Thorvaldsens Museum in Kopenhagen

Mit 65 Illustrationen - Thorvaldsen, Bertel (1770-1844) dänischer Bildhauer
Autor: Galschiöt, Martinus Ludwig (1844-1940), Erscheinungsjahr: 1906
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Dänemark, Kopenhagen, Thorwaldsen Museum, Bildhauer, Skulpturen, Kunstsammlung, Altertum, Bildhauerkunst,
Thorvaldsens Museum ist eins der eigentümlichsten Bauwerke in Kopenhagen. Der Baumeister Bindesböll hat auf geniale Weise die ihm gestellte Aufgabe gelöst, der Kunst Thorvaldsens ein Museum zu erbauen, das zugleich ein Mausoleum, ein Grabmal über dem großen Künstler sein könnte. Dieser Tempel der Kunst, einzig in seiner Art, in dessen Mitte der Staub des Künstlers ruht, schließt eine vollständige Sammlung der Arbeiten Thorvaldsens ein, wertvoll nicht allein durch ihren eigenen inneren Kunstwert, sondern auch als Mustersammlung des sogenannten neuklassischen Stils in der Bildhauerkunst, der die Reste des Rokoko des achtzehnten Jahrhunderts verdrängte und während der ganzen Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts seine Alleinherrschaft behauptete. Nirgends erhält man einen so starken und klaren Eindruck von diesem Stile wie hier im Museum, und wenn man sich beim Beschauen, wenigstens der Hauptwerke dieser Sammlung, gute Zeit lässt, wird man ohne Zweifel von ihrer ungekünstelten Schönheit ergriffen werden. Sie zeigen nicht allein die Bestrebungen des Neuklassizismus: in plastischer Vollkommenheit, Natürlichkeit der Formen und Reinheit der Linien die Vorbilder des klassischen Altertums zu erreichen, sie sind zugleich ein Ausdruck der eigenartigen Natur Thorvaldsens, in der das „blond“ Nordische und spezifisch Dänische so hervortretend war, einer Natur ohne gewaltsame Gemütsbewegungen, geneigt das Leben und seine Wechselfälle mit Ruhe hinzunehmen, mit Sinn fürs Gesunde und Harmonische, mit Scheu vor Disharmonie, Unglück und Leiden, vor den großen Gefühlen und aufreibenden Leidenschaften. Er liebte Gleichgewicht sowohl im Gemüt wie in der Kunst; in seinen Figuren trifft man äußerst selten starke Bewegungen. Er hatte einen weichen, friedliebenden Sinn, der das Leben und die Menschen mit Milde und Gutmütigkeit betrachtete, doch nicht ohne Laune, besonders wenn Amor mit im Spiele war. Gestalten, durch die großen Leiden des Lebens ausgezehrt, hat er nie dargestellt; die Jugend, die in unmittelbarer Freude das Leben genießt, das Mannesalter, das im Gefühl seiner Kraft seine Bedeutung kennt, schienen ihm vorzugsweise darstellungswürdig. Seine schönsten Statuen sind alles junge Gestalten, wie Amor, Merkur, Ganymedes, Adonis, Hebe, der Hirtenknabe u. a. Deshalb leuchtet uns überall im Museum eine Fülle von Jugend und Schönheit entgegen, und es ist dieser Eindruck, sowie der einer ungewöhnlich harmonischen und schönen Künstlerpersönlichkeit, den der Besucher mit sich fortnimmt.

Thorvaldsen wurde am 19. November 1770 unter armen Verhältnissen in Kopenhagen geboren. Er erhielt den dürftigsten Schulunterricht und brachte es in Büchergelehrsamkeit niemals weit, war aber erst zehn Jahre alt, als er die Kunstakademie zu besuchen begann, und als er konfirmiert wurde, hatte er schon eine ihrer Medaillen gewonnen. Er selbst rechnete den 8. März 1797 als seinen Geburtstag, den Tag, an dem er als Stipendiat der Kunstakademienach Rom kam. Sechs Jahre verflossen, ehe er im Jahre 1803 seine erste bedeutende Arbeit, die Statue „Jason“, vollendet hatte, aber von dem Tage an stand er in der ersten Reihe der damaligen Künstler. Allmählich bekam er ein großes Atelier in Rom mit vielen Mitarbeitern, und als er i. J. 1819 — nach 22-jähriger Abwesenheit — durch die Schweiz Italien und Deutschland auf Besuch nach Dänemark kam wurde er überall mit Ehrenbezeugungen empfangen und erhielt viele Bestellungen. 1820 kehrte er nach Rom zurück und blieb dort bis 1838. Aus diesem Zeitabschnitte stammen besonders die großen Monumente und Figurengruppen: die Reiterstatuen, das Papstdenkmal, die Täufer-Gruppe, Christus und die Apostel, während die schönsten seiner Einzelfiguren seiner ersten Periode in Rom angehören. Die Basreliefs, die er häufig fast wie zur Zerstreuung gleichzeitig mit den großen Arbeiten modellierte, sind einigermaßen gleichmäßig über beide Zeitabschnitte verteilt. 1834 hatte er vom dänischen Könige die Zusage erhalten, dass ein Museum für seine Werke eingerichtet werden sollte, und im Jahre 1838 unterschrieb er sein Testament, demzufolge er seiner Vaterstadt alle seine Werke schenkte. Am 17. September 1838 kehrte er heim auf einer Fregatte, die ihn und den größten Teil seiner Werke aus Italien geholt hatte, und wohnte nun in der Heimat der Aufführung des Museums bei; seine Vollendung erlebte er jedoch nicht. Am 24. März 1844 abends starb er plötzlich im Theater. Am 6. September 1848 wurde sein Sarg in das Museum überführt und in die mitten im Hofe eingerichtete Grabkammer versenkt. Dort ruht er nun, von seinen Werken umgeben, bis ans Ende der Tage.

Thorvaldsens Museum 000

Thorvaldsens Museum 000

Thorvaldsens Museum 000 Titelblatt

Thorvaldsens Museum 000 Titelblatt

Thorvaldsens Museum 000 Ansicht

Thorvaldsens Museum 000 Ansicht

Thorvaldsens Museum 000 Innenhof mit Thorvaldsens Grabmal

Thorvaldsens Museum 000 Innenhof mit Thorvaldsens Grabmal

Thorvaldsens Museum 000 Lageplan

Thorvaldsens Museum 000 Lageplan

Thorvaldsens Museum 030 Porträtstatue Thorvaldsens

Thorvaldsens Museum 030 Porträtstatue Thorvaldsens

Thorvaldsens Museum 000 Vorhalle 2

Thorvaldsens Museum 000 Vorhalle 2

Thorvaldsens Museum 000 Vorhalle

Thorvaldsens Museum 000 Vorhalle