Tagebuch von Helgoland

Autor: Wienbarg, Ludolf (1802-1872) deutscher Theologe und Schriftsteller, Erscheinungsjahr: 1838

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Schaluppe, Ausschiffung, Matrosen, Dampfboot, Seemann, Leuchtturm, Lotsen, Nordsee, Seebad, Gesundheit, Badekur, Baderegeln, Helgoland, Nordsee-Insel, Nordfriesische Inseln, Nordfriesland, Friesen, Fischer, Fischerhütte,
Was suche ich auf Helgoland? Die Apotheke des Wassers? Ich bedarf ihrer nicht. Die Einsamkeit des Felsens? Sie ist sehr getrübt durch die Badegesellschaft, und, wo bin ich einsamer, als wo ich eben wandele. Oder suche ich das Meer, das sich endlos vor meinen Blicken ausdehnt? Ach, meine Augen sehen überall das unbegrenzte trübe Bild der Welt, meine Gedanken flattern in der Unendlichkeit des Alls und finden nirgends einen seligen Punkt der Ruhe. Was ist es denn, das mit unwiderstehlicher Gewalt mich nach diesem öden Raume treibt? Eine Kaprice? Ich glaube beinahe, aber keine von den rätselhaften oder kindischen, welche den Leichtsinn glücklicher Tage bezeichnen. Ich suche eine Handweit Erde außer dem festen und gefesteten, Europa, eine Lagerstätte, unter den Menschen der fluchenden Wildnis, den Sturm, der allmählich schrillend die tragen Wellen vor sich aufrollt, vor allen Dingen die stürzende Brandung, die mich, von dem Atem der Verhassten reinigen wird. Ich weiß nur zu gut, warum mir diese Reise ein Bedürfnis wird. Hundertarmig gefaßt, tausendmündig verleumdet entreiße ich mich dem Gefühle der Ohnmacht und eines ohnmächtigen Grolles, das den freien Flug meiner Seele zu vernichten droht. Ich würde mich in die Wälder von Amerika flüchten und die einsam schallende Art meiner ausgewanderten Brüder mit dem Schlage der meinigen akkompagnieren. Meine Arme sind stark und ich scheue weder den Tau des Morgens, der meine Füße netzt, noch den Tau der Arbeit, der von der gefurchten Stirn rinnt. Aber ich erschrecke vor dem Gedanken geistiger Verblutung. Ich bin zu innig verwachsen mit dem Herzen meines Volkes, um nach dem ewigen Risse der Trennung mehr als ein trauriger Schatten zu sein. Ein Volkslied, das um die Ecke verhallt; ein Ade, das auf dem Wasser stirbt.

Meine Reise ist eine Flucht, und meine Flucht eine Tauschung. Sei's. Eine breite Strömung der Nordsee wird zwischen mir und Deutschland rollen, ich werde monatelang, vielleicht jahrelang das abgeschnittene trotzige Leben eines Insulaners führen. Der Felsen von Helgoland soll meine Schweizer Alpe sein, eine Fischerhütte meine Sennhütte, das Meer mit dem springenden Delfin mein Hirtental. Und ich tausche noch nicht diesen zerbröckelnden meerumspülten Sandfelsen mit den himmelhohen Granitblöcken der Schweiz. Da oben brüllt der Stier von Uri, solange er Futter hat; aber er wird fromm und still, wenn die Nachbarn ihm mit Entziehung des Heuschobers drohen. Nirgends in der Schweiz, weder über noch unter den Wolken, das himmlische Gefühl, unverletzlich zu sein durch das heilige Recht der Gastfreundschaft. Man ist so schwach, allein, verlassen, im Dunkeln der Gewalt gegenüber, wenn nirgends eine Säule des Rechts, ein Altar des großen Menschenbundes zum Umklammern sich darbietet! Sie holen dich von der höchsten Alpenspitze herab, sie vertreiben dich vom schneeigen Busen der Jungfrau. Nur da, wo Englands stolze Flagge weht, kannst du ruhig dein Haupt niederlegen.

Helgoland - Süd-West-Ansicht

Helgoland - Süd-West-Ansicht

Helgoland - Biologische Anstalt und Kurhaus

Helgoland - Biologische Anstalt und Kurhaus

Helgoland - Lühr Bock

Helgoland - Lühr Bock

Helgoland - Gruß von Bord der

Helgoland - Gruß von Bord der "Cobra"

Helgoland - Herzliche Grüße

Helgoland - Herzliche Grüße

Helgoland - Unter- und Oberland

Helgoland - Unter- und Oberland

Helgoland - Panorama vom Oberland

Helgoland - Panorama vom Oberland

Das Segelschiff

Das Segelschiff "Helgoland"

Gätke Heinrich, (1814-1897) deutscher Ornithologe auf Helgoland

Gätke Heinrich, (1814-1897) deutscher Ornithologe auf Helgoland

Am 8.Sept.1890 wird Helgoland im Tausch gegen Sansibar deutsch

Am 8.Sept.1890 wird Helgoland im Tausch gegen Sansibar deutsch