27. August. – Ankunft Vormittags in Birmingham – Fabrik- und Manufakturbesichtigungen – Technologie- und Fertigungsbeschreibungen – 31.08 Weiterfahrt nach Newcastle-under-Lide.

Da die Postkutschen nach dieser Seite von England mit ausserordentlicher Schnelligkeit gehen (sie legen nämlich acht bis neun englische Meilen in einer Stunde zurück, anderswo aber nur sieben bis achthalbe), so kamen wir schon früh nach Goventry, einer nicht unbedeutenden aber nichts weniger als hübsch aussehenden Stadt, und langten am 27. Vormittags in Birmingham an.

Wem in London der Steinkohlendampf und die dicke Luft zuwider ist, muß nicht nach Birmingham gehen; denn wegen der ausserordentlichen Menge von Giessereien, Gewehr- und Klingenmanufakturen, Schmelz- und Glas-Öfen, Dampfmaschinen und Hammerwerken, Drathziehereien und Blechfabriken, nebst vielen andern Altären des Vulkans, ist diese Stadt, die hundert, und dreißigtausend Einwohner enthalten soll, in eine beständige, im Durchschnitt eine Stunde haltende Rauchwolke eingehüllt, aus der nur die Spitzen der Thürrne und die hohen Kamine der Glas, und Schmelzöfen hervorragen.


Gleich nach meiner Ankunft ging ich zu Herrn H—, an den ich von B— et R— eine Empfehlung hatte. Da er selbst einen Laden mit den verschiedenen Waaren Birminghams angefüllt besitzt, so konnte ich von ihm die Namen der eigentlichen Fabrikanten nicht erfahren; und weil der Sonnabend der Tag ist, welchen die Engländer a busy day (den geschäftsvollen) nennen, so versprach, ich am Montag wieder zu kommen. Im Vorbeigehen zeigte er mir unter andern kostbaren Waaren ein ganz stählernes Schreibzeug, das fünfzig Guineen kostet, und wovon die Königin vor Kurzem ein ähnliches hatte machen lassen. — Ungewiß, ob ich an diesem Geschäftslage in Soho bei Hm. Boulton et Watt mit meinem Empfehlungsbriefe von Hrn. Brown wohl ankommen möchte, entschloß ich mich dennoch hinzugehen, um keine, Zeit zu verlieren, und nur zu fragen, wann ich gelegen kommen würde. Vier Meilen von Birmingham liegt diese so bedeutende Manufaktur, deren Eigentümer durch ihre äusserst sinnreiche Verbeesserungen der Dampfmaschinen ihrem Vaterlande einen Nutzen von vielen Millionen Pfund Sterling gewährt haben. Denn erst von der selben Epoche, den Siebenziger- und Achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts datirt sich der große Schwung von Englands Fabrikwesen, da die Herren Boulton et Watt zeigten, wie ihre Maschinen fast zu jedem Zweck menschlicher Kunst mit Sicherheit und Leichtigkeit konnten angewendet werden.

Herr Watt empfing mich in dem Comptoir der Fabrik, nachdem er die Unterschrift meines Empfehlungsbriefes angesehen hatte, sehr höflich; ich bemerkte ihm aber gleich: weil ich die Geschäfte dieses Tages in England kennte, so bäte ich ihn nur, mir an einem andern Tage ein halbes Stündchen zu bestimmen, um mit ihm sprechen zu können. — „Wenn es Ihnen recht ist,“ sagte er, „so kommen Sie morgen zu mir zum Mittagessen; dann können wir uns mit Muße unterhalten.“ Ich nahm die Einladung ohne weitere Umstände an und empfahl mich. Diese unerwartete Höflichkeit muß ich noch mehr der Unterschrift als nur dem Inhalt des Empfehlungsbriefes von Hrn. Brown zuschreiben; denn nicht nur war sie doppelt und von verschiedener Hand, sondern auch noch mit einem besondern Zeichen versehen. Dessen ungeachtet werde ich die Fabrik so wenig als Andere zu sehen bekommen; denn Hr. Brown kündigte es mir schon mit den Worten an: „Er zeigt sie Niemand, und hat es schon sehr angesehenen Personen abgeschlagen.“ Die Unterhaltung mit einem solchen Manne ist indessen allein schon eine Reise von London nach Birmingham werth.

