Burg, nach dem h. Apostel genannt, gestanden haben, wahrscheinlich war es ein Kapellchen oder eine Kemenate. Es soll dort gräulich spuken; feurige Wagen und schwarze Hunde begegnen auf dem Thomasberge dem nächtlichen Wanderer, wie denn diese Gegend überhaupt gar reich ist an mancherlei Sagen, deren noch eine gute Zahl erwähnt werden müssen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Thüringer Sagenbuch