Erster Brief an Baron Hirsch.

[Datum fehlt.]
Sehr geehrter Herr!

Wann kann ich die Ehre haben, Sie zu besuchen? Ich möchte mich mit Ihnen über die Judenfrage unterhalten. Es handelt sich um kein Interview und ebensowenig um eine verkappte oder unverhüllte Geldsache. Es scheint, Sie werden so viel in Anspruch genommen, daß man sich nicht früh genug gegen unsaubere Vermutungen verwahren kann. Ich wünsche nur mit Ihnen ein judenpolitisches Gespräch zu führen, das vielleicht in eine Zeit hinauswirken wird, wo weder Sie noch ich da sein werden.


Darum möchte ich auch, daß Sie mir einen Tag für unsere Zusammenkunft bestimmen, wo Sie ein bis zwei Stunden ungestört der Sache widmen können. Wegen meiner gewöhnlichen Beschäftigung wäre mir ein Sonntag der liebste Tag. Es muss nicht der nächste Sonntag sein. Wann Sie wollen.

Was ich vorhabe, wird Sie interessieren. Sowenig ich Ihnen aber auch mit andeute, wünsche ich doch nicht, daß Sie diesen Brief Ihrer Umgebung — Sekretären u. a. — zeigen. Behandeln Sie ihn gefälligst vertraulich.

Hochachtungsvoll ergeben

Dr. Herzl.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Theodor Herzls Zionistische Schriften