Nach dem Mittagessen durchstrich ich fast ganz Birmingham, und wäre gern an zehn Orten statt einem hineingegangen, wenn nicht überall das imperatorische No admittance (kein Zutritt) angeschrieben gewesen wäre. Durch die zerbrochenen Fensterscheiben einer Waffenfabrik (was, im Vorbeigehen gesagt, auf eine skandalöse Art hier bei den meisten Manufakturen der Fall ist, daß sie kein gutes Fenster haben) sah ich dem Schleifen der Gewehrläufe zu, und bewunderte die Fertigkeit und Gleichförmigkeit, mit welcher der Arbeiter dieselben, da sie queer und nicht der Länge flach geschliffen wurden, in den Händen herumlaufen liefs. Drei Dampfmaschinen geben bei dieser Fabrik ihre Kräfte zu Ausführung der vielartigen Arbeiten her.

Eine ausgedehnte Drathzieherei, wo Eisen- und Stahldrath gezogen wurde, hätte ich auch gern gesehen; aber sie ist, wie fast alle Fabriken, klosterartig eingemauert. Spät am Abend hatte ich noch zufälligerweise das Vergnügen, in einer offenstehenden englischen Frischschmiede, was sie Puddling-Furnace nennen, der ganz eigenen Operation des Frischens mit Flammenfeuer zuzusehen. Der Prozeß ist schon bekannt, wirklich aber höchst interessant, da man durch die Flamme von bloßen Steinkohlen dennoch ziemlich gutes Eisen erhält. Die Luppen von dreißig bis vierzig Pfund wurden durch einen (da er keinen Gegenschlag hatte) sehr kraftlosen T Hammer aus dem Geschlecht der Aufwerfer in drei Hitzen zu sechs Linien dicken und vierthalb Linien breiten kurzen Stäben herausgemartert. Die Methode, die Luppe vermittelst eines eingesteckten und sich gleich festschweißenden dünnen Eisenstabes aus dem Frischofen zu nehmen, gefiel mir sehr wohl, weil man keiner Zange bedarf, mehr Meister des Eisens im Aufwenden ist, und die Luppe von hinten nach vorn, ohne sie umkehren oder zerhauen zu müssen, gleichförmig verstrecken kann. Der Hammer, etwa sechs Zentner schwer, wurde nicht von der Seite an dem Stiel, wie in Deutschland, sondern an einem gegossenen Vorsprung seiner eigenen Stirne gehoben. So wie ich auf der einen Seite; wenigstens in diesem Fall, die Ueberlegenheit der deutschen Hammerschmiede an Fertigkeit und Kraft anerkennen mußte, so sehr bewunderte ich auf der andern Seite die verständige Einrichtung des Werks, welches durchaus für Alles in den Raum eines bei uns gewöhnlichen Wohnzimmers eingeschlossen war.

Sonntags den 28. August.
Ein gewisser Zunftrüyer löblicher Stadt Schaffhausen wollte einst eine große Rede halten, die er aber über der Titulatur rein vergaß, und endlich in den fragenden Ausruf ausbrach: „Wo ‘naus, liebwerthe und wohlverehrte Herren Mit zünftige, jetzt wo ‘naus?“ Da ihm aber dies Keiner sagen konnte, nahm er im Zorn Hut und Stock und ging davon. — Heute befinde ich mich fast in der Lage dieses Ehrenmannes, wenn es darum zu thun ist, die Geschichte dieses Tages aufzuzeichnen, indem noch wenige einen solchen Reichthum an Interesse hatten; und bei der Beschränktheit der Zeit und der Wichtigkeit des Gegenstandes weiß auch ich fast nicht, wo ’naus.

Um zwei Uhr Nachmittags, nachdem ich den Vormittag mit Schreiben zugebracht hatte, ging ich von Birmingham nach Soho, eine gute Stunde Weges. Das Wohnhaus des Hrn. Watt, in einem niedlichen und sehr ausgedehnten Park gelegen, zeichnet sich sowohl durch seine Bauart als auch dadurch schon vorteilhaft aus, daß es ganz gedeckt und von gehauenen Steinen aufgeführt ist, da sonst in Birmingham und andern Orten Englands die meisten Häuser aus einfachen rothen Backsteinen zusammengesetzt sind. Aber das Innere zeigt alles, was nur zu den englischen Lebens-Bequemlichkeiten gehören kann, und beweist, daß es einen sehr reichen Besitzer hat. Ich wurde durch einen Bedienten ins Besuchzimmer geführt, in welches unverzüglich Herr Watt eintrat.

