30. Abreise von Preßburg um acht Uhr morgens.

30. Abreise von Preßburg um acht Uhr morgens. Eine schöne Ungarin, die mit mir zugleich von Wien gekommen, wieder an Bord, diesmal aber gut gekleidet und sehr zurückgezogen. Zwei Komtessen, von denen die jüngere bildhübsch, aber mit häßlich plumpen Füßen. Anfangs thaten sie höchst zimperlich und vornehm, nach Tische aber lümmelten sie auf allen Bänken herum. Ein Engländer, der in Fiume etabliert ist und gut deutsch spricht, sonst auch ein angenehmer und gescheiter Mensch. Ein einäugiger Berliner, wohl gar Jude, ohne jedoch die doppelte Berechtigung, unangenehm zu sein, zu benützen.

Die Ufer außer Preßburg zwischen den beiden Inseln Schutt höchst einförmig und langweilig. Die Festung Komorn ist wohl fester, als sie aussieht. Hier hört die Insel Schütt auf. Das Dorf Neumühl liegt schon recht hübsch. Nun wird's immer besser. Gran mit seinem im Bau begriffenen Riesendom, dessen Lage ich mir übrigens imposanter gedacht habe. Der Hügel, auf dem er liegt, ist nicht hoch, und das Ganze wird etwas Gartenterrassiges bekommen. Daß der ursprüngliche Plan durch neue Zuthaten, in den Säulen nämlich, verpfuscht worden ist, habe ich schon an dem Modell in Preßburg gesehen. Bald darauf scheint die Donau das Ziel ihres Laufes erreicht zu haben, aber mit einer gewaltsamen Wendung nach links bricht sie sich Weg durch die Berge. Die Gegend bezaubernd, Vissegrad, Waitzen. Man begreift die hochstrebenden Ideen der Ungarn, wenn man ihr Land sieht. Ich habe mich ein wenig mit ihren Superlativen ausgesöhnt. Die Sonne geht unter und entzündet Wasser und Luft. Der junge Mond macht sich geltend. Der Berliner fand den Eindruck poetisch, und er hatte recht. Es lag ein unbeschreiblicher Zauber über der Gegend. Nach und nach wird es düster, endlich dunkel. Man muß zu den Mänteln seine Zuflucht nehmen. Es ist schon Nacht, als Reihen von Lichtern zu beiden Seiten des Flusses die Schwesterstädte Pest und Ofen ankündigen. In der Nacht, wo alle Kühe schwarz sind, hat der Eindruck etwas Aehnliches mit der Reede von Neapel, Böllerschüsse, Ankunft. Der jüngere Stankovics erwartet mich am Landungsplatze und führt mich ins Gasthaus zur Königin von England, wo meine zwei Reisegefährten schon Platz gefunden hatten. NB. Der Kapitän, ein prächtiger Venetianer, der aussah wie ein Lämmergeier mit einem Kinnbarte, hatte sich auf der Reise zu mir gesetzt und mich mit vieler Achtung als einen musikalischen Kompositeur angeredet. Auch die schöne Gräfin schien einige Ahnung von meinen durch das Gesicht nicht wahrnehmbaren Eigenschaften zu haben.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Tagebuch auf der Reise nach Griechenland. 1843