2.2 Herzl und die Literatur

„Ich glaube (...), daß ich, der ich als Mensch und Schriftsteller so viele Fehler habe (...), in der zionistischen Sache reinen Herzens (...) war.“ 2) So beschreibt es Herzl 1902 selbst. Es ist jedoch fraglich, ob diese Gegenüberstellung des Literaten im Vergleich zum politischen Führer historisch haltbar ist. Besonders Historiker wie Johannes Wachten, Norman Finkelstein und Klaus Dethloff weisen darauf hin, dass viel mehr der Schriftsteller Herzl nicht vom Zionisten getrennt werden kann. So hat die Auseinandersetzung Herzls mit der Judenfrage in nicht unerheblichen Maße über die Lektüre gewisser Bücher stattgefunden. Zu nennen wären v.a. Willhelm Jennsens „Die Juden von Cölln“, das sich mit Judenverfolgungen in Köln im 14.Jahrhundert beschäftigt sowie diverse Werke antisemitischen Gedankenguts, auf die später noch eingegangen wird. Seine Ansätze zur Lösung dieser Fragen verarbeitet er sowohl in Aufsätzen von Zeitungen als auch in Theaterstücken, vor allem in „Das Ghetto“, später in „Das neue Ghetto“ umbenannt. Ebenso finden sich in seinen zionistischen Schriften Gedankengänge, die Herzl vorher ausarbeitet, wieder. Dies zeigt sich u.a. in seiner Vorliebe für die Aristokratie, deren Vertreter Helden seiner Stücke sind. Später wird diese Staatsform sein ideal eines jüdischen Staates (siehe 4.1.2). Ebenso beschäftigt sich Herzl bereits am 2. August 1893 in der „Neuen Freien Presse“ mit einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, die er „Assistance par le travail“ betitelt; sie taucht als „Arbeitshilfe“ im „Judenstaat“ wieder auf.
Festzustellen ist schließlich, daß das Verfassen von literarischen Werken eine Weise ist, an die Öffentlichkeit zu treten, von der Herzl als Zionist wieder Gebrauch macht.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Theodor Herzl - zentrale Figur des Zionismus?