Da mich Hr. Brown demselben als Direktor unserer Eisengruben in seinem Briefe bekannt gemacht hatte, so ging das Gespräch sogleich auf diesen Gegenstand über; und weil Hr. Watt gern die Lage der Gruben und ihr Streichen gewußt hätte, so holte er eine sehr schöne Wyssische Karte des Kantons Schaffhausen herbei, wo ich ihm seinen Wunsch genügend erfüllte. Nach diesem kam die Rede auf die verschiedenen Eisengattungen und auf die Dampfmaschinen. Er führte mich, ganz gegen meine Erwartung, in den diesen Gegenstand umfassenden Theil seiner Fabrikgebäude in Soho. Ich erstaunte über das, was ich hier sah. Eine Beschreibung würde nichts nützen; die Vorstellung kann derselben doch nicht folgen. Ich bemerke blos, daß nur die Masse des vorhandenen Eisens schon ungeheuer ist. die darauf verwendete Arbeit gar nicht gerechnet. Was noch nie geschah, ist hier ausgeführt und die ehemalige unförmliche Compilation von Röhren und Zylindern bei den Dampfmaschinen ist nun ein elegantes eisernes Gebäude mit Säulen von dorischer und korynthischer Ordnung geworden. Herr Boulton, der Associé des Hrn. Watt kam auch an uns, während wir nach Besichtigung einer Kollektion von schwedischem, sibirischem und englischem Eisen noch die Dreh- und Schmiedewerkstätte besuchten.

In letzterer bemerkte ich, die ungemein schöne Handschmiedearbeit bewundernd, auch noch etwas Geringscheinendes, aber dennoch sehr Nützliches, nämlich die Befestigung der Setz- und Schrotmeissel an Stielen, die aus Haselruthen gemacht, um dieselben herumgehen und mit Drath zusammengebunden sind, so daß kein Loch in das Werkzeug gemacht werden muß um den Stiel hineinzustecken, wodurch sie dem Zerbrechen weit besser widerstehen und in der Hand nie prellen. Ein großer Vorrath von Copirmaschinen, die sie mir in einem Magazin neben dem Comptoir zeigten, gab auch in diesem Stücke den besondern Fleiß zu erkennen, der hier auf alle Arbeiten verwendet wird.

Die Unterhaltung bei Tische, welcher nach englischer Sitte mit kostbaren Weinen reichlich versehen war, wurde sehr lebhaft, da man Vergnügen daran zu haben schien, daß ich das Englische geläufig sprach, welches auch Hr. Brown in allen seinen Empfehlungsbriefen bemerkte, und worauf man, wie es mir vorkam, viel hält. Da die Rede auch auf die Metallcompositionen der Alten kam, konnte ich nicht umhin, der Entdeckung meines gelben Stahls zu erwähnen; dies schien Interesse für sie zu haben, da ich ihnen ein Muster davon zeigte, und sie ließen sogleich einen gewissen Herrn Murdoch zum Thee bitten, von dem sie bezeugten, daß er vorzügliche metallurgische Kenntnisse besitze, und auch lange diesen Gegenstand bearbeitet habe. — Der Nachtisch, für England ungemein mannigfaltig, enthielt unter anderm prächtige, nußgroße Beeren tragende Muskateller- und andere Trauben, wovon das Stück nie unter einer halben, meistens aber mit einer ganzen Guinee bezahlt wird.

Lange wurde beim Thee, mit welchem man den Kaffee gleichzeitig auftrug, Über vorliegende Metallcomposition gesprochen, und Herr Murdoch zeigte sich wirklich als ein sehr erfahrener Metallurg; indessen hatte er es nie weiter gebracht, als ein Theil Kupfer mit einem Theil Eisen zu vereinigen. Bei Erwähnung eines großen Eisenwerks in der Nähe sagte Hr. Walt zu mir: „Herr Fischer, nehmen Sie hier ein Bett an, und da ich vermuthe, daß Sie reiten, so besuchen wir morgen einige der interessantesten Werke, unter andern eins, das fünftausend Arbeiter beschäftigt.“ Dieses Anerbieten nahm ich mit Vergnügen an, lehnte aber, um nicht ünbescheiden zu sein, das Uebernachten in Soho ab. Nach genommenem Abschied, wo mich Hr. Watt noch bis zum Ausgang des Parks begleitete, ging ich um halb zehn Uhr nach Hause, voll von Betrachtungen, wie weit Fleiß, Verstand und Beharrlichkeit den Menschen bringen können.

