Einleitung

Einleitung.
Motto: Der Rosskamm ist ein Egoist

Und tut nicht leicht um Gotteswillen,
Was einem andern nützlich ist!

Geld ! schreit die ganze Welt. – Der Minister im Parlamente gibt den Ton an, der Bankier stimmt bestens ein, der Handwerker und Bauer mühen sich ab, mit im Takte zu bleiben, und der Bettler ruft es auf der Straße aus. – Wenn nun alle so schreien, so wird es doch wohl auch dem Pferdehändler erlaubt sein, seine Stimme ebenfalls zu erheben, um im Weltenchor mitzuwirken. – Freilich nimmt man es gerade diesem letztem am meisten übel, dass er dem allgemeinen Strome der Meinung folgt, und belegt sein Verfahren und seine Mittel, Geld zu erwerden, mit allerlei gehässigen Namen, ohne näher zu untersuchen und ohne zu fragen: worin bestehen denn die Mittel, deren er sich zum Gelderwerb bedient? – sind es denn andere, als die, deren sich die übrigen Gelderwerbenden bedienen? – kann und darf er denn so unbedingt anders handeln, als er eben handelt? – bringt nicht die Notwendigkeit diese Handlungsweise mit sich, ohne dass der Einzelne dies zu hemmen oder abzuändern vermag?


Man trägt sich im Publikum über die Künste beim Pferdehandel mit Meinungen herum, die sie mitunter an das Wunderbare streifen lassen und den Pferdehändler zu einer Art von Hexenmeister stempeln, der aus Hässlich schön, aus Alt Jung nach belieben machen kann, wenigstens für kurze Zeit es so darzustellen vermag und dadurch sich ungemein große Einnahmen zu verschaffen versteht, ohne dass seine Abnehmer ihn kontrollieren, oder, wie man im gemeinen Leben sagt, ihm in die Karte blicken, d. h. sein Spiel übersehen können.

Diese Künste dem Pferdekäufer offen darzulegen, ist der Zweck dieser Schrift, und wir glauben, dass der Leser finden wird, dass sie eigentlich in nichts mehr und nichts weniger bestehen, als in den Vorteilen und Künsten, deren sich am Ende jeder Kaufmann bedient, um seine Ware an den Mann zu bringen und einen Gewinn zu bewirken; natürlich jeder auf seine Weise und nach der Natur seiner Ware, die keiner von ihnen mit dem Namen „Betrug“ belegen und wobei jeder es sehr übel nehmen würde, wenn der ändere dies so nennen wollte.

Im Ganzen sind alle diese Handelsvorteile sehr einfach: es kann sie jeder begreifen und, wenn er Lust und Geschick dazu hat, auch ausüben ; natürlicher Weise sind sie dem Pferdehändler geläufiger, und er und seine Leute darin geschickter und eingeübter als andere Leute; denn Übung macht auch hier wie in jedem andern Geschäfte den Meister.

Worin bestehen denn nun aber diese Vorteile?

Sie bestehen:

1)


in der genauen Kenntnis des Pferdes;

2)


in der besten Verpflegung, was Futter und Stall betrifft ;

3)


in der Kunst, die Ware insofern zu verschönern, als man die vorteilhafteste Seite desselben dem Auge des Käufers darbietet;

4)


in der Darstellung des Verkäufers, diese beste Eigenschaften glänzend hervorzuheben;

5)


darin, dass des Käufers schwache Seite geschont wird, dass man ihm daher nicht unnützerweise seine Ansicht als eine unrichtige darstellt;

6)


in der Benutzung der sich beim Handel darbietenden allgemeinen Umstände und Verhältnis , die sich oft schnell von heute auf morgen ändern können, daher schnelles Durchschauen und Benutzen derselben;

7)


endlich in einer wohlberechneten Spekulation auf diese Umstände, d. h. mit andern Worten: vorteilhafter Einkauf möglichst gangbarer, guter Ware zur rechten Zeit und gewinnreichster Absatz derselben in möglichst kurzer Zeit.

Der geneigte Leser sieht hieraus, dass die aufgestellten allgemeinen Regeln sehr leicht zu übersehen und festzuhalten sind. Schade nur, dass die Ausführung stets größere Schwierigkeiten bietet und die eigentliche Kenntnis des vorteilhaften Pferdehandels in der Erfahrung beruht; dass es sich aber mit den Regeln desselben im Allgemeinen ebenso verhält, als mit denen eines jeden andern Handelszweiges, dass sie also weder dem Rechte des Käufers, noch dem Rechtlichkeitsgefühl des Verkäufers etwas Nachteiliges entgegenstellen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Taschenbuch für Pferdekenner und Pferdeliebhaber