Am folgenden Tage war ich des Morgens um halb acht Uhr schon in Soho, nachdem ich vorher bei Mr. Hobday in Legg-Street Alphabete und Stempel von Gußstahl bestellt und fünf englische Meilen zu Fuß zurückgelegt hatte.

Während des Frühstücks kam ein gewisser Hr. Low von Trinidad, welcher eine Dampfmaschine von fünfzehn Pferdstärken bestellte, die noch mit der Octoberflotte abgehen sollte. Dieser Hr. Low erzählte von dem merkwürdigen Pechmeer, das sich auf Trinidad befindet, und worüber ich einen ausführlichem Bericht in einer kürzlich herausgekommenen Reisebeschreibung las, die mir Hr. Watt gab; Hr. Low verließ uns bald, und ging nach der Giesserei und Dampfmaschinen Manufaktur, um dort mit Hrn. Murdoch das Weitere zu verabreden. — „Kommen Sie,“ sagte bald darauf Hr. Watt: „ich bin nie sicher, daß Leute mich sprechen wollen;“ und wir setzten uns unverzüglich, einen Reitknecht und eine englische Dogge im Gefolge, zu Pferde. Es waren vortreffliche Läufer; der meinige hielt Jakob (Jack), der des Hrn. Watt hatte den Namen Johannes (John), und der Hund ward wie der alte Gärtner des Hauses, nämlich Daniel, genannt.

Als wir beinahe eine Meile weit geritten waren, hielt Hr. Watt auf einmal an, und sagte: „Wo ich Sie nun hinführe, komme sonst kein Fremder hin; ich ersuche Sie daher in England Niemand, auch nicht Herrn Brown, etwas davon zu sagen; auch geben Sie Niemand Briefe oder Empfehlungen an mich in dieser Hinsicht, es würde nichts nutzen.“ — Wir stiegen bald darauf an einem großen Thorweg ab, nachdem wir durch eine lange Gasse niedlicher und ganz gleichförmig gebauter Häuser geritten waren, welches lauter Arbeiterwohnungen sind, jede mit einem artigen Garten versehen.

Diese Manufaktur, welche die eben so geist- als kenntnisreiche Großfürstin Katharina während ihres Aufenthalts in England für merkwürdig genug hielt, um sie mit ihrem Besuche zu beehren, und sich dieselbe durch Herrn Watt, mit dem sie sich (was er mit besonderm Vergnügen anmerkte) über alle interessante Gegenstände derselben, vorzüglich aber über die dort so mannigfaltig vorhandenen Dampfmaschinen in Hinsicht ihrer Construction und Anwendung, auf das Huldreichste unterhielt, in ihrer ganzen Ausdehnung zeigen zu lassen, —— diese Manufaktur liegt an dem Kanal von Birmingham, der mit den vier Haupthäfen Englands, nämlich Hull, Portsmuth, London und Liverpool in Verbindung steht. Sie ist ganz mit einer hohen Mauer, umgeben, und besteht in mehrern, jedes einige hundert Fuß langen Gebäuden, worunter die Gießerei, das Modellhaus und die neue Werkstatte sich vorzüglich auszeichnen. Vier Oefen verschaffen flüssiges Eisen genug, um Güsse bis auf die Schwere von zweihundert Zentnern in einem Stück auszuführen. Diesen gegenüber sind die Trocken-Kammern, und der Boden zwischen beiden ganz hohl, um die größten Zylinder aufrecht zu formen und zu gießen; der etwas eisenschüssige und viel Mica enthaltende Gießsand wird an Ort und Stelle, gegraben, auch steht ganz Birmingham auf dem gleichen Sand. In den andern Gebäuden und besonders in dem eisernen Haus — ich nenne es so, weil Fußboden, Treppen und Dach ganz aus gegossenem Eisen bestehen, und zwar sind die Fußboden und Treppen nicht glatt, sondern fein gewürfelt wie Teppiche, mit schwarzer Farbe angestrichen und äusserst reinlich gehalten, ich sage, in diesen Gebäuden sind die arbeitenden Dampfmaschinen von sechs bis zu fünfzig Pferdstarken (Horsepowers), die still und gleichförmig nach den Gesetzen, die der Genius in sie hineingebannt hat, die auferlegte Arbeit vollziehen: Geld schlagen, Blech walzen, plattirte Geräthe stanzen, Hämmer bewegen, ungeheure Kolbenstangen und Wendelbäume abdrehen und Zylinder ausbohren, deren ein einziger oft mehrere Monate zu seiner Vollendung erfodert, somit ihresgleichen wieder hervorbringen, nebst Anderm mehr. An den bei Dutzenden herumstehenden Boilers oder Dampfkesseln, die von zwei- bis drei Linien dickem Eisenblech und vortrefflich zusammengenietet sind, bemerkte ich statt der ehemaligen sphärischen nun durchgehends parallel-epipedische Form mit gewölbtem Obertheil. Alle Werkstätten, und sogar der große Platz, werden durch Gas erleuchtet, und Hr. Watt hatte die Güte, mir auch diese, von Hrn. Murdoch eingeführte, Einrichtung zu zeigen. In zwei großen Oefen hat die Verkohlung, oder eigentlicher zu reden, die Destillation der Steinkohlen statt, und in nebenan-stehenden großen Gefäßen die Absonderung des Gases Bitumens u.s.w. Das Gas wird von dort in ein besonderes Gebäude unter zwei im Wasser stehende, unten offene und oben geschlossene, ungefähr dreitausend Kubikfuß haltende, eiserne Behälter gebracht, von wo es durch Röhren in alle Gebäude der Fabrik geleitet wird.

Um die Wirkung zu zeigen, ließ Hr. Watt das Comptoir schliessen, wo dann aus vier-armigen, auf dem Schreibepulte befestigten Leuchtern das Gas in gläsernen Zylindern mit glänzender Flamme und ganz geruchlos brannte. Man macht noch ein Geheimniß daraus, dem Gas den Übeln Geruch und das Bläulichte der Flamme zu entziehen; ich habe aber die Prozedur dennoch in Erfahrung bringen können.

Aus der Manufaktur gingen wir in das benachbarte Smethwik zu einer Dampfmaschine von dreiunddreissig Zoll haltendem Zylinder, die einen Theil der Kanäle mit dem nöthigen Wasser versieht. Von Smethwik führte uns der Weg nach Bilston, an der großen Landstraße nach Irland, bei Capon-Fields, einem sehr merkwürdigen Punkt, vorbei, wo eigentlich der Anfang des Birminghamer Kanalsystems ist. Auf dem höchsten Funkt der ganzen Gegend sind bei dem Schacht einer verlassenen wasserreichen Kohlengrube zwei Dampfmaschinen von vierundfünfzig Zoll weiten Zylindern angebracht, die alle Minuten achtundvierzig zylindrische Fuß Wasser liefern, nötigenfalls aber das Doppelte leisten können. Diese versehen ein großes Bassin, aus welchem die tiefer liegenden Kanäle so viel Wasser erhalten, als der beständige Gebrauch erfordert. Die Maschinen sind von Hrn. Watt gebaut, und, wie alle die von ihm herrühren, besonders schön eingerichtet. Von Capon-Fields weg erstreckt sich über Bilston, Wednesbury, Dudley und Level-Iron-works nicht eigentlich ein Thal, sondern ein Kessel von zehn englischen Meilen in der Länge und vier, zuweilen sechs Meilen breit, in seiner Art wahrscheinlich einzig.

Das an sich sehr unfruchtbare Land, das aber in seinem Innern einen unermeßlichen Schatz von Kalkstein, Eisenerz und Steinkohlen verschließt, ist mit Häusern, besonders aber Eisenwerken, Dampfmaschinen, Glasöfen, Seifensiedereien u. s. w., wie übersäet, so daß man über fünfhundert Manufakturen in diesem Distrikte zählt, in dessen Mitte das große Wilkinson’sche Eisenwerk Bradley, das allein fünftausend Arbeiter blos männlichen Geschlechts beschäftigt, wie eine Krone hervorragt, und nun nach dem Todt des Hrn. Wilkinson (der nach seinem Begehren in einen gegossenen eisernen Sarg gelegt wurde, über dessen Gewölbe noch eine vierhundert Zentner schwere eiserne Pyramide errichtet steht) von einem gewissen Hm. Ferryday betrieben wird, der in seiner frühen Jugend ein gemeiner Kohlenträger war.

Nachdem wir an verschiedenen Orten nur im Vorbeigehen die ganz eigene Art der englischen Eisenerzeugung und Ausarbeitung gesehen hatten, gingen wir in das kleine Städtchen Dudley, um dort das Mittagessen (es war schon drei Uhr) auf unsere Zurückkunft von Level-Iron- works, die wir noch zu besichtigen hatten, und drei englische von da entfernt sind, zu bestellen. Als wir auf dem Marktplatze ankamen, war ein Volkszusammenlauf, und in dessen Mitte ein gewaltiges Feuer, wobei sich die liebe Stadtjugend besonders thätig bewies. Auf die Nachfrage wurde uns gesagt, daft ein Schlächter schlechtes Fleisch verkauft, welches der Magistrat, nach geschehener Anzeige, wegnehmen und der Disposition des straflustigen Publikums von Dudley Übergeben ließ; dieses verdammte nun das Corpus delicti, eben nicht zu großer Erbauung des Verkäufers, sogleich zum Feuer.

Als wir in Level-Iron-works ankamen, empfing uns der Eigenthümer, Hr. Gibbon, nicht nur sehr höflich, sondern zeigte und erklärte mir auch alles, was ich zu wissen wünschte, weshalb eine etwas ausführliche Beschreibung hier um so eher an ihrem Platz sein wird, als die Verfahrungsart auf allen englischen Eisenwerken, wo das Erz mit Coaks geschmolzen und das erzeugte Gußeisen mit Steinkohlenflamme gefrischt wird, ungefähr die gleiche ist. Drei neben einander stehende Hochöfen von zweiundvierzig Schachttiefe, deren jeder wöchentlich siebenzig bis hundert Tonnen und mehr Eisen liefert (welches zusammen sechstausend Zentner beträgt), werden durch einen einzigen Zylinder von neun Fuß Durchmesser und neun Fuß Kolbenzug geblasen, der von einer fünfzig Pferde starken Dampfmaschine in Bewegung gesetzt wird. Da der Zylinder, welcher seinen Wind in einen großen eisernen Wasserregulator abgibt, oben Und unten geschlossen ist und folglich doppelt arbeitet, so ist die ausgepreiste Luftmenge für die Minute zu vierzehn Kolbenzügen = 15,866 Kubikf. Diese Luftmenge reicht nicht nur für die drei Hochöfen hin, sondern versorgt noch drei Refining furnaces oder Umschmelzherde (Frischfeuer kann man es nicht Übersetzen), jeden zu drei Dünsten, welche sehr stark, fast wie bei den tatalonischen Feuern, incliniren, und über die ein zarter Wasserstrom in das Feuer geleitet wird, um durch das sich bildende Wasserstoffgas vermittelst der grossem Wahlverwandtschaft dem Eisen den Schwefel zu entziehen und es zum Frischen geschickter zu machen. Auf das jedesmal zu zwanzig Zentner in zwei Zoll dicken Platten abgezapfte Eisen wird ebenfalls bis zu gänzlicher Erkältung Wasser gelassen, und dann in Stücke zu dreissig bis vierzig Pfund zerschlagen, die im Bruch weiß sind und das Ansehen des Mokstahls haben. Zweihundert Pfund dieses Eisens auf einmal kommen dann in den Puddling-Furnace, den ich Frischofen nennen möchte. Er ist seiner Natur nach ein Reverberirofen mit Flammenfeuer, und mit einem Kamin von ungefähr dreissig Fuß Höhe versehen, um einen heftigen Zug zu bewirken; oben wird dasselbe mit einem Deckel, wie es der Gang der Arbeit erheischt, geöffnet oder geschlossen. Das durch die Intensität des Feuers in kurzer Zeit in Fluß gebrachte Eisen wird unter Zutritt der äußern Luft durch die geöffnete Thür des Ofens umgerührt, bis es sich zertheilt, dann wieder zusammengebracht, neue Hitze gegeben, wieder gewendet, etwas mit Wasser bespritzt, endlich im Ofen selbst während seines teigigen Zustandes in sechs Luppen zertheilt, welche, nachdem sie der Hitze und dem Zug der äußern Luft noch einige Zeit ausgesetzt worden, eine um die andere herausgenommen und unter den großen Hammer gebracht werden. Dieser Hammer, mit Stiel und Hülse aus einem Stück gegossen uns etwa zwölf bis fünfzehn Zentner schwer, hat weder Widerschlag (Preller) noch Hammerstuhl; seine zwei ellipsoidischen Arme, die statt der Warzen angegossen sind, ruhen nur auf zwei eisernen Böcken. Er wird, wie schon von einem frühern erwähnt ist, durch eine Dampfmaschine auch vorn an der Stirn gehoben, und seine Form ist auch ein T, mit einer an dem Querstück fortlaufenden Fläche, die aber niedriger oder tiefer abgesetzt ist, als der übrige Theil der Bahn, so daß, wenn sie auch auf dem Ambos ganz aufgeht, immer ein hohler Zwischenraum von ungefähr vier Zoll bleibt, in welchem die Luppe, die, wenn der Streich ganz aufginge, zerplatzen würde, zuerst gebildet und zu einer kurzen Stange zusammengedrückt wird. Auch ist noch ein anderer Grund für diese Vertiefung, weil die Luppe, da der Hammer blos fünf Zoll Hub hat und dieselbe bis acht Zoll dick sein kann, sonst im Anfang nicht darunter gebracht werden könnte. Ist die Luppe hier zu einem länglicht-breiten Stück von vierthalb Zoll auf anderthalb Zoll zusammengedrückt, so wird sie Bloom genannt und kommt dann in die Bloomery oder Streck- und Schweißherd, welches ebenfalls ein sehr wirksamer Reverberir-Ofen ist. Hier werden nun mehrere Stücke zusammengeschweißt, wenn große, schwere Stäbe erforderlich sind, oder die einzelnen Stücke abgeschweißst, daß sie schön ganz werden, und dann unter die Walz- und Schneidwerke gebracht, wo in den allmählig abnehmenden eingedrehten Rinnen viereckige, runde oder flache Stäbe gebildet werden, so wie das Schneidwerk in einem Augenblick jedesmal einen Bund Stäbe von neun Linien im Quadrat bis auf zwei Linien liefert, je nachdem man es verlangt. Nur durch diese Vorrichtungen, die so in einander greifen, daß durchaus kein Zeitverlust statt hat, ist es möglich, das fertige kleine Eisen bei dem hohen Arbeitslohn in England, der wöchentlich für den allergeringsten Handlanger fünfzehn Schillinge oder acht Gulden, für die meisten Arbeiter aber sechszehn bis zwanzig Gulden beträgt, um zwölf Schillinge den Zentner zu verkaufen. Nicht nur aber ist das englische Eisen so wohlfeil, sondern es ist durch angestrengte Bemühung, die oft das Unglaubliche möglich macht, ganz vorzüglich gut geworden, und zwar von dem Zeitpunkt an, wo der vor einigen Jahren, obschon nur kurz dauernde Krieg mit Schweden und Rußland das Eisen von Dannemora und Sibirien von den englischen Märkten ausschloß.

Ganz vergnügt und mit der klarsten Vorstellung des Prozesses und der angewandten Oefen und Maschinen verließ ich diese Heimath des Vulkans, und zwischen Hunderten von Kohlenmeilern, wo die Steinkohlen in Coaks verwandelt werden, und zwischen Steinkohlengruben und ihren tiefen Schachten durch, ja selbst bei einem Revier, wo schon Jahre lang Millionen Zentner selbst entzündeter Steinkohlen im Brand sind, und des Nachts in blauen Flammen, wie abgeschiedene Geister durch die Spalten ihrer Gruft, ihr Dasein kund geben, ritten wir vorbei nach Dudley zurück, wo Beef-Steak und herrliches Ale uns die Mühseligkeiten eines ununterbrochenen Ritts von vierundzwanzig englischen Meilen, deren manche im Galopp zurückgelegt wurde, bald vergessen machte.

Die vertraute Unterredung während des Essens und die Beseitigung einiger technischen Gegenstände verkürzten die Zeit so sehr, daft wir eilen mußten, die umliegende Gegend von der Höhe der schönen Ruinen von Dudley-Castle aus noch zu sehen, wo die Strahlen der sinkenden Sonne mit den Rauchwolken der Ofen, die einen eigenen, mehrere Stunden im Durchmesser haltenden Gewitterhimmel bildeten, einen sonderbaren Kontrast machten. — Auch stiegen wir noch in Dudley’s Kalksteinbruch hinunter, um die Mündung des drei Meilen unter der Erde und meistens durch den Felsen gehauenen Kanals, der an der andern Seite des Berges wieder herauskommt, zu sehen. Die für den Geologen äusserst merkwürdige und äusserst seltene Erscheinung der ganz entgegengesetzten Schichtung des Kalksteinlagers an der Südost, und Nordwestseite dieses Hügels, und des dabei vorkommenden Basalts, verdiente eine weitläufigere Erörterung, als hier der Raum gestattet.

Auf dem Heimwege sprachen wir zum Theo bei Hrn. Priestley, Sohn des berühmten Doctors Priestley, ein. Dieser geht mit dem Gedanken um, in Amerika, wohin er bald zurückkehren wird, Fuhrwerke durch Dampfmaschinen statt Pferde zu treiben, welches in England bei Leeds schon mit gutem Erfolg geschieht. Wir hatten noch vier Meilen zu reiten, und kamen, von mehr als anderthalbhundert aus den Kaminen der Schmelzöfen hoch emporlodernden Flammen heimgeleuchtet, gegen Mitternacht in Soho an. Nachdem ich Hrn. Watt noch einen Gedanken eröffnet, von dem später die Rede sein wird, ging ich noch nach Birmingham, und Morgens zwischen ein und zwei Uhr, wohl zufrieden mit den Früchten dieses Tages, zu Bette.

Den 30. war mein erster Gang nach Soho, um von Hrn. Watt Abschied zu nehmen, und zugleich von Hrn. Murdoch ein Stück Platinadrath, welches Metall er pfundweis zuammenschmelzt und zu fünfzehn Schilling die Unze verkauft, zur Beröhrung der Zündlöcher an Schießgewehren zu bekommen. Hr. Watt hatte die Güte, mir, zu der bereits erwiesenen Freundschaft, einen Empfehlungsbrief an Hrn. Lee, Besitzer der größten Spinnerei in Manchester (die auch wegen der darin eingeführten Gasbeleuchtung merkwürdig ist), so wie einen ähnlichen an den berühmten Hrn. Wedgwood, dessen Manufaktur in New-Etruria bei Newcastle-under-Lide nicht weit außer meinem Wege lag, mitzugeben. Den Rest des Tages verwendete ich zum Einkauf verschiedener Birminghamer Fabrikate und zum Besuch einiger Gießereien und einer Gußstahlfabrik, wo ich durch Hrn. Hobday, Graveur, bei dem ich verschiedene Alphabete und Stempel bestellt hatte, und der den Hrn. P., Eigenthümer dieses Werks, sehr wohl kennt, eingeführt wurde; so wie noch einer Manufaktur von dem sogenannten neuen Gußeisen, von welchem die gegossenen Gegenstände, als Lichtputzen, Steigbügel, alle Arten von Kutschengeschirr u. s. w. so biegsam wie Kupfer sind, und sich dennoch schmieden und härten lassen, wie Stahl; weshalb man dasselbe auch, wiewohl unrichtig, Cast-Steel oder Gußstahl nennt. Der Seltenheit wegen kaufte ich nicht nur einige gegossene unverarbeitete Stucke, sondern auch anderthalb Dutzend sehr schöne aber theure Patent-Lichtputzen, bei deren Wiedereröffnung man weder den Docht sieht, noch Gestank davon verspürt. Dieser Handel machte mir dem Fabrikanten so geneigt, daß er mich in seine Werkstätte und Gießerei führte, und nur bedauerte, daß ich als ein Gentleman keinen rechten Begriff von der Sache haben könne, und folglich die Vortheile dieserVerfahrungsart und die Prozedur, das Gußeisen ganz biegsam zu erhalten, nicht genugsam zu würdigen wisse. Nur kurz bemerke ich, daß das Schmelzen in geschlossenen Tigeln, in den gleichen Oefen, wie man in England zum Gußstahl gebraucht, geschieht.

Auf Hrn. P., der die Gußstahl- und Cement-Stahl-Fabrik und die Oefen für Einschmelzung des alten Eisens in einem Gebäude beisammen hat, mußte ich lange warten; worüber ich nicht ungehalten war, da ich mich nun mit Muße umsehen konnte. Sein Cementstahl, aus dem er nachher den Gußstahl, und zwar nur mit gewöhnlichen englischen Zusatz, bereitet (weshalb derselbe schlechter und von ungleicher Qualität ist, besonders da er nur zwanzig Pfund auf einmal macht), verfertigt er nur in einer einzigen Kiste in einem kleinen Ofen; ich erfuhr aber, daß er ein zweites Werk baue, um das Produkt auf das Vierfache zu bringen. Die alte Eisenschmelzung geschieht in einem Ball-Furnace, den Puddling-Furnaces gleich, nur kleiner. Die Kürze der Zeit, in welcher eine Schmelzung fertig wird, verdient Bewunderung, und wäre der Prozeß nur allgemeiner bekannt, die Beherzigung mancher Werkbesitzer des festen Landes, vorzüglich die Walz- und Schneidwerke. Unter diesen letztern wurde die unter einem schweren Hammer zusammengepatschte Luppe augenblicklich zu erforderlichen Stäben und Rundeisen verarbeitet.